Die SPD Bundestagsfraktion möge beschließen:
Für uns Sozialdemokrat*innen ist klar: Die großen Herausforderungen unserer Zeit – von der Klimakrise über globale Ungleichheit bis hin zu Fragen von menschlicher Sicherheit – können wir nur gemeinsam lösen. Ein starker Multilateralismus ist unerlässlich. Internationale Zusammenarbeit ist für uns keine Frage des Ob, sondern des Wie. Wir stehen für eine regelbasierte Ordnung, in der alle Länder gemeinsam Verantwortung übernehmen und in der der Globale Südens angemessen repräsentiert ist. Nationale Alleingänge führen in die Sackgasse. Wir setzen auf starke Partnerschaften und darauf, dass wir gemeinsam eine gerechtere und friedlichere Welt gestalten können.
Wir fordern von der nächsten Bundesregierung und den Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion:
- Die Sicherung einer regelbasierten internationalen Ordnung muss vorderstes Ziel und Richtschnur der deutschen internationalen Zusammenarbeit sein. Nur in einer Ordnung des Rechts können wir in Deutschland unseren Wohlstand erhalten und in Sicherheit leben.
- Demokratie im Inneren stärken: Die Bundesrepublik kann nur mit der nötigen gesellschaftlichen Unterstützung eine starke und verlässliche internationale Partnerin sein. Sozialer Zusammenhalt sollte durch Abwehr anti-demokratischer und spaltender Einflussversuche von außen geschützt werden. In der Begründung der Notwenigkeit und Machbarkeit eines positiven globalen Wandels kann Deutschland die eigene historische Erfahrung mit tiefgreifenden Transformationsprozessen (insb. im Zuge der deutschen Wiedervereinigung, aber bspw. auch in der Energiewende), in die innenpolitische sowie internationale Debatte einbringen.
- Vorreiterrolle bei der politischen und finanziellen Unterstützung der Vereinten Nationen und des multilateralen Systems einnehmen:
Die internationalen Organisationen sind die Grundpfeiler einer regelbasierten Ordnung. Die aktuellen Kürzungen mehrerer wichtiger Geberstaaten in der internationalen Zusammenarbeit untergraben den inklusiven und wirksamen Multilateralismus. Die Bundesregierung sollte dem mit gleichgesinnten Partnerländern entgegentreten und mit einer Erhöhung der freiwilligen Beiträge vorangehen. Davon sollten mindestens die Hälfte ohne Zweckbindung sein, um eine Verteilung nach Bedarfen und Reaktion auf dynamische Krisen zu ermöglichen. Bestrebungen nach Reformen der UN-Finanzierung sollten aktiv unterstützt werden. Nach dem Rückzug der USA als bisher größte Finanziererin der UN, kann Deutschland zum führenden Unterstützer der UN werden. - Für Reformen der multilateralen Institutionen eintreten:
Für eine starke regelbasierte Ordnung braucht es eine faire Repräsentation der Staaten des globalen Südens in den internationalen Organisationen. Als Vermittlerin des Zukunftspaktes der UN und Präsidentin der UN-Generalversammlung 2025/26 kann Deutschland hier eine entscheidende Rolle spielen. Die Reform der Weltbank, von Deutschland mitinitiiert, zeigt, dass es geht. Die nächste Bundesregierung sollte die europäische Koordinierung in der Weltbank stärken und sich für die Mobilisierung zusätzlicher Gelder stark machen.
Die Strukturen der deutschen Internationalen Zusammenarbeit müssen für eine neue Realität zukunftsfest gestaltet werden.
In einer zunehmend multipolaren Welt muss die deutsche Entwicklungspolitik als strategisches Instrument zur Gestaltung internationaler Beziehungen gestärkt werden. Das Portfolio der deutschen IZ ist kleinteilig, zu wenig wirksam und nicht strategisch genug.
Veränderung des Beauftragungsprozesses der Durchführungsorganisationen:
Bilaterale Projekte der Durchführungsorganisationen (DOs) sollten nicht kleinteilig vergeben werden. Stattdessen sollten BMZ und AA einen gemeinsamen „Globalauftrag“ and die Landesbüros der GIZ und KfW vergeben. Die Ziele dieses Globalauftrages werden basierend auf einer Länderstrategie festgelegt. Hierzu muss der bestehende Prozess der Entwicklung der Länderstrategie angepasst werden. Die Länderstrategie muss Kernelement der bilateralen Regierungsverhandlungen werden.
- Auswirkungen auf BMZ: Länderreferate steuern das Portfolio weniger kleinteilig und haben dadurch mehr Zeit das Portfolio strategisch auszurichten.
- Auswirkungen auf DOs: DOs verschlanken den Prozess der Projektbeauftragung und -Berichterstattung. Gleichzeitig sind Mittel nicht mehr Projektgebunden, und können damit flexibler und Kompetenzgeleiteter und an aktuelle Gegebenheiten angepasst umgesetzt werden. Auftragsverantwortlich sind dadurch die Landesdirektionen. Dadurch wird der Fokus der Landesdirektion auf Wirkung gelegt und nicht auf kurzfristige Geschäftsopportunitäten.
- Auswirkungen auf AA: Das AA nimmt eine stärkere Rolle in der Steuerung des Landesportfolios der IZ ein.
Zusammenarbeit mit und im Rahmen der EU:
Referent*innen des BMZ und des AA sind dazu angehalten gemeinsame Regierungsverhandlungen und integrierte Länderstrategien mit der EU Kommission und den wichtigsten EU Mitgliedsstaaten in den jeweiligen Partnerländern umzusetzen.
Veränderung der Entwicklung der Landesstrategien und der Steuerung des Sektorportfolios
Die Ressorts außerhalb des BMZ und AA sowie die Sektorreferate des BMZ müssen besser in den Prozess der Entwicklung der Länderstrategien einbezogen werden. Es ist Aufgabe der Sektorreferate andere Ressorts auf Einzelfallbasis einzubeziehen. Das BMZ muss seine Sektorreferate mit fachlich spezialisiertem Personal besetzen. Die Logik der Sektorreferate ist zur Zeit nicht stringent umgesetzt, da diesen Referaten die Fachlichkeit fehlt. Zusätzlich muss es Kernaufgabe dieser Sektorreferate sein sich besser mit ihren jeweiligen „Spiegelressorts“ abzustimmen. Sektorale Ressort-übergreifende Strategien der Bundesregierung müssen mehr in den Wert gesetzt werden. Sektor-spezifische Projekte, welche zusätzlich zu den „Globalaufträgen“ auf Länderbasis in Auftrag gegeben werden, sollten in Abstimmung mit den „Spiegelressorts“ umgesetzt werden.
Wirtschaftskooperation neu und strategischer ausrichten:
Statt Partnerschaften mit deutschen/europäischen Unternehmen für Einzelprojekte zu schließen, sollte ein umfassender Ansatz zur Schaffung von Märkten verfolgt werden – gute Beispiele sind die Umsetzung des Lieferkettengesetzes, die Integration des digitalen Marktes oder die Förderung gerechten Rohstoffmanagements. Die deutsche IZ muss hierbei enger mit dem Bundeswirtschaftsministerium zusammenarbeiten. Die deutsche IZ sollte sich in ihrer Gesamtheit auf den Schutz globaler öffentlicher Güter und das Management von grenzüberschreitenden negativen Externalitäten fokussieren.