Antrag 60/II/2017 „Dirty Diaries“ auch in Deutschland!

Mainstream-Pornos zeigen in der Regel sexistische und rassistische Stereotype, in denen Konsens kein Thema ist und die bestimmten, „optimalen“ Körpertyp zum Standard erheben. In diesen Filmen wirkt Sex eher wie eine Performance oder Leistungssport: Alles funktioniert scheinbar auf Anhieb, es gibt keine Kommunikation zwischen den Darsteller*innen, kein Ausprobieren, Scheitern und Neu-Ausprobieren. Diese Darstellungsformen in Mainstream-Pornos können Konsument*innen in ihrer Sexualität und im Menschenbild nachhaltig beeinflussen. Auch Jugendliche starten damit viel zu oft mit völlig unrealistischen Vorstellungen in ihr Sexualleben und haben nicht die Möglichkeit ein selbstbewusstes Verhältnis zu sich, ihrem Körper, ihrer Sexualität und Gesundheit zu entwickeln. Dabei geht es um eine Ergänzung der außerschulischen Bildungsarbeit.

 

Schweden hat mit den „Dirty Diaries“ dieses Problem in Angriff genommen. Die „Dirty Diaries“ sind eine feministische Pornosammlung, die 2009 vom staatlichen Schwedischen Filminstitut finanziert wurden und fernab vom standardisierten Mainstream-Porno Menschen und Sexualität in all ihrer Vielfalt zeigt.

 

Dieser feministische Porno beinhaltet mindestens die folgenden Aspekte:

  • Regisseur*innen und Produzent*innen, die die Vielfalt der Gesellschaft abbilden
  • Gute und gerechte Arbeitsbedingungen und Bezahlung
  • Die Darstellung von Vielfalt an Körperformen, Geschlechtern, ethnischer Herkunft, Sexualität und Sexualpraktiken
  • Die realistische Darstellung von Lust aller Beteiligter
  • Verhütung (wenn nicht, dann nur im (dokumentierten) Konsens)
  • Die explizite Darstellung von Konsens und Kommunikation

 

Es gibt also nicht den einen feministischen Pornofilm. Feministischer Porno ist die Gesamtheit aller den Definitionen folgenden Filmen.

 

Selbstverständlich kann die Einführung und die Verfügbarkeit von feministischen Pornos nicht eine grundsätzliche Reformierung des Sexualkundeunterrichts ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Unterstützend fordern wir aber, dass im Sexualkundeunterricht an Schulen auf die Verfügbarkeit feministischer Pornos verwiesen wird.

 

Da vor allem im Internet kostenlose Pornographie konsumiert wird, muss auch feministischer Porno gebührenfrei, dauerhaft und niedrigschwellig verfügbar sein. Daher fordern wir eine Filmförderung nach schwedischem Vorbild.

 

Eine solche Filmförderung ist über verschiedene Kanäle möglich:

 

  • Als Sexualbildung über die Landes- und Bundeszentrale(n) für politische Bildung und die Landes- und Bundeszentrale(n) für gesundheitliche Aufklärung
  • Als Filmförderung. Dieses Instrument ist denkbar im Rahmen einer Ausschreibung mit vorgegebenen Mindestkriterien, einer freien Bewerbung um Fördermittel oder einer Preisverleihung. Hierbei muss auf die Liste der Kriterien, deren Nachprüfbarkeit und/oder auf die Zusammensetzung der Kommission geachtet werden.
  • Durch den Aufkauf und das kostenlose Verfügbarmachen in der Online-Mediathek der öffentlich-rechtlichen Sender. Wir fordern, dass die Altersfreigabe für Pornografie hierfür überprüft und ggf. heruntergesetzt wird.

 

Wir fordern, dass die angeführten Kanäle geprüft werden und die Förderung über die geeigneten Kanäle und in wirkungsvoller Höhe begonnen wird.

 

Wir fordern die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Fraktionen in den Landesparlamenten auf, entsprechend tätig zu werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Mainstream-Pornos zeigen in der Regel sexistische und rassistische Stereotype, in denen Konsens kein Thema ist und die bestimmten, „optimalen“ Körpertyp zum Standard erheben. In diesen Filmen wirkt Sex eher wie eine Performance oder Leistungssport: Alles funktioniert scheinbar auf Anhieb, es gibt keine Kommunikation zwischen den Darsteller*innen, kein Ausprobieren, Scheitern und Neu-Ausprobieren. Diese Darstellungsformen in Mainstream-Pornos können Konsument*innen in ihrer Sexualität und im Menschenbild nachhaltig beeinflussen. Auch Jugendliche starten damit viel zu oft mit völlig unrealistischen Vorstellungen in ihr Sexualleben und haben nicht die Möglichkeit ein selbstbewusstes Verhältnis zu sich, ihrem Körper, ihrer Sexualität und Gesundheit zu entwickeln. Dabei geht es um eine Ergänzung der außerschulischen Bildungsarbeit.

 

Schweden hat mit den „Dirty Diaries“ dieses Problem in Angriff genommen. Die „Dirty Diaries“ sind eine feministische Pornosammlung, die 2009 vom staatlichen Schwedischen Filminstitut finanziert wurden und fernab vom standardisierten Mainstream-Porno Menschen und Sexualität in all ihrer Vielfalt zeigt.

 

Da vor allem im Internet kostenlose Pornographie konsumiert wird, muss auch feministischer Porno gebührenfrei, dauerhaft und niedrigschwellig verfügbar sein. Daher fordern wir eine Filmförderung nach schwedischem Vorbild.

 

Eine solche Filmförderung ist über verschiedene Kanäle möglich:

 

  • Als Sexualbildung über die Landes- und Bundeszentrale(n) für politische Bildung und die Landes- und Bundeszentrale(n) für gesundheitliche Aufklärung
  • Als Filmförderung. Dieses Instrument ist denkbar im Rahmen einer Ausschreibung mit vorgegebenen Mindestkriterien, einer freien Bewerbung um Fördermittel oder einer Preisverleihung. Hierbei muss auf die Liste der Kriterien, deren Nachprüfbarkeit und/oder auf die Zusammensetzung der Kommission geachtet werden.
  • Durch den Aufkauf und das kostenlose Verfügbarmachen in der Online-Mediathek der öffentlich-rechtlichen Sender. Wir fordern, dass die Altersfreigabe für Pornografie hierfür überprüft und ggf. heruntergesetzt wird.

 

Wir fordern, dass die angeführten Kanäle geprüft werden und die Förderung über die geeigneten Kanäle und in wirkungsvoller Höhe begonnen wird.

 

Wir fordern die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Fraktionen in den Landesparlamenten auf, entsprechend tätig zu werden.

 

 

Stellungnahme(n):
Beschluss des Bundesparteitages 2019: Überwiesen an SPD Bundestagsfraktion und SPD-Landtagsfraktionen    Stellungnahme der AH-Fraktion 2020 (AK III):   Pornografie ist in Deutschland nicht verboten, aus Gründen des Jugendschutzes jedoch nach § 184 Strafgesetzbuch (StGB) stark eingeschränkt. Die Ausstrahlung von Pornografie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbietet der Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV). Die mögliche Bereitstellung pornografischer Inhalte über die Landeszentrale für politische Bildung, über einen Fonds mit Filmfördermitteln oder über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk würde die Änderung von Bundesgesetzen erfordern. Parlamentsinitiativen in diese Richtung wurden in Rücksicht auf den Jugendschutz, aber auch in Rücksicht auf Unterdrückungs- und Missbrauchspotenziale des Genres nicht aufgenommen und sind nicht geplant. Der Berlin-Brandenburgischen Filmförderung, dem Medienboard, ist die Förderung pornografischer Filme über die Ausreichung öffentlicher Mittel untersagt. Nicht gefördert werden Projekte im Sinne der Regelungen nach §131 und §184 StGB, die ein Werk erwarten lassen, das gegen die Verfassung oder die Gesetze verstößt, das Persönlichkeits-rechte, das sittliche oder religiöse Gefühl verletzt oder dessen Inhalt pornografisch, gewaltverherrlichend oder jugendgefährdend ist. Künstlerische Filmproduktionen, die sexuelle Handlungen im Rahmen der geltenden Rechtsprechung enthalten, sind förderfähig. Die Förderentscheidung berücksichtigt in diesen Fällen den künstlerischen Anteil der Produktion und prüft zusätzlich das künstlerische Anliegen bspw. in Rücksicht auf den biografischen Kontext und den Werkkontext der Antragsteller. Die Debatte über die 2009 veröffentlichen „Dirty Diaries“ wurde in Schweden u.a. in Hinsicht auf die Verwendung öffentlicher Filmfördermittel kontrovers diskutiert. Das Beispiel der „Dirty Diaries“ und die Tatsache, dass weder im parlamentarischen Raum noch im Medienboard Handlungsbedarf seitens der Medienschaffenden angezeigt wurde, legt nahe, dass die geltende Gesetzgebung wie auch die Förderprinzipien der Filmförderung in Fragen der Regulierung pornografischer Inhalte als praktikabel anerkannt werden.
Überweisungs-PDF: