In Berlin gibt es seit Januar 2005 eine Härtefallkommission, die versucht etwas Menschlichkeit in ein unmenschliches Asylsystem zu bringen. Sie setzt sich aus sieben Vertreter*innen der zuständigen Senatsverwaltungen, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Flüchtlingsrat und Migrationsrat zusammen. Ihnen liegt die immer wieder bestätigte politische Auffassung zu Grunde, dass Asylverfahren menschlich und moralisch nicht verantwortbare Ergebnisse erbringen. Menschliche Schicksale können eben nicht in ein Schema gepresst werden. Für die Geflüchteten ist die Härtefallkommission die letzte Möglichkeit eine Abschiebung noch abzuwenden und ein Aufenthaltsrecht zu bekommen. Dadurch, dass die Rechte von Geflüchteten immer weiter eingeschränkt werden, wird die Härtefallkommission immer wichtiger.
Henkels inhumane Ablehnungspolitik stoppen
Die Aufgabe der Härtefallkommission ist es zu entscheiden, ob in Fällen einer abgelehnten oder nicht mehr vorhandenen Aufenthaltsgenehmigung es dennoch besondere Gründe gibt, weswegen es für die betroffenen Personen eine unmenschliche Härte wäre, sie auszuweisen. Stimmen 2/3 der Mitglieder einem Verbleib zu, so stellen sie ein entsprechendes Ersuchen an den Innensenator. Dieser ist jedoch nicht an das Votum der Härtefallkommission gebunden sondern kann es ohne Angaben von Gründen ablehnen. Letztendlich ist der Ausgang des Härtefallverfahrens also vom Wohl des*der Innensenator*in abhängig.
Kriterien, wann eine Ablehnung eines Ersuchens möglich ist, gibt es nicht wirklich. In der Verordnung heißt es lediglich, dass eine Ablehnung auch bei fehlenden finanziellen Mitteln möglich ist. Insbesondere dieser Passus zeigt, wie sehr auch das Verfahren der Härtefallkommission von einer kapitalistischen Verwertungslogik durchzogen ist. Menschlichkeit wird zwar vorgeschoben, letztendlich läuft es jedoch nur wieder auf die Frage nach dem Geld und der wirtschaftlichen Nützlichkeit für die Gesellschaft hinaus. Dies ist für uns nicht hinnehmbar.
Die Beschlüsse der Kommission endlich respektieren
Vollziehbar ausreisepflichtigen Geflüchteten jetzt noch die letzte Rettungsleine wegzuziehen, spricht für ein besonders inhumanes Politikverständnis, welches in der Regel in rechtspopulistischen Kreisen zu finden ist. Diesen Schritt mit dem Vorwurf zu verbinden, dass Geflüchtete nur ihre Abschiebung verzögern wollten, bestätigt die inhumanen Hintergründe noch. In den letzten Jahren sank durch den Innensenator Henkel die Anerkennungszahl der Beschlüsse immer weiter: Während noch 2011 ca. 70% der Kommissionsbeschlüsse von der Innenverwaltung übernommen wurden, lehnte der Innensenator 2014 56% ab. Weitere Zahlen sind noch nicht bekannt, aber der Trend könnte sich fortgesetzt haben. Bessere Planbarkeit für die Verwaltung darf für uns niemals vor der Menschenwürde stehen!
Der Angriff auf die Härtefallkommission
Dem bestehenden Repressionsrausch gegen Geflüchtete schloss sich auch der Berliner Innensenator Frank Henkel an: Er hat den Rest seines vorgeblich von Nächstenliebe geleiteten Anspruchs über Bord geworfen und die Berliner Härtefallkommission torpediert. Gestellte Härtefallanträge nach §23a AufenthG sind neuerdings hinfällig, wenn der Abschiebetermin schon feststeht. Das legt – wie durch die Asylrechtsaushöhlung des Herbstes 2015 möglich – nun die Härtefallkommissionsverordnung für Berlin fest. Das zusätzliche Problem: Durch die Asylrechtsaushöhlung der Großen Koalition auf Bundesebene wird den Betroffenen der Abschiebetermin nicht bekannt gegeben.
In Berlin soll nun die Arbeit der Härtefallkommission gezielt unmöglich gemacht werden. Selbst bei dringenden persönlichen und humanitären Gründen soll hier die Abschiebemaschinerie vorgehen. Dass es noch eine Ausnahmeregelung für das Stellen eines Härtefallantrags gibt, ist nur symbolisch. Die Mitglieder können nicht mehr angemessen ihrer Aufgabe nachkommen. Dabei geht es bei Abschiebungen um das Leben, die komplette Zukunftsperspektive und die Menschenwürde des*/der* Betroffenen.
Härtefallkommission stärken
Wir fordern die SPD auf sich im Abgeordnetenhaus für eine grundlegende Reform der Härtefallkommissionsverordnung einzusetzen. Insbesondere ist der Teil zu streichen, der eine Ablehnung eines Härtefalls aufgrund fehlender finanzieller Mittel ermöglicht, sowie die Regelung, dass die Härtefallanträge bei einem feststehenden Abschiebetermin hinfällig sind. Die*der zuständige Senator*in muss den Beschlüssen der Härtefallkommission folgen und sie nicht systematisch ablehnen. Wir wollen eine grundlegend reformierte Härtefallkommission, die in der Lage ist bindende Beschlüsse zu fassen. Wenn es um menschliche Schicksale geht, darf eine Entscheidung nicht von der Einstellung der*des Innensenator*in, dem Parteibuch oder politischen Kalkül abhängen. Ablehnungen durch die*/den* Innensenator*in müssen zukünftig begründet werden.