Antrag 81/II/2017 Wohnungslosigkeit verhindern!

Status:
Erledigt

Wohnungslosigkeit ist für viele nicht-betroffene Bürger*innen unsichtbar. Im Gegensatz zu Menschen, die obdachlos sind und Unterschlupf in öffentlichen Plätzen im Freien suchen, haben wohnungslose Menschen zumeist ein Dach über dem Kopf, aber nicht ihr eigenes. Es sind Menschen, die keinen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum besitzen und übergangsweise bei Verwandten, Freund*innen, Bekannten oder in staatlichen Obdächern leben. Die Gründe für Wohnungslosigkeit sind sehr individuell, meist beinhalten sie Gewalterfahrung, Migration und Suchtprobleme.

 

In Berlin steigen die Mieten seit Jahren und mit ihnen auch die Zahl der Wohnungslosen. Die Leitlinien der Wohnungslosenhilfe sind zudem veraltet. Ein großes Problem bei der aktiven Bekämpfung von Wohnungslosigkeit ist die fehlende Datengrundlage, wie viele Menschen in Berlin überhaupt betroffen sind. Durch eine amtliche Statistik wäre allerdings eine genauere Bedarfsermittlung möglich, wodurch die zur Verfügung stehenden Mittel gezielter und somit effektiver eingesetzt werden könnten.

 

Eine Unterbringung in Einrichtungen gemäß des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) erfolgt in Pensionen, Hotels und Arbeitnehmer*innenwohnheimen, i. d. R. gewerblicher Träger, i. d. R. ohne sozialarbeiterische Unterstützung. Einige Träger bieten überdies Wohnheime mit einem freiwilligen sozialarbeiterischen Beratungs- und Unterstützungsangebot an, jedoch ist der Betreuungsschlüssel nicht ausreichend hoch genug. Der aktuell hohe Bedarf an Unterkunftsplätzen wird zusätzlich von Nachtcafés gestemmt. Die vielen Ehrenamtlichen leisten hier enorm wichtige Arbeit und müssen stärker als bislang vom Land Berlin unterstützt werden. Es besteht außerdem ein erheblicher Mangel an geschützten Räumen und Unterkunftsplätze für Frauen* und Kinder.  Wohnung und Wohnumfeld sind zentraler Lebens- und Erfahrungsraum für Kinder und Jugendliche und damit Rahmenbedingung für ihre Sozialisation. Die Anforderungen für ein gesundes Aufwachsen erfordern von der Wohnsituation des Kindes Freiräume, Bewegungsmöglichkeiten, Sicherheit, Möglichkeiten zum sozialen Austausch, Rückzugsmöglichkeiten und eine kind- bzw. Jugendgerechte Infrastruktur im Sozialraum.

 

Damit ausreichend Notunterkunftsplätze zur Verfügung stehen, werden zurzeit außerdem Traglufthallen genutzt. Die dortigen Bedingungen bezüglich Privatsphäre und Lebenswürdigkeit sind jedoch nicht tragbar! Die Unterbringung in ASOG-Unterkünften wiederum ist pro Person teurer als gewöhnliche Mietpreise. Die Schaffung von günstigem Wohnraum muss oberste Priorität haben. Da jedoch aktuell 60% der Berliner*innen einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) haben, ist dieses Instrument zur Bekämpfung von Verdrängung und Wohnungslosigkeit ein stumpfes Schwert.

 

Wir fordern daher

  • einen deutlicher Ausbau der Notübernachtungsplätze für Frauen* und Kinder; Bereitstellung von ganztägigen Not- und Übergangsunterkünften in jedem Bezirk ausschließlich für Familien, unabhängig vom Aufenthaltsstatus.
  • die Einführung einer amtlichen Statistik über Wohnungslosigkeit in Berlin, inkl. der Erfassung von Kindern im Haushalt.
  • Räumungen von Haushalten, die zur Obdachlosigkeit der Bewohner*innen führen, werden grundsätzlich verboten.

 

Auf die bereits unter der rot-grünen Regierung abgeschaffte „Vermieterbescheinigung“/„Wohnungsgeberbestätigung“ muss umgehend wieder verzichtet werden. Zukünftig muss es übergangsweise – mit Zustimmung der Mieter*innen – sich an einer Anschrift zu melden, an welcher die betreffende Person nicht selbst ansässig ist. Dieser Schritt ermöglicht es, vorübergehend die Wohnsitzlosigkeit zu überbrücken.

 

Weiterhin fordern wir:

Die ehrenamtlichen Nachtcafés bieten eine wichtige Anlaufstelle für Wohnungslose. Sie müssen finanziell und personell unterstützt werden. Dasselbe gilt für weitere ehrenamtliche Strukturen und Angebote für Menschen ohne geklärte Ansprüche.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt bei Annahme 80/II/2017 (Konsens)