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Antrag 30/II/2022 Prekäre migrantische Arbeit konsequent bekämpfen – befristete Arbeitserlaubnisse von befristeten Arbeitsverträgen entkoppeln I

10.10.2022

Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für eine Reform des Aufenthaltsrechts einzusetzen, die insbesondere die Erteilung von Arbeits- und Aufenthaltserlaubnissen von der Befristung von Arbeitsverhältnissen für mindestens ein Jahr über das Ende des laufenden befristeten Arbeitsvertrags hinaus entkoppelt.

Antrag 33/II/2022 Betriebsrats-Initiativen stärken – Betriebsversammlungen besser schützen!

10.10.2022

Die SPD setzt sich durch Umsetzung der folgenden Maßnahmen für die Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung in Betrieben ohne Betriebsrat ein:

 

  • Beschäftigte informieren: In Betrieben in denen es noch keinen Betriebsrat gibt, die Wahl eines solchen aber rechtlich möglich ist, sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, einmal im Jahr eine Informationsveranstaltung zu Arbeit und Gründung eines Betriebsrats abzuhalten. Zu dieser Veranstaltung sind die für den Betrieb zuständigen Gewerkschaften zwingend einzuladen. Im unmittelbaren Anschluss an diese Veranstaltung muss die Möglichkeit gewährleistet werden, in geheimer Abstimmung und in Abwesenheit leitender Angestellter einen Wahlvorstand für eine Betriebsratswahl zu wählen.
  • Betriebsversammlungen besser schützen: Der genaue Ablauf einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands nach §17 BetrVG muss genauer ausgestaltet und standardisiert werden. Den Initiatorinnen und Initiatoren muss in dieser Drucksituation ein vorgezeichneter Weg zur Verfügung stehen. Ein Recht auf geheime Wahl und die erforderlichen Mehrheitsverhältnisse müssen gesetzlich verankert werden. Auch ein Schema für den Fall eines ersten Wahlgangs ohne gültiges Wahlergebnis sollte im Gesetz verankert werden. Das Gesetz muss zudem klar definieren, welche Daten und Informationen der Arbeitgeber den Initiator*innen für die Durchführung einer Betriebsversammlung zur Verfügung stellen muss.
  • Verzögern der Wahl verhindern: Nach Wahl oder Einsetzung eines Wahlvorstands muss die Betriebsratswahl innerhalb von 6 Monaten stattfinden. Wird diese Frist aufgrund von Handlungen des Arbeitgebers, z.B. durch Zurückhaltung nötiger Informationen oder Verweigerung von geeigneten Räumlichkeiten, nicht eingehalten, muss die Staatsanwaltschaft aufgrund einer Straftat nach §119 BetrVG ermitteln.

 

Antrag 133/II/2022 Gleichstellung von Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung – Änderung des Bundesbeamtenrechts jetzt!

10.10.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder in der Bundesregierung und die Sozialdemokratische Fraktion im Deutschen Bundestag werden aufgefordert, vergleichbar zu den Landesregelungen, wie Hamburg oder Berlin, die gesetzlichen Regelungen für Bundesbeamte zu ändern, so dass bei neuen und bestehenden Beamtenverhältnissen die Menschen ohne finanzielle Nachteile in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verbleiben können oder aus der privaten Krankenversicherung (PKV) in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wechseln können, ohne hierbei im Vergleich zum PKV-Beihilfesystem finanzielle Nachteile zu erleiden.

 

Ein Wechsel aus der Mitgliedschaft in der PKV in ein Versicherungsverhältnis der GKV soll auch nach der Gesetzesänderung temporär möglich sein.

Antrag 115/II/2022 Ehrenamtliche Geflüchtetenarbeit des Tubman.Network dauerhaft sichern

10.10.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats sollen sich dafür einsetzen, dass die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) einen Nutzungsvertrag mit der Geflüchteten-Initiative Tubman.Network über die Nutzung der landeseigenen Adlerhalle auf dem Gelände des Dragoner-Areals ab sofort für mindestens zwei Jahre aushandelt und das Konzept der geplanten Sanierungsarbeiten gemeinsam mit den Akteur*innen vor Ort überarbeitet.

 

Dabei soll das Sanierungskonzept berücksichtigen, dass in der Adlerhalle die (Teil-)Beheizung und sanitäre Infrastruktur prioritär hergestellt und die Aktivitäten des Tubman Network in den Wintermonaten 2022/ 2023, oder wenn zwingend erforderlich für die Sanierungsarbeiten an einem temporären anderen Ort, fortgesetzt werden können.

 

Sollten der Unterbringung auf dem Dragoner-Areal dringende Gründe entgegenstehen (z.B. hohe Sanierungskosten, andere nicht vereinbare Nutzungszwecke), mögen sich die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats dafür einsetzen, dass aus den 5.000 landeseigenen Immobilien unverzüglich ein alternativer Standort identifiziert und dem Tubman.Network mindestens für ein Jahr zur Verfügung gestellt wird.

 

Ferner sollen Mittel für Miete und Sanierung aus dem Berliner Haushalt bereitgestellt werden, um die ehrenamtliche und dezentrale Geflüchtetenarbeit mit ihren zielgerichteten Angeboten dauerhaft zu sichern.

Antrag 174/II/2022 Für Medien ohne Kapitalismus: Öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftssicher und gerecht finanzieren

10.10.2022

Nach dem zweiten Weltkrieg, in dem Propaganda über die neu aufkommenden Massenmedien eine zentrale Rolle bei der Verbreitung des menschenfeindlichen und antisemitischen Weltbildes der Nationalsozialist*innen hatte, wurde das Rundfunksystem in Deutschland neu aufgebaut. Nach dem Vorbild der britischen BBC entstand auch in der Bundesrepublik ein duales Rundfunksystem. Das bedeutet, dass es neben kapitalistisch finanzierten Medienunternehmen auch Rundfunkmedien gibt, die nicht primär den Logiken des Kapitalismus unterworfen sind, sondern größtenteils durch die Öffentlichkeit finanziert werden.

 

Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird vertraglich zwischen den Bundesländern in einem Staatsvertrag geregelt. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung auch in der Medienbranche wurde dieser 2020 als Medienstaatsvertrag neu abgeschlossen – früher hieß es nur Rundfunkstaatsvertrag. In diesem Medienstaatsvertrag wird die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks definiert als “Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen”. Damit wird an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk höhere gesellschaftliche und demokratische Ansprüche gestellt als an privatwirtschaftlich finanzierte Medienunternehmen.

 

Zu Beginn des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschränkte sich das Angebot vor allem auf Radiosender sowie das Fernsehprogramm der ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland). Zur Umsetzung des rechtlichen Auftrags wurde das Angebot stetig ausgeweitet. Mittlerweile umfasst es diverse Fernsehprogramme, Radiosender, sowie Angebote wie funk, die ausschließlich im Internet ausgestrahlt werden.

 

Mit dieser Ausweitung und der gestiegenen Konkurrenz durch private Rundfunkanbieter*innen sowie den zunehmenden feindlichen Bewegungen gegen freie Medien und deren Berichterstattung – insbesondere gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – entbrennen immer wieder Diskussionen über die Sinnhaftigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Diese machen sich ebenfalls oft an der Finanzierung fest, sowie an der angeblich mangelnden Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Obwohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen klaren rechtlichen Auftrag durch die Bundesländer bekommt, ist er dennoch unabhängig von politischer Einflussnahme. Dies ergibt sich aus Artikel 5 des Grundgesetzes, der die Staatsferne des Rundfunks sowie die Pressefreiheit schützt. Zwar gibt es immer wieder – berechtigte – Kritik an der Zusammensetzung der Aufsichtsgremien, wie dem ZDF-Fernsehrat, in dem auch Politiker*innen vertreten sind. Dennoch ist die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unabhängig von politischer – und auch weitestgehend auch kapitalistischer – Einflussnahme.

 

Diese Staatsferne zeigt sich auch in der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geregelt wird. Die Höhe des finanziellen Bedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird von der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) festgelegt. Die Kommission, deren Mitglieder unabhängige Sachverständige sind und von den Regierungschef*innen der Länder berufen werden, gibt den Regierungen der Bundesländer alle zwei Jahre Auskunft über die finanzielle Situation der Bundesländer. Dabei gibt sie abwechselnd einen Zwischenbericht oder eine Empfehlung zur Beitragshöhe ab. Die Beitragshöhe wird nach der Empfehlung der KEF durch die Landesparlamente verabschiedet. Allerdings wird auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk teilweise (unter zehn Prozent) durch Werbung und Sponsoring mitfinanziert. Somit werden ca. 90 Prozent der Einnahmen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus den Gebühren der Allgemeinheit generiert.

 

Wer diese Gebühr entrichten muss, hat sich in der Vergangenheit ebenfalls geändert. Zunächst musste die Gebühr nur entrichtet werden, wenn es ein Rundfunkgerät in einem Haushalt gab. Durch die Digitalisierung und der Tatsache, dass die meisten Menschen mindestens ein Endgerät zur Verfügung haben, um Rundfunk zu empfangen, wurde dies 2010 in eine Haushaltspauschale – unabhängig von der Anzahl der Rundfunkgeräte – umgestellt. Seit 2013 muss jeder Haushalt in Deutschland den gleichen Rundfunkbeitrag errichten. Ausnahmen gibt es dabei u.a. für Sozialhilfeempfänger*innen, sowie Bafög-Empfänger*innen, Empfänger*innen der Grundsicherung. Menschen, die Wohngeld beziehen oder Arbeitslosengeld I sind allerdings zur Entrichtung der Gebühr verpflichtet. Zwar gibt es die Möglichkeit einen Härtefallantrag zu stellen. Das Problem, dass alle – unabhängig vom Einkommen – die gleiche Gebühr entrichten müssen, bleibt dennoch. Für Menschen mit geringem Einkommen können die monatliche Abgabe von 18,36€ durchaus eine massive finanzielle Belastung darstellen, während es für andere überhaupt kein Problem darstellt.

 

Trotz dieser Ungerechtigkeit in der Finanzierung ist für uns klar, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein zentraler Pfeiler der Demokratie ist. Ohne freie Medien ist ein demokratischer Diskurs und demokratische Entscheidungen nicht möglich. Anders als private Rundfunkanbieter muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht um ausbleibende Finanzierung fürchten, wenn kritisch über Wirtschaftsthemen berichtet wird oder bestimmte Einschaltquoten verfehlt werden. Durch die öffentliche Finanzierung wird darüber hinaus eine Themen- und Programmvielfalt sichergestellt, die im privat-finanzierten Rundfunk aufgrund des Drucks der Einschaltquoten keinen Bestand hätten. Durch die sichergestellte Finanzierung wird außerdem Journalist*innen die Möglichkeit gegeben, langfristig und investigativ zu recherchieren. So können seriöse Informationen generiert werden, die insbesondere in den heutigen Zeiten, in denen Fake News zur Tagesordnung gehören, von besonderer Relevanz sind. Wir sprechen uns entschieden gegen neoliberale Ideen aus, die die Privatisierung oder Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordern. Diese Tendenzen sind allerdings durchaus ernst zu nehmen. So wird nach Willen der britischen Regierung die BBC ab 2027 nicht mehr über Gebühren finanziert, sondern durch Abonnements und Teilprivatisierung. Auch in Deutschland kam es 2020 zu einem Eklat, als sich der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Reiner Haseloff (CDU) gegen die von der KEF beschlossene Erhöhung der Rundfunkgebühr stellte und dies nicht im Landtag zur Abstimmung brachte. Erst nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde der Beitrag vorläufig erhöht.

 

Wir erkennen an, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in Deutschland nicht frei von Fehlern ist. Anstatt ihn aber aufgrund seiner ungerechten Finanzierung abschaffen zu wollen, wollen wir die Finanzierung reformieren, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerechter und unabhängiger zu finanzieren. So wollen wir sicherstellen, dass der wichtige Beitrag, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Demokratie leistet, auch weiter geleistet werden kann.  

 

Die offensichtlichste Lösung wäre es, den Rundfunkbeitrag in eine Steuer umzuwandeln. Dies ist allerdings nicht möglich, da eine ‘normale’ Steuer, gegen die in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschriebene und enorm wichtige Staatsferne des Rundfunks verstoßen würde. Allerdings gibt es in Deutschland bisher eine ‘Steuer’, deren Höhe ebenfalls nicht von der Politik festgelegt wird – die Kirchensteuer. Die Höhe dieser wird seitens der jeweiligen Religionsgemeinschaft selbst festgelegt und von den Finanzämtern gegen eine Gebühr eingezogen. Diesen Weg wollen wir auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einschlagen. Die Einflussnahme des Staates ist dabei weiterhin so gering wie möglich zu halten. Besonders vor dem Hintergrund, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch die Allgemeinheit finanziert wird und eine tragende Säule unserer Demokratie ist, ist Vorwürfen von Missbrauch der Rundfunkgelder entschieden nachzugehen. Dies betrifft insbesondere die aktuelle Situation um die ehemalige Intendantin des rbb, Patricia Schlesinger. Die mutmaßliche Ausgabe von Rundfunkgeldern für private Luxusessen und teure Dienstwägen ist nicht hinzunehmen. Hier bedarf es einer nachhaltigen Aufklärung der Vorwürfe sowie einer Analyse und einer Reflexion der Prozesse, die die Nutzung und Verteilung von finanziellen Mitteln im rbb genehmigen und kontrollieren sollen. Es muss klar sein, dass die größtmögliche Transparenz in der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks notwendig ist. Die Gelder, die durch die Rundfunkbeiträge generiert werden, müssen zwingend transparent, verantwortungsbewusst und bedarfsgerecht verteilt werden.

 

Konkret fordern wir daher die sozialdemokratischen Mitglieder der Landesparlamente auf, darauf hinzuwirken, dass

 

  • die KEF den Rundfunkbeitrag zukünftig als Prozentzahl in Relation zum Einkommen festlegt wird. Der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ist entsprechend zu ändern.
  • die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks so zu gestalten, dass zukünftig eine Finanzierung ohne Werbe- und Sponsoringeinnahmen möglich ist.
  • die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch zukünftig sichergestellt wird.
  • ein transparenter, verantwortungsvoller und bedarfsgerechter Umgang mit den Beitragsgeldern gewährleistet wird.