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Antrag 110/I/2024 Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit ressortübergreifend angehen!

21.04.2024

Die deutsche Kolonialherrschaft über Teile Afrikas, Asiens und der Pazifikregion war ein Unrechtssystem, das also solches anerkannt werden muss. Der Bundespräsident hat kürzlich auf seiner Reise nach Tansania für deutsche Kolonialverbrechen um Verzeihung gebeten und die Bereitschaft Deutschlands zur Aufarbeitung der gemeinsamen Vergangenheit bekräftigt.  Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit ist ein Prozess, der in allen politischen Ressorts vorangetrieben werden muss. Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Bundesregierung auf folgende innen- und außenpolitischen Maßnahmen anzustoßen:

 

1. Internationale Zusammenarbeit

Diplomatische Anerkennung kolonialer Vergehen: Diplomatische Bemühungen, um koloniale Vergehen anzuerkennen und bilaterale Beziehungen zu Ländern zu stärken, die von der deutschen Kolonialherrschaft betroffen waren. Auf Ebene der Generalversammlung der Vereinten Nationen muss Deutschland sich für eine Resolution zur Reparation der Sklaverei und der Kolonialverbrechen einsetzen.

 

Förderung von Kultur- und Wissensaustausch: Unterstützung von kulturellen und wissenschaftlichen Austauschprogrammen zwischen Deutschland und ehemaligen Kolonien, um das Verständnis und die Zusammenarbeit zu fördern. Die Gründung von Jugendwerken mit ehemaligen deutschen Kolonien soll geprüft werden.

 

Förderung fairer Handelsbeziehungen: Sicherstellung, dass Handelsbeziehungen mit ehemaligen Kolonien fair und gerecht sind, um wirtschaftliche Ausbeutung zu verhindern. Unterstützung von Entwicklungsprojekten in diesen Ländern.

 

Überwindung kolonialer Kontinuitäten sowohl in der Wissensgenerierung und Wissenshoheit für Lösungsansätze in der EZ als auch der Instrumente und Institutionen, über die EZ umgesetzt wird zugunsten von Akteuren des Globalen Südens

 

2. Innen, Sicherheit und Justiz

Die Rechtsstellung und die Rechtsprechungspraxis muss für Rassismus sensibilisiert und ggfs. angepasst werden. Dies beginnt bereits im Jurastudium und wird über Förderprogramme bis ins Berufsleben von Richter*innen finanziert.

 

Juristische Aufarbeitung von Kolonialverbrechen: Die Justiz kann die Untersuchung von kolonialen Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen während der deutschen Kolonialzeit unterstützen und gegebenenfalls Wiedergutmachungsmaßnahmen einleiten.

 

Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung: Stärkere rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung, einschließlich struktureller Diskriminierung, können in der Justiz und Sicherheitsbehörden implementiert werden.

 

3. Kultur und Bildung

Dekolonisierung des Bildungssystems: Integration postkolonialer und dekolonialer Perspektiven in Lehrpläne und Bildungsmaterialien, um Schüler*innen ein besseres Verständnis der kolonialen Geschichte zu vermitteln.

 

Untersuchung an Institutionen mit Namensgebern, die kolonialrassistische Bezüge haben (z.B. Virchow, Hagenbeck etc.) im Rahmen des Sonderprogramm „Globaler Süden“

 

4. Gesundheit

Die Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen im Gesundheitsbereich insbesondere von Menschenversuchen für die Medikamentenforschung (Robert Koch)

 

5. Wirtschaft

Die Aufarbeitung der Verflechtung deutscher Wirtschaftsbetriebe, insbesondere Reedereien, in den internationalen und insbesondere transatlantischen Versklavungshandel.

 

6. Die Bundesbeauftragte für Antirassismus wird diese Anliegen bündeln, koordinieren und kontrollieren.

Antrag 27/I/2024 Abschaffung der Gebühr der Ausbildung zur/zum Medizinischen Sektions- und Präparationsassistentin/en

21.04.2024

Der Landesvorstand soll sich dafür einsetzen, dass die Gebühr der Ausbildung zur/zum Medizinischen Sektions- und Präparationsassistentin/en am Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe von derzeit 4.800 Euro abgeschafft wird.

Antrag 84/I/2024 Rechtliche Gleichstellung von dual Studierenden

21.04.2024

Die SPD setzt sich dafür ein, dass dual Studierende arbeitsrechtlich mit Auszubildenden gleichgestellt werden. Dafür soll der Rechtsbegriff des dualen Studiums für alle, die eine Berufsbildung an einer Hochschule mit fest integrierten Praxiseinsätzen in Unternehmen, Behörden oder anderen ausbildenden Stellen/Institutionen absolvieren, im Berufsbildungsgesetz (BBiG) aufgenommen werden. Alternativ müssen für die Praxisphasen des dualen Studiums analoge gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die den Mindeststandard des BBiG nicht unterschreiten.

 

Der Geltungsbereich der §§ 10 – 33 BBiG, die das Berufsausbildungsverhältnis, Rechte und Pflichten von Auszubildenden und Ausbildenden sowie die Eignung von Ausbildungsstätte und Personal regeln, soll auf dual Studierende in sog. praxisintegrierten Studiengängen erweitert werden.

 

Zusätzlich müssen auch dual Studierende vom Schutz des § 78a BetrVG, der analogen Regelungen in den Personalvertretungsgesetzen und sonstigen Interessenvertretungen (z.B. Mitarbeiter*innenvertretungen) erfasst werden, also vor einer Nicht-Übernahme bei Ende des Ausbildungsverhältnisses geschützt werden.

Antrag 68/I/2024 Europaschulen und -kitas ausbauen und stärken

21.04.2024

In einigen Sprachkombinationen fehlen seit Jahren Schulplätze. Besonders bei den deutsch-französischen Europaschulen übersteigt die Nachfrage das Angebot. Daher fordern wir prioritär im Umfeld der deutsch-französischen Grundschulen im Berliner Norden ein Cluster mit deutsch-französischen Oberschulen aufzubauen sowie ergänzend dazu konsequenter an umliegenden Grundschulen Französisch zur 1. Fremdsprache zu machen. Die Möglichkeit von der Grundschule bis zum Abitur eine Sprache fortsetzen zu können, gehört zum Kerngedanken des Konzepts Europaschule und ist für uns zugleich grundlegend für die Attraktivität des Angebots. Für Europaschulen sehen wir ferner durch Lehrerinnen und Lehrer aus dem Ausland neben einem besseren kulturellen Austausch einen positiven Effekt bezüglich des Lehrermangels.

 

Daneben betrachten wir Europaschulen als einen Schlüssel, um die Beziehungen zum Nachbarland Polen langfristig und nachhaltig zu verbessern. Obwohl Polen in direkter Nachbarschaft zur Metropolregion Berlin liegt, ist das Angebot von Polnisch als Fremdsprache leider weder quantitativ noch qualitativ ausreichend. Hier wollen wir schnell für die Einrichtung von deutsch-polnischen Grund- und Oberschulen im Norden und im Ostteil der Stadt sorgen, wo der Weg zur nächsten deutsch-polnischen Europaschule besonders weit ist. Daneben müssen mit größerem Nachdruck Verhandlungen mit Polen über die Anerkennung der Abschlüsse von deutsch-polnischen Oberschulen in Berlin erfolgen.

 

Vorbereitend auf die bilinguale Grundschule fordern wir außerdem mehr europäische Kindergärten in den fünf Eigenbetrieben einzurichten. Diese sind bisher die absolute Ausnahme, obwohl solche Kindergärten nicht unerheblich sind, um auf die entsprechenden Grundschulen vorzubereiten. Gerade in den Sprachen Französisch, Spanisch, Russisch und Polnisch gäbe es darüber hinaus Raum und große Nachfrage für solche Angebote unabhängig von einer nahen Europaschule. Ferner wollen wir von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ein berlinweites Konzept für die Europakindergärten entwickeln lassen, das an jenes der Europaschulen angelehnt ist.

 

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und die sozialdemokratischen Bezirksstadträte auf, sich für folgende Punkte einzusetzen:

  • neue Standorte für Europaschulen aus allen Sprachkombinationen
  • mehr deutsch-französische Cluster aus Grundschulen, weiterführenden Schulen in relativer räumlicher Nähe zueinander einzurichten
  • neue deutsch-polnische Grundschulen in Randbezirken einzurichten
  • neue deutsch-türkische Grundschulen und weiterführende Schulen
  • die Einrichtung einer deutsch-ukrainischen Grundschule, zweier weiterführender Schulen zu prüfen
  • die Einrichtung weiterer deutsch-russischer Grundschulen zu prüfen
  • verstärkt bilinguale Kindergärten in den Eigenbetrieben einzurichten

 

Es sollte eine Analyse der Bedarfe erfolgen.

Antrag 70/I/2024 Produktives Lernen fest verankern

21.04.2024

Die Lernform des produktiven Lernens (PL) in Form einer Sonderklasse ab Klassenstufe 9 perspektivisch an allen Gemeinschaftsschulen und mindestens der Hälfte der ISS in Berlin zu etablieren.

 

Hierzu sollen in mehreren Schritten:

  1. Der potentielle Bedarf pro Schule für die Größe der erforderlichen Klassen ermittelt werden, um den Platz, die Mittel und das Personal pro Schule anpassen zu können
  2. Qualifikationsmöglichkeiten für Lehrkräfte erweitert und etabliert werden
  3. Betriebe in Berlin verstärkt über das Produktive Lernen informiert werden, um die Zahl der Praktikumsbetriebe der steigenden Zahl der Praktikanten anpassen zu können.

 

Die Zahl der Schulabbrecher bleibt seit Jahren auf einem stabil hohem Niveau. Für diese Jugendlichen bedeutet dies auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen zu haben. Eine Erwerbslosenbiographie ist nahezu vorprogrammiert. Die Korrektur dieses Missstandes wird derzeit noch viel zu stark in den Bereich der Erwachsenenbildung und verschiedenste Projekte ausgelagert und Kinder mit schlechten Abschlussperspektiven bis zum Ende ihrer Schulpflicht „durchgeschleift“. Schulferne, dicke Schülerakten mit diversen Akteneinträgen für Unterrichtsstörungen oder schlichte Resignation sind meist die Folge. Die langfristigen psychischen Auswirkungen solcher „Versagerbiographien“ sind oftmals fatal. Der Weg in die Langzeitarbeitslosigkeit ist geebnet. In Zeiten des Fachkräftemangels sind dies Zustände, die wir uns schlicht nicht leisten können. Das produktive Lernen richtet sich an Lernende mit geringer Abschlussperspektive und bietet ihnen einen Weg aus ihren negativen Erfahrungen.

 

Die Schülerinnen und Schüler lernen an zwei Tagen in der Woche mit einer reduzierten Stundentafel, die ganz auf das Erreichen der Abschlüsse (e)BBR und MSA ausgerichtet ist in der Schule. Die anderen drei Tage verbringen sie in Praktikumsstätten, wobei über das Schuljahr drei Praktikumsstätten besucht werden, für welche die Schülerinnen und Schüler sich selbst bewerben müssen.

 

Derzeit bieten nur 24 Schulen diese Form des Lernens an. Einziger Bezirk ohne eine Möglichkeit des PL ist Marzahn-Hellersdorf. Die Erfolgsquote des PL liegt bei 66% (in Sachsen-Anhalt konnten bis zu 80% erreicht werden). Das Potenzial liegt jedoch deutlich höher. Für viele Schülerinnen und Schüler bedeutet der Eintritt des produktiven Lernens auch das Verlassen der alten Schule und damit der Verlust der sozialen Strukturen und erschwert so für einige die Bereitschaft diesen Weg zu gehen.

 

Eine Etablierung an möglichst vielen Schulen soll den Zugang zum PL erleichtern und es SuS ermöglichen ihre sozialen Strukturen erhalten zu können. Dies soll sowohl Möglichkeit, wie auch Bereitschaft zum produktiven Lernens erhöhen.

 

Die Erfahrungen mit PL sind durch die Bundesländer hinweg positiv und bieten Jugendlichen, die im klassischen Bildungssystem keine Chance haben die Möglichkeit einen ordentlichen Abschluss zu erlangen und bieten ihnen darüber hinaus vielfältige Einblicke in die Arbeitswelt. Das Berliner Bildungssystem sollte an diese Erfolge anknüpfen und das produktive Lernen fest in die Schulkultur des Landes verankern.