Da obdachlose Menschen aufgrund ihrer Lebensumstände kaum eine realistische Chance haben, ihre Rechte individuell einzuklagen, bleibt ihnen der Zugang zu notwendigen Hilfen oft verwehrt. Um sicherzustellen, dass Betroffene ihre Ansprüche tatsächlich durchsetzen und Zugang zu den ihnen zustehenden Hilfen erhalten, muss ein Verbandsklagerecht eingeführt werden. Sozialverbände müssen befugt sein, im Namen der Betroffenen für eine angemessene Hilfestellung juristisch einzutreten. Daher fordern wir die SPD-Abgeordneten des Senat auf, folgende Maßnahmen umzusetzen:
Anerkannte Fachverbände der Wohnungslosenhilfe erhalten das Recht, juristisch gegen strukturelle Hürden vorzugehen, die obdachlose Menschen daran hindern, Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gemäß §§ 67 ff. SGB XII in Anspruch zu nehmen. Dazu zählt auch die Befugnis, im Namen der Betroffenen entsprechende Verfahren einzuleiten, wenn sie aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen oder anderer Belastungen nicht selbst in der Lage sind, Anträge zu stellen oder Behördengänge zu bewältigen. Diese Regelung wird im Berliner Ausführungsgesetz zum SGB XII (AG SGB XII Berlin) oder in einem neuen eigenständigen Landesgesetz zur Einführung eines Verbandsklagerechts in der Wohnungslosenhilfe festgeschrieben.
Anerkannte Sozialverbände erhalten das Recht, Verstöße gegen die Unterbringungspflicht nach § 17 ASOG rechtlich geltend zu machen. Das umfasst insbesondere Fälle, in denen obdachlose Menschen ohne zumutbare Alternative aus Unterkünften entlassen oder in Wohnverhältnissen untergebracht werden, die den Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung nicht entsprechen. Dazu zählt auch die Befugnis, in Vertretung der Betroffenen entsprechende Verfahren einzuleiten, wenn sie aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen oder anderer Belastungen nicht selbst in der Lage sind, Anträge zu stellen oder Behördengänge zu bewältigen. Diese Regelung soll durch eine Ergänzung von § 17 ASOG Berlin um einen neuen Absatz festgeschrieben werden, der ein Verbandsklagerecht ausdrücklich vorsieht. Alternativ wird das Recht in einem neuen eigenständigen Landesgesetz zur Einführung eines Verbandsklagerechts in der Wohnungslosenhilfe festgeschrieben.
Anerkannte Sozialverbände erhalten das Recht, gegen systematische Verzögerungen, Versäumnisse oder strukturelle Mängel in der Wohnraumvermittlung juristisch vorzugehen, um die Einhaltung gesetzlicher Fristen und Verpflichtungen durchzusetzen. Dazu zählt auch die Befugnis, in Vertretung der Betroffenen entsprechende Verfahren einzuleiten, wenn sie aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen oder anderer Belastungen nicht selbst in der Lage sind, Anträge zu stellen oder Behördengänge zu bewältigen. Diese Regelung wird entweder in einem neuen eigenständigen Landesgesetz zur Einführung eines Verbandsklagerechts in der Wohnungslosenhilfe oder im Rahmen spezifischer Regelungen zur Wohnraumversorgung festgeschrieben.
Die Beweislast für die Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen zur Wohnraumvermittlung und Unterbringung liegt bei den zuständigen Behörden. Sie müssen darlegen, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen haben und aus welchen Gründen eine Vermittlung im Einzelfall nicht möglich war. Diese Regelung wird in einem neuen Landesgesetz zum Verbandsklagerecht oder als ergänzende Vorschrift in § 17 ASOG und im AG SGB XII Berlin aufgenommen.
LPT I-2025: Überwiesen an ASJ
Stellungnahme ASJ:
ASJ LV am 18.09.2025
Stellungnahme zum Antrag der KDV Mitte 332/I/2025
Verbandklagerecht für anerkannte Fachverbände der Wohnungslosenhilfe für obdachlose Menschen
Die Antragstellenden fordern die Einführung eines Verbandsklagerechts für anerkannte Fachverbände der Wohnungslosenhilfen für obdachlose Menschen. Dazu sollen die Verbände in Vertretung obdachloser Menschen ein Klagerecht erhalten, Einweisungen in Wohnungen nach § 17 ASOG gerichtlich geltend machen zu können, gegen systematische Verzögerungen, Versäumnisse und strukturelle Mängel in der Wohnraumvermittlung juristisch vorzugehen und in Vertretung der Betroffenen Verfahren einzuleiten, wenn die Betroffenen nicht in der Lage sind, selbst Anträge zu stellen oder Behördengänge zu bewältigen. Die Beweislast für die Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen zur Wohnraumvermittlung und Unterbringung soll bei den zuständigen Behörden liegen.
Votum: Zurückverweisung zur Überarbeitung
Obdachlosigkeit ist eine der extremsten Formen sozialer Ausgrenzung. Daher muss alles dafür getan, Wohnungslosigkeit zu überwinden und Betroffenen aus der sozialen Notlage zu helfen. Die Zunahme von Obdachlosigkeit, die oft mit Drogenkonsum und Gewalt verbunden ist, ist im Stadtbild Berlins deutlich sichtbar und Ausdruck einer sozialen Schieflage und zunehmenden Verwahrlosung. Viele obdachlose Menschen sind nicht in der Lage oder auch nicht dazu bereit, ihre Rechte nach dem SGB XII geltend zu machen.
Der Bundesgesetzgeber hat in § 67ff SGB XII einen Rechtsanspruch auf Hilfe für Menschen geschaffen, deren besondere Lebenslage mit sozialen Schwierigkeiten verbunden ist. Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, sind Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Die Leistungen umfassen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, insbesondere auch Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung. Nach § 68 Abs. 3 SGB XII sollen die Träger der Sozialhilfe mit den Vereinigungen, die sich die gleichen Aufgaben zum Ziel gesetzt haben, und mit den sonst beteiligten Stellen zusammenarbeiten und darauf hinwirken, dass sich die Sozialhilfe und die Tätigkeit dieser Vereinigungen und Stellen wirksam ergänzen.
In Berlin sind die Fachstellen Soziale Wohnhilfen des zuständigen Bezirksamtes zuständig, die erforderlichen Hilfen zu erbringen. Sie beauftragen in der Regel sozial-gemeinnützige Leistungsanbieter, die Finanzierung erfolgt über das Sozialamt. Zudem gibt es in Berlin die Allgemeine unabhängige Sozialberatung (https://www.berlin.de/sen/soziales/besondere-lebenssituationen/uebergreifende-angebote/allgemeine-unabhaengige-sozialberatung/). Ziel der allgemeinen unabhängigen Sozialberatung ist es, hilfesuchende Menschen bei der Bewältigung von sozialen Problemen und Notlagen zu unterstützen, indem sie ein leicht zugängliches und barrierefreies Angebot der Beratung, Begleitung, Hilfe und Unterstützung vorhält. Sie ist mit ihrem niedrigschwelligen Angebot erster Anlaufpunkt und Clearingstelle im Netzwerk sozialer Einrichtungen und Dienste, insbesondere bei unklaren Zuständigkeiten oder Mehrfachproblematiken. Vorrangige Aufgaben sind die Durchführung einer Erstberatung, Abklärung eines weitergehenden Beratungsbedarfes und Vermittlung an spezialisierte Fachberatungsdienste. Die Beratung erfolgt auf Wunsch anonym. Die allgemeine unabhängige Sozialberatung stellt ein niedrigschwelliges Angebot in den Berliner Bezirken dar, für das den Bezirken durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales erhebliche Zuwendungen zur Finanzierung der Angebote bei freien Trägern zur Verfügung gestellt werden.
Die ASJ teilt die Auffassung, dass viele Betroffene ihre Rechte nicht gegenüber den Behörden geltend machen (können) und daher die Rechte der Verbände gestärkt werden sollten. Das Problem ist aber häufig nicht der Unwille der Behörden, sondern die unzureichende Kenntnis von der Notlage und die fehlende Mitwirkung der Betroffenen. Statt eines Verbandklagerechts hält die ASJ für wichtiger, dass die anerkannten Fachverbände die Rechte der Betroffenen direkt geltend machen können, indem sie als Prozessvertreter*innen oder in sog. Prozessstandschaft für die Betroffenen Klage erheben können. Dafür wären Änderungen der VwGO und des SGG erforderlich. Zudem muss die Politik mehr gegen Obdachlosigkeit und soziale Ausgrenzung tun, indem aufsuchende Sozialarbeit mit den Ordnungsbehörden gemeinsam dafür sorgen, dass Menschen eine Unterkunft erhalten und nicht auf der Straße leben müssen.
Eine ordnungsrechtliche Einweisung nach § 17 ASOG in eine Wohnung ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nur bei unfreiwilliger Obdachlosigkeit und nur vorübergehend zulässig, wenn andere Unterkünfte nicht zu Verfügung stehen. Eine Verbandsklage auf Einweisung würde daher nicht helfen, vielmehr bedarf es mehr sozialen Wohnraums und eines direkten Zugriffsrechts der sozialen Wohnhilfe bei städtischen Wohnungsgesellschaften, um Obdachlosigkeit vor allem für Frauen, Kinder und behinderte Menschen schnell abzuwenden und für eine menschenrechtsgerechte Unterbringung zu sorgen.
Eine „Umkehr der Beweislast“ für die Verpflichtung zur Wohnraumvermittlung und Unterbringung hilft nicht weiter. Die Behörden sind vor Gericht bereits beweispflichtig, dass sie ihrer gesetzlichen Pflicht nachgekommen sind, das Problem liegt vielmehr darin, dass die Betroffenen aufgrund ihrer sozialen Situation nicht in der Lage sind, ihre Rechte ausreichend gelten zu machen.
