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Antrag 35/III/2016 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Verwaltung und Partei umsetzen

22.11.2016

Dass sich die SPD Berlin anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

 

a) dafür einsetzt, dass die Benachteiligung wegen Geschlecht, sexueller Identität, sozialer oder ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter in Berliner Behörden keinen Platz haben.

  1. Untersuchung der Verwaltung auf diskriminierende Faktoren in Bezug auf die genannten Faktoren (auch mittelbare Benachteiligung etwa durch Verfahren) müssen eingeleitet werden.
  2. Der Fokus muss dabei auf eine Verwaltung, die die Vielfalt der Stadt widerspiegelt, interkulturelle Öffnung des Öffentlichen Dienstes, aber auch weitere Bereiche, gelegt werden.
  3. Bisherige Maßnahmen zum behindertengerechten Ausbau des öffentlichen Raums müssen fortgeführt werden.

 

b) sich dafür einsetzt, dass Faktoren die zu Benachteiligung in Parteigremien der SPD führen, identifiziert und abgebaut werden:

  1. Neben der Geschlechterquote sollen auch auf Ausgewogenheit bezüglich sozialer und ethnischer Herkunft geachtet werden.
  2. Mandate sollen die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln: Wir setzen uns dafür ein, dass neben dem Geschlecht die Faktoren Alter und Mirgrationshintergrund bei KandidatInnenaufstellung stärker Berücksichtigung finden.

 

 

Antrag 66/III/2016 Wir lassen uns nicht spalten - Maßnahmen gegen die neue Rechte und für eine Zukunft der offenen Gesellschaft

22.11.2016

Die AfD wurde von vielen ihrer Wählerinnen und Wählern nicht gewählt, weil sie von ihr mehr soziale Gerechtigkeit erwarten, sondern weil deren Haltung gegen Vielfalt, Internationalität und Freiheit ausschlaggebend waren. Das zeigen die Wahlanalysen. An erster Stelle rangierte das Thema Flüchtlinge, gefolgt von Innerer Sicherheit und erst an dritter Stelle das Thema „Soziale Gerechtigkeit“, das das Top-Thema der BerlinerInnen war. Daraus folgt für uns: Ja eine soziale Politik ist sehr wichtig, aber im Kampf gegen völkisches Denken und Rechtsextremismus sind differenzierte Antworten notwendig. Es gibt neben der Spaltung von arm und reich, auch eine seit Jahren größer werdende Spaltung entlang der kulturellen Identität. Diese Karte spielt die AfD.

 

Deshalb empfehlen wir ein zukünftiges Maßnahmenbündel für Berlin und in Teilen für den Bund und fordern die Berliner SPD auf, sich auf Landes- wie auf Bundesebene einzusetzen:

 

1.) Eine Stärkung der Zivilgesellschaft – analog zum Programm „Demokratie leben“ auf Bundesebene ist es auch auf Berliner Ebene und in den Bezirken notwendig zivilgesellschaftliche Akteure gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit massiv zu stärken und auch die Verwaltungskapazitäten entsprechend auszubauen. Insbesondere für Migrantenorganisationen sind Strukturförderungen        notwendig, um die Professionalisierung der Strukturen voranzutreiben.

 

2.) Flüchtlingsinitiativen zu Partnern machen: Überall in der Stadt haben sich Flüchtlingsinitiativen gegründet. Teilweise haben die Initiativen Vertrauen in die Arbeit des Senats verloren, z.B. durch die Lage am LaGeSo. Für ein Bollwerk gegen rechts in der Stadt müssen wir den Initiativen auf Augenhöhe begegnen, um sie zu PartnerInnen im Kampf gegen die Desintegration der Gesellschaft zu machen.

 

3.) Echte strukturelle Reformen für die Einwanderungsgesellschaft: Die SPD muss die Debatte um eine plurale Einwanderungsgesellschaft offensiv führen. Dazu gehört sich für ein neues Staatsziel „Vielfalt, Teilhabe und Integration“ im Grundgesetz einzusetzen: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland. Sie fördert die gleichberechtigte Teilhabe und Integration.“ Auf der Bundes und den Landesebenen soll Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe verankert werden – auch damit Fachressorts ihre teils überfällige und notwendige interkulturelle Öffnung vorantreiben und damit Bund und Länder sich ein entsprechendes Leitbild geben – so wie es angemessen ist für das zweitgrößte Einwanderungsland der Welt. Das gilt insbesondere für Berlin, wo die Chance und politische Verpflichtung besteht mit einer rot-rot-grünen Regierung eine wirksame Politik für Menschen mit Einwanderungsgeschichte ebenso wie für die Aufnahmegesellschaft umzusetzen. Dieses Thema muss sich die Volkspartei SPD noch stärker zu Eigen machen. Integrations- und Identitätsthemen werden in den kommenden Jahren weiterhin maßgeblich die politische Agenda bestimmen.

 

4) Eine Debatte für ein Einwanderungsgesetz auf Bundesebene anstoßen: Ein Einwanderungsgesetz ist ein klares Bekenntnis dazu, dass wir ein Einwanderungsland sind. Bisher gibt es da noch nicht. Das öffnet Raum für die AfD gegen unkontrollierte Zuwanderung zu wettern. Deshalb wollen wir uns auch für ein Einwanderungsgesetz auf Bundesebene einzusetzen, welches auf drei Säulen basiert:

  1. Transparente Zusammenfassung bestehender Regeln,
  2. Entwicklung eines Punktesystems,
  3. Formulierung von Kontingenten für humanitäre Einwanderung.

 

5.) Eine konsequente Innen- und Justizpolitik und Anti-Rassismuspolitik im Geiste einer wehrhaften Demokratie: Bisher sind die Mittel einer wehrhaften Demokratie zu wenig ausgeschöpft worden im Kampf gegen die neue völkische Rechte. Das beinhaltet u.a. die Arbeit des Verfassungsschutzes, die Rückeroberung des Gewaltmonopols des Staates, das konsequente Ahnden von Volksverhetzung und auch ein wirkungsvolles Landesantidiskriminierungsgesetz. Ebenso müssen die MitarbeiterInnen der Behörden im Innen- und Justizbereich interkulturell weiter geschult werden.

 

6.) Mehr politische Bildung: Die Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung hat sich von der Ausrichtung ebenso wie von der finanziellen Ausstattung in den letzten Jahren gut entwickelt. Die Erfahrungen sind für Berlin auszuwerten und zu übertragen mit dem Ziel politische Bildung und die Arbeit von Multiplikatoren sehr viel wirkungsvoller zu gestalten.

 

7.) Mehr Forschung: Unser Wissen über die neue völkische Rechte, was ihren Aufstieg befördert, welche Wechselwirkungen zu gesellschaftlichen Entwicklungen gegeben sind, welche Erfahrungen in anderen europäischen Ländern vorhanden, sind zu gering. Berlin als hochrangiger internationaler wie nationaler Forschungsstandort muss diese vorantreiben mit entsprechendem Praxisbezug.

 

8.) den sprachlichen Deutungskampf gegen rechte und völkische Kräfte konsequent weiterführen: die SPD mit Michael Müller an der Spitze hat sich dafür entschieden eine klare Haltung gegen die neue Rechte einzunehmen. Diesen Kurs wollen wir fortsetzen und auch andere gesellschaftliche Gruppen dazu einladen, mit uns gemeinsam über wirkungsvolle Strategien und Maßnahmen zu diskutieren. Dazu gehört auch eine Debatte mit Medienvertretern anzustoßen, in welcher Art über die neue völkische Rechte berichtet wird und deren auffällig hohe Präsenz in den Medien.

 

9.) Kulturprogramm „Neues Miteinander“ starten: Projekte zwischen geflüchteten Kindern und Jugendlichen mit einheimischen Kindern und Jugendlichen fördern. So kann durch kulturelle Erfahrung ein starker, zukünftiger Zusammenhalt erwachsen.

 

10.) Nachbarschafts- und Stadtteilzentren interkulturell weiter öffnen: Hierfür stellt auch der Bund Mittel bereit und den Weg, den Berlin eingeschlagen hat, möchten wir weitergehen.

 

11.) Notunterkunft-Situation schnellstmöglich beenden: Die jetzige Unterbringungssituation schafft viele Konflikt-Situationen für die BewohnerInnen. Nur wenn wir es schaffen, menschenunwürdige Unterbringungsformen zu beenden, werden wir den Prozess erleichtern, in welchem sie zum vollwertigen Teil unserer Gesellschaft werden und so die Akzeptanz in der Aufnahmegesellschaft steigt.

 

 

Antrag 65/III/2016 Die Zeit ist reif für mehr Gerechtigkeit

22.11.2016

Profil schärfen – sozialdemokratischen Aufbruch gestalten

Die Auswirkungen von Kriegen, Konflikten und Krisen treffen immer mehr auch Deutschland. Ihre Ursachen liegen vor allem in wachsenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zwischen Regionen und Staaten sowie innerhalb einzelner Staaten. Weltweit öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich, Schwach und Mächtig immer weiter. Terror, Gewalt, Vertreibung und Flucht sind Symptome der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Krisen.

 

Die Flüchtlingsströme geben konservativen und reaktionären Kräften bei uns Gelegenheit von diesen Ursachen abzulenken und die politische Tagesordnung mit nationalistischen und fremdenfeindlichen Diskursen zu bestimmen und die Sorge zu schüren, dass der Staat die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung vernachlässigen würde. Durch die Flüchtlingsdebatte werden Defizite und Ungerechtigkeiten in Deutschland zum Thema: Wohnungsmangel, regionale Ungleichgewichte und Strukturschwächen, Lücken in den sozialen Sicherungssystemen von Gesundheit über Arbeitslosenversicherung bis zur Altersvorsorge, ein ausgedünnter öffentlicher Dienst und viel zu geringe Investitionen in Daseinsvorsorge und Infrastruktur – um nur einige Stichworte zu nennen.

Während sich ein großer Teil der Bevölkerung sorgt, werden die Reichen und Superreichen immer reicher, selbst in der heutigen Niedrigzinsphase. Und der Staat nimmt sie nur unzureichend in die Pflicht. Ihre Stärke spiegelt sich allerdings nicht in ihrem Beitrag für das Gemeinwohl wider.

Diese wachsende Schere zwischen Arm und Reich gefährdet unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat, die Freiheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

 

Gerade in dieser Zeit ist eine Sozialdemokratie gefordert, die klar für Gerechtigkeit steht.

 

Der 2009 begonnene Reformprozess mit dem Regierungsprogramm 2013 war eine kurze Phase der Re-Sozialdemokratisierung der SPD, aber diese wurde immer wieder durch widersprüchliche politische Botschaften konterkariert.

Wir wollen das Vertrauen in das sozialdemokratische Versprechen nach einer menschlicheren, gerechteren und friedlichen Gesellschaft erneuern.

Obwohl SPD-Themen wie Mindestlohn und Rente mit 63 die Regierungsarbeit des ersten Jahres bestimmten, blieben die Umfragewerte für die SPD im Schnitt unter dem Bundestagswahlergebnis von 2013. Das führte dazu, dass wieder Debatten geführt werden, die einen inhaltlichen roll-back bedeuten. Mit der Ausrichtung auf das Lebensgefühl einer „leistungsstarken Mitte“ sollen Verteilungsfragen wie z.B. die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Reform der Erbschaftssteuer, Maßnahmen gegen Altersarmut eher ausgeblendet werden, da sie dieses Le­bensgefühl nicht treffen würden.

Die SPD darf ihren Gestaltungswillen als Partei der sozialen Gerechtigkeit nicht aufgeben und muss an den Reformprozess 2009 bis 2013 anknüpfen. Es reicht nicht, vor Wahlen die soziale Karte z.B. für einen Sozialpakt zu ziehen.

 

 

Die SPD muss Orientierung bieten: Gegen politische Resignation und Spaltung der Gesellschaft. Für Vertrauen in Programm und Handeln der Sozialdemokratie.

 

Wichtige Eckpunkte künftigen Regierungshandelns sind daher:

 

I. Unser Land durch Investitionen zukunftsfest machen

 

Deutschland braucht mehr Investitionen. Der Bedarf liegt derzeit bei mindestens 200 Milliarden Euro für die nächsten Jahre. Neben den klassischen Investitionen in Straßen, den ÖPNV und in Gebäude gilt es auch in soziale Infrastruktur zu investieren: in Gesundheits- und Pflegeinfrastruktur, Bildung und Kultur.

 

Die SPD muss dafür sorgen, dass

  • vom öffentlichen Sektor entscheidende Impulse ausgehen. Länder und insbesondere die Kommunen brauchen für ihre Aufgaben ausreichend eigene Mittel.
  • Die SPD darf sich mit der Schuldenbremse und dem Fiskalpakt in der gegenwärtigen Form nicht abfinden, denn beide Verbote wirken in Deutschland und Europa als Bremse für Investitionen. Die Einhaltung der Schuldenbremse darf gerade in den Zeiten niedrigster Zinsen kein Investitionshemmnis sein. Die Schuldenbremse durch Einwerbung privaten Kapitals zu umgehen, ist inakzeptabel. Dies wäre nicht nur wesentlich teurer als eine direkte Aufnahme von Staatsanleihen, sondern es würde die demokratische Handlungsfähigkeit des Staates einschränken und ihn von privaten Geldgebern abhängig machen. Wir brauchen stattdessen eine erneuerte, moderne „goldene Regel“, die Neuverschuldung in Höhe der Nettoinvestitionen ermöglicht und den Begriff der Investition stärker als bisher auf Wachstumsförderung ausrichtet.

 

II. Arbeitswelt demokratisieren, Rente existenzsichernd gestalten, Gesundheit solidarischer finanzieren

 

Es muss zu allererst um die menschliche Gestaltung der Arbeitswelt gehen. Dies bedeutet neue Initiativen zur Humanisierung der Arbeit, insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung von Industrie und Dienstleistungen und den neuen Umwälzungsprozess in der gesamten Wirtschaft, Reduzierung von Stress, Verkürzung von Arbeitszeiten und Gesundheitsschutz, besonders hinsichtlich der zunehmenden psychischen Erkrankungen.

 

Die SPD muss

  • die Mitbestimmung in Betrieben und Verwaltungen ebenso wie die europäische und globale Mitbestimmung in internationalen Konzernen ausbauen helfen,
  • den begonnenen Weg von Mindestlohn, Stärkung der Tarifautonomie, Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen, einer Reform der Hartz-Gesetzgebung in Richtung einer Arbeitsversicherung mit Verlängerung des ALG-I-Bezuges und gezielten Programmen gegen verhärtete Langzeitarbeitslosigkeit weitergehen. Den Mindestlohn wollen wir dynamisieren und armutsfest machen, wirksam kontrollieren, durch ein Verbandsklagerecht stärken sowie die Ausnahmen abschaffen.
  • die Lücke zwischen Arbeitsentgelten von Frauen und Männern durch ein wirksames Lohngerechtigkeitsgesetz schließen,
  • die Qualifizierungsoffensive (Aus- und Weiterbildung), vor allem durch Systematisierung der beruflichen Weiterbildung, sinnvolle Weiterentwicklung des Berufsbildungsgesetzes, Mindestausbildungsvergütung, Recht auf bezahlte Qualifizierungen, Finanzierung auch durch Branchen- und regionale Fonds aus betrieblichen Umlagen fortsetzen.

 

Wir brauchen endlich die Bürgerversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung

  • mit der wir anschlussfähig sind, die alle Einkommensarten einbezieht, paritätisch finanziert ist  und in der die Beitragsbemessungsgrenze entsprechend angehoben wird,
  • um über eine gerechte solidarische Finanzierung auch die Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität und die Zugänge zum medizinischen Fortschritt für alle Bürgerinnen und Bürger zu garantieren.

 

In der Rentenpolitik muss die SPD

  • die umlagefinanzierte, solidarische gesetzliche Rente (GRV) wieder zur Hauptsäule der Altersvorsorge machen. Sie muss vor allem lebensstandardsichernd ausgestaltet werden anstatt zur Grundsicherung zu verkommen,
  • das gesetzliche Rentenniveau deutlich oberhalb von 50 % stabilisieren. Dazu sind die derzeit wirksamen Abschlagsfaktoren abzuschaffen.
  • die Riesterrente bei Vertrauensschutz für bestehende Verträge abschaffen. Es darf keine neuen Subventionen und staatliche Anreize für kapitalgedeckte Systeme welcher Art auch immer geben. Die Finanzierungslücke ab etwa 2020 ist durch den Bundeszuschuss (u. a. freie Mittel Riester) und die vom DGB vorgeschlagene Demografiereserve zu schließen.

 

Das gesetzliche Rentenzugangsalter darf nicht weiter steigen. Die Lösung liegt nicht in längerem Arbeiten bis 67 als faktischem Zwang, um der Altersarmut zu entgehen.

 

Perspektivisch ist die Erwerbstätigenversicherung für alle, unabhängig vom Status als ArbeitnehmerIn, Beamte oder Selbständige die Lösung. Notwendige Schritte dorthin müssen sofort nach der nächsten Bundestagswahl erfolgen.

 

III. Durch Europa sozialen Frieden garantieren

Jahre praktizierter Sparpolitik, von Rückschritten in der europäischen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sowie der kontinuierlichen Beschneidung von Mitbestimmung haben Europa entsolidarisiert. Fiskalunion und freier Warenhandel wirken momentan wie das wichtigste Bindeglied.

Auf europäischer Ebene müssen die Handlungsfähigkeiten der Staaten gesichert werden. So hat das deutsche Beispiel gezeigt, dass Konjunkturprogramme Krisen überwinden helfen. Daher sind Investitionen auf EU-Ebene in Energie, Forschung, Bildung, Kultur, Infrastruktur, den Schutz der Umwelt und den Arbeitsmarkt, vor allem für junge Menschen, absolut notwendig.

 

Die SPD muss

 

  • in allen Ländern Europas einen nachhaltigen Wachstumskurs fördern, nicht auf die noch härteren Sparmaßnahmen setzen. Dies ist nicht nur wirtschaftlich richtig, sondern auch politisch unbedingt notwendig, da nur so die Menschen wieder Vertrauen in die europäische Idee und ihre eu­ropäischen Partner gewinnen können. Eine Union, die für Rentenkürzungen, fehlende Krankenversicherung und gesellschaftliche Verarmung steht, wird niemals bei den Bürgerinnen und Bürgern Erfolg haben können. Wir sind überzeugt davon, dass die Bürgerinnen und Bürger diesen politischen Ansatz gutheißen werden, wenn wir ihn konsequent verfolgen und uns nicht von rechten Ideologen beirren lassen.
  • die soziale Dimension der EU weiter stärken und insbesondere in der Eurozone die sozialen mit den wirtschaftlichen Rechten gleichstellen. Eine europäische Sozialunion beinhaltet auch Mindeststandards für Arbeitnehmerrechte, Sicherungssysteme und Mitbestimmung.
  • alle Punkte, die zu TTIP, TISA und CETA vom SPD-Parteitag beschlossen wurden, sind zu erfüllen. Diese Bedingung sehen wir bisher nicht annähernd umgesetzt. Viele Menschen erwarten gerade von der SPD, dass wir ihre Interessen wahren und keine faulen Kompromisse eingehen. Die Beteiligung vieler Menschen an der Debatte über die Handelsabkommen darf auch als partizipatorischer Erfolg gewertet werden. So stellen wir uns gelebte Demokratie vor.

 

IV. Humanität und Verantwortung in der Flüchtlingspolitik zeigen

 

Unsere Flüchtlingspolitik muss von Humanität und Verantwortung gegenüber Menschen in Not geprägt sein. Humanitäre Hilfe ist kein gnädiger Akt, sondern eine ethische Verpflichtung. Im letzten Jahr waren so viele Menschen vor Krieg, Hunger und Verfolgung auf der Flucht wie noch nie seit Bestehen der Europäischen Union. Viele dieser Menschen flohen nach Europa und Deutschland und werden es auch weiterhin tun. Dabei nahmen und nehmen die Flüchtlinge häufig gefährliche Wege in Kauf. Im vergangenen Jahr ertranken 2760 Flüchtlinge im Mittelmeer bei dem Versuch, von der Türkei oder Nordafrika aus Europa in Schlauchbooten zu erreichen, um hier ihr Recht auf Asyl geltend zu machen.

 

Die SPD muss sich dafür einsetzen, dass

  • legale und vor allem sichere Zuwanderungswege nach Europa geschaffen werden. Spezielles Augenmerk gilt hier besonders schutzbedürftiger Personen wie Frauen, Kindern und Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
  • Zuwanderungsgrenzen für Flüchtlinge verhindert werden. Den Schutz, den das Grundgesetz politisch Verfolgten garantiert, bleibt unantastbar. Wie für keine andere Partei aus ihrer Überzeugung und Geschichte heraus ist dies für die Sozialdemokratie politische Verpflichtung.

 

Flüchtlinge müssen so schnell wie möglich integriert werden. Ein Schlüssel für Integration ist eine gute Ausbildung und ein Arbeitsplatz. Beides setzt wiederum gute Sprachkenntnisse voraus. Auf Drängen der SPD-Fraktion hat der Bund die Integrationskurse für Asylbewerber mit einer guten Bleibeperspektive geöffnet und die Mittel entsprechend erhöht.

 

Die SPD muss dafür sorgen, dass

  • kurzfristig die Eingliederungstitel der Jobcenter erhöht werden, um Flüchtlinge mit einer guten Bleibeperspektive bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt unterstützen zu können. Die Aufstockung der Mittel des Jobcenters wird aber auch Menschen zu Gute kommen, die schon lange in Deutschland leben und bislang vergeblich eine Arbeit gesucht haben.
  • keine Konkurrenzsituation von Flüchtlingen und deutschen Arbeitnehmern entstehen. Einer Absenkung des Mindestlohns für Flüchtlinge treten wir entschieden entgegen.
  • die Qualität der Integrationskurse stark verbessert wird als eine der wichtigsten Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete. Dafür braucht es Klassen, eine einheitlichere Zusammensetzung der Teilnehmenden mit Blick auf gemeinsame Lernerfolge, mehr qualifiziertes Lehrpersonal und ein externes, wissenschaftliches Qualitätsmanagement, dass u.a. den Erfolg und die Curricula regelmäßig überprüft.

 

V. Einwanderungsdebatte offensiv führen

 

Die SPD muss die Debatte um eine plurale Einwanderungsgesellschaft offensiv führen.

 

Dazu gehört:

  • – sich für ein neues Staatsziel „Vielfalt, Teilhabe und Integration“ im Grundgesetz einzusetzen: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland. Sie fördert die gleichberechtigte Teilhabe und Integration.“ Auf der Bundes und den Landesebenen soll Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe verankert werden – auch damit Fachressorts ihre teils überfällige und notwendige interkulturelle Öffnung vorantreiben und damit Bund und Länder sich ein entsprechendes Leitbild geben – so wie es angemessen ist für das zweitgrößte Einwanderungsland der Welt. Dieses Thema muss sich die Volkspartei SPD noch stärker zu Eigen machen. Integrations- und Identitätsthemen werden in den kommenden Jahren weiterhin maßgeblich die politische Agenda bestimmen.

 

  • – Eine Debatte für ein Einwanderungsgesetz auf Bundesebene anstoßen. Ein Einwanderungsgesetz ist ein klares Bekenntnis dazu, dass wir ein Einwanderungsland sind. Bisher gibt es da noch nicht. Das öffnet Raum für die AfD gegen unkontrollierte Zuwanderung zu wettern.
    Deshalb wollen wir uns auch für ein Einwanderungsgesetz auf Bundesebene einzusetzen, welches auf drei Säulen basiert:
  1. Transparente Zusammenfassung bestehender Regeln,
  2. Entwicklung eines Punktesystems,
  3. Formulierung von Kontingenten für humanitäre Einwanderung.

 

VI. Friedenspolitik aktiv gestalten

 

Friedenspolitik, die diesen Namen verdient, muss vor allem die Ursachen von Konflikten, Gewalt und Kriegen benennen und bekämpfen. Auch hier geht es vor allem um Gerechtigkeit, Ausgleich, Abbau von wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeiten, Folgen von Handelsbeziehungen und Klimawandel. Dies erfordert den Blick sowohl in die Staaten und Regionen, wie auf globale und internationale Beziehungen. Wer von Friedensschaffung und Friedenssicherung reden will, darf über eine gerechte Gestaltung der Globalisierung nicht schweigen. Die vielbeschworene „Verantwortung Deutschlands in der Welt“ darf nicht als Vorwand für immer neue und intensivere militärische Einmischungen benutzt werden, sondern muss vor allem präventiven und diplomatischen Charakter haben.

 

Die SPD muss sich dafür einsetzen, dass

  • eine drastische Reduzierung der geplanten Aufrüstungspläne der Bundesverteidigungsministerin in Höhe von 130 Mrd. Euro bis 2030 vorgenommen wird,
  • die eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (0,7 % des Bruttoinlandprodukts) eingehalten werden,
  • die Social Development Goals (SDGs) seitens der Bundesrepublik (Nachhaltigkeitsziele, soziale Entwicklung weltweit) konsequent umgesetzt werden, z. B. durch verbindliche Regelungen in den Handelsbeziehungen, die diese Ziele für alle Unternehmen durchsetzen und kontrollierbar machen,
  • restriktive Regelungen der deutschen Rüstungsexport-Politik und deren Durchsetzung auch auf europäischer Ebene gesetzlich verankert werden.

 

Eine sozialdemokratische Außenpolitik muss ausgleichend sein und die zivile Krisenprävention muss im Mittelpunkt stehen.

 

Ökonomische und ökologische Ausbeutungen können zu zunehmenden Spannungen führen und auch Bürgerkriege entfachen. EU und USA hätten in Syrien vorzeitiger auf Friedensgespräche drängen müssen, statt einseitig Partei zu ergreifen. Syrien ist so fragmentiert, dass mit allen Parteien geredet werden muss.

Sowohl im Welthandel wie bei der Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit brauchen wir globale Institutionen.

 

VII. Steuern durch gerechte Steuern

Eine solidarische und friedliche Gesellschaft ist nicht kostenlos zu haben. Sie braucht einen gut finanzierten Staat. Zur Zukunftssicherung bedarf es wieder einer sozialdemokratischen Steuerpolitik mit einer

 

  • sozial ausdifferenzierten Einkommenssteuer mit einem höheren Spitzensteuersatz,
  • der Kapitalbesteuerung mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz,
  • einer Wiedereinführung einer Vermögenssteuer,
  • und einer Erbschaftssteuer, die Betriebsvermögen so behandelt, dass reinvestierte Gewinne berücksichtigt werden, um Arbeitsplätze und Wertschöpfung zu sichern, dem Gleich­heitsbehandlungsgrundsatz des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird und mindestens 10 Milliarden Euro einbringt.
  • Die Finanztransaktionssteuer muss endlich eingeführt werden.

 

Eine solche Steuerpolitik muss einhergehen mit

  • der schärferen Eigen­kapitalausstattung von Banken,
  • dem Kampf gegen Schattenbanken und Steueroasen,
  • einer Einführung eines Fi­nanz-TÜVs zur Prüfung und Zulassung neuer Finanzprodukte
  • Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehung nach dem Solidarprinzip.

 

Antrag 64/III/2016 Eine Verantwortungsgemeinschaft einführen

22.11.2016

Die Programmkommission des SPD Parteivorstands zur Erarbeitung eines Programms für die Bundestagswahl 2017 wird aufgefordert, ein Modell für eine Verantwortungsgemeinschaft zu erarbeiten und in das Wahlprogramm einzubringen.

 

Die Verantwortungsgemeinschaft soll ein standardisiertes und staatlich anerkanntes Vertragswerk sein, dass die Verantwortung zweier volljähriger Menschen füreinander rechtssicher dokumentiert, ähnlich wie eine Eheschließung, allerdings mit weniger weitreichende Rechten und Pflichten und ohne Zeremionell.

 

Eine Verantwortungsgemeinschaft sollen zwei Menschen vor einem Notar schließen können, die füreinander Verantwortung tragen möchten – unabhängig davon, ob sie sich lieben und unabhängig von ihrem Alter und ihrem Geschlecht.

 

Die genauen Rechte und Pflichten der Verantwortungsgemeinschaft, unter anderem in den Fragen von Unterhalt und Versorgung, Einkommen und Vermögen und Sorgerecht sollen durch die Programmkommission erarbeitet werden.

 

 

Antrag 63/III/2016 Nur geschlossen kann stark gehandelt werden

22.11.2016

Die SPD sollte einen über die Bezirksgrenzen hinweg abgestimmten Umgang mit der AfD finden. Hierzu fordern wir den Landesvorstand der Berliner SPD bzw. die AG der SPD-Fraktionsvorsitzenden auf, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln.