Die Debatte um den Themenkomplex Innere Sicherheit war in den letzten Jahren für die politische Linke, gerade im Land Berlin, von Orientierungslosigkeit und reaktionären Impulsen gekennzeichnet. Angesichts dessen, dass rechte Parteien den öffentlichen Diskurs mit Forderungen nach immer repressiveren staatlichen Maßnahmen dominieren, sehnen sich nun einige sozialdemokratische Politiker*innen danach das Thema Innere Sicherheit – im Sinne von Sofortmaßnahmen, die eine grundsätzliche Debatte zu den strukturellen Implikationen und Gefahren von ausgeweiteter Staatsgewalt zunächst vertagen – von links zu besetzen.
Anstatt jedoch fundamentale Kritik an den von Rechts geforderten Maßnahmen zu äußern und sozial integrative Gegenmodelle zu formulieren, verkommt dieser Wunsch gängiger Weise zur simplen reaktionären Übernahme eben jener Praktiken. Mehr repressive Polizeipräsenz, zunehmende Aufrüstung, Ausweitung von Überwachungsinstrumenten, höhere Strafmaße, verkürzte Justizverfahren. Man will den Bürger*innen scheinbar beweisen, dass man genauso entschlossen gegen Kriminalität vorgehen kann, validiert dabei aber gleichzeitig die repressiven, teils-destruktiven, und meist nicht zielführenden Praktiken, welche vom rechten Spektrum angeführt werden. Dabei zeigen Blicke in jene Länder, die tough on crime als Staatsräson verinnerlicht haben, dass eine solche Eskalationsspirale der immer härteren Maßnahmen keines Wegs mehr Sicherheit schafft, sondern zu einem sozialen Klima der Angst und der ständigen empfundenen Bedrohung führt.
Wir verweigern uns einem Einstieg in diese Eskalationsspirale. Wir fordern ein Modell für die Berliner Polizei, welches auf sozialer Integration und Kriminalprävention basiert. Der Notruf, die Funkstreife, und die Videokamera am kriminalitätsbelasteten Platz sind lediglich reaktive Maßnahmen die erst Greifen, wenn die Straftat bereits passiert- und der Schaden bereits angerichtet ist. Die dem zugrundeliegenden Probleme werden mit diesen Werkzeugen jedoch weder identifiziert, noch behoben. Wir fordern daher ein Konzept, welches an einem Punkt vor dem Notruf oder der Strafanzeige ansetzt. Wir fordern ein Konzept, welches Repression durch Kommunikation ersetzt. Wir fordern ein Konzept, welches die Bürger*innen in die Sicherheitsarchitektur integriert, und sie als zentrale Akteur*innen aktiviert. Wir fordern ein Konzept, dessen Fundament auf der Strategie des Community Policing basiert.
Was ist Community Policing?
Community Policing ist ein Polizeistrategiekonzept, welches auf kontinuierlichen, stabilen, kommunikativen Beziehungen zwischen der Polizei und der kommunalen Gemeinschaft zum Zwecke der Problemidentifizierung und Kriminalprävention basiert. Ein personell gleichbleibendes Team von Beamt*innen wird dabei dediziert und permanent einem bestimmten überschaubaren geographischen Abschnitt der Stadt zugeordnet, in welchem es täglich für die Mitglieder der lokalen Gemeinschaft präsent, sichtbar und ansprechbar ist. Um physische Barrieren abzubauen verzichten die Beamt*innen dabei in der Regel auf Streifenwagen und bewegen sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad fort. Ziel ist es dabei durch kontinuierliche gegenseitige Kommunikation und Interaktion eine Partnerschaft zwischen den Bürger*innen und den Beamt*innen aufzubauen, um Probleme vor Ort gemeinsam zu identifizieren und passende Lösungsansätze zu erarbeiten.
Die Community Policing Einheit ist dabei üblicherweise organisatorisch und handlungspraktisch von den anderen polizeilichen Diensteinheiten der Kriminalitätsbekämpfung- und Ermittlung getrennt. Erkennt die Community Policing Beamt*in Anhaltspunkte, die Kriminalermittlungen rechtfertigen, liegt es in ihrer Diskretion diese an die dafür zuständige Einheit zu informieren. Die Community Policing Beamt*in wendet, abgesehen von unmittelbaren Vorfällen, selbst keine Exekutivmaßnahmen an. Auch in der Anwendung von repressiven Maßnahmen ist sie auf akute Notfälle, sowie zum Zweck der Selbstverteidigung beschränkt. So verzichten Community Policing Einheiten in Großbritannien zum Beispiel komplett auf das mitführen von Schuss- und Hiebwaffen.
Zusätzlich spielen Elemente kommunaler Bürger*innenteilhabe in Community Policing Konzepten eine zentrale Rolle. Die spezifischen Maßnahmen sind stark abhängig von den Gegebenheiten vor Ort und der jeweiligen Strategie der Polizei. Sie können beispielsweise die Form von kommunalen Rundtischen oder mobilen Sprechstunden einnehmen. Wichtig ist einerseits, dass Bürger*innen einen verlässlichen Anlaufpunkt zur Kommunikation haben, und dass andererseits eine effektive Rechenschaftspflicht zwischen den Beamt*innen und den Bürger*innen hergestellt wird. Die Ziele der Polizeiarbeit werden dann von den Bürger*innen und den Beamt*innen gemeinsam erarbeitet und formuliert.
Die Aufgaben der Problemidentifikation und Problemlösung beziehen sich dabei explizit nicht auf die Identifikation und Verhaftung von Straftäter*innen. Vielmehr stehen Alltagsprobleme aus dem Kiez im Mittelpunkt, welche sich auf das ganzheitliche Klima auswirken, und nicht einmal unmittelbar strafrechtlich relevant sein müssen. Warum kommt es an dieser Kreuzung häufig zu Unfällen? Haben die Kinder einen sicheren Schulweg? Warum treffen sich an bestimmten Punkten regelmäßig Suchtkranke, und wie kann man diesen helfen? Warum kommt es zu Spannungen und Konflikten zwischen bestimmten Anwohnern? Gibt es im Kiez Angebote, die Jugendliche mit viel unstrukturierter Freizeit auffangen können? Die Rolle der Community Policing Beamt*innen ist die von sozialen Mediator*innen, die sich flexibel und kontextgerecht den oftmals unterschiedlichen Problemstellungen einer jeden lokalen Gemeinschaft anpassen. Ein solches Netzwerk lokaler Interessensvertreter*innen bietet Vorteile für alle beteiligten. Zum einen ergibt sich ein kohärentes Gesamtbild der sozialen Lage und den bestimmten Problemstellungen im Kiez, welches allen Akteur*innen ermöglicht besser auf diese zu reagieren. Zum anderen können Community Policing Beamt*innen in bestimmten Situationen auf dieses Netzwerk zuzugreifen. So können z. B. Suchtberatungsstellen oder Jugendhäuser in Problemlösungsprozesse integriert werden, oder umgekehrt auf Beamt*innen zugehen und diese auf bestimmte Problemlagen aufmerksam machen.
Die Policing Community Einheiten sollen sich dabei gleichermaßen aus lokal vernetzten und aus anderen Einsatzgebieten hinzugezogenen Beamt*innen zusammensetzen. Damit wird die bereits bestehende Ortskenntnis der Beamt*innen sinnvoll um eine kontrollierende Außenperspektive ergänzt. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Polizeiarbeit innerhalb eines festgelegten Rahmens stattfindet, weshalb ein allgemein gültiger Ziel- und Kompetenzkatalog definiert werden muss, der die Grundlage jeder Polizeiarbeit bilden soll. Zudem soll sich die Polizeiarbeit ausdrücklich nicht nur an den Bedürfnissen der Bürger*innen orientieren, die sich an der Diskussion beteiligen, sondern die Bedürfnisse aller im Kiez lebender Personen berücksichtigen. Zu diesem Zweck sollen lokale Vereinigungen, karitative Verbände und Unternehmen aktiv in das Konzept eingebunden werden.
Community Policing Beamt*innen sind im Kiez eingebettete Akteur*innen, die neben unmittelbar kriminologischen Aspekten vorrangig das soziale Gesamtgefüge im Blick haben sollen. Dabei sind sie jedoch weder ein erweitertes Ordnungsamt, noch übernehmen sie die Funktionen von Sozialarbeiter*innen. Während Beamt*innen des Ordnungsamts mit der klaren Maßgabe vorgehen Ordnungswidrigkeiten zu identifizieren und zu ahnden, also eine ausschließlich exekutive Funktion einnehmen, erfüllen Community Policing Beamt*innen die Aufgabe strukturelle Probleme, die sich mitunter in einer Anhäufung von Ordnungswidrigkeiten (z.B. öffentlicher Drogenkonsum) äußern können, zu identifizieren und zusammen mit der Gemeinschaft zu konstruktiven Lösungsansätzen zu kommen. Dabei erfüllen sie jedoch auch nicht die Funktion von Sozialarbeitern, die mit bestimmten Einzelpersonen über einen längeren Zeitraum Lösungen zu ihren konkreten Lebenssituationen erarbeiten und diese betreuen. Einzelpersonen mit Beratungsstellen oder karitativen Einrichtungen zu vernetzen, sofern diese das möchten, kann eine Maßnahme der Beamt*innen sein, unterliegt letztendlich aber ihrer Diskretion.
Community Policing wird in unterschiedlichen Formen in einer Vielzahl von Ländern angewandt, allen voran in Teilen der Vereinigten Staaten, in Großbritannien, und in den skandinavischen Ländern. Eines der bekannteren deutschen Community Policing Konzepte sind die sogenannten Bezirksbeamten in Düsseldorf. Die Resultate sind in allen Anwendungsbereichen die selben: Rückläufige Kriminalitäts- und Ordnungswidrigkeitsraten, insbesondere in der Gewaltkriminalität, und ein höheres Sicherheitsgefühl unter den Bürger*innen. Somit adressiert Community Policing sowohl Fragen objektiver Sicherheit, im Sinne von quantitativ erfassbaren Rückgängen an Vorfällen, als auch Fragen subjektiver Sicherheit, im Sinne eines sozialeren, vertrauensvolleren gesellschaftlichen Klimas.
Aus feministischer Perspektive ist Community Policing außerdem wesentlich geeigneter Fragen weiblicher Sicherheit zu adressieren, als traditionelle responsiv-repressive Polizeistrategien. So ist zum Beispiel der Notruf oder der Gang zur Polizei für viele Opfer von Missbrauch und häuslicher Gewalt oft mit Scham oder der erheblichen Angst vor Vergeltungsmaßnahmen des Mannes verbunden. Notrufstreifen sind in der unmittelbaren Situation ebenfalls oft die Hände gebunden. In einem Community Policing Konzept hingegen ist es für eine Beamt*in möglich, nachdem sie Hinweise von Anwohner*innen oder vom Opfer selbst erhalten hat, diskretere Wege einzuleiten dem Opfer zu helfen (z. B. die Vernetzung mit einer Beratungsstelle), das Opfer zu einer Anzeige zu ermutigen und diese ggf. mit ihr angemessen vorzubereiten. Deshalb ist es unerlässlich, dass in jedem Kiez auch mindestens eine weibliche Community Policing Beamtin präsent ist.
Community Policing
- Verringert durch einen gesamtgesellschaftlichen Präventivansatz Kriminalität und Ordnungswidrigkeiten
- Verringert durch effektive Prävention den Einsatz von reaktionären und repressiven Maßnahmen
- Erhöht durch kontinuierliche Kommunikation und gemeinsame Zielsetzungen das Sicherheitsgefühl der Bürger*innen
- Stellt den Kiez in den Mittelpunkt der Sicherheitsarchitektur und ist so in der Lage Strategien und Maßnahmen an den jeweiligen unterschiedlichen Problemstellungen auszurichten
- Schafft Vertrauen zwischen den Beamt*innen und den Bürger*innen
- Aktiviert Bürger*innen als zentrale Akteure in Qualitäts- und Sicherheitsfragen ihres Kiezes und Ermöglicht effektive Teilhabe
Hintergrund: Community Policing in Berlin – Die sogenannten Kontaktbereichsbeamt*innen
Dem Community Policing ähnliche Elemente wurden im damaligen Westberlin im Zuge einer Polizeireform bereits in den 1970er Jahren unter dem Begriff „Kontaktbereichsbeamte“ eingeführt. Die Aufgabe der Beamt*innen in ihren jeweiligen Kiezen (Konktaktbereiche) bestand darin dauerhaft verfügbare und verlässliche Ansprechpartner*innen darzustellen, die bei kleineren Problemen aushelfen, bei Konflikten als Mediator*innen auftreten können, und aufgrund ihrer dauerhaften Präsenz im- und Interaktion mit dem Kiez eine Schlüsselrolle in der Kriminalprävention einzunehmen.
Mit der Berliner Polizeireform von 1998 und der Einführung des sogenannten „Berliner Modells“, welches vorsah alle responsiven, investigativen, und administrativen Prozesse fortan in Person der Funkstreifen zu vereinen, wurde die Praxis der Kontaktbereichsbeamt*innen effektiv eingestellt. Die Aufgaben, welche die KoBBs zuvor dediziert und gesondert von den übrigen Polizeieinheiten ausübten, wurden zur Zuständigkeit aller Dienstkräfte erklärt. Eine effektive Trennung von Exekutivaufgaben und Präventionspraktiken war so nicht mehr gewährleistet. Die zuvor zentralen Aspekte der Bürger*innennähe sowie der personell etablierten und zeitlich permanenten Präsenz wurden außerdem durch massive Personalreduzierungen drastisch untergraben.
2007 wurde der Kontakrbereichtsdienst in limitierter Form wieder eingeführt. Zudem wurde auf Initiative des Berliner Polizeipräsidenten das „Berliner Modell“ 2014 wieder zurückgerollt, sodass administrative Aufgaben wieder von dedizierten Personal übernommen wurden. Infolgedessen blieb die Rolle der wenigen noch verbleibenden Kontaktbereichsbeamt*innen jedoch institutionell vage und öffentlich kaum erkennbar.
Eine kleine Anfrage des Grünen Abgeordneten Benedikt Lux an die Senatsverwaltung im Januar 2016 ergab: das Berliner Stadtgebiet ist derzeit in 1.208 Kontaktbereiche aufgeteilt. Jedem Kontaktbereich sei „grundsätzlich […] eine Dienstkraft der Polizei Berlin namentlich zugeordnet“. In ihren Handlungen sind die KoBBs jedoch nicht auf die klassische Community Policing Arbeit beschränkt, sondern „stehen grundsätzlich für alle Aufgaben im Einsatzdienst der Dienstgruppen zur Verfügung“, wozu „Wachdienst, Funkwageneinsatzdienst, Brennpunktstreifen, Verkehrsüberwachung, Kriminalitätsbekämpfung und der Veranstaltungsschutz gehören“. Zwar wird eine Entlastung zugunsten der klassischen KoBB Aufgaben angestrebt, diese wird jedoch vom chronischen Personalmangel und einer fehlenden verbindlichen Community Policing Organisationsstruktur maßgeblich untergraben. Die aktuellen KoBBs sind daher nicht mit den „alten KoBBs“ gleichzusetzen; eine Einschätzung, die der Berliner Polizeipräsident im Januar 2015 öffentlich einem Interview mit der Berliner Zeitung teilte.
Im Abschnitt „Polizeipräsenz vor Ort sichern“ des Rot-Rot-Grünen Koalitionsvertrags der Berliner Landesregierung finden sich die Forderungen nach „mehr Kontaktbereichsbeamte[n] im Kiez“ und einem „spürbaren“ Ausbau von Fuß- und Fahrradstreifen. Die generelle Stoßrichtung ist die richtige, jedoch finden sich im Vertrag keine Spezifizierungen zur Qualität und Organisationsstruktur dieser Präsenz. Außerdem fehlt eine klare Zielsetzung zur Anzahl der zusätzlichen Kontaktbereichsbeamt*innen, sowie Aussagen über ihre Einsatzart und ihre Handlungsfelder. Eine bloße Erhöhung der Anzahl von Kontaktbereichsbeamt*innen, ohne sie explizit und exklusiv an ein strukturell definiertes Regelwerk von Community Policing Praktiken zu binden, ist unzureichend und verfehlt den erwünschten Effekt.
Paradigmenwechsel: Community Policing als Fundament der Berliner Polizeiarbeit etablieren!
Wir fordern ein Sicherheitsnetzwerk der sozialen Integration und der innergesellschaftlichen Solidarität. Community Policing als Fundament für die Berliner Polizeiarbeit stellt den Kiez der Bürger*innen in den Mittelpunkt, setzt den polizeilichen Fokus auf Präventivarbeit, definiert die Rolle von Polizeibeamt*innen in der Stadtgesellschaft neu, und bietet einen Ausweg aus der Eskalationsspirale der reaktiven und repressiven Maßnahmen, welche die aktuelle Debatte dominiert. Die Berliner Praxis der Kontaktbereichsbeamt*innen ist ein brauchbarer Ausgangspunkt für einen solchen Paradigmenwechsel, greift aber angesichts der unklaren Zuständigkeiten und Zielsetzungen, der unzureichenden öffentlichen Kommunikation, und der Abwesenheit eines verbindlichen Community Policing Konzepts deutlich zu kurz.
Deshalb fordern wir:
- Die Erarbeitung eines wissenschaftlich fundierten, umfassenden Community Policing Konzepts für Berlin durch eine Expert*innenkommission unter expliziter Einbeziehung der Polizei und dessen schnellstmögliche Umsetzung.
- Die Restrukturierung des Kontaktbereichsbeamten*innen-Programms in eine handlungsfähige Community Policing Einheit, welche mit den nötigen Ressourcen ausgestattet wird. Die Community Policing Einheit ist von Exekutivaufgaben der konventionellen Kriminalitätsbekämpfung- und Ermittlung zu befreien.
- Die Schaffung eines verbindlichen Regelwerks, welches die Zuständigkeiten und die Arbeitsweise von Community Policing Beamt*innen definiert.
- Die explizite und exklusive Bindung von Community Policing Beamt*innen an dieses Regelwerk. Die Beamt*innen dürfen keine Bedarfseinheiten für andere Diensteinheiten mehr sein.
- Community Policing Beamt*innen sollen keine Schuss- oder Hiebwaffen mit sich führen.
- Jedem Kontaktbereich soll mindestens eine weibliche Beamt*in und mindestens ein männlicher Beamter zugeteilt sein.
- Wo angebracht sollen die jeweiligen Beamt*innen Sprachkenntnisse entsprechend den lokalen Migrant*innen-Communities besitzen.
- Die Community Policing Einheit soll den jeweiligen Kontaktbereichen entsprechend konkrete Maßnahmen zur Bürger*innenteilhabe erarbeiten.
- Die Polizei Berlin soll in der Ausbildung einen klaren Fokus auf Community Policing setzen.
- Die Polizei Berlin soll deutlich mehr Beamt*innen Ausbilden, damit ein solches Community Policing Konzept effektiv und in adäquater Personenstärke angewandt werden kann,
- Die Rolle, Funktion und Ziele der Beamt*innen sollen öffentlichkeitswirksam sichtbar gemacht und kommuniziert werden.
- LPT I/2018: vertagt auf LPT II/2018 (Schwerpunkt Innenpolitik) und Überweisung an FA III – Innen- und Rechtspolitik
Stellungnahme/Votum des FA III:
Community Policing
Empfehlung: Erledigt bei Annahme des Antrags „Urbane Sicherheit“, hilfsweise Ablehnung
Die Antragsteller fordern:
Die Erarbeitung eines wissenschaftlich fundierten, umfassenden Community Policing Konzepts für Berlin durch eine Expert*innenkommission unter expliziter Einbeziehung der Polizei und dessen schnellstmögliche Umsetzung.
Die Restrukturierung des Kontaktbereichsbeamten*innen-Programms in eine handlungsfähige Community Policing Einheit, welche mit den nötigen Ressourcen ausgestattet wird. Die Community Policing Einheit ist von Exekutivaufgaben der konventionellen Kriminalitätsbekämpfung-und Ermittlung zu befreien.
Die Schaffung eines verbindlichen Regelwerks, welches die Zuständigkeiten und die Arbeitsweise von Community Policing Beamt*innen definiert.
Die explizite und exklusive Bindung von Community Policing Beamt*innen an dieses Regelwerk. Die Beamt*innen dürfen keine Bedarfseinheiten für andere Diensteinheiten mehr sein.
Community Policing Beamt*innen sollen keine Schuss- oder Hiebwaffen mit sich führen.
Jedem Kontaktbereich soll mindestens eine weibliche Beamt*in und mindestens ein männlicher Beamter zugeteilt sein.
Wo angebracht sollen die jeweiligen Beamt*innen Sprachkenntnisse entsprechend den lokalen Migrant*innen-Communities besitzen.
Die Community Policing Einheit soll den jeweiligen Kontaktbereichen entsprechend konkrete Maßnahmen zur Bürger*innenteilhabeerarbeiten.
Die Polizei Berlin soll in der Ausbildung einen klaren Fokus auf Community Policing setzen.
Die Polizei Berlin soll deutlich mehr Beamt*innen Ausbilden, damit ein solches Community Policing Konzept effektiv und in adäquater Personenstärke angewandt werden kann.
Die Rolle, Funktion und Ziele der Beamt*innen sollen öffentlichkeitswirksam sichtbar gemacht und kommuniziert werden
Begründung:
Im Leitantrag „Urbane Sicherheit“, der dem Landesparteitag am 17.11.2018 zur Zustimmung vorgelegt werden wird, sind die von den Antragstellern genannten Forderungen bereits enthalten. Die Verbreiterung des Sicherheitsbegriffs, über den rein polizeilichen Schutzbereich hinaus, ist ein Kernanliegend des Leitantrags. Dabei wird berücksichtigt, dass Sicherheit als zentrale Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben in unterschiedlichen Lebensbereichen gewährleistet werden muss und sich dort unterschiedlich äußert. Dies betrifft sowohl den herkömmlichen Schutzbereich vor Kriminalität, Gewalt und Bedrohung wie auch die Frage, ob verlässlich eine Möglichkeit zum Wohnen, zur Ausbildung und zur Arbeit besteht. Im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung legt der Leitantrag neben den erforderlichen Eingriffsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden einen weiteren Schwerpunkt auf Prävention durch geeignete Ansprechstellen in den Quartieren und weitere Maßnahmen. Dies erfasst im Wesentlichen die Forderungen der Antragsteller zu diesem Punkt, geht jedoch auch noch deutlich darüber hinaus, da der Ansatz im Leitantrag wesentlich umfassender ist als der der hiesigen Antragsteller. Der verstärkte Einsatz von Kontaktbereichsbeamten ist integraler Bestandteil des Leitantrags.
Hilfsempfehlung Ablehnung:
Die Begründung des Antrags legt nahe, dass die o. g. Forderungen Maßnahmen beschreiben, die nach dem Willen der Antragsteller nicht in Ergänzung zu den vorhandenen polizeilichen Möglichkeiten treten, sondern diese im Wesentlichen ersetzen sollen. Unter diesem Gesichtspunkt wäre der Antrag jedoch abzulehnen.
Die Antragsteller verkennen, dass repressive Maßnahmen nicht einfach mit einem reaktionären Ansatz der Problembewältigung gleichgesetzt werden können. Das Lagebild in Berlin und vergleichbaren Metropolen ist nicht geeignet, die im Antrag angedeutete These, es bedürfe bei Umsetzung eines Community Policing Konzepts perspektivisch keiner Eingriffsmöglichkeiten durch Sicherheitsbehörden mehr, zu stützen. Die Antragsteller lassen jedoch bereits nicht erkennen, dass sie eine fundierte Lagebewertung vorgenommen oder zumindest übernommen haben. Die Ausgangsüberlegungen im Antrag 152/I/2018 sind daher auch nicht mit der tatsächlichen Situation Berlins, vor allem nicht mit der Situation seit dem 19.12.2016 und der bedrohlich dynamischen Entwicklung der organisierten Kriminalität in den vergangenen fünf Jahren, in Einklang zu bringen. Die Antragsteller bezeichnen die Anpassung von Eingriffsmöglichkeiten und -fähigkeiten als Bestandteil einer Eskalationsspirale und gehen dabei offenbar von der (unzutreffenden) Annahme aus, Konflikte verschärften sich durch eine angepasste Ausstattung der Sicherheitsbehörden.
Dadurch leidet der Antrag i. E. an dem Defizit, dass einseitig eine soziale Bewältigung der angesprochenen Problemfelder gefordert wird, die dem Staat – als zum Schutz verpflichteten Garanten der Sicherheit jedes und jeder Einzelnen – in letzter Konsequenz die zwangsweise Durchsetzung von Normen unmöglich machen würde, da er die dafür notwendigen Eingriffsmöglichkeiten und –befugnisse aus Sicht der Antragsteller nicht weiter den veränderten Erfordernissen anpassen soll.