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Antrag 136/I/2014 Wiedervorlage: Vorwärts in der Berliner Flüchtlingspolitik!

5.10.2014

1. Die zeitnahe Einrichtung einer Koordinierungsstelle für ehrenamtliche HerlferInnen

Die SPD steht für eine Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen und gegen rassistische Stimmungsmache. Wir begrüßen, dass sich die Zivilgesellschaft zunehmend eigeninitiativ gegen rechte Hassparolen stellt, offen Zivilcourage zeigt und die Arbeit für aufgenommene Flüchtlinge ehrenamtlich unterstützen will.

Wir möchten diese gesellschaftliche Entwicklung fördern, unterstützen und ihr beratend zur Seite stehen und fordern daher die Einrichtung einer vom Land ausfinanzierten Vollzeitstelle Stelle je Bezirk zur Ehrenamts- und Freiwilligenkoordination im Bereich Flüchtlingsarbeit. Diese sollen ausschließlich dafür zuständig sein, verschiedenen Initiativen ausgewogen zu vernetzen, als Ansprechpartner*innen für Ehrenamtliche und Freiwillige, Flüchtlinge und Unterkunftsmitarbeiter*innen zu fungieren und damit zu ermöglichen, dass die angebotene Hilfe tatsächlich auch bei den Flüchtlingen ankommt.

 

2. Anspruch auf kostenlose Vermittlung der deutschen Sprache für alle Asylbewerber*innen

Um Asylbewerber*innen die gleichberechtigte, aktive Teilhabe am öffentlichen Leben sowie an unserer heterogenen Gesellschaft zu ermöglichen, zu fördern und die kulturelle Begegnung und Verständigung voranzutreiben, sind umfangreiche Kenntnisse und Kompetenzen in der deutschen Sprache unerlässlich. Hierzu sollen daher Kurse in „Deutsch als Fremdsprache“ angeboten werden, die für alle kostenlos sind. Anspruch auf kostenlose Sprachkurse in „Deutsch als Fremdsprache“ haben alle bis zum Erreichen muttersprachlichen Kompetenzniveaus.

 

3. Qualitätssicherung zur Überprüfung der Standards in Flüchtlingsunterkünften

Da Flüchtlingen in der Praxis leider meist dauerhaft in Sammelunterkünften leben müssen, sind hohe Standards in Bezug auf Lebens- und Wohnbedingungen umso wichtiger. Um diese auf Dauer gewährleisten zu können, müssen die gesetzlichen Qualitätsanforderungen nicht nur eingehalten, sondern auch in regelmäßigen Abständen kontrolliert und verifiziert werden – dazu braucht es ein unabhängiges Qualitätsmanagement.

Wir fordern daher, dass zur Überprüfung der Einhaltung der Standards die Betreiber*innen von sämtlichen Flüchtlingsunterkünften im Rahmen einer Qualitätssicherung regelmäßiger, stichprobenartiger und unangekündigten Kontrollen unterworfen sind. Die Ergebnisse dieser Kontrollen werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.  Diese unabhängige Prüfinstanz ist gleichzeitig Ansprechpartner*in für Bewohner*innen von Flüchtlingsunterkünften. Bewohner*innen können Verstöße gegen Standards dort direkt melden. Ein solches Qualitätsmanagement muss unbürokratisch und niedrigschwellig – bspw. hinsichtlich Übersetzungsleistungen – aufgebaut sein.

 

4. Das Ziel: die dezentrale Unterbringung von Asylbewerber*innen

Die Unterbringung von Menschen in Flüchtlingsunterkünften ist stets als Übergangslösung gedacht. Im Interesse aller beteiligten Akteur*innen ist so schnell wie möglich das Ziel, Asylbewerber*innen eine dezentrale Unterbringung zu ermöglichen.

Deshalb fordern wir den Senat auf, einen umfassenden „Masterplan zur Unterbringung von Asylbewerber*innen im Land Berlin“ zu entwickeln, der im Detail und auf Grundlage finanzieller Schätzungen vorgibt, wie der Übergang von Wohnen in Sammelunterkünften hin zu dezentralen Wohnmöglichkeiten vom Land Berlin und den Bezirken zu bewerkstelligen und umzusetzen ist. Eine zentrale Rolle zur Ausarbeitung und Umsetzung des Masterplans nehmen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ein, die sowohl an der Konzeption beteiligt als auch bei der Umsetzung in die Pflicht genommen werden müssen.

Antrag 126/I/2014 Wiedervorlage: Steuerbetrug konsequent ächten!

5.10.2014

Angesichts der aktuellen Debatte über prominente Fälle von Steuerbetrug positionieren wir Jusos uns erneut konsequent gegen jede Form von Steuerhinterziehung sowie ihrer Duldung und Relativierung. Dabei ist für uns klar: Skandalös ist nicht erst der Steuerbetrug einer Person des öffentlichen Lebens, sondern jeder bewusste Versuch, das fiskalische Solidarprinzip eigenmächtig zu schleifen. Dabei geht es nicht um die Höhe der hinterzogenen Steuern, sondern um den Akt als solchen. Zwar sind Steuern kein Selbstzweck, doch in der Demokratie garantieren sie idealerweise die (Um-)Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel im Sinne derer, die auf die Gemeinschaft angewiesen sind. Steuerehrlichkeit ist deshalb nicht eine Möglichkeit unter vielen, sondern Voraussetzung für eine gerechte, demokratisch organisierte Verteilung, für die das Gemeinwohl ausschlaggebend ist und nicht etwa das Ermessen der oder des Einzelnen.

 

Aus rechtstaatlicher Sicht empfinden wir es als unverständlich, dass das Delikt der Steuerhinterziehung mit der Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO eine so massive Andersbehandlung im Vergleich zu anderen Straftaten, wie zum Beispiel dem „einfachen“ Betrug erfährt. Dieser Umstand fußt einzig und allein auf der Tatsache, dass der Staat sich – ohne in die eigenen Fahndungsbehörden investieren zu müssen – lukrative Mehreinnahmen generieren will. Von dieser Lösung profitieren außerdem vor allem Vermögende, die es sich leisten können, ihre tatsächlichen Steuerschulden innerhalb einer gesetzten Frist in vollem Umfang nebst Hinterziehungszinsen zurückzuzahlen.

 

Gleichzeitig sind die Steuerfahndungsbehörden in ihrer jetzigen Gestaltung sehr ineffektiv. Die Tatsache, dass die durch die Fahndung der Länder erzielten Steuermehreinnahmen größtenteils an den Bund fließen, lässt in Zusammenhang mit der Tatsache, dass einige Bundesländer wie Bayern und Hessen sich größtenteils darauf beschränken, Einkommenserklärungen der unteren Einkommensgruppen zu prüfen vermuten, dass es einigen Ländern klar um die Sicherung von Standortvorteile für ihre regionalen, großen Unternehmen und vermögenden BürgerInnen geht. Dieser Steuerföderalismus ist zumindest mit ursächlich dafür, dass dem Staat jährlich Steuern in zweistelliger Milliardenhöhe entgehen und ist somit schädlich für den Sozialstaat.

 

Ausgehend von dem Gemeinwohl- und Umverteilungszweck der Steuererhebung und einem Rechtsstaatsverständnis, nach dem nicht die Lukrativität der Strafe für den Staat, sondern die Sanktion unbilligen und sozialschädlichen Verhaltens im Vordergrund stehen muss fordert linke Politik deshalb ein unmissverständliches Vorgehen gegen jede Form von Steuerbetrug. Privat, wie auch in politischer Verantwortung, darf und muss von SozialdemokratInnen daher entschiedenes Eintreten für maximale Steuerehrlichkeit erwartet werden.

 

Deshalb fordern wir:

  • Die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige, die das Steuerrecht bislang zum Sonderrecht für Vermögende macht und unser Gerechtigkeitsverständnis untergräbt.
  • Verlängerung der Verjährungsfristen bei Nachversteuerung bei gleichzeitiger Ausweitung der Aufbewahrungsfristen für Dokumente im Zusammenhang mit steuerlichen Bemessungsgrundlagen.
  • Die Einrichtung einer Bund-Länder-Kommission mit dem Ziel der deutlichen personellen Aufstockung der den Ländern unterstellten Steuerfahndung und eine perspektivische Kompetenzverlagerung hin zum Bund, um indirekte Standortwettbewerbe durch besonders nachlässige Arbeit der Steuerfahndung endlich zu unterbinden.
  • Den weiteren Ankauf sogenannter SteuersünderInnen-CDs, zumindest bis die staatlichen Behörden personell und finanziell in angemessener Weise aufgestockt werden.
  • Die Sanktionierung von Banken und sonstigen Finanzdienstleistern, die Steuerhinterziehung nachweislich ermöglicht, empfohlen oder sogar aktiv befördert haben – bis hin zum Entzug der staatlichen Lizenz.
  • Die deutliche Erhöhung des zu entrichtenden Strafzuschlags im Rahmen der Nachversteuerung (derzeit nur 5%).

Antrag 115/I/2014 Wiedervorlage: Fahrscheinlosen ÖPNV prüfen

5.10.2014

Der Senat wird aufgefordert, ein Gutachten über die finanziellen Auswirkungen eines fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehrs in Berlin in Auftrag zu geben.
In ein solches Gutachten sind nicht nur entgangene Ticketeinnahmen und gesparte Ausgaben für Ticketautomaten und die Verfolgung von SchwarzfahrerInnen einzubeziehen, sondern auch die Veränderungen in den Verkehrsströmen insgesamt. So müssen etwa die Auswirkungen eines möglicherweise verringerten Individualverkehrs genauso berücksichtigt werden wie der Mehrbedarf an Linien und Kapazitäten im ÖPNV.

Einzukalkulieren ist zudem der enorme Zuzug nach Berlin mit dem dadurch steigenden Bedarf an Mobilität. Bei der Folgen-Abschätzung einer solchen Einführung eines fahrscheinlosen ÖPNV sollten praktische Beispiele aus Tallin und anderen Städten berücksichtigt werden, wo dies bereits Realität ist.