Antrag 47/I/2016 Es ist uns keine Ehre! – Ehrenamtliches Engagement darf nicht für Sozialstaatsabbau herhalten!

Status:
Überweisung

Ehrenamtlich engagierten Menschen gebührt unser Dank. In vielen Bereichen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens erleben wir aber unter dem Deckmantel der Stärkung des Ehrenamtes Tendenzen der schleichenden Deprofessionalisierung, die Aushöhlung von arbeits- und tarifrechtlichen Regulierungen, eine Ausweitung des Niedriglohnsektors und eine immer stärkere Inanspruchnahme der Arbeitskraft von Ehrenamtlichen zur Bewältigung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben und genuin staatlich zu organisierender und zu erbringender Leistungen. Von anti-emanzipatorischen Formen karitativer Maßnahmen geht vermehrt die Gefahr aus, dass sie jene sozialen Verhältnisse verfestigen, aus denen die Erforderlichkeit ihrer Existenz erst entstanden ist. Besonders deutlich wird dies in unserer Stadt derzeit zum Beispiel bei der Arbeit mit und für Geflüchtete. Ehrenamtliche Helfer*innen müssen entlastet werden und die Empfänger*innen ihrer Leistungen haben Anspruch auf qualifizierte Hilfe.

 

Freiwilliges, ehrenamtliches Engagement darf nicht für Sozialstaatsabbau herhalten!

Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats dazu auf:

 

Durch dafür geeignete Maßnahmen kurzfristig sicherzustellen, dass ehrenamtliche Helfer*innen aufgrund ihres Engagements zeitlich, finanziell oder gesundheitlich nicht derart in Anspruch genommen werden, dass sie ihr Ehrenamt niederlegen müssen – eine weitere Verschlechterung der Situation der Geflüchteten wäre die Folge.

 

Endlich dafür zu sorgen, dass der Staat strukturell über ausreichend finanzielle, materielle und personelle Ressourcen verfügt, um die entsprechenden Aufgaben und Leistungen erfüllen bzw. erbringen zu können.

 

Sich dafür einzusetzen, möglichst kurzfristig die Arbeit mit und für Geflüchtete, die derzeit ehrenamtlichen Helfer*innen wahrnehmen, durch die Arbeit von für die zu leistenden Aufgaben qualifiziertes Fachpersonal zu ersetzen.

 

Sich dafür einzusetzen, dass die hierfür und für eine erfolgreiche Integration der Geflüchteten notwendigen finanziellen Mittel kurzfristig vom Bund bereitgestellt werden. Die schwarze Null ist für uns kein Selbstzweck!

 

Wir möchten uns zukünftig mit dem Begriff des Ehrenamtes grundlegend befassen und eine Beschlusslage dazu erreichen, welche gesellschaftliche Rolle es ausfüllen kann bzw. darf. Dabei soll beantwortet werden, wo für uns die Grenze zur Erwerbsarbeit erreicht ist bzw. welche Aufgaben fest in Staatshand gehören und wie wir die Ehrenamtlichen vor Selbstausbeutung schützen können.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: AH Fraktion (Konsens)
Stellungnahme(n):
  Stellungnahme der AH-Fraktion 2018:   47/I/2016 Es ist uns keine Ehre! – Ehrenamtliches Engagement darf nicht für Sozialstaatsabbau herhalten! Die Fraktion teilt die Überzeugung, dass ehrenamtliches Engagement nicht für Sozialstaatsabbau herhalten darf. Insbesondere in den Jahren 2014 und 2015 haben Ehrenamtliche geholfen, viele Tausend Geflüchtete zu versorgen. In einer Notsituation haben sie teilweise auch Aufgaben von Behörden übernommen. Für ihren herausragenden Einsatz gebührt den Ehrenamtlichen großer Dank. Seither hat der Senat vielfältige Maßnahmen im Sinne des Antrags getroffen. Dazu gehören der Masterplan Integration und die Entwicklung eines neuen Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation geflüchteter Menschen. Vertretungen des Ehrenamts sind an der Erarbeitung dieses Konzepts beteiligt, auch um einen guten Rahmen für ehrenamtliches Engagement zu schaffen. Grundsätzlich wird in einem partizipativen Prozess eine Engagementstrategie als ein Baustein zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements erarbeitet.