Mit dem verlorenen Volksentscheid Tempelhof, den klaren Verlusten bei den Berliner Wahlen in 2016, dem Rückfall auf Platz 3 bei der Bundestagswahl und dem verlorenen Volksentscheid Tegel hat die Berliner SPD vier empfindliche Niederlagen in nicht einmal vier Jahren hinnehmen müssen.
Gleichzeitig gibt es positive Anzeichen: in den letzten Jahren teils stark steigende Mitgliederzahlen, sowie einzelne erfreuliche Ergebnisse in Wahlkreisen.
Nach der verlorenen Wahl im vergangenen Jahr hatte eine Arbeitsgruppe getagt und analysiert. Leider ist diese Analyse weitgehend folgenlos geblieben. Ein „Weiter so“ darf es aber nicht geben, wenn die SPD nicht auch in Berlin ihre Führungsrolle verlieren will. Außerdem fällt der SPD Berlin durch die rot-rot-grüne Koalition in unserem Bundesland eine besondere Rolle und Verantwortung bei der Organisation linker Machtoptionen auf Bundesebene zu: Nur wenn Rot-Rot-Grün in Berlin spürbare Verbesserungen für die Menschen bringt, können wir dafür auch auf Bundesebene glaubwürdig und erfolgreich werben.
1. Die Partei muss sich personell breiter aufstellen. Dazu gehört auch, dass ein Geschäftsführender Landesvorstand in Zukunft nicht fast komplett aus Mitgliedern der Landesregierung bestehen sollte und dass die wenigen herausragenden Positionen unterschiedlich besetzt werden.
Eine breitere Aufstellung bedeutet auch, die Vielfalt stärker abzubilden, die in der Partei sehr wohl vorhanden ist, Frauen und Männer, junge und ältere, Menschen mit unterschiedlichen Lebenshintergründen. All das gilt es abzubilden.
2. Die SPD muss interessant bleiben und Ort der politischen Willensbildung sein, u.a. mit interessanten Formaten wie Zukunftswerkstätten, Programmforen, Mitgliederbefragungen. Zu oft sind unsere Veranstaltungen nur noch ein Frage-Antwort-Spiel zwischen Mitgliedern und Regierungsmitgliedern und kein gemeinsames Diskutieren und Erarbeiten von Zukunftslösungen mehr.
3. In der Ära Wowereit waren wir stolz darauf, die „Berlinpartei“ zu sein, die in Ost und West etwa gleichstark war. Das hat sich dramatisch verändert. In den ehemaligen Ostbezirken und in der urbanen Stadtmitte konkurrieren vier bis fünf Parteien, in manchen Bezirken liegen CDU und SPD noch klar vor dem Feld. Klar ist: auf eine Stadt der Unterschiede und Gegensätze kann es nicht mehr nur eine Antwort geben. Deswegen kann es in Zukunft nicht mehr nur „die eine“ Kampagne geben – und muss auch mehrere Personen geben, die mit den Zielen und Werten der SPD glaubwürdig in Verbindung gebracht werden.
4. Ohne eine Verbesserung der Ergebnisse im Osten und Südosten der Stadt verlieren wir unsere Mehrheitsfähigkeit. Deshalb braucht es neue Formen der Präsenz auch zwischen den Wahlkämpfen. Daraus folgt: auch die Zeit zwischen den Wahlen erfordert mehr persönliche Präsenz und einen höheren finanziellen Einsatz. Das Kurt-Schumacher-Haus und die Büros in den Kreisen sind in den letzten Jahren schneller, moderner und reaktionsschneller geworden. Dieser Prozess muss weitergehen, etwa mit der Anschaffung von Equipment, mehr digitalen Möglichkeiten und dem Erarbeiten neuer interessanter Veranstaltungsformate.
5. Wir sind unter Druck, aber nicht in Zeitnot. Deshalb braucht es keine Schnellschüsse, sondern einen Dreiklang aus sachlicher Regierungsarbeit, dauerhafter Ansprache von Wählerinnen und Wählern und einem sorgfältigen personellen und inhaltlichen Aufbau der Kampagne 2021. Dazu müssen wir jetzt unsere besten Ressourcen nutzen – unsere Mitglieder. Es gilt, möglichst viele unserer alten und neuen Mitglieder für die Mitwirkung in der Partei zu begeistern, ihr Wissen und ihre Kenntnisse zu nutzen und sie für die Übernahme von Verantwortung in Form von Aufgaben in der Partei oder Kandidaturen für öffentliche Ämter zu qualifizieren. Dazu brauchen wir auch inhaltliche Schulungen und Seminare außerhalb der Wahlkampfzeiten.