Die steigenden Mieten und der zunehmende Wohnungsmangel in Berlin haben in den letzten Jahren zu einem erheblichen Anstieg der Zwangsräumungen geführt. Besonders stark betroffen sind Alleinerziehende, einkommensschwache Familien, Senior*innen sowie Personen, die sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen und Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen befinden. Das Recht auf Wohnen, das durch internationale Abkommen wie den ICESCR und die SDGs der Vereinten Nationen bekräftigt wird, muss in Berlin konsequent geschützt werden. Die Vorgaben seitens der UN, dass Politik so ausgerichtet werden muss, dass es nicht zu Zwangsräumungen kommt, werden in Berlin aktuell nicht berücksichtigt.
Daher fordern wir die SPD-Abgeordneten des Abgeordnetenhauses und den Senat auf, folgende Maßnahmen zu prüfen und umzusetzen:
- Zwangsräumungen, bei denen vulnerable Gruppen wie Alleinerziehende, Kinder, Senior*innen oder Menschen mit Behinderungen involviert sind, werden ausgesetzt, bis eine adäquate Unterbringung sichergestellt ist. Es werden gezielt Ressourcen bereitgestellt, um diesen Personengruppen rechtzeitig Schutz zu bieten. Die Mitnahme von Haustieren muss möglich sein.
- Vor der Einleitung einer Zwangsräumung wird ein verbindliches Mediationsverfahren durchgeführt. Die Mediation muss durch die zuständigen Gerichte vorgeschrieben und von unabhängigen, qualifizierten Mediator*innen begleitet werden.
- Eine Winterschonfrist wird nach dem französischem Model eingeführt, wodurch Zwangsräumungen zwischen November bis März generell verhindert werden. Es wird sichergestellt, dass niemand während der kalten Jahreszeit aufgrund einer Zwangsräumung obdachlos wird. Das gilt insbesondere für Alleinerziehende, einkommensschwache Familien, Senior*innen, Personen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, sowie Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen.
- Nach einer Zwangsräumung werden Mieterhöhungen für die nachfolgenden Mieter*innen verboten, um zu verhindern, dass Vermieter*innen durch Zwangsräumungen von steigenden Mieten profitieren.
- Der allgemeine Kündigungsschutzes für Mieter*innen in Berlin wird ausgeweitet. Bestehende Gesetze werden verschärft und deren Einhaltung strenger kontrolliert.
- In allen Berliner Bezirken wird ein zentrales, digitales Fachverfahren eingeführt, um Räumungsklagen und drohende Zwangsräumungen systematisch zu erfassen und die Sozialbehörden in Echtzeit zu informieren.
- Ein Frühwarnsystem wird erarbeitet, um Mieter*innen bereits bei den ersten Anzeichen von Mietrückständen zu unterstützen. Vermieter*innen werden verpflichtet, ihre Mieter*innen über mögliche Hilfsstrukturen wie z.B. der sozialen Wohnhilfe zu informieren und durch das Anbieten der Informationsübertragung bei Unterzeichnung einer Datenschutzentbindung zu unterstützen.
LPT II-2024: Überweisung an ASJ, FA IX – Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz
Stellungnahme FA IX – Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz
Votum FA IX: kein Votum, da nicht Zuständigkeitsbereich des FAIX; Zuständigkeit bei der ASJ
Stellungnahme: Der FAIX unterstützt die sozialpolitische Stoßrichtung des Antrages ausdrücklich. Vulnerable Gruppen müssen vor Zwangsräumungen nach Möglichkeit geschützt werden, da sie ein besonders großes Risiko haben, wohnungslos zu werden. Es ist wichtig, entweder zeitnah eine Lösung mit dem/der Vermieter/in zu finden oder eine adäquate neue Wohnung zur Verfügung zu stellen.
Allerdings beruhen Zwangsräumungen auf den bundesrechtlichen Vorgaben des BGB und der ZPO. Es bedarf also einer rechtlichen Einschätzung, ob und ggf. welche der vorgeschlagenen Maßnahmen des Antrags überhaupt in die landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz fallen bzw. ob das Land für die vorgeschlagenen Maßnahmen eine Rechtsgrundlage hat. Der FAIX verfügt nicht über die nötige juristische Sachkompetenz, um dies einschätzen zu können. Daher ist eine Mitberatung der ASJ erforderlich.
Sofern der Antrag von der ASJ ein positives Votum erhält, hat der FAIX folgenden Änderungsvorschlag im 2. Satz des Beschlusstextes:
„Besonders stark betroffen sind Alleinerziehende, einkommensschwache Familien, Senior*innen, armutsbetroffene bzw. armutsgefährdete Personen sowie Personen, die sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen und Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen befinden.“
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Stellungnahme ASJ:
Der Antrag wird zwar grundsätzlich unterstützt, allerdings gehen die Forderungen, die zudem an den BPT zu richtigen wären, da sie das BGB und die ZPO betreffen, teilweise zu weit und sind abzulehnen/zu ersetzen.
- Ersetze Zeile 21-22 „werden ausgesetzt, bis eine adäquate Unterbringung sichergestellt wird“ durch „soll die soziale Wohnhilfe sichergestellt werden, dass die Personen nicht obdachlos werden.
- Streiche Zeilen 32- 35 (Eine generelle Winterschonfrist von November bis März ist verfehlt und verfassungsrechtlich unzulässig. Der Vermieter hat ein Recht, dass auch im Winter beansprucht werden kann. Der Rechtsschutz gegen Zwangsräumungen wird durch das Amtsgericht gewährt, die soziale Wohnhilfe wendet Obdachlosigkeit ggf. durch Zwangseinweisungen in die Wohnungen ab).
- Streiche Zeilen 42- 46 (Eine Mieterhöhung ist nach den geltenden BGB- Regelungen und der Mietpreisbremse zulässig, es ist schlicht unvertretbar, einem Vermieter, der etwa wegen Mietschulden oder erheblichen Störungen des Mieters das Mietverhältnis kündigt, deshalb zu bestrafen, allein weil der Mieter dem Räumungsanspruch nicht nachkommt. Dass ein Vermieter bei Neuvermietungen die Miete im Rahmen der Mietpreisbremse steigern kann, hängt nicht davon ab, ob der Mieter freiwillig auszieht oder zwangsweise geräumt werden muss).