Archive

Antrag 03/III/2016 Verhinderung und Beseitigung von nachträglich hervorgerufenen "Doppelverbeitragungen" in der betrieblichen Altersversorgung

22.11.2016

Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für folgende Ergänzung am Schluss des § 229 (1) Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einzusetzen:
Beitragsfrei bleiben Kapitalleistungen aus bereits vor 2004 bestehenden freiwillig abgeschlossenen Verträgen, bei denen sonst aus dem Gesetz Beitragspflichten vor und nach der Leistungsfälligkeit entstehen würden („Doppelverbeitragung“). Die Rückzahlungsabwicklung der bereits erhobenen Beiträge regelt eine Ausführungsverordnung.

Antrag 54/I/2016 Öffnung der Ehe und Volladoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare

1.04.2016

Wir fordern, dass in einem zukünftigen Koalitionsvertrag auf Bundes- und Landesebene im Falle einer Regierungsbildung der SPD die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und dadurch auch das gleichberechtigte Volladoptionsrecht zu berücksichtigen ist mit dem Ziel, diese Forderungen umzusetzen.

Antrag 21/I/2016 Wohngruppen dürfen keine Spekulationsobjekte sein.

1.04.2016

Soziale Wohngruppen sollen nicht länger gezwungen sein Gewerbemietverträge abzuschließen zu müssen, sondern auch die Möglichkeit erhalten, Wohnungsmietverträge abschließen zu können. Dies soll auch für die Umwandlung bestehender Verträge möglich werden.

 

 

Antrag 107/II/2015 Gegen wachsende Ungleichheit, für mehr soziale Gerechtigkeit

16.10.2015

Nicht erst kurz vor der Bundestagswahl 2017, sondern schon jetzt  muss die Partei im Dialog mit den Mitgliedern und den Wählerinnen und Wählern glaubwürdig erklären: Wir wollen als führende Regierungspartei einen Politikwechsel durchsetzen, um das dramatische Anwachsen der Ungleichheit zu stoppen, wodurch sowohl der soziale Zusammenhalt als auch die wirtschaftliche Entwicklung gefährdet wird. Wir wollen mehr Gerechtigkeit wagen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und der wachsenden Politikverdrossenheit der Wählerinnen und Wähler entgegenzuwirken.

 

Der Landesparteitag der SPD Berlin ist besorgt: Die Bemühungen führender SPD-Politikerinnen und SPD-Politiker, sich vom „linken“ Wahlprogramm 2013 zu distanzieren, insbesondere von der Forderungen nach höheren Steuern für Superreiche zur Finanzierung dringender Zukunftsinvestitionen, werden keine verlorenen Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen, sondern die Wahlchancen der SPD noch weiter verschlechtern. Daher lehnt der Landesparteitagauch das vom Parteipräsidium beschlossene Impulspapier „Starke Ideen für Deutschland 2025“ als Grundlage für die Diskussion über das Wahlprogramm 2017 als kontraproduktiv ab, da es inhaltlich für ein „Weiter so mit Merkel!“ plädiert. Insbesondere die Distanzierung von den steuerpolitischen Forderungen der SPD von 2013 zeigt, dass die SPD keine politische Alternative zu CDU/CSU anbieten, sondern die Politik der Union übernehmen will: „Eine alte Trennungslinie zwischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und Konservativen“ bei der Frage nach den Mitteln zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben existiere nicht mehr. Anders als die SPD früher Antworten die „Starken Ideen“ auf diese Frage: „Die SPD ist gut beraten, die Antwort darauf nicht vorschnell mit dem Ruf nach höheren Schulden oder höheren Steuern zu geben.“

 

Diese Antwort ist für die SPD diffamierend, weil sie im Klartext bedeutet: Als es diese Trennungslinie 2013 noch gab, hatten die Konservativen gegen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Recht. Denn diese (CDU/CSU, FDP, AFD) waren „gut beraten“, als sie höhere Steuern ablehnten, während SPD, Grüne und LINKE nicht „gut beraten“ waren, weil sie „vorschnell“ nach höheren Steuern riefen und daher die Wahl verloren haben. Beim Thema unzureichende Investitionen sehen die „Starken Ideen“ nur das Problem, dass sich die privaten Investoren zu sehr zurückhalten. Und zur Lösung dieses Problems erinnern sie an eine Wunderwaffe aus dem Nachlass der verblichenen FDP: „Die innere Öffnung unserer Gesellschaft für die Chancen der Zukunft bedarf höherer Akzeptanz und besserer Anreize für solche Investitionen. Bürokratieabbau ist dafür ein wichtiger Schritt.“ (S. 23)

 

Während die „Starken Ideen“ akute Probleme, wie wachsende Ungleichheit, private und öffentliche Armut, ignorieren, malen sie das Bild einer heilen Welt nie gekannten Wohlstands und fragen nur: „Wie sichern und schaffen wir auch in Zukunft Wohlstand, Sicherheit und Zusammenhalt?“ (S. 2) Aber sie stellen nicht einmal die Frage: Wie können wir in naher Zukunft den heute in Armut lebenden 12, 5 Millionen Menschen helfen, dass sie wieder bescheiden am sozialen, kulturellen und politischen Leben teilnehmen können und sich nicht mehr ausgegrenzt fühlen? Das Papier wendet sich nur an die, die im Wohlstand leben und verspricht ihnen: Diesen Wohlstand wird die SPD gegen alle künftig drohenden Gefahren erfolgreich verteidigen.

Da die grundsätzliche Tendenz und Richtung dieses Papiers einen radikalen Bruch mit den Grundforderungen und Grundwerten der SPD bedeutet  und ihren „Markenkern der sozialen Gerechtigkeit“ unkenntlich macht, fordert die  SPD alle Gremien und Mitglieder der SPD auf, dieses Papier als für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unzumutbar zurückzuweisen.

 

Als „Grundlage für eine breite Diskussion über die Zukunft unseres Landes“ (Starke Ideen“, S. 1) unterstützen wir sowohl das Wahlprogramm von 2013 als auch das vom Landesvorstand der SPD Schleswig-Holstein am 1. Juni 2015 beschlossene Diskussionspapier „DIE ZEIT IST REIF: MEHR GERECHTIGKEIT WAGEN – POSITIONEN DER SPD SCHLESWIG-HOLSTEIN FÜR EINE GERECHTE POLITIK“

 

Dieses Diskussionspapier distanziert sich nicht vom „linken“ Wahlprogramm 2013, rückt nicht „in die Mitte“, klammert nicht die akuten Gegenwartsprobleme aus, benennt die konkreten Gegenwartsaufgaben, und damit die Probleme, die in der Zivilgesellschaft und in der Partei diskutiert werden. Es macht konkrete Vorschläge für die Lösung dieser Probleme und verschweigt nicht die Tatsache, dass dafür höhere Steuereinnahmen notwendig sind. Und es macht die „soziale Gerechtigkeit“ sichtbar zum „Markenkern“ der SPD.

 

Der Landesparteitag bzw. der Bundesparteitag fordert alle Gremien und Mitglieder der SPD auf, für ein Wahlprogramm zu arbeiten, das klar als Alternative zur Politik von CDU/CSU erkennbar ist, als glaubwürdiges Bekenntnis für einen Politikwechsel in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit, gegen zunehmende Ungleichheit und Armut.

 

Mit einem solchen Programm, verbunden mit der realistischen Machtperspektive Rot-Rot-Grün, kann die SPD im glaubwürdigen Dialog mit den stärker gewordenen Initiativen und Organisationen der kritischen Zivilgesellschaft jene Wechselstimmung erzeugen, die 2017 den notwendigen Politikwechsel möglich macht.

Antrag 71/II/2015 Fasst Euch ein Herz - Organspendepraxis verbessern

16.10.2015

Die Etablierung der Organtransplantation in den 1950er Jahren ist zweifellos ein Meilenstein in der Medizingeschichte und rettete bis heute ungezählten Menschen das Leben. Eine Reihe von Skandalen in der Zuweisung von Organen um das Jahr 2012 führte aber zu einem alarmierenden Einbruch der Spendenzahlen, der bis heute nicht überwunden ist. Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und insgesamt einen höheren Erfolg bei Organtransplantationen zu erreichen, sollen daher folgenden Maßnahmen beschlossen werden:

 

1) Widerspruchslösung einführen

 

Forderung: Das Transplantationsgesetz soll dahingehend überarbeitet werden, dass alle in Deutschland verstor­benen Personen grundsätzlich als Organspender*innen gel­ten und diesen Status erst durch einen schriftlichen Widerspruch verlieren. Alle Staatsbürger*innen mit Wohnort in Deutschland müssen in regelmäßigen Abständen über die relevanten medizinischen und organisatorischen Aspekte der Organspende informiert sowie deutlich erkennbar auf die Mög­lichkeit zum Widerspruch hingewiesen werden.

 

Zu prüfen ist auch die Einführung einer separaten Information und Widerspruchsmöglichkeit für Personen, die sich nur kurzzeitig im Bundesgebiet. Vor jeder Organentnahme muss überprüft werden, ob zu Lebzeiten ein Widerspruch eingelegt wurde. Jede*r muss einen Widerspruch unkompliziert und kostenfrei erklären können. Die Widerspruchslösung wird gültig mit Eintritt in die Volljährigkeit. Bei potentiellen minderjährigen Organspender*innen sollen die nächsten Angehörigen dem mutmaßlichen Willen des oder der Minderjährigen entsprechend über eine Organspende entscheiden. Bei Personen, die wegen geistiger Behinderung, langfristiger Bewusstlosigkeit o. ä. zu keinem Zeitpunkt als Erwachsene Widerspruch einlegen konnten, entscheiden die Angehörigen über eine Organspende.

 

Analyse: Im Jahr 2013 standen in Deutschland 876 tatsächlichen Organspenden über 10.000 bedürftige Patienten*innen gegenüber. Dieses Missverhältnis ist hauptsächlich durch eine geringe Mobilisie­rung der Bevölkerung zu erklären: Obwohl 68 % der Menschen zu einer Organspende bereit sind, besitzen nur 28 % einen Spendenausweis und gaben damit eine eindeutige Entscheidung ab. Von 1.370 potentiellen Organspenden 2013 wurden 402 durch die Ablehnung der Angehörigen verhin­dert. Um diesen umfassenden Mangel zu beheben und für klare Entscheidungen zu sorgen, wird gemäß des Votums des 113. Ärztetag aus dem Jahr 2010 eine Widerspruchslösung nach Vorbild Österreichs, Belgiens und anderen Ländern eingeführt.

 

2) Werbung für Organspende intensivieren

 

Forderung: Angesichts der rückläufigen Spendebereitschaft müssen auf allen Ebenen die Aufklärung über und Werbung für eine größere Aufmerksamkeit in der breiten Bevölkerung umgesetzt werden. Dazu soll eine Verstärkung der physischen Präsenz durch Informationsstände und Vorträge an Schulen erwogen werden.

 

3) Qualitätsmanagement im medizinischen Bereich stärken

Forderung: Das Bundesgesundheitsministerium wird in Zusammenarbeit mit Fachverbänden der Pflege und Medizin bereits in medizinischen Ausbildungen ein stärkeres Bewusstsein für problematische Arbeitsabläufe sowie die Bereitschaft zu deren Kritik und Verbesserung schaffen. Ansatzpunkte kann eine vertiefende Einführung oder Weiterentwicklung von Fehlermeldesystemen sein.

 

4) Überstundenregelungen für Krankenhauspersonal durchsetzen

Forderung: Das Bundesgesundheitsministerium wird in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften eine effektive Er­fassung und Begrenzung von Überstunden für ärztliches und pflegerisches Personal durchsetzen. Dazu sollen die Einführung von elektronischen Arbeitszeiterfassungssystemen vorgeschrieben und die Gewerbeaufsichtsämter zu einer stärkeren Kontrolle motiviert werden. Ebenfalls muss die Krankenhausfinanzierung entsprechend geändert werden, um die durch die Reduzierung der Überstunden nötigen zusätzlichen Arbeitskräfte einstellen zu können.

Analyse: Im MB-Monitor 2013 gaben von den dort befragten Ärzt*innen etwa 75 % an, mehr als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten; 3 % davon sogar 80 Stunden oder mehr. 71 % der Beschäftigten verspürten Krankheitserscheinungen wie Schlafstörungen oder Übermüdung als Folge von Überstunden.Im Pflege-Thermometer 2009 gaben von den dort befragten Pflegekräften 40 % der Befragten an, zwischen 46 und 70 Überstunden geleistet zu haben. „Hochgerechnet auf alle Gesundheits- und Krankenpflegenden in Krankenhäusern in Deutschland wurden damit in den letzten sechs Monaten vor der Befragung Überstunden für rund 15.000 zusätzliche Vollzeitkräfte in Deutschland geleistet.“ Die Folgen solcher Belastungen für die menschliche Leistungsfähigkeit können bei der Arbeit im Krankenhaus zu schwerwiegenden Fehlern führen: Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung MDK stellte in seiner Behandlungsfehler-Begutachtung für das Jahr 2014 insgesamt 155 Todesfälle und 1.294 Fälle von verschieden ausgeprägten Dauerschäden durch medizinische Behandlungsfehler fest. Der MDK-Leiter Patientensicherheit Max Skorning stellt unter den vielfältigen Ursachen für Behandlungsfehler auch Übermüdung fest. In Umfragen unter Ärzt*innen aus Japan 2005 und Neuseeland 2007 räumten 42 % bzw. 26 % ein, Fehler aus Schlafmangel begangen zu haben. Auch um erfolgreiche Organtransplantationen zu gewährleisten, muss die Ausbeutung durch Überstundenarbeit beseitigt werden. Ansatzpunkt bildet dabei die mangelhafte Verwaltung: Bei 53 % der im MB-Monitor 2013 Befragten werden Überstunden nicht einmal ausreichend dokumentiert, womit die Grundlage für eine berechtigte Abgeltung fehlt.

 

Zur Lösung trägt zunächst die Einsetzung von elektronischen Arbeitszeiterfassungssystemen bei, die im Vergleich zu handschriftlichen Alternativen meist weniger leicht manipulierbar sind. Selbst wenn nachweislich mehr Arbeit als erlaubt geleistet wird, sehen sich viele Beschäftigte nicht in der Lage, ihr Anrecht gegenüber den Vorgesetzten einzufordern, weil dies nur mit einer verringerten Betriebsfähigkeit der Klinik und damit auf Kosten der Patienten*innen einher gehen würde. Daraus ergeben sich zwei Anforderungen: Zum Einen müssen stärkere Kontrollen der Arbeitszeitvereinbarungen durch die zuständige Gewerbeaufsicht durchgeführt werden, wie sie der Marburger Bund seit Langem fordert. Zum Anderen wird eine angemessene Neuregelung der Krankenhausfinanzierung nötig, weil das deutsche System diagnosebezogener Fallgruppen („German Diagnosis Related Groups“, G-DRG), die Investitionskostenzuschüsse der Länder und andere Finanzierungsquellen der Krankenhäuser gegenwärtig unzureichend sind – es ist zu befürchten, dass bei einer angemessenen Begrenzung von Überstunden die derzeitige Personalstärke in den meisten Krankenhäusern nicht ausreichen würde, um einen ordnungsgemäßen Betrieb zu leisten.