Antrag 236/I/2025 Unsere Demokratie ist nicht kaufbar - Gegen den Einfluss von Tech-Milliardären!

1: Die Macht der Tech-Milliardäre

In den letzten Jahren haben Tech-Milliardäre wie Elon Musk, Mark Zuckerberg und Shou Zi Chew eine beispiellose Machtposition in der digitalen Öffentlichkeit erlangt. Ihre Plattformen – X (ehemals Twitter), Meta (Facebook, Instagram) und TikTok – sind zu den zentralen Arenen des öffentlichen Diskurses geworden. Diese Konzentration von Einfluss in den Händen weniger Individuen stellt eine ernsthafte Bedrohung für unsere Demokratie dar. Die Tech-Bosse nutzen ihre Kontrolle über digitale Infrastrukturen, um politische Debatten zu manipulieren, rechtsextreme Bewegungen zu fördern und demokratische Institutionen zu untergraben. Ihre Algorithmen bestimmen, welche Informationen Millionen von Menschen sehen, während ihre geschäftlichen Entscheidungen direkte Auswirkungen auf Wahlen und gesellschaftliche Diskurse. Wir sagen: Unsere Demokratie ist nicht kaufbar!

 

2: Systematische Beeinflussung sozialer Medien

Im Dezember 2024 veröffentlichte Musk einen Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“, in dem er die AfD als „letzten Funken Hoffnung für Deutschland“ bezeichnete. Er lobte die Positionen der Partei und stellte sie als “einzige Alternative zum politischen Establishment” dar. Diese offene Parteinahme eines der einflussreichsten Tech-Unternehmer der Welt für eine offene rechtsextreme und menschenfeindliche Partei ist nicht hinnehmbar! Noch gravierender war Musks Auftritt bei der AfD-Wahlkampfauftaktveranstaltung in Halle (Saale) im Januar 2025. Per Videoschalte erklärte er vor tausenden Anhängern: „Die AfD hat meine volle Unterstützung – und die der Trump-Regierung.“ Diese direkte Einmischung eines ausländischen Milliardärs in den deutschen Wahlkampf zur Unterstützung einer rechtsextremen Partei stellt einen beispiellosen Vorgang dar. Die AfD nutzte Musks enorme Reichweite gezielt, um junge Wähler*innen mit Slogans wie „Make Germany great again“ anzusprechen. Die Folgen dieser Unterstützung sind messbar und alarmierend. Eine Studie der TU München belegt, dass der X-Algorithmus AfD-Inhalte um 800% gegenüber Beiträgen der SPD priorisiert. Dies bedeutet eine massive Verzerrung des demokratischen Diskurses zugunsten rechtsextremer Narrative. Millionen von Nutzer*innen werden so täglich mit AfD-Propaganda konfrontiert, während kritische Stimmen systematisch marginalisiert werden. Die Allianz zwischen Tech-Bosse und rechtspopulistischen Politiker*innen wurde besonders deutlich bei Donald Trumps Amtseinführung im Januar 2025. Elon Musk, Mark Zuckerberg und TikTok-Chef Shou Zi Chew demonstrierten ihre Unterstützung für den neuen Präsidenten, indem sie in der ersten Reihe Platz nehmen. Dieses Bild ging um die Welt und symbolisiert die unheilvolle Verschmelzung von Tech-Macht und autoritärer Politik und wie Superreiche direkt politische Macht ausüben und demokratische Prozesse aushebeln.

 

3: Hate Speech: Entgrenzung und Scheinlösungen

Die Verbreitung von Hass und Hetze in sozialen Medien hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Betroffene müssen ein menschenverachtendes Verhalten erleben und das Schlimmste daran: Ahndungen, effektive Lösungen und Regulierungen bleiben aus. Täter*innen werden nicht verfolgt und Betroffene alleine gelassen. Statt dieses Problem entschieden anzugehen, haben die Tech-Giganten oft nur Lippenbekenntnisse abgegeben und Maßnahmen ergriffen, die die Situationen fördern. Dies macht sie unzweifelhaft zu Mittäter*innen. So hat Mark Zuckerberg im Januar 2025 angekündigt, Faktenchecks bei Meta abzuschaffen und durch nutzergenerierte „Community Notes“ zu ersetzen. Dieses Modell, das bereits auf X zu beobachten ist, öffnet der Verbreitung von Desinformation Tür und Tor. Statt professionelle Faktenchecker*innen einzusetzen, die Falschinformationen identifizieren und kennzeichnen, sollen nun die Nutzer*innen selbst entscheiden, was wahr ist und was nicht. In der Praxis führt dies oft dazu, dass gut organisierte Gruppen – wie rechtsextreme Netzwerke – die „Community Notes“ kapern und ihre Sichtweise durchsetzen. Zuckerbergs Ergänzung, dass die Stimmung auf Meta-Plattformen „freundlich und positiv“ bleiben solle, steht im krassen Widerspruch zur Realität, da Nutzer*innen täglich mit antisemitischen, rassistischen und diskriminierenden Inhalten konfrontiert werden. Sein Versuch, die Verantwortung zu leugnen, ist untragbar, da er durch Meta eine der einflussreichsten Positionen im Tech-Sektor innehat. Auch unabhängige Journalist*innen werden auch zur Zielscheibe von Hate Speech, was eine ohnehin unabhängige Berichterstattung weiter erschwert und Journalist*innen einschüchtern. Besonders besorgniserregend ist Metas Ankündigung, Moderations-Teams nach Texas zu verlegen. Dies gefährdet den Schutz vor deutschsprachiger Hetze massiv, da kulturelle und sprachliche Nuancen verloren gehen. Die Auslagerung der Content-Moderation in Länder mit schwächeren Arbeitnehmer*innenschutz ist zudem ein Schlag gegen faire Arbeitsbedingungen im digitalen Zeitalter.

 

4: TikTok als Werkzeug rechter Narrative                                                                                    

Die Plattform TikTok hat sich in den letzten Jahren zu einem mächtigen Werkzeug für die Verbreitung rechtsextremer Ideologien entwickelt. Besonders die AfD nutzt die App gezielt, um junge Wählerinnen und Wähler zu erreichen und zu beeinflussen.

Die WDR-Dokumentation „Undercover in der TikTok-Armee der AfD“ hat schockierende Einblicke in die Strategien der Partei geliefert. Die AfD setzt auf emotionale Kurzvideos, die komplexe politische Themen auf simple, oft irreführende Botschaften reduzieren. Rassistische Narrative werden in scheinbar harmlose Unterhaltungsformate verpackt, um die Hemmschwelle für die Verbreitung zu senken. Besonders problematisch ist die Priorisierung von AfD-Inhalten durch den TikTok-Algorithmus. Videos, die etwa die menschenverachtende „Remigrations“-Forderung als „humane Lösung“ darstellen, erreichen Millionen von Nutzer*innen. Dies führt zu einer Normalisierung rechtsextremer Positionen und untergräbt den demokratischen Diskurs. Die Verflechtungen von Tech-Bosse und Politiker*innen wie Elon Musk und Trump ist gefährlich. Nach Trumps Wahlsieg 2024 kam es zu einem folgenschweren Deal: Trump hob alle Restriktionen gegen Hassrede auf X auf. Im Gegenzug sicherte Musk zu, Trumps Lügen über angeblichen Wahlbetrug nicht mehr als solche zu kennzeichnen. Diese Absprache verdeutlicht, wie Tech-Bosse ihre Plattformen als Machthebel für autoritäre Politiker*innen instrumentalisieren. Die Aufhebung von Hate-Speech-Richtlinien öffnet die Türen für Desinformation und Hetze. Gleichzeitig untergräbt die Weigerung, Falschaussagen zu kennzeichnen, die Integrität demokratischer Prozesse. Die Folgen dieses Deals sind bereits sichtbar: Rechtsextreme Inhalte verbreiten sich ungehindert auf X, während Trumps unbelegte Behauptungen über Wahlmanipulation Millionen von Menschen erreichen. Unsere Demokratie wird zugunsten von einflussreichen Menschen niedergetreten.

 

5: EU: Zwischen Regulierung und Kapitulation

Bisher hat die EU keine spürbaren Maßnahmen unternommen, um den Tech-Bossen entgegenzuwirken. Die EU hat zwar den Digital Services Act (DSA) erlassen, der die großen Plattformen in die Pflicht nehmen soll, gegen Hasskriminalität im Netz wirksam vorzugehen und der auch empfindliche Strafen für einen Verstoß vorsieht, allerdings bleibt abzuwarten, ob die Kommission den DSA auch konsequent umsetzt oder lieber in der Mottenkiste verschwinden lässt. Ein großes Versagen der EU ist auch der Umgang mit TikTok. Trotz Ermittlungen wegen möglicher Weitergabe von Nutzerdaten an chinesische Behörden gibt es bisher kein EU-weites Verbot oder strikte Auflagen für die Plattform. Dies ermöglicht es der AfD weiterhin, TikTok als Propagandainstrument zu nutzen und junge Menschen mit rechtsextremen Inhalten zu erreichen.

 

Es braucht ein entschlossenes und koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene, damit die Macht der Tech-Bosse wirksam eingedämmt und der digitale Raum demokratisiert wird.

 

  • EU-weite Sanktionen gegen Tech-Konzerne, die wiederholt rechtswidrige Inhalte hosten oder verbreiten. Dies könnte empfindliche Geldstrafen, aber auch temporäre Zugangssperren umfassen. Insbesondere müssen bereits bestehende rechtliche Möglichkeiten, insbesondere im Rahmen des DSA ausgeschöpft werden.
  • Verpflichtende Kooperation mit unabhängigen Fact-Checking-Organisationen. Diese sollten durch eine Digitalsteuer finanziert werden, um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten.
  • Strikte Regeln für politische Werbung auf digitalen Plattformen, einschließlich Transparenzpflichten und Obergrenzen für Ausgaben.
  • Förderung digitaler Medienkompetenz durch EU-weite Bildungsprogramme, um Bürgerinnen und Bürger besser gegen Desinformation und Manipulation zu wappnen.

 

6: Öffentlich-rechtlich statt Plattformkapitalismus

Konkret schlagen wir den Aufbau einer dezentralen, öffentlich-rechtlichen EU-Plattform vor. Diese Plattform soll nach dem Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ARD/ZDF) organisiert sein und dem Gemeinwohl verpflichtet sein. Statt Profitmaximierung stünden hier demokratische Werte, Meinungsvielfalt und der Schutz marginalisierter Gruppen im Vordergrund.

 

Wir fordern:

  • eine klare und konsequente Regulierung von Tech-Konzernen im Sinne demokratischer Kontrolle, Transparenz und Gemeinwohlorientierung – verbunden mit einer gezielten Förderung europäischer Technologien und digitaler Innovation, damit faire Wettbewerbsbedingungen und technologische Souveränität in Europa entstehen können
  • den Aufbau und die Unterstützung bestehender Projekte dezentraler, öffentlich-rechtlicher EU-Plattformen
  • die Einführung eines verpflichtenden Transparenz-Registers für politische Werbung und Zielgruppen-Targeting
  • Einführung drastischer Sanktionen für Plattformen bei Verstößen gegen Wahlfairness und politische Manipulation
  • Eine Offenlegung der Algorithmen im Sinne der politischen Neutralität
Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt bei Annahme 235/I/2025 (Konsens)