Am 01. Februar 2018 trat das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen* und häuslicher Gewalt“ (Istanbul-Konvention) in Deutschland in Kraft. Das Übereinkommen verpflichtet die unterzeichnenden Länder zu einer Reihe von konkreten Maßnahmen auf den Gebieten Prävention, Beratung, Gewaltschutz, Infrastruktur, Justiz und Gesundheit. Das Land Berlin unternimmt seit Jahren Anstrengungen in diesem Bereich. Diese müssen weiter verstärkt werden. Die wirksame Umsetzung der Istanbul-Konvention setzt ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen. Es ist daher unabdingbar, dass die angemeldeten Haushaltsmittel für den Doppelhaushalt 2020/2021 ungekürzt vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden.
Um die Ziele der Istanbul-Konvention zu erreichen, ist es wichtig sowohl Prävention als auch Versorgung und Öffentlichkeitsarbeit als wichtige Felder zu bearbeiten.
Ein fehlendes öffentliches Problembewusstsein bezüglich des Themas „Gewalt gegen Frauen*“ führt zu einer Vielzahl von zusätzlichen Schwierigkeiten für Helfende und Betroffene.
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats von Berlin werden aufgefordert, wirksame Maßnahmen zu treffen, um das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ (Istanbul-Konvention) wirksam und konsequent umzusetzen.
Konkret sollen zur wirksamen Umsetzung der Istanbul-Konvention folgende Maßnahmen ergriffen werden:
Die angemeldeten Haushaltsansätze für den Doppelhaushalt 2020/2021, mit denen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen* finanziert werden sollen, müssen ohne Kürzung beschlossen werden. Der Ausbau von barrierefreien Schutzplätzen in Frauenhäusern, Zwei-Stufen-Wohnungen und Zufluchtswohnungen muss finanziell sichergestellt werden.
Es müssen zusätzliche Mittel im Doppelhaushalt 2020/2021 bereitgestellt werden, um die gesundheitliche Versorgung von Mädchen* und Frauen*, die Opfer von Genitalverstümmelungen wurden, am Standort Berlin („Gesundheitsstadt Berlin 2030“) effektiv zu verbessern. Unabhängig davon müssen auch weitere Projekte, wie die Projekte für den Schutz vor Zwangsehen weiter finanziert werden.
Um Präventions- Beratungs- und Schutzangebote wirksam und bedarfsgerecht zu entwickeln und auszubauen, müssen a) die zuständigen Behörden und die Träger der Angebote belastbare Daten nach einheitlichen Vorgaben erheben und b) die Forschung in diesem Bereich ausgebaut werden (Artikel 11 Istanbul-Konvention). Dabei sollten insbesondere folgende Daten erhoben werden: Wie viele Frauen* erhalten keine Beratung bzw. keinen Schutzplatz mangels Kapazität bei den Beratungsangeboten und in den jeweiligen Schutzräumen? Wie lange dauert ein Beratungsfall bzw. die Belegung eines Schutzplatzes? Wie viele der betroffenen Frauen* sind Frauen* mit Behinderung? Um welche Gewaltform handelt es sich (häusliche Gewalt, Cyber-Gewalt oder andere Gewaltformen) und von wem (Geschlecht/Alter) wurde die Gewalt ausgeübt? Wie wirken die einzelnen Präventions- und Schutzmaßnahmen zur Vorbeugung von Gewalt? Diese Daten sind anonym zu erheben.
Die genderspezifische Präventionsarbeit zur Vorbeugung von Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* muss wirksamer werden. Hierzu müssen auch männliche Jugendliche frühzeitig sensibilisiert werden. Dies erfordert ein ressortübergreifendes Zusammenwirken. Insbesondere die für Jugend zuständige Senatsverwaltung und die Landeskommission gegen Gewalt müssen hierbei mitwirken und sich möglichst finanziell stärker beteiligen. Es müssen zusätzlich Maßnahmen ergriffen werden, um die Öffentlichkeit stärker für das Thema zu sensibilisieren. Dies gilt insbesondere für den Bereich der häuslichen Gewalt. Auch innerhalb der Berliner Verwaltung ist ein entsprechendes Bewusstsein zu fördern.
Eine umfassende, datenbasierten Erfolgs- und Wirkungskontrolle der einzelnen Anti-Gewalt-Maßnahmen ist sicherzustellen.
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats von Berlin werden aufgefordert, entschieden für die Schaffung eines gesetzlichen, bundesweit verankerten Rechtsanspruchs auf einen barrierefreien Schutzplatz im Sinne der Istanbul-Konvention einzutreten. Hierfür sollte das Land Berlin eine Bundesratsinitiative noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen.