Bericht der organisationspolitischen Kommission
1. Einleitung
Nach den schlechten Wahlergebnissen der SPD auf Bundes- und Landesebene hallt der Ruf nach politischer und organisatorischer Erneuerung durch die Sozialdemokratische Partei. Dabei ist die Erwartung groß, dass sich die Partei neuen gesellschaftlichen Entwicklungen anpasst und für ihre Mitglieder attraktive, neue Beteiligungsverfahren und moderne innerparteiliche Strukturen bietet.
Um die zahlreichen Anträge im Gesamtzusammenhang zu beraten sowie Verfahrensvorschläge zu machen und ggf. Änderungen der Statuten vorzuschlagen, setzte der Landesparteitag der Berliner SPD eine Organisationspolitische Kommission ein.
Seit Januar 2018 befassten sich Vertreter*innen des Landesvorstands, aller Kreise, von Arbeitsgemeinschaften und der Statutenkommission mit der innerparteilichen Organisation.
Die Kommission gliederte ihre Beratungen in 15 Arbeitsgruppen, die sich in unterschiedlichen Fragestellungen zum Beispiel mit der Betreuung und den Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder, mit der Organisationsstruktur, der Kampagnenfähigkeit, der Zusammenarbeit der Gliederungen oder dem Landesparteitag beschäftigten.
Es ging sowohl darum, zu klären, was sich in der Vergangenheit bewährt hat, als auch, vorliegende Änderungsvorschläge zu diskutieren und – gegebenenfalls strittig – abzustimmen. Dabei gab es einstimmige Voten, oft aber auch mehr oder weniger knappe Mehrheitsentscheidungen und unveränderte Minderheitsmeinungen.
Bei aller Debatte im Detail war sich die Kommission einig, dass die Meinungs- und Willensbildung innerhalb der Partei auch künftig fair und transparent von unten nach oben organisiert werden muss.
Jedem Mitglied muss – unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter oder anderer persönlicher Merkmale – das gleiche Recht garantiert werden, sich frei und ungehindert an der Meinungs- und Willensbildung der Partei zu beteiligen.
Zugleich müssen die demokratisch legitimierten Vorstände auf jeder Ebene handlungsfähig sein, damit die Partei in der politischen Auseinandersetzung bestehen und die eigenen Beschlüsse in Regierungshandeln umsetzen kann. Das wird ohne eine aktive Mitgliedschaft und gesunde Finanzen nicht gelingen.
Notwendig ist daneben ein breit angelegter Prozess für ein neues Grundsatzprogramm der SPD, damit sich die SPD glaubwürdig politisch neu aufstellen kann. (Antrag 14/II/2017)
2. Mitglieder
Die SPD ist und bleibt eine Mitgliederpartei. Die Mitglieder tragen die Partei. Ohne das überwiegend ehrenamtliche Engagement der Genossinnen und Genossen wäre die SPD weder kampagnen- oder wahlkampffähig noch könnte sie ihrem Verfassungsauftrag gerecht werden, an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken.
Grundvoraussetzung für eine starke SPD ist ein attraktives, begeisterndes und glaubwürdiges Politikangebot. Nur damit können Wahlen gewonnen und politische Forderungen umgesetzt werden.
Die Analyse der Wahl 2017 ist aus Sicht der Organisationspolitischen Kommission eine gute Grundlage, um über Fehler der Vergangenheit zu diskutieren und dann konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen. Ein Neuanfang bedarf neben innenorganisatorischer Neuerungen vor allem, dass künftig verlässliche und berechenbare politische Positionen erarbeitet werden, dass keine leere Versprechen gemacht werden, dass die SPD mit verständlicher Sprache spricht, mit der Zivilgesellschaft kooperiert sowie gut und wirksam regiert.
Dabei muss die SPD mit ihren Forderungen stets sichtbar bleiben und ihre Parteikultur pflegen. Für Mitglieder und Bürger*innen, die noch über ihren Beitritt nachdenken, ist wichtig, wie die SPD mit ihrer Geschichte umgeht, ob die Mitglieder wertschätzende Erfahrungen in der Partei machen, wie Entscheidungen in der SPD zustande kommen, welchen Einfluss Mitglieder tatsächlich haben und ob Hürden für ein aktives Engagement abgebaut werden müssen.
Deshalb gilt es, möglichst viele unserer Mitglieder für die Mitwirkung in der Partei zu begeistern, ihr Wissen und ihre Kenntnisse zu nutzen und sie für die Übernahme von Verantwortung vorzubereiten.
Um herauszufinden, welche Unterstützung die Mitglieder erwarten und was inaktive Mitglieder motivieren könnte, künftig mitzutun, schlägt die Kommission einen berlinweite elektronische Umfrage bei allen Berliner SPD-Mitgliedern vor.
Sie lehnte ab, eine Studie über die Berufe, Interessen, Spezialwissen und Zeitbudgets der Mitglieder zu erheben. (Antrag 24/II/2017)
Der Vorschlag einer Onlinebefragung aller Mitglieder über ihre rassistischen Diskriminierungserfahrungen fand keine Mehrheit. (Antrag 22/I/2018)
Wir wenden uns gegen Sexismus, Rassismus und andere Diskriminierungen. Wir schaffen ein Klima, das dieses nicht duldet. Tritt es dennoch auf, darf und muss es angesprochen werden. Es ist die Verantwortung aller, in der Partei im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen Diskriminierungen vorzugehen.
Wir richten ein Gremium im Landesverband ein, das für Betroffene von Sexismus, Rassismus und anderer Diskriminierungen als Ansprechpartner dient, das Betroffene unterstützt und ggf. Klärungen versucht. Das Nähere zu diesem Gremium wird vom Landesvorstand geregelt. Dabei greift er auf die Erfahrungen der Jusos mit ihrer Anti-Sexismus-Kommission zurück. Die Mitglieder des Gremiums müssen geschult werden.
Wir dulden Sexismus, Rassismus und anderes diskriminierendes Verhalten in unserer Partei nicht. Bei schweren Fällen muss dies zum Ausschluss aus der Partei führen. Die Statutenkommission prüft, ob hierfür statutarische Änderungen nötig sind.
a. Bildungsangebote
Ferner regt die Kommission an, mehr und neue Bildungsangebote für Mitglieder auch außerhalb von Wahlkampfzeiten zu entwickeln.
So spricht sie sich beispielsweise für Fortbildungsangebote zu Moderation und Statut aus.
Schulungen sollen Mitgliederbeauftragte bei der Ansprache der inaktiven Mitglieder unterstützen.
Vor allem für neue Mitglieder soll es „Einstiegsseminare in die Parteiarbeit“ geben, in denen in knapper Form ein Einstieg in politische Gespräche vermittelt wird, wie sie – nicht nur – im Wahlkampf geführt werden.
Ferner sollen Neumitglieder gezielt über ihre Beteiligungsmöglichkeiten in Abteilungen, Arbeitsgemeinschaften, Foren oder Fachausschüssen informiert werden. (siehe auch Antrag 16/I/2018).
Das Starter-Paket soll darüber hinaus auch das Leitbild zur Gleichstellung enthalten.
b. Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politisches Engagement
Um auch Eltern die Teilnahme an Sitzungen in Abteilung, Kreis oder Land zu ermöglichen, soll grundsätzlich Kinderbetreuung für Kreisdelegiertenversammlungen und Landesparteitage angeboten werden. Über eine eventuelle Erstattung von Babysitterkosten kann auf der jeweiligen Ebene entschieden werden.
Die Kommission empfiehlt den Gremien, ihre Termine langfristig zu planen, Fum den Mitgliedern die Teilnahme zu erleichtern. Dabei können Gremien auch über alternierende Zeiten für den Sitzungsbeginn entscheiden. (Antrag 19/ii/2017)
Sitzungen sollen transparent und im zeitlichen Verlauf realistisch geplant und die Planung transparent kommuniziert werden. Dabei kann das Sitzungsende im Vorhinein festgelegt werden und sollte dann eingehalten werden. (Antrag 19/ii/2017)
Ihre Sitzungen sollen in der Regel nicht länger als zwei Stunden dauern. Abteilungen und Arbeitsgemeinschaften sollen mindestens alle acht Wochen parteiöffentlich tagen. (Antrag 18/II/2017)
Quotierte Redelisten sollen auf allen Ebenen der Berliner SPD eingehalten werden.
Ein „Funktionssharing“ – die Besetzung einer Funktion mit zwei Genoss*innen, die sich die Arbeit teilen – muss zunächst rechtlich geprüft werden.
Zur Unterstützung der Organisation und Struktur von Sitzungen erstellt der Landesverband einen empfehlenden Leitfaden. Einen „Verhaltenskodex“ lehnt die Kommission ab.
3. Mitgliederbeteiligung
Die SPD muss interessant bleiben und Ort der politischen Willensbildung sein, unter anderem mit der Erarbeitung neuer interessanter Veranstaltungsformate wie Zukunftswerkstätten oder Programmforen und mit mehr digitalen Möglichkeiten der Beteiligung. (Antrag 05/II/2017)
Intransparente Verfahren bei der Aufstellung von Kandidierenden, aber auch bei der Erarbeitung von Papieren oder Programmen, sind hingegen geeignet, Mitglieder zu demotivieren. Deshalb wird die SPD Berlin darauf achten, dass die Verfahren zur Aufstellung von Kandidat*innen durchsichtig und fair gestaltet werden.
Die Kommission hat sich für erweiterte Beteiligungsinstrumente ausgesprochen, dies allerdings grundsätzlich an die Möglichkeit der elektronischen Umsetzung gekoppelt – schon um die zusätzlichen Kosten in Grenzen zu halten und die Kampagnenfähigkeit der SPD nicht zu gefährden.
Dies vorausgesetzt, empfiehlt die Kommission, künftig die Kanzler*innen-Kandidatur, die Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl sowie und/oder die Kandidatur für das Amt des/der Regierende/r Bürgermeister*in obligatorisch per Mitgliederentscheid zu ermitteln – wenn mehr als eine Bewerbung vorliegt.
Außerdem sollen vor Abschluss von Koalitionsverträgen auf Bundes- und Landesebene immer die Mitglieder über das geplante Regierungsbündnis entscheiden. (Antrag 11/II/2017)
Anders sieht es die Kommission bei Spitzenfunktionen der Partei. Weder beim Parteivorsitz noch bei der/dem Generalsekretär*in oder den Direktkandidaturen für die Parlamente auf Bundes-, Landes- oder Europaebene sollen obligatorische Mitgliederbefragungen eingeführt werden.
Der Vorschlag, durch eine Statutenänderung die Kandidat*innen-Aufstellung für öffentliche Ämter durch eine Wahlkreisvollversammlung zu ermöglichen, wurde abgelehnt.
Zur Durchsetzung eines Mitgliederentscheids spricht sich die Kommission für ein Quorum von zwei Fünftel der Unterbezirke auf der Bundesebene und ein Drittel der Kreisvorstände auf der Landesebene.
Die Kommission empfiehlt mehrheitlich, das Quorum für ein Mitgliederbegehren von zehn auf fünf Prozent der Mitgliedschaft abzusenken. (Antrag 12/II/2017)
Die jeweiligen Vorstände sollen künftig verpflichtet werden, die Anliegen bei Mitgliederbegehren oder die Abstimmungsalternativen bei Mitgliederentscheiden in der Partei bekannt zu machen, möglichst elektronisch oder auf den üblichen innerparteilichen Informationskanälen und ohne zusätzliche Kosten zu verursachen.
Dabei soll stets die Chancengleichheit gewahrt werden. Die Unterschriften werden in den Geschäftsstellen gesammelt.
Die Kreise werden zur Durchführung von eigenen elektronischen Mitgliederumfragen ermutigt und unterstützt.
Zugleich spricht sich die Kommission gegen die Einführung plebiszitärer Elemente aus. So sollen die Vorstände nicht verpflichtet werden, die Mitglieder regelmäßig und von sich aus vor wichtigen inhaltlichen Entscheidungen zu befragen oder die politische Meinung der Basis zu erkunden. (siehe auch Antrag 13/I/2018)
4. Kampagnen
Dreh- und Angelpunkt jeder Kampagnenfähigkeit ist das Ehrenamt, die Mund- zu Mund-Propaganda, die Überzeugungsarbeit in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Freizeit. Dazu gehört allerdings auch eine mitreißende Politik, über die man spricht.
Der SPD Landesverband Berlin hat mit einer steigenden Mitgliederzahl und einem geringeren Durchschnittsalter der Mitglieder als im Bundesschnitt gute Voraussetzungen, erfolgreich Kampagnen und Wahlkämpfe zu bestehen.
a. Starke SPD in der ganzen Stadt
Die Kommission war sich einig, dass in Berlin keine weißen Flecken entstehen dürfen, auf denen die SPD nicht präsent ist.
So ist die Unterstützung strukturell schwacher Stadtgebiete beispielsweise in den ehemaligen Ostbezirken notwendig. Ohne eine Verbesserung der Ergebnisse im Osten und Südosten der Stadt verlieren wir unsere Mehrheitsfähigkeit. (Antrag 05/II/2017).
In einer Projektgruppe können rechtzeitig vor der Wahl 2021 inhaltliche, programmatische sowie strategische Lösungsansätze erarbeitet werden. (Antrag 06/II/2017)
Der Landesvorstand benennt eine*n Beauftragte*n für strukturschwache Kreise, damit die Thematik im Landesvorstand auch gebündelt präsent bleibt und mit Arbeitsaufträgen versehen werden kann.
Eine*n Beauftragte*n für die Wahlkampfkoordinierung in den östlichen Bezirken lehnt die Kommission ab.
Die Forderung, bei der Aufstellung der Landesliste für die nächste Bundestagswahl die Wahlkreise Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg mit einem festen Platz bis Platz 6 auf der Landesliste zu berücksichtigen, fand keine Mehrheit. (Antrag 07/II/2017)
Die Kommission stimmte ferner mit breiter Mehrheit dagegen, dass bei der Aufstellung von Listen mindestens ein Drittel der aussichtsreichen Plätze an neue Kandidat*innen vergeben werden sollen, die vorher noch kein Mandat hatten (Antrag 14/II/2017).
b. Präsenz
Die SPD muss wahrgenommen und möglichst das ganze Jahr über in der Stadt sichtbar sein.
Rote Busse können vor allem dort eingesetzt werden, wo ansonsten kaum noch Aktivitäten stattfinden. Die Rote-Busse-Teams werden entsprechend geschult.
Das BeTeam wird verstetigt.
Es wird ein Personalpool – die „Solidargruppe“ – von Freiwilligen eingerichtet, der über den eigenen Verteiler erreichbar ist. Ziel ist die Unterstützung bei Aktionen und Veranstaltungen auch außerhalb der Wahlkampfzeit.
Spitzenkandidat*innen und Mandatsträger*innen, aber auch der gewählte Landesvorstand der SPD Berlin, werden dazu verpflichtet, sich solidarisch und proaktiv – auch außerhalb von Wahlkampfzeiten – in strukturschwachen Kreisen und Abteilungen verstärkt Präsenz zu zeigen.
Darüber hinaus schafft der Landesverband Equipment an, (siehe auch Antrag 05/II/2017) das die Abteilungen zum Selbstkostenpreis ausleihen können. Damit werden sie unabhängig von teuren Fremd-Anbietern.
Die Kommission regt zwei bis drei thematische Mini-Kampagnen des Landesverbandes in Zusammenarbeit mit Kreisen zu wichtigen, die Stadt bewegenden Themen an. Das Kurt-Schumacher-Haus und die zwölf Kreisbüros dienen als gut vernetzte Dienstleister für die Ehrenamtlichen.
Veranstaltungen mit Partnern in den Kiezen haben sich darüber hinaus bewährt. Vergleichsweise günstige Postkartenkampagnen (kommerzielle Kneipendisplays) unterstützen die Wahrnehmung der SPD über das ganze Jahr.
Die enge Bindung der SPD an die Gewerkschaften wird verstärkt. So wird die Arbeit des Gewerkschaftspolitischen Beirats intensiviert.
Es wird eine jährliche Konferenz mit Betriebs- und Personalräten organisiert. (Antrag 04/I/2018)
5. Wahlkampf
Der Parteivorstand und der Landesvorstand sollen Entwürfe für Wahlprogramme mindestens sechs Monate vor dem jeweiligen Parteitag beschließen und zur Debatte in die Partei geben. (Antrag 14/I/2018)
Um die Wahlkämpfer besser zu unterstützen, ist sich die Kommission einig, dass die Abteilungen die wesentlichen Materialien des Wahlkampfes drei Monate vor dem Wahltermin erhalten sollen.
Bei Give-Aways beschränkt sich der Landesverband auf wenige klassische Produkte und stellt den Wahlkämpfenden rechtzeitig Prototypen vor. Materialschlachten und „Last-Minute-Schnellschüsse“ soll es möglichst nicht mehr geben.
Bei der Großflächenwerbung kann zugunsten von regionalisierten Kampagnen und persönlichem Wahlkampf gespart werden.
Ferner sollen größere und kleinere Abteilungen des Landesverbands ermutigt werden, Huckepack-Teams zu bilden, um gemeinsame Aktivitäten zu organisieren und sich gegenseitig zu unterstützen.
Da auf Sommer- und Familienfesten auch viele Nichtmitglieder angesprochen und Kontakte geknüpft werden können, entwickelt der Landesverband eine Handreichung für die Abteilungen mit gebündeltem Know-How für die Organisation solcher Feste. Dabei soll es auch um die Genehmigungsverfahren gehen.
In einem Leitfaden werden die Abteilungen außerdem über die Möglichkeiten analoger oder digitaler Werbung für ihre Veranstaltungen informiert.
6. Landesparteitage
Die Berliner SPD ist und bleibt eine Programm- und Mitgliederpartei. Zu jedem Parteitag liegen aus allen Gliederungen Anträge vor. Es hat sich bewährt, diese Anträge auf zwei Landesparteitagen im Jahr zu beraten.
Mit dem stets aktuell gehaltenen Online-System können die Mitglieder, aber auch Interessierte und die Presse jederzeit erkennen, welche Anträge gestellt wurden und wie darüber abgestimmt wurde. Es sollte geprüft werden, ob die Online-Begleitung des Parteitags noch ausgebaut werden kann.
Ausdrücklich erkennt die Kommission die Leistung der Mitarbeiter*innen des Kurt-Schumacher-Hauses an, die die Landesparteitage professionell vorbereiten und für einen reibungslosen, satzungsgemäßen Ablauf sorgen.
a. Tagesordnung
Kritik gibt es allerdings beispielsweise an der Tagesordnung, die oft mit langen Reden, Grußworten und Formalien überfrachtet ist. Die Kommission plädiert dafür, spätestens nach vier Stunden mit der Antragsberatung zu beginnen.
Der Vorschlag, Grußworte auf eine Stunde zu beschränken und zwei Drittel des Parteitags für die Antragsberatung zu reservieren (bei Wahlen ein Drittel), fand keine Mehrheit. (Antrag 07/I/2018).
Die Delegierten sollen die Möglichkeit erhalten, selbst über die Reihenfolge der Beratung der Antragsblöcke zu entscheiden. Dies soll nicht der Antragskommission überlassen werden.
Statutenändernde Anträge werden am Anfang der Parteitage behandelt. (Antrag 07/I/2018)
Für den Vorschlag, zeitgleich mit der Einberufung des Parteitags thematische Schwerpunkte zu veröffentlichen, gab es eine Mehrheit. (Anträge 07/I/2018 sowie 11/I/2018)
b. Delegierte
Delegierte werden in den Abteilungen, auf KDVen oder auf dem Landesparteitag für die jeweils nächsthöhere Ebene nominiert und/oder gewählt. Die Arbeitsgemeinschaften sollen keine eigenen Delegierten für die KDVen und den Landesparteitag erhalten.
Keine Zustimmung gab es in der Kommission für den Vorschlag, jeweils 25 Prozent einer Parteitagsdelegation neu zu bestimmen, wobei die ausgeschiedenen Delegationsmitglieder beim nächsten Mal wieder kandieren können. (Antrag 15/II/2017)
Daneben stimmte die Kommission für den Antrag, in §15* des Organisationsstatuts der SPD Berlin auch die Berliner Abgeordneten des Europaparlaments, die SPD-Mitglieder der Bezirksämter sowie die Berliner Mitglieder der Bundesregierung zu beratenden Delegierten des Landesparteitags sowie den jeweiligen Kreisdelegiertenversammlungen aufzunehmen. (Antrag 02/I/2018)
Auf Bundesparteitagen sollen die Mitglieder der Bundesregierung mit beratender Stimme teilnehmen.
Dass Mandatsträger*innen grundsätzlich nicht Delegierte mit Stimmrecht auf Landes- und Bundesparteitagen sein können, fand keine Mehrheit.
(Anträge 02/I/2018, 03.1/I/2018, 05/I/2018, 06/I/2018 aus Pankow)
Die Kommission empfiehlt, dass Mandatsträger*innen grundsätzlich nicht Delegierte mit Stimmrecht auf Landes- und Bundesparteitagen sein sollten.
c. Rederecht
Eine Ausweitung des Rederechts auf dem Landesparteitag für alle Mitglieder wird abgelehnt. Das gilt auch für die KDVen.
Der Vorschlag, Delegierte, die noch nicht das Wort hatten, vor denen auf die Redeliste in der Debatte zu nehmen, die bereits gesprochen haben, wurde abgelehnt. (Antrag 09/I/2018)
d. Anträge
Die Kommission appelliert an die Antragsteller*innen, ihre Forderungen und die Begründung in den Anträgen klarer zu trennen und den Antragswillen voran zu stellen.
Alle Antragsteller*innen sollen die Antragsfrist einhalten, das gilt auch für Leitanträge.
e. Antragskommission
Die Anträge werden auch künftig von einer Antragskommission vorstrukturiert und beraten.
Außerdem sollen sie mit einem Votum versehen werden.
Der Parteitag soll über dieses Votum abstimmen, und nicht über den Antragstext. (siehe auch Antrag 08/I/2018)
Das Antragsbuch soll künftig ohne die Empfehlungen der Antragskommission versendet werden. (siehe auch Antrag 08/I/2018)
Für die Delegiertenversammlungen der Kreise und Arbeitsgemeinschaften sowie den Landesparteitag werden Antragsunterlagen elektronisch zur Verfügung gestellt. Delegierte, Ersatzdelegierte und Teilnehmer*innen erhalten gedruckte Antragsunterlagen, wenn sie dies wünschen. Hierfür erfolgt vor der ersten Sitzung der jeweiligen Wahlperiode eine Abfrage. (Antrag 10/I/2018).
Die organisationspolitische Kommission lehnt die vorgeschlagene Begrenzung der Mitgliedschaft in der Antragskommission ab.
Auch ein entsprechender Appell an die Kreise, ihre Vertreter*innen nur zeitlich befristet in die Antragskommission zu entsenden, fand keine Mehrheit.
f. Konsensliste
Die Kommission ist dafür, die Konsensliste abzuschaffen, und stattdessen jeden Antrag oder Antragsblock aufzurufen, zu beraten und abzustimmen, damit wichtige Themen in jedem Fall aufgerufen werden und nicht in der Gesamtabstimmung über die Konsensliste untergehen.
Der Parteitag soll im Fall der Zusammenfassung von Anträgen durch die Antragskommission über das Votum der Antragskommission abstimmen. Im Falle, dass die Anträge in der Form des Antragstellers zur Abstimmung gestellt werden, wird über den Antrag (und nicht das Votum der Antragskommission) abgestimmt.
Damit auch Gäste, Presse und vor allem die Delegierten der Antragsdebatte besser folgen können, könnten die Anträge auf den Leinwänden abgebildet werden. Außerdem kann auf den Bildschirmen auch der Name der jeweiligen Redner*innen abgebildet werden.
7. Landesvorstand
Forderungen nach einer breiten personellen Aufstellung der Partei werden in der Kommission nur grundsätzlich geteilt.
Der Vorschlag, dass der Geschäftsführende Landesvorstand nicht fast vollständig aus Mandatsträger*innen besteht, sondern die Vielfalt der Partei (Frauen/Männer, Jüngere und Ältere, Genoss*innen mit unterschiedlichen Lebenshintergründen) abbilden sollte, wurde abgelehnt. (Antrag 05/II/2017)
Dass Jusos verpflichtend in allen geschäftsführenden Vorständen berücksichtigt werden müssen, fand in der Kommission keine Mehrheit. (Antrag 14/II/2017, ergänzend: Jugendquote von 25 Prozent und jeder fünfte Listenplatz: Antrag 17/II/2017)
8. Verbesserte Abstimmung Bezirke/Land/Bund
Um politisch besser wirken und als Partei erkennbar zu sein, ist ein gutes Zusammenspiel der unterschiedlichen politischen Ebenen notwendig. Dazu müssen wir den Informationsaustausch und die Abstimmung über inhaltliche Themen zwischen den Gremien auf allen Ebenen verbessern.
Zunächst ist eine Bestandsaufnahme nötig: Eine Übersicht über die wechselseitige Gremienteilnahme von Mandatsträger*innen und Ehrenamtlichen soll erstellt werden.
Vor allem eine gemeinsame Kommunikation von Bundes-, Landes- und Kommunalebene kann die Position der Partei in der Öffentlichkeit sichtbar machen. Dazu muss die Verbindlichkeit von Absprachen verbessert sowie die Aufmerksamkeit für Themen konsequent und Ebenen übergreifend erhöht werden.
Leitanträge für Landesparteitage können gemeinsam erarbeitet werden. In den Gremien sollen regelmäßige Berichte abgegeben werden.
Das Format eines Jour fix, das im Sommer gemeinsam mit dem Senat, Fraktionsvorstand, GLV stattfindet, sollte auch zwei Mal auch im laufenden Jahr einberufen werden. Optional kann ein Tagesseminar organisiert werden, um eine gemeinsame Strategie zu planen.
Angeregt wird ferner, dass sich die Landesgruppe ein bis zwei Mal im Jahr mit den Fraktionsvorsitzenden der BVVen und des Abgeordnetenhauses zu einer Koordinierungsrunde trifft. Auf einem jährlichen Treffen mit der/dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion können grundsätzliche Absprachen getroffen werden.
Eine Landesvorstandsklausur mit den BVV-Fraktionsvorsitzenden soll den Tagesordnungspunkt „Zusammenarbeit Bund, Länder, Bezirke“ aufrufen. Wichtig ist, dass auch die SGK ihre Vorschläge darüber einbringt, wie die Vernetzung zwischen Bezirken, Land und Bund vorangetrieben werden kann.
Angeregt wird, dass die/der Vorsitzende der AG Fraktionsvorsitzende einmal im Quartal im Landesvorstand Bericht erstattet. Der Austausch von Anträgen zwischen den BVV-Fraktionen soll institutionalisiert werden.
Zur Verbesserung der gegenseitigen Information kann auch eine monatliche Übersicht dienen, in der die Aktivitäten den jeweiligen Gliederungen zugeordnet werden und die den Kreisvorständen zur Verfügung gestellt werden sollte.
Es wird eine Koordinierungsstelle geschaffen, die ggf. in einem zweiten Schritt zu einer strategischen Planungsstelle ausgebaut wird. Dort sollen Planungsstände von Vorhaben (Gesetze, Anträge etc.) zusammen geführt werden, um eine verbesserte Kooperation zu ermöglichen (Schaltstelle). Außerdem sollten weitere Gremien (z. B. AG Fraktionsvorsitzende) eingebunden werden.
Ziel ist es daneben, die Präsenz der Senatsmitglieder, Abgeordneten und Bezirksverordneten in den Wahlkreisen zu erhöhen. Die Mandatsträger*innen in den Bezirken sollten mehr Einladungen erhalten, eine Mandatsträger*innen-Liste mit Angaben über Themengebiete oder Qualifikationen wird erstellt.
Zur Verbesserung der gegenseitigen Information regt die Kommission an, die Tagesordnungen und Anträge der BVV-Fraktionen, Fraktion im AH, des Landesvorstandes oder auch der Kreisvorstände gegenseitig zur Verfügung zu stellen.
Die Geschäftsführer*innen tauschen sich ggf. durch wöchentliche Telefonkonferenzen untereinander aus.
Die Kommission regt die Erstellung eines Online-Pools/Datenbank für Gliederungen an, in dem unter anderem Referent*innen zu einzelnen Themen aufgenommen werden, auf die Parteigremien zurückgreifen können.
9. Arbeitsgemeinschaften und Fachausschüsse
Arbeitsgemeinschaften repräsentieren die Vielfalt der Mitgliedschaft und bieten gerade neuen Mitgliedern die Möglichkeit, sich inhaltlich einzubringen, Verantwortung zu übernehmen und die Positionen der Partei in den ihnen nahestehenden gesellschaftlichen Gruppen zu vertreten.
Die Kommission schlägt vor, alle Mitglieder einmal im Jahr mit der Informationen „Wo-kannst-du-mitmachen“ digital zu den Arbeitsgemeinschaften einzuladen.
Die Neumitgliedertreffen werden auch in Absprache mit den Arbeitsgemeinschaften organisiert. Die Arbeitsgemeinschaften erhalten dort die Möglichkeit, die Neumitglieder gezielt über ihre Arbeit zu informieren und auf gemeinsame Interessen und Vorhaben hinzuweisen.
Mitglieder sollen grundsätzlich die Möglichkeit haben, wohnortnah Sitzungen der Arbeitsgemeinschaften zu besuchen. Wo dies nicht möglich ist, wollen künftig bezirksübergreifende Kooperationen gefördert und AG-Strukturen gegründet werden.
Die Arbeitsgemeinschaften müssen eigene Neumitglieder-Beauftragte auf Landesebene benennen, auf Kreisebene gilt die Soll-Regelung.
Der Vorschlag der Jusos, ein automatisiertes Verfahren für die Mitgliedsbewegung bei „Nur-Jusos“ zu entwickeln, fand eine Mehrheit. (Anträge 17/I/2018 und 18/I/2018)
Auf Zustimmung stieß der Vorschlag, alle Fachausschüsse und Arbeitskreise für alle Mitglieder zu öffnen, mehr Transparenz zu schaffen und über die Arbeit regelmäßig zu informieren. (Antrag 19/I/2018)
Der Dienstagsbrief soll künftig für Mitglieder mit Beeinträchtigungen umgebaut und in einer barrierearmen Version zur Verfügung gestellt werden. (Antrag 20/I/2018)
10. Hauptamtliche
Die Forderung, zusätzliches hauptamtliches Personal auf Landes- oder Kreisebene zur Unterstützung der Arbeitsgemeinschaften einzustellen, wurde hingegen mit großer Mehrheit abgelehnt. (Jusos siehe auch Antrag 21/I/2018)
Keine Zustimmung fand die Idee, beim Landesverband die Stelle eines/einer Engagementbeauftragten als zentrale Anlaufstelle für Mitglieder zu schaffen.
Um in unseren Parteistrukturen und -prozessen mögliche Engagement-Hemmnisse für eine Vielfalt an Menschen abzubauen, wird das Projekt Interkulturelle Kompetenzen (IKÖ) weitergeführt. (Antrag 22/II/2017).
Alle hauptamtlichen Stellen auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene sollen zudem künftig verpflichtend parteiöffentlich ausgeschrieben werden. (Antrag 23/II/2017)
11. Digitales
(siehe Antrag 15/I/2018 der Jusos)
Mit der Absicht, Partizipationsformen zu erweitern und damit die Vereinbarkeit von ehrenamtlichem Engagement, Familie und Beruf zu erleichtern, müssen traditionelle Mitmach-Formate um Online-Mitmachmöglichkeiten ergänzt werden.
Zur Arbeitserleichterung sieht die Kommission die Einführung neuer Projektmanagement- und Kommunikationstools sowie einer parteiinternen Online-Plattform vor.
Es soll geprüft werden, wie allen Mitgliedern alle bekannten relevanten Informationen parteiintern zur Verfügung gestellt werden kann.
Ziel ist es, ein zentrales Wissens- und Informationsmanagement für den Landesverband zu haben.
Zudem wird der Beschluss des Bundesparteitages 2017, bis zum Frühjahr 2019 eine SPD-App bereitzustellen, unterstützt. Diese muss durch ihr Nutzererlebnis und einen praktischen Mehrwert überzeugen.
Als Möglichkeit der digitalen Beteiligung auf Bundesebene wird bis spätestens 2019 eine begrenzte Anzahl von Online-organisierten Themenforen geöffnet werden. Diese Beteiligungsform soll jeweils zeitlich begrenzt und zu aktuellen Themen erfolgen.
Ergänzend sollte der Landesvorstand Themenforen zu Themen eröffnen, die auf Bundesebene nicht existent oder landesspezifisch sind. (Antrag 12/I/2018)
Auf Bundesebene soll ein Online-Ideenmanagement als Infoportal eingeführt werden, welches auf Landesebene genutzt werden soll. (Antrag 21/II/2017)
Die traditionellen Weiterbildungsmöglichkeiten der Partei sind durch elektronische Fortbildungsmöglichkeiten zu ergänzen.
Es wird den Gliederungen technisch ermöglicht, eine digitale Beteiligung an Sitzungen und Veranstaltungen anzubieten. Ob diese tatsächlich angeboten wird, ist den Gliederungen überlassen.
Es soll geprüft werden, ob die Online-Begleitung des Landesparteitags ausgeweitet werden kann.
Folgende Prüfaufträge wurden verabredet:
- Geschlossene Video- und Telefonkonferenzen – Angebote durch den Parteivorstand/Landesverband
- Schaffung von technischen Möglichkeiten und Werbung für deren Nutzung
- „digitale, orts- und uhrzeitenunabhängige Beteiligungsformen ermöglichen
- SPDdoc-Online zur Erarbeitung von Papieren, Anträgen etc., aber auch zum Abruf von bereits vorhandenen Papieren (bspw. Protokollen)
- Abteilungssitzung transparenter und offener gestalten, ggf. unterstützt durch Videokonferenzen oder Telefonkonferenzen
- Fortbildungsmöglichkeiten auch online schaffen (Webinar)
1. Einleitung
Nach den schlechten Wahlergebnissen der SPD auf Bundes- und Landesebene hallt der Ruf nach politischer und organisatorischer Erneuerung durch die Sozialdemokratische Partei. Dabei ist die Erwartung groß, dass sich die Partei neuen gesellschaftlichen Entwicklungen anpasst und für ihre Mitglieder attraktive, neue Beteiligungsverfahren und moderne innerparteiliche Strukturen bietet.
Um die zahlreichen Anträge im Gesamtzusammenhang zu beraten sowie Verfahrensvorschläge zu machen und ggf. Änderungen der Statuten vorzuschlagen, setzte der Landesparteitag der Berliner SPD eine Organisationspolitische Kommission ein.
Seit Januar 2018 befassten sich Vertreter*innen des Landesvorstands, aller Kreise, von Arbeitsgemeinschaften und der Statutenkommission mit der innerparteilichen Organisation.
Die Kommission gliederte ihre Beratungen in 15 Arbeitsgruppen, die sich in unterschiedlichen Fragestellungen zum Beispiel mit der Betreuung und den Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder, mit der Organisationsstruktur, der Kampagnenfähigkeit, der Zusammenarbeit der Gliederungen oder dem Landesparteitag beschäftigten.
Es ging sowohl darum, zu klären, was sich in der Vergangenheit bewährt hat, als auch, vorliegende Änderungsvorschläge zu diskutieren und – gegebenenfalls strittig – abzustimmen. Dabei gab es einstimmige Voten, oft aber auch mehr oder weniger knappe Mehrheitsentscheidungen und unveränderte Minderheitsmeinungen.
Bei aller Debatte im Detail war sich die Kommission einig, dass die Meinungs- und Willensbildung innerhalb der Partei auch künftig fair und transparent von unten nach oben organisiert werden muss.
Jedem Mitglied muss – unabhängig von sozialer Klasse, Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter oder anderer persönlicher Merkmale – das gleiche Recht garantiert werden, sich frei und ungehindert an der Meinungs- und Willensbildung der Partei zu beteiligen.
Zugleich müssen die demokratisch legitimierten Vorstände auf jeder Ebene handlungsfähig sein, damit die Partei in der politischen Auseinandersetzung bestehen und die eigenen Beschlüsse in Regierungshandeln umsetzen kann. Das wird ohne eine aktive Mitgliedschaft und gesunde Finanzen nicht gelingen.
Notwendig ist daneben ein breit angelegter Prozess für ein neues Grundsatzprogramm der SPD, damit sich die SPD glaubwürdig politisch neu aufstellen kann.
2. Mitglieder
Die SPD ist und bleibt eine Mitgliederpartei. Die Mitglieder tragen die Partei. Ohne das überwiegend ehrenamtliche Engagement der Genossinnen und Genossen wäre die SPD weder kampagnen- oder wahlkampffähig noch könnte sie ihrem Verfassungsauftrag gerecht werden, an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken.
Grundvoraussetzung für eine starke SPD ist ein attraktives, begeisterndes und glaubwürdiges Politikangebot. Nur damit können Wahlen gewonnen und politische Forderungen umgesetzt werden.
Die Analyse der Wahl 2017 ist aus Sicht der Organisationspolitischen Kommission eine gute Grundlage, um über Fehler der Vergangenheit zu diskutieren und dann konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen. Ein Neuanfang bedarf neben innenorganisatorischer Neuerungen vor allem, dass künftig verlässliche und berechenbare politische Positionen erarbeitet werden, dass keine leere Versprechen gemacht werden, dass die SPD mit verständlicher Sprache spricht, mit der Zivilgesellschaft kooperiert sowie gut und wirksam regiert.
Dabei muss die SPD mit ihren Forderungen stets sichtbar bleiben und ihre Parteikultur pflegen. Für Mitglieder und Bürger*innen, die noch über ihren Beitritt nachdenken, ist wichtig, wie die SPD mit ihrer Geschichte umgeht, ob die Mitglieder wertschätzende Erfahrungen in der Partei machen, wie Entscheidungen in der SPD zustande kommen, welchen Einfluss Mitglieder tatsächlich haben und ob Hürden für ein aktives Engagement abgebaut werden müssen.
Deshalb gilt es, möglichst viele unserer Mitglieder für die Mitwirkung in der Partei zu begeistern, ihr Wissen und ihre Kenntnisse zu nutzen und sie für die Übernahme von Verantwortung vorzubereiten.
Um herauszufinden, welche Unterstützung die Mitglieder erwarten und was inaktive Mitglieder motivieren könnte, künftig mitzutun, schlägt die Kommission einen berlinweite elektronische Umfrage bei allen Berliner SPD-Mitgliedern vor.
Der Landesverband wird aufgefordert, auf geeignete Weise den Beruf sowie die Interessen, Spezialwissen und Zeitbudgets der Mitglieder auf freiwilliger Basis abzufragen und eine Bestandsanalyse vorzunehmen, die eine zielgruppenorientiertere Politik und ein verbessertes Einbinden der Mitglieder in spätere Projekte ermöglicht.
Die Mitglieder der SPD Berlin sollen in einer Onlinebefragung zu Ihren rassistischen Diskriminierungserfahrungen befragt werden.
Wir wenden uns gegen Sexismus, Rassismus und andere Diskriminierungen. Wir schaffen ein Klima, das dieses nicht duldet. Tritt es dennoch auf, darf und muss es angesprochen werden. Es ist die Verantwortung aller, in der Partei im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen Diskriminierungen vorzugehen.
Wir richten ein Gremium im Landesverband ein, das für Betroffene von Sexismus, Rassismus und anderer Diskriminierungen als Ansprechpartner dient, das Betroffene unterstützt und ggf. Klärungen versucht. Das Nähere zu diesem Gremium wird vom Landesvorstand geregelt. Dabei greift er auf die Erfahrungen der Jusos mit ihrer Anti-Sexismus-Kommission zurück. Die Mitglieder des Gremiums müssen geschult werden.
Dieses Gremium ist mit bestehenden Instrumenten auf Landes- und Kreisebene zu verknüpfen, um ein kohärentes Gesamtkonzept zu bieten.
Darüber hinaus werden auf den Landesparteitagen der SPD Berlin ein Vertrauens-Team anwesend sein, welches aus mindestens zwei Genoss*innen bestehen soll, quotiert besetzt sein soll und dort offiziell genannt werden, um sicherzustellen, dass es allen Teilnehmer*innen bekannt ist.
Wir dulden Sexismus, Rassismus und anderes diskriminierendes Verhalten in unserer Partei nicht. Bei schweren Fällen muss dies zum Ausschluss aus der Partei führen. Die Statutenkommission prüft, ob hierfür statutarische Änderungen nötig sind.
a. Bildungsangebote
Ferner regt die Kommission an, mehr und neue Bildungsangebote für Mitglieder auch außerhalb von Wahlkampfzeiten zu entwickeln.
So spricht sie sich beispielsweise für Fortbildungsangebote zu Moderation und Statut aus.
Schulungen sollen Mitgliederbeauftragte bei der Ansprache der inaktiven Mitglieder unterstützen.
Der Landesverband wird aufgefordert, ein Konzept für Neumitglieder zu erarbeiten. (Auf Grundlage des Antrags WV 16/I/2018)
Vor allem für neue Mitglieder soll es „Einstiegsseminare in die Parteiarbeit“ geben, in denen in knapper Form ein Einstieg in politische Gespräche vermittelt wird, wie sie – nicht nur – im Wahlkampf geführt werden.
Ferner sollen Neumitglieder gezielt über ihre Beteiligungsmöglichkeiten in Abteilungen, Arbeitsgemeinschaften, Foren oder Fachausschüssen informiert werden. (siehe auch Antrag 16/I/2018).
Das Starter-Paket soll darüber hinaus auch das Leitbild zur Gleichstellung enthalten.
b. Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politisches Engagement
Um auch Eltern die Teilnahme an Sitzungen in Abteilung, Kreis oder Land zu ermöglichen, soll grundsätzlich Kinderbetreuung für Kreisdelegiertenversammlungen und Landesparteitage angeboten werden. Der Landesvorstand und die Kreise entwickeln ein Konzept, wie der Anspruch auf weitere Parteigremien ausgeweitet werden kann.
Über eine eventuelle Erstattung von Babysitterkosten kann auf der jeweiligen Ebene entschieden werden.
Die Kommission empfiehlt den Gremien, ihre Termine langfristig zu planen, um den Mitgliedern die Teilnahme zu erleichtern. Dabei können Gremien auch über alternierende Zeiten für den Sitzungsbeginn entscheiden.
Sitzungen auf allen Ebenen und in allen Gliederungen der SPD Berlin sollen transparent und im zeitlichen Verlauf realistisch geplant und die Planung transparent kommuniziert werden. Dabei soll ein Sitzungsende mit Versenden der Tagesordnung festgelegt werden und sollte dann eingehalten werden.
Ihre Sitzungen sollen in der Regel nicht länger als zwei Stunden dauern. Abteilungen und Arbeitsgemeinschaften sollen mindestens alle acht Wochen parteiöffentlich tagen.
Quotierte Redelisten sollen auf allen Ebenen der Berliner SPD eingehalten werden.
Ein „Funktionssharing“ – die Besetzung einer Funktion mit zwei Genoss*innen, die sich die Arbeit teilen – muss zunächst rechtlich geprüft werden.
Zur Unterstützung der Organisation und Struktur von Sitzungen erstellt der Landesverband einen empfehlenden Leitfaden. Einen „Verhaltenskodex“ lehnt die Kommission ab.
c. Mitgliederbeteiligung
Die SPD muss interessant bleiben und Ort der politischen Willensbildung sein, unter anderem mit der Erarbeitung neuer interessanter Veranstaltungsformate wie Zukunftswerkstätten oder Programmforen und mit mehr digitalen Möglichkeiten der Beteiligung.
Intransparente Verfahren bei der Aufstellung von Kandidierenden, aber auch bei der Erarbeitung von Papieren oder Programmen, sind hingegen geeignet, Mitglieder zu demotivieren. Deshalb wird die SPD Berlin darauf achten, dass die Verfahren zur Aufstellung von Kandidat*innen durchsichtig und fair gestaltet werden.
Die Kommission hat sich für erweiterte Beteiligungsinstrumente ausgesprochen, dies allerdings grundsätzlich an die Möglichkeit der elektronischen Umsetzung gekoppelt – schon um die zusätzlichen Kosten in Grenzen zu halten und die Kampagnenfähigkeit der SPD nicht zu gefährden.
Dies vorausgesetzt, empfiehlt die Kommission, künftig die Kanzler*innen-Kandidatur, die Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl sowie und/oder die Kandidatur für das Amt des/der Regierende/r Bürgermeister*in obligatorisch per Mitgliederentscheid zu ermitteln – wenn mehr als eine Bewerbung vorliegt.
Außerdem können vor Abschluss von Koalitionsverträgen auf Bundes- und Landesebene ie Mitglieder über das geplante Regierungsbündnis entscheiden.
Anders sieht es die Kommission bei Spitzenfunktionen der Partei. Weder beim Parteivorsitz noch bei der/dem Generalsekretär*in oder den Direktkandidaturen für die Parlamente auf Bundes-, Landes- oder Europaebene sollen obligatorische Mitgliederbefragungen eingeführt werden.
Der Vorschlag, durch eine Statutenänderung die Kandidat*innen-Aufstellung für öffentliche Ämter durch eine Wahlkreisvollversammlung zu ermöglichen, wurde abgelehnt.
Zur Durchsetzung eines Mitgliederentscheids spricht sich die Kommission für ein Quorum von zwei Fünftel der Unterbezirke auf der Bundesebene und ein Drittel der Kreisvorstände auf der Landesebene.
Die Kommission empfiehlt mehrheitlich, das Quorum für ein Mitgliederbegehren auf Bundes- und Landesebene von zehn auf fünf Prozent der Mitgliedschaft abzusenken.
Die jeweiligen Vorstände sollen künftig verpflichtet werden, die Anliegen bei Mitgliederbegehren oder die Abstimmungsalternativen bei Mitgliederentscheiden in der Partei bekannt zu machen, möglichst elektronisch oder auf den üblichen innerparteilichen Informationskanälen und ohne zusätzliche Kosten zu verursachen.
Dabei soll stets die Chancengleichheit gewahrt werden. Die Unterschriften werden in den Geschäftsstellen gesammelt.
Die Kreise werden zur Durchführung von eigenen elektronischen Mitgliederumfragen ermutigt und unterstützt.
Zugleich spricht sich die Kommission gegen die Einführung plebiszitärer Elemente aus. So sollen die Vorstände nicht verpflichtet werden, die Mitglieder regelmäßig und von sich aus vor wichtigen inhaltlichen Entscheidungen zu befragen oder die politische Meinung der Basis zu erkunden.
4. Kampagnen
Dreh- und Angelpunkt jeder Kampagnenfähigkeit ist das Ehrenamt, die Mund- zu Mund-Propaganda, die Überzeugungsarbeit in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Freizeit. Dazu gehört allerdings auch eine mitreißende Politik, über die man spricht.
Der SPD Landesverband Berlin hat mit einer steigenden Mitgliederzahl und einem geringeren Durchschnittsalter der Mitglieder als im Bundesschnitt gute Voraussetzungen, erfolgreich Kampagnen und Wahlkämpfe zu bestehen.
a. Starke SPD in der ganzen Stadt
Die Kommission war sich einig, dass in Berlin keine weißen Flecken entstehen dürfen, auf denen die SPD nicht präsent ist.
So ist die Unterstützung strukturell schwacher Stadtgebiete beispielsweise in den ehemaligen Ostbezirken notwendig. Ohne eine Verbesserung der Ergebnisse im Osten und Südosten der Stadt verlieren wir unsere Mehrheitsfähigkeit.
In einer Projektgruppe können rechtzeitig vor der Wahl 2021 inhaltliche, programmatische sowie strategische Lösungsansätze erarbeitet werden.
Der Landesvorstand benennt eine*n Beauftragte*n für strukturschwache Kreise, damit die Thematik im Landesvorstand auch gebündelt präsent bleibt und mit Arbeitsaufträgen versehen werden kann.
Eine*n Beauftragte*n für die Wahlkampfkoordinierung in den östlichen Bezirken lehnt die Kommission ab.
Die Forderung, bei der Aufstellung der Landesliste für die nächste Bundestagswahl die Wahlkreise Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg mit einem festen Platz bis Platz 6 auf der Landesliste zu berücksichtigen, fand keine Mehrheit.
Die Kommission stimmte ferner mit breiter Mehrheit dagegen, dass bei der Aufstellung von Listen mindestens ein Drittel der aussichtsreichen Plätze an neue Kandidat*innen vergeben werden sollen, die vorher noch kein Mandat hatten.
b. Präsenz
Die SPD muss wahrgenommen und möglichst das ganze Jahr über in der Stadt sichtbar sein.
Rote Busse können vor allem dort eingesetzt werden, wo ansonsten kaum noch Aktivitäten stattfinden. Die Rote-Busse-Teams werden entsprechend geschult.
Das BeTeam wird verstetigt.
Es wird ein Personalpool – die „Solidargruppe“ – von Freiwilligen eingerichtet, der über den eigenen Verteiler erreichbar ist. Ziel ist die Unterstützung bei Aktionen und Veranstaltungen auch außerhalb der Wahlkampfzeit.
Spitzenkandidat*innen und Mandatsträger*innen, aber auch der gewählte Landesvorstand der SPD Berlin, werden dazu verpflichtet, sich solidarisch und proaktiv – auch außerhalb von Wahlkampfzeiten – in strukturschwachen Kreisen und Abteilungen verstärkt Präsenz zu zeigen.
Der Landesvorstand wird aufgefordert, eine Abteilungsvorsitzendenkonferenz zweimal im Jahr in einem interaktiven Format durchzuführen. Das dient dem Zusammenwirken zwischen Landesvorstand und Abteilungen und stärkt außerdem eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Wer sich kennt, der schätzt sich und kann voneinander leichter lernen und gemeinsam Dinge bewegen.
Darüber hinaus schafft der Landesverband Equipment an, (siehe auch Antrag 05/II/2017) das die Abteilungen zum Selbstkostenpreis ausleihen können. Damit werden sie unabhängig von teuren Fremd-Anbietern.
In einer Stadt der Gegensätze und Unterschiede kann es nicht nur eine Antwort geben. Deshalb kann es in Zukunft auch nicht mehr nur „die eine“ Kampagne geben und es bedarf überdies mehrerer Personen, die mit den Zielen und Werten der SPD glaubwürdig in Verbindung gebracht werden.
Die Kommission regt zwei bis drei thematische Mini-Kampagnen des Landesverbandes in Zusammenarbeit mit Kreisen zu wichtigen, die Stadt bewegenden Themen an.
Die Erfahrungen aus den Kampagnen sind im Wahlkampf zu berücksichtigen.
Das Kurt-Schumacher-Haus und die zwölf Kreisbüros dienen als gut vernetzte Dienstleister für die Ehrenamtlichen.
Veranstaltungen mit Partnern in den Kiezen haben sich darüber hinaus bewährt. Vergleichsweise günstige Postkartenkampagnen (kommerzielle Kneipendisplays) unterstützen die Wahrnehmung der SPD über das ganze Jahr.
Die enge Bindung der SPD an die Gewerkschaften wird verstärkt. So wird die Arbeit des Gewerkschaftspolitischen Beirats intensiviert.
Es wird eine jährliche Konferenz mit Betriebs- und Personalräten organisiert.
Der Landesvorstand wird aufgefordert, die Zusammenarbeit mit nahestehenden Organisationen der SPD Berlin zu stärken. Auch muss ein Format gefunden werden, wie eine dauerhafte Präsenz gewährleistet und ein jährliches Treffen organisiert werden kann.
5. Wahlkampf
Der Parteivorstand und der Landesvorstand sollen Entwürfe für Wahlprogramme mindestens sechs Monate vor dem jeweiligen Parteitag beschließen und zur Debatte in die Partei geben.
Um Frauenpolitik sichtbar zu machen, fordern wir von allen Genossinnen und Genossen in künftigen Wahlkämpfen
- Beispiele für historische Leistungen der SPD im Bereich der Gleichstellung
- Erfolge unserer aktuellen Politik für Frauen
- Beispiele für unsere künftige Frauenpolitik in den unterschiedlichen Politikfeldern
in angemessener Weise darzustellen, und entsprechendes Wahlkampfmaterial zu erarbeiten oder erarbeiten zu lassen.
Um die Wahlkämpfer besser zu unterstützen, ist sich die Kommission einig, dass die Abteilungen die wesentlichen Materialien des Wahlkampfes drei Monate vor dem Wahltermin erhalten sollen.
Bei Give-Aways beschränkt sich der Landesverband auf wenige klassische fair gehandelte, umweltfreundliche und innovative Produkte und stellt den Wahlkämpfenden rechtzeitig Prototypen vor. Materialschlachten und „Last-Minute-Schnellschüsse“ soll es möglichst nicht mehr geben.
Möglichkeiten zur Individualisierung von Give-Aways entlang von wahlkreis- und bezirksspezifischen Themen und Gegebenheiten werden geprüft.
Bei der Großflächenwerbung kann zugunsten von regionalisierten Kampagnen und persönlichem Wahlkampf gespart werden.
Ferner sollen größere und kleinere Abteilungen des Landesverbands ermutigt werden, Huckepack-Teams zu bilden, um gemeinsame Aktivitäten zu organisieren und sich gegenseitig zu unterstützen.
Da auf Sommer- und Familienfesten auch viele Nichtmitglieder angesprochen und Kontakte geknüpft werden können, entwickelt der Landesverband eine Handreichung für die Abteilungen mit gebündeltem Know-How für die Organisation solcher Feste. Dabei soll es auch um die Genehmigungsverfahren gehen.
In einem Leitfaden werden die Abteilungen außerdem über die Möglichkeiten analoger oder digitaler Werbung für ihre Veranstaltungen informiert.
6. Landesparteitage
Die Berliner SPD ist und bleibt eine Programm- und Mitgliederpartei. Zu jedem Parteitag liegen aus allen Gliederungen Anträge vor. Es hat sich bewährt, diese Anträge auf zwei Landesparteitagen im Jahr zu beraten.
Mit dem stets aktuell gehaltenen Online-System können die Mitglieder, aber auch Interessierte und die Presse jederzeit erkennen, welche Anträge gestellt wurden und wie darüber abgestimmt wurde. Es sollte geprüft werden, ob die Online-Begleitung des Parteitags noch ausgebaut werden kann.
Ausdrücklich erkennt die Kommission die Leistung der Mitarbeiter*innen des Kurt-Schumacher-Hauses an, die die Landesparteitage professionell vorbereiten und für einen reibungslosen, satzungsgemäßen Ablauf sorgen.
Delegationen, die bei Landesparteitagen der SPD Berlin nicht quotiert erscheinen, mögen dies öffentlich durch die Delegationsleitung im Plenum begründen.“
Dazu möge die Mandatsprüfungskommission vortragen, welche Kreise nicht quotieren.
a. Tagesordnung
Kritik gibt es allerdings beispielsweise an der Tagesordnung, die oft mit langen Reden, Grußworten und Formalien überfrachtet ist. Die Kommission plädiert dafür, spätestens nach zwei Stunden mit der Antragsberatung – mit Ausnahme von Wahlparteitagen – zu beginnen.
Der Vorschlag, Grußworte auf eine Stunde zu beschränken und zwei Drittel des Parteitags für die Antragsberatung zu reservieren (bei Wahlen ein Drittel), fand keine Mehrheit.
Die Delegierten sollen die Möglichkeit erhalten, selbst über die Reihenfolge der Beratung der Antragsblöcke zu entscheiden. Dies soll nicht der Antragskommission überlassen werden.
Statutenändernde Anträge werden am Anfang der Parteitage behandelt.
Für den Vorschlag, zeitgleich mit der Einberufung des Parteitags thematische Schwerpunkte zu veröffentlichen, gab es eine Mehrheit.
Die Organisationspolitische Kommission wird im Einvernehmen mit dem Landesvorstand ein Verfahren entwickeln und dem Landesparteitag zur Abstimmung stellen, mit dem vor Beginn der Antragsberatung eine Priorisierung der Anträge vorgenommen wird. Dieses Verfahren hat das Ziel, aus der Masse der eingehenden Anträge, jene auszuwählen, die in jedem Fall auf dem Landesparteitag besprochen und abgestimmt werden.
b. Delegierte
Delegierte werden in den Abteilungen, auf KDVen oder auf dem Landesparteitag für die jeweils nächsthöhere Ebene nominiert und/oder gewählt. Die Arbeitsgemeinschaften sollen keine eigenen Delegierten für die KDVen und den Landesparteitag erhalten.
Keine Zustimmung gab es in der Kommission für den Vorschlag, jeweils 25 Prozent einer Parteitagsdelegation neu zu bestimmen, wobei die ausgeschiedenen Delegationsmitglieder beim nächsten Mal wieder kandieren können.
Daneben stimmte die Kommission für den Antrag, in §15* des Organisationsstatuts der SPD Berlin auch die Berliner Abgeordneten des Europaparlaments, die SPD-Mitglieder der Bezirksämter sowie die Berliner Mitglieder der Bundesregierung zu beratenden Delegierten des Landesparteitags sowie den jeweiligen Kreisdelegiertenversammlungen aufzunehmen.
Auf Bundesparteitagen sollen die Mitglieder der Bundesregierung mit beratender Stimme teilnehmen.
Dass Mandatsträger*innen grundsätzlich nicht Delegierte mit Stimmrecht auf Landes- und Bundesparteitagen sein können, fand keine Mehrheit.
Die Kommission empfiehlt, dass Mandatsträger*innen grundsätzlich nicht Delegierte mit Stimmrecht auf Landes- und Bundesparteitagen sein sollten.
c. Rederecht
Eine Ausweitung des Rederechts auf dem Landesparteitag für alle Mitglieder wird abgelehnt. Das gilt auch für die KDVen. Die KDV entscheidet selber, wer Rederecht besitzt.
Überdies ist die Redeliste transparent zu führen.
Delegierte, die noch nicht das Wort hatten, werden vorgezogen.
Die Redelisten auf Parteitagen soll nach dem Reißverschlussprinzip und Erstredner*innen quotiert erstellt werden. Zur Redeliste zählt bereits die Einbringung des Antrages. Die Redeliste wird geschlossen, wenn die Quote nicht mehr eingehalten werden kann. Die Redeliste kann per Geschäftsordnungsantrag (der durch das Plenum gestellt wird) für jeweils drei weitere Personen eines Geschlechts geöffnet werden.
d. Anträge
Die Kommission appelliert an die Antragsteller*innen, ihre Forderungen und die Begründung in den Anträgen klarer zu trennen und den Antragswillen voran zu stellen.
Alle Antragsteller*innen müssen die Antragsfrist einhalten, das gilt auch für Leitanträge.
e. Antragskommission
Die Anträge werden auch künftig von einer Antragskommission vorstrukturiert und beraten.
Außerdem sollen sie mit einem Votum versehen werden.
Es wird eine Konsensliste nach Antragsbereichen entwickelt, über diese kann abgestimmt werden. Dennoch wird eine stringente Beratung gewahrt.
Der Parteitag soll im Fall der Zusammenfassung von Anträgen durch die Antragskommission über den Text der Antragskommission abstimmen. Im Falle, dass die Anträge in der Form des Antragstellers zur Abstimmung gestellt werden, wird über den Antrag (und nicht das Votum der Antragskommission) abgestimmt.
Das Antragsbuch soll künftig schnellstmöglich nach Antragsschluss auch ohne die Empfehlungen der Antragskommission online gestellt werden und zur Abholung im KSH auf Wunsch bereitgestellt werden. Mit den Voten der Antragskommission ist das Antragsbuch dann allen Delegierten zuzusenden.
Für die Delegiertenversammlungen der Kreise und Arbeitsgemeinschaften sowie den Landesparteitag werden Antragsunterlagen elektronisch zur Verfügung gestellt. Delegierte, Ersatzdelegierte und Teilnehmer*innen erhalten gedruckte Antragsunterlagen, wenn sie dies wünschen. Hierfür erfolgt vor der ersten Sitzung der jeweiligen Wahlperiode eine Abfrage.
Die organisationspolitische Kommission lehnt die vorgeschlagene Begrenzung der Mitgliedschaft in der Antragskommission ab.
Auch ein entsprechender Appell an die Kreise, ihre Vertreter*innen nur zeitlich befristet in die Antragskommission zu entsenden, fand keine Mehrheit.
f. Konsensliste
Damit auch Gäste, Presse und vor allem die Delegierten der Antragsdebatte besser folgen können, sollen die Anträge auf den Leinwänden abgebildet werden.
7. Landesvorstand
Forderungen nach einer breiten personellen Aufstellung der Partei werden in der Kommission nur grundsätzlich geteilt.
Der Vorschlag, dass der Geschäftsführende Landesvorstand nicht fast vollständig aus Mandatsträger*innen besteht, sondern die Vielfalt der Partei (Frauen/Männer, Jüngere und Ältere, Genoss*innen mit unterschiedlichen Lebenshintergründen) abbilden sollte, wurde abgelehnt.
Dass Jusos verpflichtend in allen geschäftsführenden Vorständen berücksichtigt werden müssen, fand in der Kommission keine Mehrheit.
8. Verbesserte Abstimmung Bezirke/Land/Bund
Um politisch besser wirken und als Partei erkennbar zu sein, ist ein gutes Zusammenspiel der unterschiedlichen politischen Ebenen notwendig. Dazu müssen wir den Informationsaustausch und die Abstimmung über inhaltliche Themen zwischen den Gremien auf allen Ebenen und in beiden Richtungen verbessern
Zunächst ist eine Bestandsaufnahme nötig: Eine Übersicht über die wechselseitige Gremienteilnahme von Mandatsträger*innen und Ehrenamtlichen soll erstellt werden.
Vor allem eine gemeinsame Kommunikation von Bundes-, Landes- und Kommunalebene kann die Position der Partei in der Öffentlichkeit sichtbar machen. Dazu muss die Verbindlichkeit von Absprachen verbessert sowie die Aufmerksamkeit für Themen konsequent und Ebenen übergreifend erhöht werden.
Leitanträge für Landesparteitage können gemeinsam erarbeitet werden. In den Gremien sollen regelmäßige Berichte abgegeben werden.
Das Format eines Jour fix, das im Sommer gemeinsam mit dem Senat, Fraktionsvorstand, GLV stattfindet, sollte auch zwei Mal auch im laufenden Jahr einberufen werden. Optional kann ein Tagesseminar organisiert werden, um eine gemeinsame Strategie zu planen.
Angeregt wird ferner, dass sich die Landesgruppe ein bis zwei Mal im Jahr mit den Fraktionsvorsitzenden der BVVen und des Abgeordnetenhauses zu einer Koordinierungsrunde trifft. Auf einem jährlichen Treffen mit der/dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion können grundsätzliche Absprachen getroffen werden.
Eine Landesvorstandsklausur mit den BVV-Fraktionsvorsitzenden soll den Tagesordnungspunkt „Zusammenarbeit Bund, Länder, Bezirke“ aufrufen. Wichtig ist, dass auch die SGK ihre Vorschläge darüber einbringt, wie die Vernetzung zwischen Bezirken, Land und Bund vorangetrieben werden kann.
Angeregt wird, dass die/der Vorsitzende der AG Fraktionsvorsitzende einmal im Quartal im Landesvorstand Bericht erstattet. Der Austausch von Anträgen zwischen den BVV-Fraktionen soll institutionalisiert werden.
Zur Verbesserung der gegenseitigen Information kann auch eine monatliche Übersicht dienen, in der die Aktivitäten den jeweiligen Gliederungen zugeordnet werden und die den Kreisvorständen zur Verfügung gestellt werden sollte.
Es wird eine Koordinierungsstelle geschaffen, die ggf. in einem zweiten Schritt zu einer strategischen Planungsstelle ausgebaut wird. Dort sollen Planungsstände von Vorhaben (Gesetze, Anträge etc.) zusammen geführt werden, um eine verbesserte Kooperation zu ermöglichen (Schaltstelle). Außerdem sollten weitere Gremien (z. B. AG Fraktionsvorsitzende) eingebunden werden.
Ziel ist es daneben, die Präsenz der Senatsmitglieder, Abgeordneten und Bezirksverordneten in den Wahlkreisen zu erhöhen. Die Mandatsträger*innen in den Bezirken sollten mehr Einladungen erhalten, eine Mandatsträger*innen-Liste mit Angaben über Themengebiete oder Qualifikationen wird erstellt.
Zur Verbesserung der gegenseitigen Information regt die Kommission an, die Tagesordnungen und Anträge der BVV-Fraktionen, Fraktion im AH, des Landesvorstandes oder auch der Kreisvorstände gegenseitig zur Verfügung zu stellen.
Die Geschäftsführer*innen tauschen sich ggf. durch wöchentliche Telefonkonferenzen untereinander aus.
Die Kommission regt die Erstellung eines Online-Pools/Datenbank für Gliederungen an, in dem unter anderem Referent*innen zu einzelnen Themen aufgenommen werden, auf die Parteigremien zurückgreifen können.
9. Arbeitsgemeinschaften und Fachausschüsse
Arbeitsgemeinschaften repräsentieren die Vielfalt der Mitgliedschaft und bieten gerade neuen Mitgliedern die Möglichkeit, sich inhaltlich einzubringen, Verantwortung zu übernehmen und die Positionen der Partei in den ihnen nahestehenden gesellschaftlichen Gruppen zu vertreten.
Die Kommission schlägt vor, alle Mitglieder einmal im Jahr mit der Informationen „Wo-kannst-du-mitmachen“ digital zu den Arbeitsgemeinschaften einzuladen.
Die Neumitgliedertreffen werden auch in Absprache mit den Arbeitsgemeinschaften organisiert. Die Arbeitsgemeinschaften erhalten dort die Möglichkeit, die Neumitglieder gezielt über ihre Arbeit zu informieren und auf gemeinsame Interessen und Vorhaben hinzuweisen.
Mitglieder sollen grundsätzlich die Möglichkeit haben, wohnortnah Sitzungen der Arbeitsgemeinschaften zu besuchen. Wo dies nicht möglich ist, wollen künftig bezirksübergreifende Kooperationen gefördert und AG-Strukturen gegründet werden.
Die Arbeitsgemeinschaften müssen eigene Neumitglieder-Beauftragte auf Landesebene benennen, auf Kreisebene gilt die Soll-Regelung.
Der Vorschlag der Jusos, ein automatisiertes Verfahren für die Mitgliedsbewegung bei „Nur-Jusos“ zu entwickeln, fand eine Mehrheit.
Auf Zustimmung stieß der Vorschlag, alle Fachausschüsse und Arbeitskreise für alle Mitglieder zu öffnen, mehr Transparenz zu schaffen und über die Arbeit regelmäßig zu informieren. Die satzungsgemäßen Quotenvorgaben gelten auch für die Fachausschüsse.
Der Dienstagsbrief soll künftig für Mitglieder mit Beeinträchtigungen umgebaut und in einer barrierearmen Version zur Verfügung gestellt werden.
10. Hauptamtliche
Die Forderung, zusätzliches hauptamtliches Personal auf Landes- oder Kreisebene zur Unterstützung der Arbeitsgemeinschaften einzustellen, wurde hingegen mit großer Mehrheit abgelehnt.
Keine Zustimmung fand die Idee, beim Landesverband die Stelle eines/einer Engagementbeauftragten als zentrale Anlaufstelle für Mitglieder zu schaffen.
Um in unseren Parteistrukturen und -prozessen mögliche Engagement-Hemmnisse für eine Vielfalt an Menschen abzubauen, wird das Projekt Interkulturelle Kompetenzen (IKÖ) weitergeführt.
Alle hauptamtlichen Stellen auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene sollen zudem künftig verpflichtend parteiöffentlich ausgeschrieben werden.
11. Digitales
Mit der Absicht, Partizipationsformen zu erweitern und damit die Vereinbarkeit von ehrenamtlichem Engagement, Familie und Beruf zu erleichtern, müssen traditionelle Mitmach-Formate um Online-Mitmachmöglichkeiten ergänzt werden.
Zur Arbeitserleichterung sieht die Kommission die Einführung neuer Projektmanagement- und Kommunikationstools sowie einer parteiinternen Online-Plattform vor.
Es soll geprüft werden, wie allen Mitgliedern alle bekannten relevanten Informationen parteiintern zur Verfügung gestellt werden können.
Ziel ist es, ein zentrales Wissens- und Informationsmanagement für den Landesverband zu haben.
Zudem wird der Beschluss des Bundesparteitages 2017, bis zum Frühjahr 2019 eine SPD-App bereitzustellen, unterstützt. Diese muss durch ihr Nutzererlebnis und einen praktischen Mehrwert überzeugen.
Als Möglichkeit der digitalen Beteiligung auf Bundesebene wird bis spätestens 2019 eine begrenzte Anzahl von Online-organisierten Themenforen geöffnet werden. Diese Beteiligungsform soll jeweils zeitlich begrenzt und zu aktuellen Themen erfolgen.
Ergänzend sollte der Landesvorstand Themenforen zu Themen eröffnen, die auf Bundesebene nicht existent oder landesspezifisch sind.
Auf Bundesebene soll ein Online-Ideenmanagement als Infoportal eingeführt werden, welches auf Landesebene genutzt werden soll.
Die traditionellen Weiterbildungsmöglichkeiten der Partei sind durch elektronische Fortbildungsmöglichkeiten zu ergänzen.
Es wird den Gliederungen technisch ermöglicht, eine digitale Beteiligung an Sitzungen und Veranstaltungen anzubieten. Ob diese tatsächlich angeboten wird, ist den Gliederungen überlassen.
Es soll geprüft werden, ob die Online-Begleitung des Landesparteitags ausgeweitet werden kann.
Folgende Prüfaufträge wurden verabredet:
- Geschlossene Video- und Telefonkonferenzen – Angebote durch den Parteivorstand/Landesverband
- Schaffung von technischen Möglichkeiten und Werbung für deren Nutzung
- „digitale, orts- und uhrzeitenunabhängige Beteiligungsformen ermöglichen
- SPDdoc-Online zur Erarbeitung von Papieren, Anträgen etc., aber auch zum Abruf von bereits vorhandenen Papieren (bspw. Protokollen)
- Abteilungssitzung transparenter und offener gestalten, ggf. unterstützt durch Videokonferenzen oder Telefonkonferenzen
- Fortbildungsmöglichkeiten auch online schaffen (Webinar)
Die Organisationspolitische Kommission wird ggf. in Zusammenarbeit mit der Statutenkommission auf Grundlage des beschlossenen Berichts über konkrete Umsetzungen weiter beraten.