Antrag 13/I/2024 Ein Awareness-Team für die SPD

Die Statuten sind dahingehend anzupassen, dass jeder Kreisverband der Berliner SPD eine*n Awareness-Beauftragte*n oder ein Awareness-Team ab dem Jahr 2024 vorhalten muss. Die für Awareness beauftragten Personen sind vom Kreisvorstand unabhängig. Sie können vom Kreisvorstand zu einzelnen Punkten beratend hinzugezogen werden. Ihnen ist auf Verlangen die Möglichkeit zu geben, sich zu einem ihren Aufgabenbereich betreffenden Sachverhalt zu äußern.

 

Nicht nur gesellschaftlich, sondern auch parteiintern kann es zu Diskriminierung kommen. Im politischen Prozess kommt dabei eine vom Wettbewerb unabhängige Klärung, Aufarbeitung und Sensibilisierung häufig zu kurz. Doch als moderne Partei müssen wir den Anspruch haben nicht nur von Gleichheit, Gerechtigkeit und Toleranz zu reden, sondern diese auch selbst zu leben. Daher sehen wir die Einführung eines Awareness-Teams als einen dafür wichtigen Schritt.

 

Das Awareness-Team ist zuständig für Fälle psychischer, emotionaler und physischer Übergriffe sowie (auch intersektional) diskriminierender Verhaltensweisen, insbesondere aus Gründen von Sexismus, Rassimus, Antisemitismus, Gadjé-Rassismus, Ableismus, Altersdiskriminierung und Queer-Feindlichkeit. Seine Aufgabe ist dabei, in erster Linie sicherer und unvoreingenommener Ansprechpartner für Betroffene, die auch anonym bleiben können. Die Mitglieder sind dabei zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das Awareness-Team kann Betroffene über Möglichkeiten, Richtlinien und ggf. Gesetze und weitere rechtliche Schritte informieren und dabei unterstützen, in die Vermittlung und Klärung der Fälle zu gehen. Die Entscheidung über die Aufnahme solcher Schritte unterliegt dabei stets dem Willen der Betroffenen.

 

Zur Prävention zukünftiger oben beschriebener Diskriminierungen ist die weitere Funktion des Awareness-Teams Genoss*innen für diskriminierungsfreie Strukturen und Verhaltensmuster zu sensibilisieren. Denn letztendlich bleibt Antidiskriminierung Aufgabe aller Genoss*innen.

 

Dazu hat das Awareness-Team die Aufgabe, Angebote in den Kreisen zu schaffen, um die Mitglieder in sensibler Sprache und tolerantem Verhalten zu schulen. Verpflichtende Schulungen des Awareness-Teams sind für geschäftsführende Vorstandsmitglieder der Abteilungen und des Kreises durchzuführen. Bei größeren Veranstaltungen der Kreise ist ein Awareness-Konzept vorzuhalten.

 

Das Gremium setzt sich aus drei bis sieben Personen zusammen. Bei der Zusammensetzung des Awareness-Teams ist auf Diversität und Quotierung zu achten. Es sollen möglichst viele Personengruppen, die von Diskriminierung betroffen sind, in dem Awareness-Team vertreten sein. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), die AG Queer, die AG Migration, die Jusos und die AG60+ sollen bei der Benennung entsprechender Personen beteiligt werden. Es ist zu beachten, dass die Mitglieder des Awareness-Teams in der Vergangenheit kein diskriminierendes Verhalten an den Tag gelegt haben. Außerdem dürfen keine Vorstandsmitglieder in dem Awareness-Team vertreten sein.

 

Dem Awareness-Team sind Fortbildungsangebote bereitzustellen und zu finanzieren, damit auch die Mitglieder des Teams sich weiterbilden, um ihren Aufgaben nachkommen zu können. Eine Schulung des Awareness-Teams soll möglichst einmal im Jahr stattfinden, mindestens jedoch einmal zu Beginn der Amtsperiode des Teams.

 

Dem Awareness-Team ist eine eigene Mailadresse zur Verfügung zu stellen, damit Betroffene eine Möglichkeit haben, das Team (anonym) zu kontaktieren. Weiterhin soll das Awareness-Team auch eine Handynummer erhalten und über gängige Messenger-Dienste erreichbar sein. Bei der konkreten Ausgestaltung des Teams und seiner Befugnisse ist sich am Awareness-Team des Landesverbands der Jusos Berlin zu orientieren.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Neufassung der Anträge 12/I/2024 und 13/I/2024 für die Antragskommission:

Ein Awareness-Konzept für die SPD Berlin

Die „Wahlen-wieder-gewinnen-und-Parteiorganisations-Kommission“ hat sich intensiv mit Awareness-Arbeit in der SPD beschäftigt und gibt in ihrem Abschlussbericht eine Empfehlung für die Einführung von Awareness-Teams ab. Der Landesparteitag unterstützt diesen Vorschlag und fordert den Landesvorstand auf, die Empfehlung der Kommission noch im Jahr 2024 umzusetzen.

 

Begründung:

Die eingereichten Anträge 12/I/2024 und 13/I/2024 verfolgen das gleiche Ziel wie die Empfehlung der Orgakomm, die Orgakomm empfiehlt zusätzlich noch, am Prozess der Bundespartei mitzuwirken und so Synergien zu nutzen.

Auszug aus dem Abschlussbericht der Orgakomm (Arbeitsfassung):

Ein Awareness-Konzept für die SPD Berlin

Die SPD steht gegen jede Form von Diskriminierung. Sexismus, Rassismus, Herabwürdigungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz. Das vertrauensvolle Miteinander ist zentral für unsere solidarische und lebendige Partei. Dies ist nicht die Verantwortung einzelner, sondern ein Auftrag an alle. Daher soll es auf verschiedenen Ebenen für Grenzverletzungen und Diskriminierungserlebnisse ansprechbare Stellen geben. Sie sollen denjenigen eine Stimme geben, die Diskriminierung erfahren haben. Niedrigschwellig und im Idealfall bevor Verhärtungen entstehen.

 

Awareness-Arbeit hat also das Ziel, mit allen Beteiligten diskriminierungsfreie(re) Räume herzustellen. Wir wollen bei unseren Sitzungen und Veranstaltungen eine Atmosphäre schaffen, in der alle sich wohl fühlen. Mit diesem Ziel sind wir nicht allein: Auch die Bundespartei arbeitet derzeit an einem Awareness-Konzept und strebt beispielsweise parteiinterne Weiterbildungsmaßnahmen dazu an. Beim Prozess der Bundesebene möchten wir mitwirken, Synergien nutzen und gleichzeitig eigene, berlinspezifische Konzepte entwickeln und als Landesverband Vorreiterin sein. Erste Erfahrungen mit Konzepten gibt es bereits bei einigen Gliederungen und in den Arbeitsgemeinschaften, vor allem bei den Jusos und den SPD FRAUEN und deutschlandweit in einzelnen Bezirken/Landesverbänden oder Unterbezirken. Wir wollen damit auch die Solidarität und Beziehungsarbeit in der SPD stärken, Awareness- und Vertrauensteams etablieren, für Prävention und Sensibilisierung in der Partei sorgen und Betroffenen Ansprechpersonen für Vorfälle zur Seite stellen, egal ob für Veranstaltungen oder Parteiarbeit im Allgemeinen. 

Diese Mitglieder der Awareness-Teams sind unabhängig und –ähnlich wie bei Schiedskommissions-Mitgliedern – nicht aktiv in Funktionen. Sie haben Erfahrung in SPD-Strukturen. Sie sind divers aufgestellt und bestehen mehrheitlich aus FLINTA* Personen. Sie werden für ihre Arbeit geschult und stehen im gegenseitigen Austausch, auch zur Supervision. Die Teams arbeiten anonym und vertraulich, jeder Schritt ist mit den Betroffenen abgestimmt. Sie sind keine Ermittlungsgruppe, sie vermitteln eher. Auch „Täter*innen“ werden respektiert und angehört. Bei parteirechtlichen oder strafrechtlichen Vorfällen vermitteln sie an die entsprechenden Stellen weiter.

Dem neu gewählten Landesvorstand empfehlen wir, den organisatorischen Rahmen und die Kompetenzen für die Awareness-Teams auszuarbeiten und ein entsprechendes Regelwerk vorzulegen, so dass die Teams zeitnah benannt, geschult und bekannt gemacht werden können.