Antrag 40/I/2016 Die Härtefallkommission als letzte Helferin

Status:
Erledigt

 

In Berlin gibt es seit Januar  2005 eine Härtefallkommission, die versucht etwas Menschlichkeit in ein unmenschliches Asylsystem zu bringen. Sie setzt sich aus sieben  Vertreter*innen der zuständigen Senatsverwaltungen, Kirchen,  Wohlfahrtsverbände, Flüchtlingsrat und Migrationsrat zusammen. Ihnen liegt die immer wieder bestätigte politische Auffassung zu Grunde, dass Asylverfahren menschlich und moralisch nicht verantwortbare Ergebnisse erbringen. Menschliche Schicksale können eben nicht in ein Schema gepresst werden. Für die Geflüchteten ist  die Härtefallkommission die letzte Möglichkeit eine Abschiebung noch  abzuwenden und ein Aufenthaltsrecht zu bekommen. Dadurch, dass die Rechte von Geflüchteten immer weiter eingeschränkt werden, wird die Härtefallkommission immer wichtiger.

 

Henkels inhumane Ablehnungspolitik stoppen 

Die  Aufgabe der Härtefallkommission ist es zu entscheiden, ob in Fällen  einer abgelehnten oder nicht mehr vorhandenen Aufenthaltsgenehmigung es  dennoch besondere Gründe gibt, weswegen es für die betroffenen Personen  eine unmenschliche Härte wäre, sie auszuweisen. Stimmen 2/3 der  Mitglieder einem Verbleib zu, so stellen sie ein entsprechendes Ersuchen  an den Innensenator. Dieser ist jedoch nicht an das Votum der  Härtefallkommission gebunden sondern kann es ohne Angaben von Gründen  ablehnen. Letztendlich ist der Ausgang des Härtefallverfahrens also vom  Wohl des*der Innensenator*in abhängig.

 

Kriterien,  wann eine Ablehnung eines Ersuchens möglich ist, gibt es nicht  wirklich. In der Verordnung heißt es lediglich, dass eine Ablehnung auch  bei fehlenden finanziellen Mitteln möglich ist. Insbesondere dieser  Passus zeigt, wie sehr auch das Verfahren der Härtefallkommission von  einer kapitalistischen Verwertungslogik durchzogen ist. Menschlichkeit  wird zwar vorgeschoben, letztendlich läuft es jedoch nur wieder auf die  Frage nach dem Geld und der wirtschaftlichen Nützlichkeit für die  Gesellschaft hinaus. Dies ist für uns nicht hinnehmbar.

 

Die Beschlüsse der Kommission endlich respektieren 

Vollziehbar  ausreisepflichtigen Geflüchteten jetzt noch die letzte Rettungsleine  wegzuziehen, spricht für ein besonders inhumanes Politikverständnis,  welches in der Regel in rechtspopulistischen Kreisen zu finden ist.  Diesen Schritt mit dem Vorwurf zu verbinden, dass Geflüchtete nur ihre  Abschiebung verzögern wollten, bestätigt die inhumanen Hintergründe  noch. In den letzten Jahren sank durch den Innensenator Henkel die  Anerkennungszahl der Beschlüsse immer weiter: Während noch 2011 ca. 70%  der Kommissionsbeschlüsse von der Innenverwaltung übernommen wurden, lehnte der  Innensenator 2014 56% ab. Weitere Zahlen sind noch nicht bekannt, aber  der Trend könnte sich fortgesetzt haben. Bessere Planbarkeit für die  Verwaltung darf für uns niemals vor der Menschenwürde stehen!

 

Der Angriff auf die Härtefallkommission

Dem bestehenden Repressionsrausch gegen Geflüchtete schloss sich auch der Berliner Innensenator Frank Henkel an: Er hat den Rest seines vorgeblich von Nächstenliebe geleiteten Anspruchs über Bord geworfen und die Berliner Härtefallkommission torpediert. Gestellte Härtefallanträge nach §23a AufenthG sind neuerdings hinfällig, wenn der Abschiebetermin schon feststeht. Das legt – wie durch die Asylrechtsaushöhlung des Herbstes 2015 möglich – nun die Härtefallkommissionsverordnung für Berlin fest. Das zusätzliche Problem: Durch die Asylrechtsaushöhlung der Großen Koalition auf Bundesebene wird den Betroffenen der Abschiebetermin nicht bekannt gegeben.

 

In Berlin soll nun die Arbeit der Härtefallkommission gezielt unmöglich gemacht werden. Selbst bei dringenden persönlichen und humanitären Gründen soll hier die Abschiebemaschinerie vorgehen. Dass es noch eine Ausnahmeregelung für das Stellen eines Härtefallantrags gibt, ist nur symbolisch. Die Mitglieder können nicht mehr angemessen ihrer Aufgabe nachkommen. Dabei geht es bei Abschiebungen um das Leben, die komplette Zukunftsperspektive und die Menschenwürde des*/der* Betroffenen.

 

Härtefallkommission stärken

Wir  fordern die SPD auf sich im Abgeordnetenhaus für eine grundlegende Reform der  Härtefallkommissionsverordnung einzusetzen. Insbesondere ist der Teil  zu streichen, der eine Ablehnung eines Härtefalls aufgrund fehlender  finanzieller Mittel ermöglicht, sowie  die  Regelung, dass die Härtefallanträge bei einem feststehenden Abschiebetermin hinfällig sind. Die*der zuständige   Senator*in muss den Beschlüssen der  Härtefallkommission folgen und sie nicht systematisch ablehnen. Wir wollen eine grundlegend reformierte Härtefallkommission, die in der Lage ist bindende Beschlüsse zu fassen. Wenn es um menschliche Schicksale geht, darf eine Entscheidung nicht von der Einstellung der*des Innensenator*in, dem Parteibuch oder politischen Kalkül abhängen. Ablehnungen durch die*/den* Innensenator*in müssen zukünftig begründet werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt bei Annahme 39/I/2016 (Konsens)