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Antrag 91/II/2021 Antirassismus im Bund, im Land, im Bezirk: Überall!

9.11.2021

Rassismus ist auch in Deutschland und nicht erst seit der Black- Lives-Matter Bewegung allgegenwärtig und schlägt sich brutal in unserer Gesellschaft wieder. Ja, wir haben ein Rassismusproblem und dieses Problem ist strukturell, historisch und vielschichtig in unserer Gesellschaft verankert. Dabei ist es wichtig Rassismus zu benennen und dagegen zu kämpfen. Die BLM-Proteste vor einem Jahr haben dabei gezeigt, wie viele Menschen bereit sind, diesen Kampf aufzunehmen und den Rassist*innen mutig und entschlossen entgegen zu treten. Auch wir unterstützen die Black-Lives-Matter-Bewegung und stehen für den Kampf gegen Rassismus in der Gesellschaft. Dazu gehört auch der Kampf gegen rassistische Strukturen in unserer eigenen Partei und eine Reflektion über unsere eigene rassistische Sozialisation.

 

Gleichzeitig haben wir in der Coronakrise gesehen und zum Teil erlebt, wie sich der Rassismus weiterhin und unaufhaltbar bedrohlich normalisiert hat und damit unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt weiter bedroht. Dies sehen wir mit großer Besorgnis! Plakativ zeigen dies die Zahlen der rassistischen Angriffe, welche in jedem Bundesland stiegen: 809 waren es 2020. Hierbei handelt es sich um die registrierten körperlichen Angriffe. Psychische Gewalttaten werden dabei nicht erfasst. Dabei werden aus Worten schnell Taten und diese Taten sind tödlich – das zeigen die neun Opfer rassistischer Gewalttaten alleine im letzten Jahr deutlich auf. So ist jeder einzelne Angriff ein Verbrechen gegen ein menschliches Miteinander.

 

Rassismus ist präsent: In den Schulen, in der Verwaltung, bei den Gerichten und in der Polizei. Es schlägt sich nieder in den Unternehmen, in der künstlichen Intelligenz, in der Forschung und Lehre. Kurzum es ist überall zu finden und wird in erster Linie erlernt. Diesem angelerntem strukturellem Rassismus und der Diskriminierung entgegenzuwirken ist dabei eine komplexe und gemeinschaftliche Aufgabe und bedarf verschiedenster Ansatzpunkte. Ein wichtiger Ansatzpunkt sind Antirassismusbeauftragte mit einem entsprechenden Team, welche zum einen eine erste Anlaufstelle für Betroffene und zum anderen Motor für Antirassismusschulungen und geeignete Kontrollinstanzen sind.

 

Zwar gibt es in verschiedensten Bundesländern, wie auch auf Bundesebene, eine Antidiskriminierungsstelle. Doch gestalten diese sich oftmals als zu schwach aufgestellt und mit einem zu umfangreichen Aufgaben- und Problemfeld konfrontiert, als dass sie tiefgreifende strukturelle Änderungen herbeiführen kann.

 

Wir fordern alle Mitglieder der SPD, insbesondere die Mitglieder in Funktion von Regierung, Verwaltung, Parlament, Stadt-, Bezirks-, und Landräten auf sich für eine umfassende Stärkung oder Gründung (wo noch nicht vorhanden) einer Antirassissmusstelle. Die Tätigkeit von Antirassismusstellen soll über den Auftrag der Antidiskriminieurungsstellen hinausgehen. So soll mit Hilfe von Bildungsmaßnahmen der Errichtung von Kontrollinstanzen, auch in Schul- und Schulungsprogrammen, auf die Verringerung von akutem und strukturellem Rassismus hingearbeitet werden. Um ihren Auftrag ausführen zu können, müssen die Antirassismusstellen auf jeder Ebene dauerhaft und ausreichend personell und finanziell ausgestattet werden.

Antrag 105/II/2021 Klimaschutz nur durch eine Reform der Deutschen Bahn AG – Endlich mehr Investitionen in die Schieneninfrastruktur

9.11.2021

Die SPD-Bundestagfraktion wird aufgefordert, in dieser Legislaturperiode eine Evaluierung der Bahnreform von 1994/1998 durchzusetzen. Vor dem Hintergrund der Anforderungen des Klimaschutzprogramms an die Schiene sollen die Investitionen in das Schienennetz gegenüber der bisherigen Investitionsplanung erheblich hochgefahren werden. Ziel ist die Erhöhung auf 350 € pro Einwohner*in und Jahr. Gegenwärtig ist das deutsche Schienen-netz mit Investitionen von gerade mal 88 € pro Einwohner* jährlich erheblich unterfinanziert. Im Vergleich dazu gibt Österreich 249 €, die Schweiz 440 € pro Einwohner*in und Jahr für das Schienennetz aus. Die überhöhten Trassenpreise in Deutschland sind entsprechend dem Grenzkostenprinzip abzusenken, so wie es die EU fordert.

 

  • Mit einem Zusatzprogramm sind zur Realisierung des Deutschland-Taktes notwendige Investitionen zur Ertüchtigung der Bahnknoten haushaltsrechtlich innerhalb der Wahl- periode und soweit möglich darüber hinaus zu untersetzen.
  • Als wichtigen Beitrag zur Elektromobilität ist das Sonderprogramm Elektrifizierung beschleunigt fortzusetzen, um das gesamte Streckennetz Deutschlands (bis auf wenige Stichbahnen, die mit Wasserstofffahrzeugen betrieben werden) bis 2045 zu elektrifizieren.
  • Das Nebenbahnstreckennetz des Personenverkehrs (insbesondere ehemalige Hauptstrecken) ist durch den Wiederaufbau von Kreuzungs- und Überholmöglichkeiten und des zweiten Gleises für den zukünftigen klimaneutralen Schienengüterverkehr zu ertüchtigen.
  • Das Standardisierte Bewertungsverfahren des Bundes ist mit dem Ziel einer stärkeren Gewichtung des Klimaschutzes zu überarbeiten. Grenzüberschreitende Investitionen in die Schieneninfrastruktur sind beim Fehlen von Prognosedaten der Nachbarländer vom Standardisierten Bewertungsverfahren zu befreien.
  • Die Eisenbahnverkehrsunternehmen sind durch EU- und Bundesprogramme bei der Anschaffung von Schlaf- und Liegewagen für den Aufbau eines klimaneutralen Nachtzug- Verkehr als Alternative zum Fliegen zu unterstützen. Zum Anschub sind die Nachtzüge von der Trassengebühr zu befreien.

 

Antrag 123/II/2021 Die Gender Data Gap endlich schließen

9.11.2021

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Landesparlamente auf, auf eine Schließung der Gender Data Gap hinzuarbeiten. Insbesondere fordern wir:

  • Unternehmen und Behörden sollen verpflichtet werden, bei allen datenbasierten Anwendungen und Entscheidungen Datengrundlagen unter Wahrung von Datenschutzrichtlinien und individuellen Persönlichkeitsrechten offen zu legen.
  • Unternehmen und Behörden sollen verpflichtet werden, bei allen datenbasierten Anwendungen und Entscheidungen offen zu legen wie sichergestellt wurde, dass zugrundeliegende Datensätze keinen geschlechtsspezifischen Bias haben, beziehungsweise wie in der konkreten Auswertung ein geschlechtsspezifischer Bias korrigiert wurde. Dies ist ein wichtiger erster Schritt zu unserer weiterreichenden Forderung, dass möglichst alle Daten in anonymisierter Form öffentlich zugänglich gemacht werden.
  • Alle staatlichen Behörden werden aufgefordert bestehende Datensätze auf einen geschlechtsspezifischen Bias zu überprüfen und durch die Erhebung zusätzlicher Daten zu schließen, wenn dies möglich ist.
  • In Projekten sollen Bundes- und Landesbehörden neue Datensätze aufbauen, die Fragestellungen gezielt Genderdivers untersuchen
  • Über eine Ausweitung der Finanzierung für Universitäten und Hochschulen soll gezielt Grundlagenforschung zur Möglichkeit der Repräsentation von Minderheiten in Daten und datengetriebenen Anwendungen ermöglicht werden.

 

 

Antrag 87/I/2021 Für eine kohärente werte-, normen- und interessenbasierte China-Strategie für Deutschland und Europa

21.03.2021

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die deutsche Außenpolitik eine langfristige China-Strategie für Deutschland und Europa im Sinne der Resilienzstärkung demokratischer Werte entwickelt. Diese sollte auf den Grundwerten der regelbasierten, multilateralen Ordnung und der universalen Menschenrechte basiert sein. Technologische Fortschritte und die Anforderung einer proaktiven Gestaltung dieser sollen ebenso im Blick behalten werden wie die Stärkung der europäischen wirtschaftlichen Souveränität.

 

Auf Landesebene fordern wir:

  1. Einen gezielten Ausbau der China-Expertise in Deutschland, einschließlich der stärkeren Nutzung ehrenamtlicher, innerparteilicher Expertise, der Fraktion im Bundestag und Europaparlament.
  2. IT-Ausrüstungen, auf die die öffentliche Hand Einfluss hat, sollten nicht aus China (sondern bevorzugt aus der Europäischen Union ) kommen.

 

Auf Bundesebene fordern wir: 

  1. Einen gezielten Ausbau der China-Expertise in Deutschland, einschließlich des SPD-Parteivorstands, der Fraktion im Bundestag und Europaparlament und innerhalb der Landesverbände.
  2. Sicherzustellen, dass die Bundesregierung eine eingehende Evaluierung der deutschen und europäischen Lieferketten in allen mit China verflochtenen kritischen  Industrien beginnt, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden oder zu beseitigen und die für die Versorgungssicherheit notwendige Diversifizierung sicherzustellen.
  3. Eine umfassende öffentliche Aufklärungsinitiative zu ausländischen Desinformationskampagnen im Sinne des umzusetzenden Digital Services Act, einschließlich denen aus China, zu initiieren.

 

Auf EU-Ebene fordern wir:

  1. Eine stärkere EU-Exportkontrolle beim Handel mit militärisch oder zivil nutzbaren Dual-Use-Gütern wie beispielsweise Überwachungstechnologien. EU-Unternehmen müssen sich hier stets an menschenrechtlichen Sorgfaltsstandards halten.
  2. Den koordinierten Ausbau der bislang nur ansatzweise existierender Tracker von Daten zu  Investitionen von Drittstaaten einschließlich China innerhalb der EU zu einem umfassenden Überblick
  3. Eine Erweiterung des regionalen Umfangs und eine bessere Koordinierung der Ressourcen zur Umsetzung der EU-Konnektivitätsstrategie
  4. Die Ergänzung der East Stratcom Task Force des EAD durch ein Team aus China-Expert*innen.
  5. Die Schaffung eines EAD-Trackers für bilaterale Gespräche der EU-Mitgliedstaaten zur Erleichterung von Entwicklung und Umsetzung einer pan-europäischen Strategie im Umgang mit China.
  6. Die Schaffung einer EU-weiten öffentlichen Aufklärungsinitiative zu United Front Aktivitäten sowie Einführung eines China-spezifischen Registers zur Erfassung von chinesischen Versuchen der Einflussnahme auf Politik- und Wirtschaftsakteure in der EU.

 

Auf multilateraler Ebene fordern wir:

  1. Die gezielte Förderung von Repräsentant*innen aus Deutschland und der EU – inklusive verbündeter Staaten – im Hinblick auf Kandidaturen in führenden Positionen in internationalen Organisationen (allen voran in den UN und ihren Gremien). Das Ziel muss es dabei sein, der Staatengemeinschaft personelle Alternativen zu chinesischen Kandidaturen (und verbündeten Staaten) anzubieten und damit chinesischen Versuchen der Unterlaufung von bereits vereinbarten politischen, menschenrechtlichen, wirtschaftlichen und technologischen Standards entgegenzuwirken, die mit chinesischem Führungspersonal wahrscheinlicher ist. Auch die SPD sollte sich vermehrt die personelle Förderung sozialdemokratischer Werte innerhalb der Vereinten Nationen zum Ziel machen.
  2. Eine dauerhafte und breit angelegte Finanzierung internationale Organisationen mit breit gestreuten und höheren Pflichtbeiträgen sowie weniger freiwilligen Beiträgen, um zum einen die langfristige Arbeitsfähigkeit internationaler Organisationen zu gewährleisten.
  3. Die konsequente strategische Zusammenarbeit mit demokratischen Staaten aus der EU und anderen (auch im Globalen Süden) innerhalb der UN und anderen internationalen Organisationen, um bei Themen, Wahlen und Abstimmungen gezielt und kohärent Mehrheiten zu bilden, welche die demokratieorientierte, wertebasierte multilaterale Weltordnung unterstützen. Ein Projekt  im Rahmen einer Gruppe von gleichgesinnten Staaten, einschließlich aller EU-Mitgliedstaaten, eine Finanzierungsinitiative für den 5- und 6G-Ausbau zu schaffen, wäre ein Beispiel. Diese sollte auch als erster Schritt dazu dienen, Staaten des Globalen Südens eine auf demokratischen Werten basierte Alternative zur “Digitalen Seidenstraße” anzubieten.

 

Antrag 41/I/2021 Demokratisierung der europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik!

21.03.2021

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung, die SPD-Bundestagsfraktion sowie die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament werden dazu aufgefordert, ihre Zustimmung zu einer verstärkten Europäisierung der Sicherheitspolitik an Bedingungen zu knüpfen, die einer intergouvernementalen Entkoppelung von demokratischer Kontrolle und den zunehmenden Kapazitäten im Bereich der Verteidigungs-und Sicherheitspolitik vorbeugen.

 

Wir unterstützen explizit die Entwicklung des strategischen Kompasses als neuem Grundlagendokument der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union (EU) sowie das Ziel, gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungsinteressen zu verfolgen. Allerdings muss die Ausweitung der militärischen Kapazitäten und der Verteidigungspotentiale der EU im Ganzen mit einer Verstärkung der parlamentarisch-demokratischen Kontrolle durch das EU-Parlament und die nationalen Parlamente verbunden werden.

 

Mit der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) wurde ein erster wichtiger Schritt zu mehr supranationaler Gemeinsamkeit in der europäischen Sicherheits-, Verteidigungs- sowie Rüstungspolitik getan. Dieser Prozess hin zu einer echten Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion muss nun entschlossen vorangetrieben und gleichzeitig einer effektiven demokratischen Kontrolle unterworfen werden:

 

  • Eine sozialdemokratische Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat zum Ziel, demokratische Kontrolle, sog. „Checks und Balances“, aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Anstatt weitere Kapazitäten und Fähigkeiten auf zwischenstaatlicher Ebene zu schaffen – etwa um Größenvorteile in der Handlungsfähigkeit zu gewinnen –, sollte eine Neugestaltung supranationaler europäischer Kompetenzbefugnisse in der GSVP im Fokus stehen. Wir fordern daher eine stärkere Beteiligung des EU-Parlaments an der Überprüfung, Billigung und strategischen Lenkung gemeinsamer GSVP-Ressourcen.
  • Für EU-Missionen im Ausland muss für das EU-Parlament ein Parlamentsvorbehalt Anwendung finden, der dem des Bundestages für Auslandseinsätze der Bundeswehr entspricht. Für die EU im Ganzen betreffenden sicherheits- und verteidigungspolitischen Maßnahmen müssen die Kontroll- und Mitentscheidungsrechte des Europäischen Parlaments – analog zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren – das gleiche Gewicht haben wie Beschlüsse des Europäischen Rats und des Ministerrats.
  • Außerdem halten wir es für zwingend notwendig, dass das Europäische Parlament an der Aufstellung, Entwicklung und Evaluation des Erfolgs von Strategien für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union (GASP) und der GSVP, wie zum Beispiel bei der Aufstellung von gesamteuropäischen Prioritäten (strategischer Kompass), aktiv mit einbezogen wird, damit es seine demokratische Rolle als Kontrollorgan der Exekutive ausüben kann und demokratische Verantwortlichkeiten aufgebaut werden.
  • Um demokratisch entkoppelten Kapazitäten entgegenzutreten und um parlamentarisch-demokratische Verantwortlichkeit zu schaffen, fordern wir auch, dass sich Agenturen wie FRONTEX vor dem Europäischen Parlament zu verantworten haben, wenn es zu Verletzungen von Menschenrechten oder der Missachtung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) durch seine Beamte kommt.