Antrag 33/II/2017 SPD solidarisch: Mieter*innen-Partei – Parteinahme für Mieter*innen in Berlin

Status:
Ablehnung

Berlin erlebt eine starke Nachfrage nach Wohnraum. Nach den Bedingungen unserer Wirtschafts- und Sozialordnung bedeutet dies zunächst einmal steigende Preise, Wohnungsmieten und Nutzungsentgelte. Die Tendenz ist steigend.

Wir sind dagegen der Auffassung, dass Wohnen für alle bezahlbar sein muss.

 

Die Beschlusslage unserer Partei sieht eine rechtliche Stärkung der Mieter*innen auf dem Wohnungsmarkt vor. Diesen Weg wollen wir konsequent fortführen.

 

Konkret bedeutet das für Berlin:

 

Mehr städtische Wohnungen und Umorientierung der Wohnungsbauförderung durch folgende Maßnahmen:

 

  1. Der Bestand an städtischen Wohnungen ist mittelfristig auf 500.000 Wohnungen zu erweitern.
  2. Die Privatisierung von kommunalen Eigentum ist dauerhaft durch ein verfassungsrechtliches Verbot auszuschließen.
  3. Mindestens 55 Prozent aller neu gebauten Wohnungen der städtischen Wohnungsunternehmen sind dauerhaft als Wohnungen mit einer sozialen Belegungsbindung zu errichten. Dabei ist weiterhin darauf zu achten, dass gemischte Quartiere entstehen und diese Wohnungen überall in der Stadt entstehen.
  4. Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen sind stärker zu begrenzen und an die Einkommensentwicklung zu koppeln. Die Bruttowarmmieten in den städtischen WU sollen grundsätzlich nicht mehr als 30% des Nettohaushaltseinkommens ausmachen.
  5. Pro Jahr soll Berlin Fördermittel für 6.000 Sozialwohnungen anbieten, von denen mindestens 50% mit einer Einstiegsmiete unter 6,- € beginnen. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist auszuschließen. Die Fördermitteln soll nach dem Grundsatz vergeben werden: „Einmal gefördert, immer gebunden“.
  6. Das Land Berlin legt eine neue Modernisierungsförderung mit mindestens 70 Mio. € pro Jahr auf. Diese Fördermittel sind schwerpunktmäßig sozialen Erhaltungsgebieten einzusetzen. Sie sollen vor allem für warmmietneutrale Sanierungen eingesetzt werden, die entsprechend abgesichert werden müssen (z.B. durch Wahrnehmung des Vorkaufsrechtes zugunsten Dritter oder Abwendungsvereinbarungen).
  7. Das geschützte Marktsegment, Wohnungen für Menschen mit dringendem Wohnraumbedarf, ist auszuweiten. Die städtischen Wohnungsunternehmen sollen pro Jahr 3.000 Haushalte mit dringendem Wohnbedarf unterbringen.
  8. Die neuen Modularbauten sollen nicht nur für Flüchtlinge vorgehalten, sondern auch anderen Wohnungssuchenden angeboten werden. Die städtischen Vermieter müssen sich bei der Unterbringung dieser Nachfragegruppen noch mehr engagieren.
  9. Der Spekulation mit Grund und Boden muss durch Entwicklungsmaßnahmen, Baugebote und der Anpassung der Besteuerung (Bundesrats-Initiative) entgegengewirkt werden. Durch eine kürzere Befristung der Baugenehmigungen soll der Grundstückshandel eingedämmt werden.. Berlin soll selbst Grundstücke aktiv erwerben und preislimitierte, am Verkehrswert orientierte Vorkaufsrechte aktiv nutzen bzw. Abwendungsvereinbarungen zum Schutz der Mieterinnen und Mieter schließen.
  10. Das Bundesland Berlin soll sich umgehend, soweit möglich noch im Rahmen der derzeitig geplanten Novelle des Baugesetzbuches, für ein planungsrechtliches Instrument zur Steuerung der Bodenpreisentwicklung einsetzen, das auch kleinteilig (z.B. auf § 34 BauGB – Grundstücken) anzuwenden ist.
  11. Es ist zu prüfen, ob Rechtsvorschriften (Verbot der Zweckentfremdung, Wohnungsaufsicht, etc.) in einem Wohnraumschutzgesetz zusammengefasst werden. Darin soll das Land Berlin insbesondere den Abriss von preisgünstigen Mietwohnungen verhindern und weitere Instrumente gegen die Vernachlässigung und Überbelegung von Wohnraum einführen, z.B. durch die Möglichkeit, einen Treuhänder einzusetzen. Mit der Senatsverwaltung abgesprochene Maßnahmen der Bezirke sind für ggf. eintretende Rechtsstreitigkeiten finanziell abzusichern.
  12. Im Haushalt des Landes Berlin sind finanzielle Ressourcen für Hilfestellungen bei der Ausweisung zusätzlicher Verordnungen nach § 172 BauGB (Milieuschutz – und Umstrukturierungssatzungen) und für die Kontrolle zur Verfügung zu stellen.
  13. Die Mieten im sozialen Wohnungsbau sind durch ein neues System der Mietenkalkulation für WBS-berechtigte Haushalte zu kappen (politisch festgelegte soziale Richtsatzmiete mit Einkommensbezug). Die Zinsverbilligung der öffentlichen Darlehen soll auch dafür genutzt werden, die Mieten auf 5,- bis 5,50 €/qm im Monat zu verringern. Die Mieterrechte im Sozialen Wohnungsbau sind zu verbessern, z.B. durch den Ausschluss rückwirkender Mieterhöhungen. Der Einfrierungsgrundsatz ist bei Eigentumsübertragung unterhalb der ursprünglichen Gesamtkosten aufzuheben. Belegungsbindungen sind konsequent für die Versorgung der berechtigten Haushalte zu nutzen.
  14. Wir suchen eine enge Kooperation mit den Wohnungsgenossenschaften, die das Prinzip „Selbstorganisation: Hilfe zur Selbsthilfe“ vertreten. Sie schaffen dauerhaft preiswerten Wohnraum ohne Spekulation und bremsen die Mietenentwicklung. Wir wollen die Zusammenarbeit beim Neubau, der Quartiersentwicklung und bei Belegungsbindungen vertiefen.

 

Darüber hinaus wollen wir die Interessensvertretung der Berliner Mieter*innen stärken. Die SPD weiß, dass die Interessen der Vermieter*innen besser organisiert sind als die der Mieter*innen. Diesen Nachteil wollen wir durch eine Stärkung der Interessenvertretung, die die Nachfragemacht durch Selbstorganisation bündelt, erreichen. Traditionell ist die SPD dem Deutschen Mieterbund verbunden, dessen Landesverband der Berliner Mieterverein mit seinen 160.000 Mitgliedern und seiner Beratungsstellen in Berlin ist.

 

Zu seinen Angeboten gehört Mietrechtsberatung in Pankow, Korrespondenz mit Vermietern, Verwaltern und Behörden, Prozesskostenversicherung, Betreuung von Mieterversammlungen, Energieberatung, Beratung bei Nachbarschaftskonflikten, Künstlerberatung für Ateliers sowie Fachgutachtervermittlung und Unterstützung von Mietergemeinschaften und Mieterinitiativen.

 

Mit dieser Selbstorganisation der Mieter*innen mit ihrer unverzichtbaren Interessenvertretung solidarisiert sich die Berliner SPD, indem sie:

 

  • ihre Mitglieder, insbesondere ihre Funktionär*innen und Mandatsträger*innen aufruft, der Solidaritätsgemeinschaft Berliner Mieterverein beizutreten,
  • in ihren Büros Werbebroschüren und Beitrittserklärungen des Berliner Mietervereins auslegt,
  • regelmäßig in ihren Publikationen für die Mitgliedschaft im Berliner Mieterverein wirbt,
  • regelmäßig in Kooperation mit ihren Mandatsträger*innen im Mietermagazin, dem Magazin des Berliner Mietervereins eine Anzeige, schaltet,
  • jährlich eine mitgliederoffene Veranstaltung zur Berliner Wohnungssituation mit dem Berliner Mieterverein durchführt, auch um gemeinsame Positionen zu entwickeln, sowie
  • bei den weiteren sozialdemokratischen Organisationen für Solidarität, für eine entsprechende Unterstützung, wirbt.

 

Der Landesvorstand wird beauftragt einen entsprechenden Antrag für den Bundesparteitag zu formulieren und zu stellen.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt bei Annahme Ersetzungsantrag 91/II/2017 (Kein Konsens)