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Antrag 37/II/2018 Gerechte Löhne

12.10.2018

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und die SPD-Bundestagsfraktion werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, bei Gehältern, die das 20-Fache der durchschnittlichen Entlohnung der Beschäftigten des jeweiligen Unternehmens überschreiten, steuerliche Absetzungsmöglichkeiten des Unternehmens abzuschaffen. Grundlage für die Berechnung sind die Konzernpersonalkosten in Deutschland.

Antrag 38/II/2018 Mindestlohn-Ausnahmen für Langzeitarbeitslose streichen, neue Ausnahmen verhindern

12.10.2018

Die Mitglieder der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag werden dazu aufgefordert, eine Abschaffung der Mindestlohn-Ausnahmen für Langzeitarbeitslose (§ 22 Abs. 4 Mindestlohngesetz/MiloG) durchzusetzen und neue Ausnahmen jeder Art abzulehnen.

Antrag 43/II/2018 "Come on strike! Mehr Sicherheit für streikende Azubis"

11.10.2018

Der Streik ist das wichtigste Kampfmittel der Gewerkschaften und Beschäftigten, um ihren Forderungen gegenüber den Arbeitgeber*innen Nachdruck zu verleihen. Gleichzeitig ist ein Streik auch immer eine Ausnahmesituation, die höchste Eskalationsstufe in einer Tarifauseinandersetzung. Das Streikrecht ist an viele Bedingungen geknüpft, um rechtmäßig zu sein. So darf nicht während der Laufzeit eines Tarifvertrages gestreikt werden, ein Streik muss verhältnismäßig sein und es muss ein von einer Gewerkschaft autorisierter und betreuter Streik sein.

 

So ist es nicht verwunderlich, dass die Arbeitgeber*innenseite Streiks mit allen möglichen Mitteln verhindern will. Denn sie bedeuten Gewinneinbußen. Drohungen, Schikane und fehlender Zugang der Gewerkschaften zu Beschäftigten in einem Unternehmen gehört zur Tagesordnung. Eine Gruppe ist dem oft hilflos ausgeliefert: Auszubildende.

Jede*r Arbeitnehmer*in hat das Recht zu streiken, das im Artikel 9 des Grundgesetzes verankert ist. Und das gilt auch für Auszubildende, die ganz ausdrücklich in den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) aufgenommen sind. Wörtlich heißt es in §5: „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.“

 

Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits erstmalig in einem Urteil von 1984 festgestellt (1 AZR 342/83 vom 12.09.84 AP Nr. 81 zu Art. 9 GG). Das Streikrecht von Azubis ist aufgrund ihrer besonderen Situation auch an besondere Bedingungen geknüpft, die über die Streikregeln für ausgelernte Arbeitnehmer*innen hinausgehen. So darf das Ausbildungsziel nicht gefährdet werden, zum Beispiel bei Streiks in der Zeit der Abschlussprüfungen. Ob dieser Fall besteht, wird bei jedem Streik, bei dem die Auszubildenden in den Streik miteinbezogen werden sollen, geprüft.

 

Die DGB-Gewerkschaften berichten jedoch oft von Behauptungen der Arbeitgeber*innen, Azubis hätten kein Streikrecht. Dies verstößt jedoch gegen das Grundgesetz (Art. 9 Abs.3 Grundgesetz). Ob Auszubildende sich am Streik beteiligen dürfen, prüft im Einzelfall die zuständige Gewerkschaft und nicht die Arbeitgeber*innenseite! Arbeitsrechtliche Androhungen der Arbeitgeber*innen, wie zum Beispiel Abmahnungen, Eintragungen in Personalakten und die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses sind ausdrücklich verboten.

 

Auch Berufsschulen versuchen laut den DGB-Gewerkschaften, Auszubildenen einzureden, die Berufsschulpflicht würde über dem Streikrecht stehen. Doch auch das ist falsch: Die Streikteilnahme gilt als entschuldigte Fehlzeit und gefährdet das Ausbildungsziel nicht.

 

Daher fordern wir:

  • Festschreibung des besonderen Schutzes für streikende Auszubildende im Betriebsverfassungsgesetz
  • Ermöglichung der konsequenten Durchsetzung des Streikrechts durch Festschreibung des besonderen Schutzes für streikende Auszubildende vor, während und nach dem Streik im Betriebsverfassungsgesetzes
  • Im Betriebsverfassungsgesetzt festgeschriebene Sanktionen für Arbeitgeber*innen und Berufsschulen, die Auszubildenden das Streikrecht verbieten, bzw. die Rechtslage der Auszubildenden falsch darstellen

 

Informationspflicht der Ausbildungsstelle bis zum Abschluss des Ausbildungsvertrages gegenüber dem*der Auszubildenden über sein*ihr Streikrecht in verständlicher Weise. Innerhalb von Ausbildungsvertägen ist festzuhalten, dass der*die Auszubildende über sein*ihr Streikrecht vollständig und verständlich informiert worden ist.

Antrag 41/II/2018 Wirtschaft demokratisieren - Betriebsräte stärken!

11.10.2018

Die Gewerkschaften und die SPD haben ihre gemeinsamen Wurzeln im 19 Jahrhundert. Dabei haben es sich die Gewerkschaften zur Aufgabe gemacht, innerbetrieblich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Erhöhung der Löhne zu kämpfen. Die SPD kämpft ursprünglich außerbetrieblich für eine Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Obwohl diese unterschiedlichen Schauplätze sich gegenseitig beeinflussen und voneinander abhängig sind, haben sich die Gewerkschaften allmählich von der Partei, die ihnen originär nahe steht, distanziert. Hat der DGB früher noch in Form von Wahlprüfsteinen deutliche Sympathien einer Partei gegenüber geäußert, hagelt es jetzt deutliche Kritik. Dies hat jedoch nicht zu einem naheliegenden Effekt geführt. Menschen, die die Gewerkschaften aufgrund ihrer Nähe zur Sozialdemokratie ablehnten, haben trotzdem keinen Mitgliedsantrag der Gewerkschaften ausgefüllt.

 

Die SPD hat sich mit ihrem neoliberalen Weg weit entfernt von dem Klientel, welches einmal Gewerkschafter*innen und Sozialdemokrat*innen in einer Person verband.

 

Beide Seiten haben nicht ganz unabhängige Bestands- und Akzeptanzprobleme in der Gesellschaft. Sinkende Mitgliederzahlen und eine andauernde Identitätssuche belasten die SPD und die Gewerkschaften seit geraumer Zeit. Die SPD hat zusätzlich dazu mit erheblichen Wähler*innenverlusten zu kämpfen. Die Gewerkschaften hingegen müssen unter immer schwierigeren Rahmenbedingungen des postindustriellen Kapitalismus Tarifpolitik betreiben und versuchen, die Position der Arbeitnehmer*innen zu stärken. Mit dem wachsenden Dienstleistungssektor hat sich auch die Mitgliederstruktur der Gewerkschaften gewandelt.

 

Arbeitnehmer*innen entscheiden sich immer seltener dazu, Mitglied in einer Gewerkschaft zu werden, auch weil sie deren Nutzen nicht mehr sehen. Jedoch sind Gewerkschaften in ihren originären Branchen (wie z.B. Metall- und Elektroindustrie) weiterhin sehr stark. Dies hängt unmittelbar mit dem Organisationsgrad zusammen.

 

Ein konkretes Gut, dass unter anderem aus der historischen Beziehung zwischen Gewerkschaften und SPD hervorgehen, ist die betriebliche Mitbestimmung. Sie existiert in ihren Vorläufen bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Sie begann als Form von „Arbeiterausschüssen“, die ein Anhörungsrecht in sozialen Fragen hatten.  Dieser erste Meilenstein entwickelte sich in den kommenden Jahrzehnten zu immer mehr Mitspracherecht. Jedoch nicht aus Wohlwollen, sondern als die notwendige Konsequenz von blutigen Auseinandersetzungen mit zwei Dutzend Toten, wurde 1920 auf Initiative der Sozialdemokratie das „Betriebsrätegesetz“ verabschiedet. Dieses sah eine Betriebsratpflicht in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten vor. Dieser Entwurf blieb jedoch weit hinter den Forderungen der Gewerkschaften zurück. Nachdem zur Zeit des Nationalsozialismus jegliche Form von Mitbestimmung zerschlagen wurde, konnten die Arbeiter*innen 1951 einen riesigen Erfolg feiern. Das bis heute geltende „Montan-Mitbestimmunggesetz“ für Kohle- und Stahlunternehmen trat in Kraft. Es besagt, dass in den betroffenen Unternehmen vollparitätisch besetzte Aufsichtsräte ohne Doppelstimmrecht gebildet werden müssen. Dieser Erfolg kann als erster und Versuch gewertet werden, die Belastung von Kapital und Arbeit gerecht zu verteilen, zumindest in Unternehmen. Bis heute sind die Arbeiter*innen der Montanindustrie, vertreten durch ihre Spartengewerkschaften IG Metall und IG BCE, die mit dem höchsten Organisationsgrad innerhalb einer Branche. Die Vorteile einer gut funktionierenden Mitbestimmung und einem hohen Organisationsgrad, kann man in den kontinuierlich, wenn auch teilweise kleinen, Erfolgen in dieser Industrie beobachten. Besonders im Bereich der Verkürzung der Arbeitszeit und der verbesserten betrieblichen Altersvorsorge ist die Belegschaft der Montanindustrie Vorreiter*in.

 

Betriebsräte sind Eckpfeiler der Betriebskultur in Deutschland, und das mit gutem Grund: Betriebe mit Betriebsräten zahlen im Schnitt höhere Gehälter, haben eine stabilere Belegschaft mit wesentlich weniger Kündigungen, und ihre Mitarbeiter*innen nehmen sich öfter Urlaub und gehen öfter in Elternzeit.

 

Um langfristig die Arbeitnehmer*innen in ihrer Position zu stützen, müssen die Gewerkschaften und Betriebsräte in den Betrieben in der Wiederherstellung ihrer Kampfkraft unterstützt und ihre Kompetenzen in Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik genutzt werden, um gegen neoliberale Vorstellungen vorzugehen.

 

Demokratisierung: das Gegengift zum Neoliberalismus

 

Zusätzlich zu all den direkten Vorteilen, die Betriebe mit aktiven und engagierten Betriebsräten genießen, gibt es auch gesamtgesellschaftliche, strukturelle Gründe betriebliche Mitbestimmung und demokratische Strukturen in der Wirtschaft zu stärken: den Kampf für die Demokratisierung der Gesellschaft und den Kampf gegen den Neoliberalismus.

Demokratie beschränkt sich für uns Jusos nicht auf die Stimmabgabe an der Wahlurne zu Bezirks-, Kommunal, Landtags- Bundestags- und Europaparlamentswahlen. Stattdessen erreichen wir das Ziel einer Gesellschaft der Freien und Gleichen erst, wenn alle Lebensbereiche demokratisiert sind. Das bedeutet für uns, dass demokratische Partizipation insbesondere in Strukturen und Organisationen zu fördern ist, die besonders oft hierarchisch geprägt sind. Dazu gehört vor allem das Arbeitsleben. Für die Förderung demokratischer Strukturen am Arbeitsplatz ist deshalb die Stärkung der Betriebsräte und ihrer Mitbestimmungsbefugnisse essentiell.

Neoliberale Theoretiker*innen verachten jedoch demokratische Strukturen in der Wirtschaft, insbesondere Gewerkschaften und Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmer*innen in Unternehmen. Als “Partikularinteressen”, die lediglich die ordnenden und selbst-regulierenden Kräfte des Marktes behindern, sollen Mitbestimmungsrechte von Arbeitnehmer*innen eingeschnitten und am besten ganz abgeschafft werden. Die Intellektuellen Vorbilder liberaler und auch vieler konservativer Politiker*innen forderten einen Staat, der Arbeitnehmer*innen-Interessen im Keim erstickt, der sich dem Diktat des freien Kapitals unterwirft, und im Zweifelsfall jede wahrgenommene Behinderung jenen Kapitals mit Gewalt – strukturell und unmittelbar – unterdrückt.

 

Dieser Konflikt ist besonders sichtbar in jenen Branchen, die den neoliberalen Logiken von absoluter Konkurrenz, Investor*innenhörigkeit, und Flexibilisierung im Sinne der Arbeitgeber*innen besonders folgen. Betroffen sind davon insbesondere Startups und Agenturen sowie die Kreativwirtschaft im Allgemeinen. Hier steht betriebliche Mitbestimmung besonders im Fadenkreuz, da die Existenz von Betriebsräten potentielle Investor*innen abschrecken kann. Da insbesondere viele Startups von der Förderung durch Investor*innen abhängig sind, umgehen daher viele die betriebliche Mitbestimmung. Erst ab einer Größe von 100 Mitarbeiter*innen stehe oftmals die Einrichtung eines Betriebsrats zur Diskussion. In Branchen, die stark von Investor*innen abhängig sind, ist die Lage betrieblicher Mitbestimmung daher besonders prekär. Gerade deswegen braucht es gesetzliche Rahmenbedingungen, denen sich Arbeitgeber*innen und Investor*innen nicht entziehen können! Ist betriebliche Mitbestimmung keine Option, sondern eine Pflicht, ist es egal was Investor*innen fordern.

 

Demokratische Strukturen auch in der Wirtschaft verpflichten!

 

Die Wahlen zu Betriebsräten sind im Betriebsverfassungsgesetz bereits rechtlich abgesichert. Dennoch bestehen einige gesetzliche Lücken, die den demokratischen Prozess erschweren können. Folgende Schritte sind in der Regel Teil des Wahlprozesses:

 

Ein Betrieb ist betriebsratsfähig, wenn in der Regel mindestens fünf Arbeitnehmer*innen in ihm beschäftigt sind, von denen drei wählbar sein müssen. Mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer*innen des Betriebs berufen eine Betriebsversammlung ein. Auf dieser Betriebsversammlung wird durch die wahlberechtigten und teilnehmenden Arbeitnehmer*innen ein Wahlvorstand bestimmt. Der einbestellte Wahlvorstand hat anschließend die Aufgabe, unverzüglich Wahlen einzuleiten, durchzuführen und die Ergebnisse festzustellen.

Besteht in einem Betrieb bereits ein übergeordneter Betriebsrat ist es laut §17 Absatz 1 des BetrVG möglich, dass dieser einen Wahlvorstand bestellt. Die Kosten für diese Wahl trägt der*die Arbeitgeber*in.

 

Für Arbeitnehmer*innen stellt es ein Risiko dar, sich in diesem Prozess einzubringen. Daher hat der*die Gesetzgeber*in einen besonderen Kündigungsschutz für Mitglieder des Betriebsrats, Mitglieder des Wahlvorstands ab Zeitpunkt der Bestellung, Wahlbewerber*innen bis zum Zeitpunkt der Verkündung des Wahlergebnisses und Mitarbeiter*innen, die die Betriebsversammlung einberufen, erlassen. Dieser Kündigungsschutz besteht solange kein wichtiger Grund vorliegt, der die Nichteinhaltung berechtigt (§ 15 Abs. 3 KSchG).

 

Im Verlauf der Gründung eines Betriebsrats setzen Arbeitgeber*innen verschiedene Methoden ein, um dies zu verhindern. Beim sogenannten Union Busting werden Betriebsräte und gewerkschaftliche Organisierung systematisch bekämpft. Manche Betriebe engagieren dafür eigens darauf spezialisierte Anwaltskanzleien. Ein beliebtes Mittel ist das Bespitzeln und Einschüchtern von Betriebsratskandidat*innen. Häufig werden auch fristlose Kündigungen ausgesprochen – im Bewusstsein, dass dies illegal ist. Ein weiteres Mittel ist die Zerschlagung bzw. Auslagerung von Unternehmensteilen in einzelne, rechtlich (scheinbar) unabhängige Gesellschaften.

 

Mit unserem Vorschlag wollen wir vor allem den Prozess vor der Bestimmung des Wahlvorstandes absichern. Oftmals ist den Arbeitgeber*innen bekannt, welche Mitarbeiter*innen eine Betriebsratsgründung unterstützen. Um die Unterstützung aufzubrechen, können diese Meinungsführer*innen in andere Abteilungen verschoben und die Zusammensetzung der gesamten Belegschaft derart verändert werden, dass Absprachen und Solidarität untereinander verhindert werden. Zudem drohen Arbeitgeber*innen häufig damit, Betriebsteile ins Ausland zu verlagern oder die Insolvenz eines Betriebsteils anzumelden.

 

Indem wir eine regelmäßige Betriebsversammlung einführen und die Wahl eines Wahlvorstandes verpflichten, sind innerhalb der Belegschaft weniger Absprachen und Organisation notwendig. Das Einberufen einer Versammlung, sowie die Bereitstellung zur Mitarbeit im Wahlvorstand und das zur-Wahl-Stellen wird damit weniger zu einer Gefahr für die Mitarbeiter*innen, was ihre demokratische Mitbestimmung und somit die Gründung von Betriebsräten erleichtert.

 

Wir fordern daher, dass der*die Arbeitgeber*in, sofern noch kein Betriebsrat für sein Unternehmen existiert, verpflichtet ist, jährlich eine Betriebsversammlung einzuberufen. Auf dieser Betriebsversammlung wird der Wahlvorstand für die in einem zweiten Schritt durchzuführende Betriebsratswahl gewählt oder von einem schon existierenden Gesamt- oder Konzernbetriebsrat bestellt. Die Ausgestaltung und Organisation der Betriebsversammlung soll dabei von dem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat oder in Ermangelung eines solchen von im Betrieb vertretenen Gewerkschaftsmitgliedern oder einer*einem anderen Arbeitnehmer*in in seinem Betrieb übernommen werden. Der*die Arbeitgeber*in ist dazu verpflichtet, zur Organisation und Durchführung der Betriebsversammlung geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Diese Regelung gilt solange kein Betriebsrat in dem Unternehmen gegründet wurde.

 

Das vorgeschlagene Modell entspricht einer Betriebsratspflicht. Das Unternehmen ist verpflichtet eine Gelegenheit für die Wahl eines Betriebsrats zu schaffen, indem es die Organisation der Wahlversammlung und des Wahlvorstands in die Wege leitet.

Damit orientieren wir uns an dem französische Modell, das eine ähnliche Regelung vorsieht. Mit dem Unterschied, dass diese Pflicht erst in Betrieben gilt, die innerhalb der letzten drei Jahre mehr als 50 Mitarbeiter*innen beschäftigten.

 

Sanktionen gegen kriminelle Arbeitgeber*innen konsequent durchsetzen!

 

Die gesetzlich festgeschriebenen Strafen bei der Behinderung von Betriebsratsgründungen oder der Arbeit von Betriebsräten sind zwar faktisch vorhanden, werden jedoch so gut wie nie umgesetzt. Nach §119 des BetrVG können Arbeitgeber*innen bei einem solchen Vorgehen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr und/ oder einer Geldbuße sanktioniert werden. Nach Zahlen des statistischen Bundesamtes wurden zwischen 2007 und 2016 jedoch lediglich 63 Menschen wegen Verstößen nach §119 BetrVG angeklagt.

 

Dem gegenüber stehen die dramatischen Zahlen, welche Gewerkschaften über Zwischenfälle in der betrieblichen Mitbestimmung vorliegen. Alleine nach den Statistiken von IG Metall und IG BCE kommt es bei rund 16% der Neugründungen von Betriebsräten zu gezielten Störmaßnahmen der Arbeitgeber*innen. Je nach Branche haben 30- bis 50% aller Betriebsräte schon einmal Störungen in der Betriebsratsarbeit bei ihrer Gewerkschaft gemeldet; die Dunkelziffer ist sicherlich noch um einiges höher. Nur 11 Verurteilungen in 10 Jahren gegenüber einer derartigen Institutionalisierung in der Sabotage von Betriebsräten ist ein klares Signal an kriminelle Arbeitgeber*innen: immer weiter so!

 

Deshalb schließen wir uns dem DGB an und fordern die Einrichtung ständiger Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Bereich Arbeitsrecht. Diese müssen sicherstellen, dass Verfahren schnell bearbeitet werden, Betroffene bei der Beweissicherung unterstützt werden, und straffällige Arbeitgeber*innen konsequent mit Strafverfahren konfrontiert werden. Kommt das Verfahren zu dem Schluss, dass die Arbeitgeber*innen ihren Pflichten nicht nachgekommen sind – etwa keine Betriebsversammlung ausgerufen haben oder die Gründung/Arbeit des Betriebsrats verhindert haben – müssen diese sanktioniert werden.

 

Schluss mit “teile und herrsche”: Franchises und Sub-Unternehmen zu unternehmerischen Einheiten zusammenführen!

 

Ein weiterer Grund zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, ist das System der Franchises und Subunternehmen. Das Unternehmen spaltet sich dabei in Regionalgesellschaften, selbständige Händler*innen und eine Zentrale auf. Dabei werden nur die Mitarbeiter*innen in den von den Regionalgesellschaften geführten Märkten auf der Grundlage eines Tarifvertrages entlohnt. Die Filialen der vielen Händler*innen unterliegen hingegen keiner Tarifbindung. Dadurch können die Mitarbeiter*innen zum Beispiel geringer entlohnt werden oder es können weniger Urlaubstage bezahlt werden, als bei den Filialen der Regionalgesellschaften. Dies sorgt für eine Ungleichheit zwischen den verschiedenen Filialen, obwohl überall ein Markenname verwendet wird. Darüber hinaus gibt es kein konzernweites Mitspracherecht für Betriebsräte. Gesamtbetriebsräte oder Konzernbetriebsräte gibt es nur bei den Regionalgesellschaften. Da es sich aber bei den Filialen der Regionalgesellschaften und der Händler*innen um dasselbe Franchise handelt, sollte das Betriebsverfassungsgesetz dementsprechend angepasst werden. So sollten Unternehmen mit filialisierten Strukturen als eine Unternehmerische Einheit gelten, welche vor dem Betriebsverfassungsgesetzes die selben Rechten und Pflichten besitzen, wie ein normales Unternehmen.

 

Deshalb Fordern wir:

  • In Betrieben mit mindestens fünf Mitarbeiter*innen ist die*der Arbeitgeber*in, solang in den Betrieb kein Betriebsrat existiert, verpflichtet, einmal im Jahr eine Betriebsversammlung einzuberufen und die Ausgestaltung, Organisation und Leitung dem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat oder in Ermangelung solcher einem*einer Vertreter*in der Gewerkschaft oder einer*einem anderen Arbeitnehmer*in in seinem Betrieb zu übertragen bzw. der*die Vertreter*in der Gewerkschaft ist nach der Maßgabe des Tarifeinheitsgesetzes auszuwählen.
  • Kommt die Arbeitgeber*in dieser Pflicht nicht nach werden die aktuell gültigen Sanktionen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe und/oder einer Geldbuße angewandt.
  • An allen Landgerichten in Deutschland sollen Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Bereich Arbeitsrecht geschaffen werden. Dies sollen dazu führen, dass gegen Behinderungen bei der Gründung- oder der Arbeit von Betriebsräten seitens der Arbeitgeber*innen schneller ermittelt wird, Belegschaften in der Beweissicherung unterstützt werden, es ggf. schneller zur Anklage kommt, und schlussendlich alle Verstöße auch zu Verurteilungen führen.
  • Franchises sollen arbeitsrechtlich als eine unternehmerische Einheit gelten, sodass auch auf den obersten Ebenen Arbeitnehmer*innen adäquat vertreten werden können, und ihre Mitbestimmungsrechte wahrnehmen können.

 

Weiterhin fordern wir, dass Instrumente und Strategien zur besseren Information und Kommunikation über betriebliche Mitbestimmung sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den Betrieben ausgebaut werden.

Antrag 28/I/2018 Mindestlohnerhöhungen bei Zuwendungsempfängern ausgleichen

30.04.2018

Der Mindestlohn ist da. Er sorgte zur Einführung bei hunderttausenden Arbeitnehmer*innen für höhere Löhne. Zu Beginn des Jahres wurde er erstmals auf nunmehr 8,84 Euro pro Stunde angehoben und schaffte so für alle Mindestlohnempfänger*innen eine Gehaltserhöhung um 4 Prozent.

 

Die Zuschüsse der Jobcenter für Eingliederungsmaßnahmen am Arbeitsmarkt werden allerdings nicht an diese gestiegenen Lohnkosten angepasst. Das bedeutet, dass zwischen dem gestiegenen Lohn und dem gleichbleibenden Zuschuss eine unvorhersehbare Lücke entstanden ist, die vom Arbeitgeber spontan finanziert werden muss. Hiervon sind insbesondere soziale Träger betroffen, in deren Belegschaften zu einem überdurchschnittlich hohen Anteil Mindestlohnempfänger arbeiten, die durch Eingliederungszuschüsse finanziert werden. Allein die aktuelle Mindestlohnerhöhung um 34 Cent sorgt hier für jährliche Mehrkosten in Höhe von rund 800 Euro pro 40h-Arbeitnehmer*in.

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung werden daher aufgefordert, den hierfür ursächlichen §91 (2) des SGB III dahingehend zu ändern, dass Mindestlohnerhöhungen während einer laufenden Eingliederungsmaßnahme genauso wie auch jetzt schon die Lohnkürzungen berücksichtigt werden.

 

Die bisher entstandenen Mehraufwendungen der Arbeitgeber, welche durch die nunmehr nicht mehr kostendeckenden Eingliederungszuschüsse entstanden sind, müssen rückwirkend zum Inkrafttreten der Erhöhung des Mindestlohnes von dem Leistungsträger erstattet werden.

 

Anlage:

§ 91 SGB III Zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt und Auszahlung des Zuschusses

(2) Der Eingliederungszuschuss wird zu Beginn der Maßnahme in monatlichen Festbeträgen für die Förderdauer festgelegt. Die monatlichen Festbeträge werden vermindert, wenn sich das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt verringert.