Zwischen Hoffnung und Herausforderung: Das harte Leben der Gastarbeiter*innen in der Bundesrepublik
Mit dem ersten Anwerbeabkommen 1955, welches die BRD unter der Kanzlerschaft Adenauers abgeschlossen hat, kamen Menschen aus Italien in die Bundesrepublik zum Arbeiten. Die mit US-amerikanischen Hilfen boomende Wirtschaft kam an ihr Limit, das sich nur durch die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland versetzen konnte. Aus diesem Grund entschied sich die damalige Koalition aus konservativen Parteien dazu, Menschen aus dem Ausland für Arbeiten in der Bundesrepublik „anzuwerben“. Das deutsch-italienische Abkommen blieb nicht das einzige, es folgten zahlreiche weitere Abkommen mit Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien und Jugoslawien. Die meist, nicht ausgebildeten Menschen übernahmen allerlei Tätigkeiten in Branchen, bei denen die schlechten Arbeitsbedingungen im Vorhinein bekannt waren. Diese menschenunwürdigen Beschäftigungsverhältnisse manifestierten sich in geringem Lohn, illegaler Anstellung zur Umgehung von Sozialversicherungskosten, verweigertem Urlaubsanspruch und einer Unterbringung, die jeglichen Sanitär- und Hygienestandards widerspricht. Noch heute erfahren die Nachfahren der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ von den grausamen Lebensumständen ihrer Eltern oder Großeltern, denn die Aufarbeitung seitens der Bundesregierung geschieht kaum bis gar nicht.
In Zeiten wirtschaftlicher Rezession wird oft außer Acht gelassen, wie entscheidend die schwere Arbeit der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ für den aktuellen und vergangenen Wohlstand war und ist. Trotzdem wird ihr Beitrag häufig unterschätzt oder ignoriert, obwohl er einen wesentlichen Teil zur Stabilität und Prosperität unserer Gesellschaft beigetragen hat. Diese Arbeiter*innen haben oft unter schwierigen Bedingungen gearbeitet, und ihr Einsatz hat dazu beigetragen, viele Lücken in verschiedenen Branchen zu schließen, von der Landwirtschaft bis hin zur Industrie. Ihre Anstrengungen haben nicht nur dazu beigetragen, die Wirtschaft anzukurbeln, sondern auch die kulturelle Vielfalt bereichert und den sozialen Zusammenhalt gestärkt. Es ist wichtig, ihre Beiträge anzuerkennen und zu würdigen, um eine gerechtere und integrativere Gesellschaft zu schaffen, die auf den Prinzipien der Anerkennung und Wertschätzung aller Menschen basiert.
Bis heute fehlt die Anerkennung für die immense Leistung und den Beitrag der sogenannten Gastarbeiter*innen, was nicht nur eine Unterbewertung ihrer Arbeit darstellt, sondern auch den rassistischen Charakter des Kapitalismus manifestiert. Diese Arbeiter*innen wurden oft als bloße „Arbeitskräfte“ betrachtet, ohne ihre menschliche Würde und ihre Rechte angemessen anzuerkennen. Zusätzlich äußert sich der rassistische Charakter des Kapitalismus in der Tatsache, dass Gastarbeiter*innen oft aus Ländern rekrutiert wurden, die von europäischen Kolonialmächten unterdrückt wurden oder immer noch unter wirtschaftlicher Ausbeutung leiden. Diese Menschen wurden als „billige Arbeitskräfte“ angesehen und in vielen Fällen unter unzureichenden Bedingungen beschäftigt, ohne angemessenen Schutz oder faire Bezahlung.
Rassismus und Kapitalismus sind zwingend miteinander verbunden, da Armut und armutsbedingende Faktoren durch Diskriminierungsmechanismen verstärkt werden. Rassismus existiert jedoch auch über kapitalistische Ausbeutung hinaus. Prinzipiell bedurfte das System eines Narratives, um die Überausbeutung der Gastarbeiter*innen zu rechtfertigen. Indem sie als Fremde und “Geringwertige” bezeichnet und so von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, konnte man die menschenunwürdige Ausbeutung plausibel machen. Diese rassistischen Zuschreibungen waren Ausdruck eines Herrschaftsanspruchs der Gastarbeiter*innen in eine “Pufferfunktion” für das wirtschaftliche System zwingen sollte und prägten den Alltag der Gastarbeiter*innen auch außerhalb der Arbeitsstätte. Diese Formen des Rassismus und der Diskriminierung haben tiefe Spuren hinterlassen und sind bis heute in unserer Gesellschaft präsent.
Es ist wichtig anzuerkennen, dass der Erfolg vieler Industrien und Wirtschaftssektoren in Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Belgien eng mit der harten Arbeit und dem Engagement von Gastarbeiter*innen verbunden ist. Ohne ihren Beitrag wäre der wirtschaftliche Aufschwung vieler europäischer Länder nicht möglich gewesen. Daher ist es unerlässlich, die Anerkennung für ihre Leistung zu fordern und gleichzeitig aktiv gegen rassistische Strukturen und Vorurteile vorzugehen. Nur durch eine konsequente Ablehnung von Rassismus in allen seinen Formen können wir eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft schaffen, in der die Würde und die Rechte aller Menschen geachtet werden.
Vor allem unsere Stadt wird wie keine andere mit dem Wirken der Gastarbeitenden in Verbindung gebracht. Die Geschichte ganzer Bezirke basiert maßgeblich auf dem kulturellen und alltäglichen Leben dieser Menschen. Kreuzberg und Neukölln sind Beispiele dafür, wie sich die Präsenz von Gastarbeiter*innen im Stadtbild manifestiert. Die Entstehung von „Kiezen“ mit türkischen, arabischen oder italienischen Geschäften, Restaurants und Orte, religiöser Wichtigkeit spiegelt die Vielfalt und den Einfluss dieser Gemeinschaften wider. Doch ihr Einfluss erstreckt sich weit über diesen Bereich hinaus. Die Spuren ihrer Arbeit sind auch in der Architektur zu finden, sei es durch den Bau von Wohnhäusern, Fabriken oder öffentlichen Einrichtungen. Darüber hinaus prägen sie das kulturelle Leben der Stadt durch Festivals, Märkte und kulturelle Veranstaltungen, die ihre Traditionen und Bräuche zelebrieren. Die Gastarbeitenden haben nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung Berlins, sondern auch zu einem Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts beigetragen, indem sie Solidarität untereinander sowie mit den Einheimischen gefördert haben. Ihre Erfahrungen und Geschichten sind integraler Bestandteil der Berliner Identität und erinnern uns daran, dass unsere Stadt auf dem Einsatz und den Beiträgen von Menschen verschiedener Herkunft und Kulturen aufgebaut ist.
Ein Vertrag von dem nur eine Seite profitierte…
Auch in der damaligen DDR wurden Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben. Unter dem Vorwand der Ausbildung im sozialistischen Bruderstaat wurden Menschen, nach neoimperialistischer Ideologie, für den eigenen Zweck ausgebeutet. Insbesondere aus Ländern wie Vietnam, Mosambik und Kuba wurden Arbeiter*innen angeworben, um den Arbeitskräftemangel in verschiedenen Sektoren zu beheben, sei es in der Industrie, der Landwirtschaft oder im Baugewerbe. Diese Praxis der Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften war jedoch nicht frei von Problemen und Widersprüchen. Obwohl offiziell als solidarischer Akt dargestellt, diente sie auch dazu, die wirtschaftlichen Interessen der DDR zu fördern und die eigene Produktivität zu steigern. Die Arbeitsbedingungen für diese ausländischen Arbeitskräfte waren oft unzureichend, und sie wurden häufig schlechter bezahlt als ihre einheimischen Kolleg*innen. Darüber hinaus wurden sie oft von der Gesellschaft isoliert und hatten begrenzte Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe. Diese Praxis der Anwerbung von Vertragsarbeiter*innen in der DDR verdeutlicht, wie auch in sozialistischen Systemen die Ausbeutung von Arbeitskräften im Namen des Staates und seiner ideologischen Ziele stattfand. Sie zeigt auch, wie Ideologie und politische Interessen oft dazu verwendet wurden, um die Rechte und Würde der Arbeitenden zu unterdrücken und auszubeuten. Zudem wird dadurch auch deutlich, dass die Diskriminierung migrantisierter Menschen, und auch Rassismus, den BIPoCs erleben, auch in anderen Wirtschaftsformen stattfindet.
Deshalb fordern wir:
- Die ernstzunehmende Auseinandersetzung und die Verstetigung der Auseinandersetzung mit dem Leben der sogenannten Gast- und Vertragsarbeiter*innen innerhalb unseres Verbandes, aber auch gesellschaftlich.
- Ausweitung von Orten der Begegnung verschiedener Generationen von sog. Gastarbeitenden und ihren Nachkommen
- Die Einführung eines wiederkehrenden Feiertags für die Verabschiedung zahlreicher Anwerbeabkommen. Ein mögliches Datum wäre der 30. Oktober 1961, der Tag, an dem das deutsch-türkische Anwerbeabkommen beschlossen wurde. Vor allem dieses Anwerbeabkommen prägt das Stadtbild noch bis heute.
- Vorbereitung und Durchführung eines Staatsaktes zum 65.-jährigen Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens
- Die historische Auseinandersetzung mit dem Unrecht, dass den Vertragsarbeiter*innen in der DDR widerfuhr
Zwischen Hoffnung und Herausforderung: Das harte Leben der Gastarbeiter*innen in der Bundesrepublik
Mit dem ersten Anwerbeabkommen 1955, welches die BRD unter der Kanzlerschaft Adenauers abgeschlossen hat, kamen Menschen aus Italien in die Bundesrepublik zum Arbeiten. Diemit US-amerikanischen Hilfen boomende Wirtschaft kam an ihr Limit, das sich nur durch die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland versetzen konnte. Aus diesem Grund entschied sich die damalige Koalition aus konservativen Parteien dazu, Menschen aus dem Ausland für Arbeiten in der Bundesrepublik „anzuwerben“. Das deutsch-italienische Abkommen blieb nicht das einzige, es folgten zahlreiche weitere Abkommen mit Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien und Jugoslawien. Die meist, nicht ausgebildeten Menschen übernahmen allerlei Tätigkeiten in Branchen, bei denen die schlechten Arbeitsbedingungen im Vorhinein bekannt waren. Diese menschenunwürdigen Beschäftigungsverhältnisse manifestierten sich in geringem Lohn, illegaler Anstellung zur Umgehung von Sozialversicherungskosten, verweigertem Urlaubsanspruch und einer Unterbringung, die jeglichen Sanitär- und Hygienestandards widerspricht. Noch heute erfahren die Nachfahren der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ von den grausamen Lebensumständen ihrer Eltern oder Großeltern, denn die Aufarbeitung seitens der Bundesregierung geschieht kaum bis gar nicht.
In Zeiten wirtschaftlicher Rezession wird oft außer Acht gelassen, wie entscheidend die schwere Arbeit der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ für den aktuellen und vergangenen Wohlstand war und ist. Trotzdem wird ihr Beitrag häufig unterschätzt oder ignoriert, obwohl er einen wesentlichen Teil zur Stabilität und Prosperität unserer Gesellschaft beigetragen hat. Diese Arbeiter*innen haben oft unter schwierigen Bedingungen gearbeitet, und ihr Einsatz hat dazu beigetragen, viele Lücken in verschiedenen Branchen zu schließen, von der Landwirtschaft bis hin zur Industrie. Ihre Anstrengungen haben nicht nur dazu beigetragen, die Wirtschaft anzukurbeln, sondern auch die kulturelle Vielfalt bereichert und den sozialen Zusammenhalt gestärkt. Es ist wichtig, ihre Beiträge anzuerkennen und zu würdigen, um eine gerechtere und integrativere Gesellschaft zu schaffen, die auf den Prinzipien der Anerkennung und Wertschätzung aller Menschen basiert.
Bis heute fehlt die Anerkennung für die immense Leistung und den Beitrag der sogenannten Gastarbeiter*innen, was nicht nur eine Unterbewertung ihrer Arbeit darstellt, sondern auch den rassistischen Charakter des Kapitalismus manifestiert. Diese Arbeiter*innen wurden oft als bloße „Arbeitskräfte“ betrachtet, ohne ihre menschliche Würde und ihre Rechte angemessen anzuerkennen. Zusätzlich äußert sich der rassistische Charakter des Kapitalismus in der Tatsache, dass Gastarbeiter*innen oft aus Ländern rekrutiert wurden, die von europäischen Kolonialmächten unterdrückt wurden oder immer noch unter wirtschaftlicher Ausbeutung leiden. Diese Menschen wurden als „billige Arbeitskräfte“ angesehen und in vielen Fällen unter unzureichenden Bedingungen beschäftigt, ohne angemessenen Schutz oder faire Bezahlung.
Rassismus und Kapitalismus sind zwingend miteinander verbunden, da Armut und armutsbedingende Faktoren durch Diskriminierungsmechanismen verstärkt werden. Rassismus existiert jedoch auch über kapitalistische Ausbeutung hinaus. Prinzipiell bedurfte das System eines Narratives, um die Überausbeutung der Gastarbeiter*innen zu rechtfertigen. Indem sie als Fremde und “Geringwertige” bezeichnet und so von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, konnte man die menschenunwürdige Ausbeutung plausibel machen. Diese rassistischen Zuschreibungen waren Ausdruck eines Herrschaftsanspruchs der Gastarbeiter*innen in eine “Pufferfunktion” für das wirtschaftliche System zwingen sollte und prägten den Alltag der Gastarbeiter*innen auch außerhalb der Arbeitsstätte. Diese Formen des Rassismus und der Diskriminierung haben tiefe Spuren hinterlassen und sind bis heute in unserer Gesellschaft präsent.
Es ist wichtig anzuerkennen, dass der Erfolg vieler Industrien und Wirtschaftssektoren in Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Belgien eng mit der harten Arbeit und dem Engagement von Gastarbeiter*innen verbunden ist. Ohne ihren Beitrag wäre der wirtschaftliche Aufschwung vieler europäischer Länder nicht möglich gewesen. Daher ist es unerlässlich, die Anerkennung für ihre Leistung zu fordern und gleichzeitig aktiv gegen rassistische Strukturen und Vorurteile vorzugehen. Nur durch eine konsequente Ablehnung von Rassismus in allen seinen Formen können wir eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft schaffen, in der die Würde und die Rechte aller Menschen geachtet werden. Vor allem unsere Stadt wird wie keine andere mit dem Wirken der Gastarbeitenden in Verbindung gebracht. Die Geschichte ganzer Bezirke basiert maßgeblich auf dem kulturellen und alltäglichen Leben dieser Menschen. Kreuzberg und Neukölln sind Beispiele dafür, wie sich die Präsenz von Gastarbeiter*innen im Stadtbild manifestiert. Die Entstehung von „Kiezen“ mit türkischen, arabischen oder italienischen Geschäften, Restaurants und Orte, religiöser Wichtigkeit spiegelt die Vielfalt und den Einfluss dieser Gemeinschaften wider. Doch ihr Einfluss erstreckt sich weit über diesen Bereich hinaus. Die Spuren ihrer Arbeit sind auch in der Architektur zu finden, sei es durch den Bau von Wohnhäusern, Fabriken oder öffentlichen Einrichtungen. Darüber hinaus prägen sie das kulturelle Leben der Stadt durch Festivals, Märkte und kulturelle Veranstaltungen, die ihre Traditionen und Bräuche zelebrieren. Die Gastarbeitenden haben nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung Berlins, sondern auch zu einem Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts beigetragen, indem sie Solidarität untereinander sowie mit den Einheimischen gefördert haben. Ihre Erfahrungen und Geschichten sind integraler Bestandteil der Berliner Identität und erinnern uns daran, dass unsere Stadt auf dem Einsatz und den Beiträgen von Menschen verschiedener Herkunft und Kulturen aufgebaut ist.
Ein Vertrag von dem nur eine Seite profitierte…
Auch in der damaligen DDR wurden Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben. Unter dem Vorwand der Ausbildung im sozialistischen Bruderstaat wurden Menschen, nach neoimperialistischer Ideologie, für den eigenen Zweck ausgebeutet. Insbesondere aus Ländern wie Vietnam, Mosambik und Kuba wurden Arbeiter*innen angeworben, um den Arbeitskräftemangel in verschiedenen Sektoren zu beheben, sei es in der Industrie, der Landwirtschaft oder im Baugewerbe. Diese Praxis der Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften war jedoch nicht frei von Problemen und Widersprüchen. Obwohl offiziell als solidarischer Akt dargestellt, diente sie auch dazu, die wirtschaftlichen Interessen der DDR zu fördern und die eigene Produktivität zu steigern. Die Arbeitsbedingungen für diese ausländischen Arbeitskräfte waren oft unzureichend, und sie wurden häufig schlechter bezahlt als ihre einheimischen Kolleg*innen. Darüber hinaus wurden sie oft von der Gesellschaft isoliert und hatten begrenzte Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe. Diese Praxis der Anwerbung von Vertragsarbeiter*innen in der DDR verdeutlicht, wie auch in sozialistischen Systemen die Ausbeutung von Arbeitskräften im Namen des Staates und seiner ideologischen Ziele stattfand. Sie zeigt auch, wie Ideologie und politische Interessen oft dazu verwendet wurden, um die Rechte und Würde der Arbeitenden zu unterdrücken und auszubeuten. Zudem wird dadurch auch deutlich, dass die Diskriminierung migrantisierter Menschen, und auch Rassismus, den BIPoCs erleben, auch in anderen Wirtschaftsformen stattfindet.
Deshalb fordern wir:
- Die ernstzunehmende Auseinandersetzung und die Verstetigung der Auseinandersetzung mit dem Leben der sogenannten Gast- und Vertragsarbeiter*innen innerhalb unseres Verbandes, aber auch gesellschaftlich. Wir begrüßen dazu die geplante Errichtung eines Migrationsmuseum und Dokumentationszentrum in Berlin.
- Ausweitung von Orten der Begegnung verschiedener Generationen von sog. Gastarbeitenden und ihren Nachkommen
- Die Einführung eines wiederkehrenden Feiertags für die Verabschiedung zahlreicher Anwerbeabkommen. Ein mögliches Datum wäre der 30. Oktober, da am 30. Oktober 1961 das deutsch-türkische Anwerbeabkommen beschlossen wurde. Vor allem dieses Anwerbeabkommen prägt das Stadtbild noch bis heute.
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags sowie des Abgeordnetenhauses auf, sich für die Vorbereitung und Durchführung eines Staatsaktes zum 65.-jährigen Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens einzusetzen.
- Die historische Auseinandersetzung mit dem Unrecht, dass den Vertragsarbeiter*innen in der DDR widerfuhr
Zwischen Hoffnung und Herausforderung: Das harte Leben der Gastarbeiter*innen in der Bundesrepublik
Mit dem ersten Anwerbeabkommen 1955, welches die BRD unter der Kanzlerschaft Adenauers abgeschlossen hat, kamen Menschen aus Italien in die Bundesrepublik zum Arbeiten. Diemit US-amerikanischen Hilfen boomende Wirtschaft kam an ihr Limit, das sich nur durch die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland versetzen konnte. Aus diesem Grund entschied sich die damalige Koalition aus konservativen Parteien dazu, Menschen aus dem Ausland für Arbeiten in der Bundesrepublik „anzuwerben“. Das deutsch-italienische Abkommen blieb nicht das einzige, es folgten zahlreiche weitere Abkommen mit Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien und Jugoslawien. Die meist, nicht ausgebildeten Menschen übernahmen allerlei Tätigkeiten in Branchen, bei denen die schlechten Arbeitsbedingungen im Vorhinein bekannt waren. Diese menschenunwürdigen Beschäftigungsverhältnisse manifestierten sich in geringem Lohn, illegaler Anstellung zur Umgehung von Sozialversicherungskosten, verweigertem Urlaubsanspruch und einer Unterbringung, die jeglichen Sanitär- und Hygienestandards widerspricht. Noch heute erfahren die Nachfahren der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ von den grausamen Lebensumständen ihrer Eltern oder Großeltern, denn die Aufarbeitung seitens der Bundesregierung geschieht kaum bis gar nicht.
In Zeiten wirtschaftlicher Rezession wird oft außer Acht gelassen, wie entscheidend die schwere Arbeit der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ für den aktuellen und vergangenen Wohlstand war und ist. Trotzdem wird ihr Beitrag häufig unterschätzt oder ignoriert, obwohl er einen wesentlichen Teil zur Stabilität und Prosperität unserer Gesellschaft beigetragen hat. Diese Arbeiter*innen haben oft unter schwierigen Bedingungen gearbeitet, und ihr Einsatz hat dazu beigetragen, viele Lücken in verschiedenen Branchen zu schließen, von der Landwirtschaft bis hin zur Industrie. Ihre Anstrengungen haben nicht nur dazu beigetragen, die Wirtschaft anzukurbeln, sondern auch die kulturelle Vielfalt bereichert und den sozialen Zusammenhalt gestärkt. Es ist wichtig, ihre Beiträge anzuerkennen und zu würdigen, um eine gerechtere und integrativere Gesellschaft zu schaffen, die auf den Prinzipien der Anerkennung und Wertschätzung aller Menschen basiert.
Bis heute fehlt die Anerkennung für die immense Leistung und den Beitrag der sogenannten Gastarbeiter*innen, was nicht nur eine Unterbewertung ihrer Arbeit darstellt, sondern auch den rassistischen Charakter des Kapitalismus manifestiert. Diese Arbeiter*innen wurden oft als bloße „Arbeitskräfte“ betrachtet, ohne ihre menschliche Würde und ihre Rechte angemessen anzuerkennen. Zusätzlich äußert sich der rassistische Charakter des Kapitalismus in der Tatsache, dass Gastarbeiter*innen oft aus Ländern rekrutiert wurden, die von europäischen Kolonialmächten unterdrückt wurden oder immer noch unter wirtschaftlicher Ausbeutung leiden. Diese Menschen wurden als „billige Arbeitskräfte“ angesehen und in vielen Fällen unter unzureichenden Bedingungen beschäftigt, ohne angemessenen Schutz oder faire Bezahlung.
Rassismus und Kapitalismus sind zwingend miteinander verbunden, da Armut und armutsbedingende Faktoren durch Diskriminierungsmechanismen verstärkt werden. Rassismus existiert jedoch auch über kapitalistische Ausbeutung hinaus. Prinzipiell bedurfte das System eines Narratives, um die Überausbeutung der Gastarbeiter*innen zu rechtfertigen. Indem sie als Fremde und “Geringwertige” bezeichnet und so von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, konnte man die menschenunwürdige Ausbeutung plausibel machen. Diese rassistischen Zuschreibungen waren Ausdruck eines Herrschaftsanspruchs der Gastarbeiter*innen in eine “Pufferfunktion” für das wirtschaftliche System zwingen sollte und prägten den Alltag der Gastarbeiter*innen auch außerhalb der Arbeitsstätte. Diese Formen des Rassismus und der Diskriminierung haben tiefe Spuren hinterlassen und sind bis heute in unserer Gesellschaft präsent.
Es ist wichtig anzuerkennen, dass der Erfolg vieler Industrien und Wirtschaftssektoren in Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Belgien eng mit der harten Arbeit und dem Engagement von Gastarbeiter*innen verbunden ist. Ohne ihren Beitrag wäre der wirtschaftliche Aufschwung vieler europäischer Länder nicht möglich gewesen. Daher ist es unerlässlich, die Anerkennung für ihre Leistung zu fordern und gleichzeitig aktiv gegen rassistische Strukturen und Vorurteile vorzugehen. Nur durch eine konsequente Ablehnung von Rassismus in allen seinen Formen können wir eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft schaffen, in der die Würde und die Rechte aller Menschen geachtet werden. Vor allem unsere Stadt wird wie keine andere mit dem Wirken der Gastarbeitenden in Verbindung gebracht. Die Geschichte ganzer Bezirke basiert maßgeblich auf dem kulturellen und alltäglichen Leben dieser Menschen. Kreuzberg und Neukölln sind Beispiele dafür, wie sich die Präsenz von Gastarbeiter*innen im Stadtbild manifestiert. Die Entstehung von „Kiezen“ mit türkischen, arabischen oder italienischen Geschäften, Restaurants und Orte, religiöser Wichtigkeit spiegelt die Vielfalt und den Einfluss dieser Gemeinschaften wider. Doch ihr Einfluss erstreckt sich weit über diesen Bereich hinaus. Die Spuren ihrer Arbeit sind auch in der Architektur zu finden, sei es durch den Bau von Wohnhäusern, Fabriken oder öffentlichen Einrichtungen. Darüber hinaus prägen sie das kulturelle Leben der Stadt durch Festivals, Märkte und kulturelle Veranstaltungen, die ihre Traditionen und Bräuche zelebrieren. Die Gastarbeitenden haben nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung Berlins, sondern auch zu einem Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts beigetragen, indem sie Solidarität untereinander sowie mit den Einheimischen gefördert haben. Ihre Erfahrungen und Geschichten sind integraler Bestandteil der Berliner Identität und erinnern uns daran, dass unsere Stadt auf dem Einsatz und den Beiträgen von Menschen verschiedener Herkunft und Kulturen aufgebaut ist.
Ein Vertrag von dem nur eine Seite profitierte…
Auch in der damaligen DDR wurden Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben. Unter dem Vorwand der Ausbildung im sozialistischen Bruderstaat wurden Menschen, nach neoimperialistischer Ideologie, für den eigenen Zweck ausgebeutet. Insbesondere aus Ländern wie Vietnam, Mosambik und Kuba wurden Arbeiter*innen angeworben, um den Arbeitskräftemangel in verschiedenen Sektoren zu beheben, sei es in der Industrie, der Landwirtschaft oder im Baugewerbe. Diese Praxis der Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften war jedoch nicht frei von Problemen und Widersprüchen. Obwohl offiziell als solidarischer Akt dargestellt, diente sie auch dazu, die wirtschaftlichen Interessen der DDR zu fördern und die eigene Produktivität zu steigern. Die Arbeitsbedingungen für diese ausländischen Arbeitskräfte waren oft unzureichend, und sie wurden häufig schlechter bezahlt als ihre einheimischen Kolleg*innen. Darüber hinaus wurden sie oft von der Gesellschaft isoliert und hatten begrenzte Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe. Diese Praxis der Anwerbung von Vertragsarbeiter*innen in der DDR verdeutlicht, wie auch in sozialistischen Systemen die Ausbeutung von Arbeitskräften im Namen des Staates und seiner ideologischen Ziele stattfand. Sie zeigt auch, wie Ideologie und politische Interessen oft dazu verwendet wurden, um die Rechte und Würde der Arbeitenden zu unterdrücken und auszubeuten. Zudem wird dadurch auch deutlich, dass die Diskriminierung migrantisierter Menschen, und auch Rassismus, den BIPoCs erleben, auch in anderen Wirtschaftsformen stattfindet.
Deshalb fordern wir:
- Die ernstzunehmende Auseinandersetzung und die Verstetigung der Auseinandersetzung mit dem Leben der sogenannten Gast- und Vertragsarbeiter*innen innerhalb unseres Verbandes, aber auch gesellschaftlich. Wir begrüßen dazu die geplante Errichtung eines Migrationsmuseum und Dokumentationszentrum in Berlin.
- Ausweitung von Orten der Begegnung verschiedener Generationen von sog. Gastarbeitenden und ihren Nachkommen
- Die Einführung eines wiederkehrenden Feiertags für die Verabschiedung zahlreicher Anwerbeabkommen. Ein mögliches Datum wäre der 30. Oktober, da am 30. Oktober 1961 das deutsch-türkische Anwerbeabkommen beschlossen wurde. Vor allem dieses Anwerbeabkommen prägt das Stadtbild noch bis heute.
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags sowie des Abgeordnetenhauses auf, sich für die Vorbereitung und Durchführung eines Staatsaktes zum 65.-jährigen Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens einzusetzen.
- Die historische Auseinandersetzung mit dem Unrecht, dass den Vertragsarbeiter*innen in der DDR widerfuhr