Antrag 113/I/2025 Sozial, klimafreundlich, wirtschaftlich - Ein integriertes Stadtwerk für Berlin

Präambel:

Für die Bürger*innen und Unternehmen da sein ist ein zentrales Anliegen sozialdemokratischer Stadtpolitik. Dazu gehören elementare Leistungen der Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel die Trinkwasserversorgung oder die Energieversorgung.

 

Dass in diesem Feld seit mehreren Jahren bereits Bewegung ist, zeigen unter anderem der erfolgreiche Volksentscheid 2011 zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe, der 2013 knapp gescheiterte “Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung”, die 2014 gegründeten Berliner Stadtwerke als kommunaler Elektrizitätsversorger, die Arbeit der Enquete-Kommission “Neue Energie für Berlin – Zukunft der energiewirtschaftlichen Strukturen“ des Abgeordnetenhauses in den Jahren 2014 und 2015, sowie die Rekommunalisierung des Stromnetzes im Jahr 2021 und des Fernwärmenetzes im Jahr 2024. Daher begrüßen wir ausdrücklich, den Weg der Rekommunalisierung weiter zu verfolgen, um faire und stabile Preise für Grundgüter, Versorgungssicherheit, Bedarfsorientierung und damit eine sozial gerechte Wende zur Klimaneutralität zu gewährleisten.

 

Allerdings bedarf es nicht nur weiterer Rekommunalisierungen, sondern vor allem auch einer Neustrukturierung der bereits in öffentlicher Hand befindlichen Bereiche der städtischen Versorgung. Wie der Beteilungsbericht 2023 der Senatsverwaltung für Finanzen zeigt, sind die Landes- beteiligungen im Bereich der Energie- und Wasserversorgung teilweise in Parallelstrukturen auf Unternehmen unterschiedlicher Rechtsformen mit entsprechenden Effizienzverlusten verteilt: So sind etwa die Berliner Wasserbetriebe eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die BEW Berliner Energie und Wärme ist eine Aktiengesellschaft und die Berliner Stadtwerke alsTochtergesellschaft der Berliner Wasserbetriebe sind eine GmbH.

 

Die Zusammenführung von Bereichen der städtischen Versorgung innerhalb einer gemeinsamen Struktur ist nicht nur, aber insbesondere in Bezug auf die Transformation der Energie- und Wärmeversorgung von enormer Wichtigkeit, denn die Herausforderungen in diesem Bereich, insbesondere die Erreichung der Klimaneutralität, machen eine enge Zusammenarbeit aller Akteur*innen notwendig und “Reibungsverluste” durch hinderliche Strukturen sind ein vermeidbares Hindernis.

 

Der Landesparteitag möge daher beschließen:

Die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin und die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats werden aufgefordert, die Gesamtstrategie der Daseinsvorsorge hinsichtlich der Schaffung eines integrierten Stadtwerkes zu prüfen und sich damit für die Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge in Berlin einzusetzen. Dies umfasst konkret:

 

  1. die Entwicklung langfristiger Unternehmensziele für ein Berliner Stadtwerk als Holding über verschiedene Tochterunternehmen, die gemäß dem gesetzlichen Erfordernis des „Unbundling“ rechtlich getrennt nach den Bereichen Netz, Erzeugung und Vertrieb agieren. Die Tochterunternehmen unterliegen einer fachlichen Aufsicht im Aufsichtsrat.
  2. den Ausbau der Fernwärme und der Auf- und Ausbau von Nahwärmenetzen inkl. kalter Nahwärmenetze sowie von Wärmespeichern in Berlin, um das Solidarprinzip in der Wärmewende durchzusetzen.
  3. den gemeinsamen Umbau der Wärmeerzeugung mit innovativen Mittelständlern, Energiegenossenschaften und anderen kommunalen Unternehmen. Die Netzinfrastruktur soll hingegen allein in der Hand von Wärme Berlin und ggf. anderen kommunalen Partnern liegen, der Schwerpunkt ist auf Großwärmepumpen und die Nutzung unvermeidbarer Abwärme zu legen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind stromgeführt zu fahren. Dies geschieht auf der Basis der kommunalen Wärmeplanung, die als Energieleitplanung auch die Strom- und Gasnetzinfrastruktur mit in den Blick nehmen sollte. Auflage eines speziellen Wärmefonds durch die Stadt, der als Mantel für die gezielte Infrastrukturinvestition dienen soll. Darin wird ein kommunaler Grundstock von landeseigenen Bankinstituten gehebelt. Dieser Fonds erlaubt sowohl Eigenkapital wie Fremdkapital Investitionen in die Wärme Berlin.
  4. die konzeptionelle Entwicklung einer Unternehmensstruktur für ein Berliner Stadtwerk in Form einer Holding, die mindestens die Bereiche Energienetze (Strom, Fernwärme) und Energieerzeugung umfasst und durch einen Aufsichtsrat überwiegend politisch, nicht unternehmerisch gesteuert wird. Dabei sollen die Bestandsunternehmen einheitlich nach Geschäftsfeldern strukturiert als Töchter unter die Holding ziehen, die diese dann geschäftsfeldbezogen steuert.
  5. die Prüfung, welche weiteren bereits in öffentlicher Hand befindlichen Bereiche der Daseinsvorsorge in dieser Struktur überführt werden können.
Empfehlung der Antragskommission:
Vertagung auf LPT II-2025 (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Präambel:

Für die Bürger*innen und Unternehmen da sein ist ein zentrales Anliegen sozialdemokratischer Stadtpolitik. Dazu gehören elementare Leistungen der Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel die Trinkwasserversorgung oder die Energieversorgung.

 

Dass in diesem Feld seit mehreren Jahren bereits Bewegung ist, zeigen unter anderem der erfolgreiche Volksentscheid 2011 zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe, der 2013 knapp gescheiterte “Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung”, die 2014 gegründeten Berliner Stadtwerke als kommunaler Elektrizitätsversorger, die Arbeit der Enquete-Kommission “Neue Energie für Berlin – Zukunft der energiewirtschaftlichen Strukturen“ des Abgeordnetenhauses in den Jahren 2014 und 2015, sowie die Rekommunalisierung des Stromnetzes im Jahr 2021 und des Fernwärmenetzes im Jahr 2024. Daher begrüßen wir ausdrücklich, den Weg der Rekommunalisierung weiter zu verfolgen, um faire und stabile Preise für Grundgüter, Versorgungssicherheit, Bedarfsorientierung und damit eine sozial gerechte Wende zur Klimaneutralität zu gewährleisten.

 

Allerdings bedarf es nicht nur weiterer Rekommunalisierungen, sondern vor allem auch einer Neustrukturierung der bereits in öffentlicher Hand befindlichen Bereiche der städtischen Versorgung. Wie der Beteilungsbericht 2023 der Senatsverwaltung für Finanzen zeigt, sind die Landes- beteiligungen im Bereich der Energie- und Wasserversorgung teilweise in Parallelstrukturen auf Unternehmen unterschiedlicher Rechtsformen mit entsprechenden Effizienzverlusten verteilt: So sind etwa die Berliner Wasserbetriebe eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die BEW Berliner Energie und Wärme ist eine Aktiengesellschaft und die Berliner Stadtwerke alsTochtergesellschaft der Berliner Wasserbetriebe sind eine GmbH.

 

Die Zusammenführung von Bereichen der städtischen Versorgung innerhalb einer gemeinsamen Struktur ist nicht nur, aber insbesondere in Bezug auf die Transformation der Energie- und Wärmeversorgung von enormer Wichtigkeit, denn die Herausforderungen in diesem Bereich, insbesondere die Erreichung der Klimaneutralität, machen eine enge Zusammenarbeit aller Akteur*innen notwendig und “Reibungsverluste” durch hinderliche Strukturen sind ein vermeidbares Hindernis.

 

Der Landesparteitag möge daher unter Beibehaltung der bisherigen Beschlusslage beschließen:

Die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin und die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats werden aufgefordert, die Gesamtstrategie der Daseinsvorsorge hinsichtlich der Schaffung eines integrierten Stadtwerkes zu prüfen und sich damit für die Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge in Berlin einzusetzen. Dies umfasst konkret:

 

  1. die Entwicklung langfristiger Unternehmensziele für ein Berliner Stadtwerk als Holding über verschiedene Tochterunternehmen, die gemäß dem gesetzlichen Erfordernis des „Unbundling“ rechtlich getrennt nach den Bereichen Netz, Erzeugung und Vertrieb agieren. Die Tochterunternehmen unterliegen einer fachlichen Aufsicht im Aufsichtsrat.
  2. den Ausbau der Fernwärme und der Auf- und Ausbau von Nahwärmenetzen inkl. kalter Nahwärmenetze sowie von Wärmespeichern in Berlin, um das Solidarprinzip in der Wärmewende durchzusetzen.
  3. den gemeinsamen Umbau der Wärmeerzeugung mit innovativen Mittelständlern, Energiegenossenschaften und anderen kommunalen Unternehmen. Die Netzinfrastruktur soll hingegen allein in der Hand von Wärme Berlin und ggf. anderen kommunalen Partnern liegen, der Schwerpunkt ist auf Großwärmepumpen und die Nutzung unvermeidbarer Abwärme zu legen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind stromgeführt zu fahren. Dies geschieht auf der Basis der kommunalen Wärmeplanung, die als Energieleitplanung auch die Strom- und Gasnetzinfrastruktur mit in den Blick nehmen sollte. Auflage eines speziellen Wärmefonds durch die Stadt, der als Mantel für die gezielte Infrastrukturinvestition dienen soll. Darin wird ein kommunaler Grundstock von landeseigenen Bankinstituten gehebelt. Dieser Fonds erlaubt sowohl Eigenkapital wie Fremdkapital Investitionen in die Wärme Berlin.
  4. die konzeptionelle Entwicklung einer Unternehmensstruktur für ein Berliner Stadtwerk in Form einer Holding, die mindestens die Bereiche Energienetze (Strom, Fernwärme) und Energieerzeugung umfasst und durch einen Aufsichtsrat überwiegend politisch, nicht unternehmerisch gesteuert wird. Dabei sollen die Bestandsunternehmen einheitlich nach Geschäftsfeldern strukturiert als Töchter unter die Holding ziehen, die diese dann geschäftsfeldbezogen steuert.
  5. die Prüfung, welche weiteren bereits in öffentlicher Hand befindlichen Bereiche der Daseinsvorsorge in dieser Struktur überführt werden können.