Antrag 148/I/2020 Racial Profiling die Grundlage entziehen – rassistische Diskriminierung verhindern!

Status:
Annahme mit Änderungen

Das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 3 GG verbietet Ungleichbehandlungen in Form von rassistischer Diskriminierung. Genauso verbieten dies die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Anti-Rassismus-Konvention. Dennoch wird das „Racial Profiling“ sowohl von der Bundes- als auch von der Berliner Polizei in gängiger Praxis verwendet. Dabei dienen unveränderliche Merkmale, die das äußere Erscheinungsbild eines Menschen prägen, als Auswahlkriterium für anlasslose Personenkontrollen oder andere polizeiliche Maßnahmen. Dies geschieht insbesondere auf der Grundlage von Gesetzen, die zu verdachtsunabhängigen Maßnahmen ermächtigen und wegen ihres weiten sachlichen Anwendungsbereiches regelmäßig zu rassistischen Diskriminierungen führen. Denn in einer rassistischen Gesellschaft, in deren Polizei- und Ordnungsbehörden struktureller Rassismus verankert ist, ist „anders“ aussehen per se verdächtig.

 

§ 22 Abs. 1 a BPolG ermächtigt die Bundespolizei beispielsweise zum Zweck der Migrationskontrolle, Personen in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen ohne konkreten Anlass und ohne konkreten Verdacht zu kontrollieren. Demnach darf die Bundespolizei jede Person anhalten, befragen und deren Ausweispiere verlangen, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen. Der Zweck der Migrationskontrolle führt dazu, dass hier Fällen äußere Merkmale wie die Hautfarbe als wesentlicher Grund für die Kontrolle in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen herangezogen werden.

 

Auch im Berliner Landespolizeigesetz finden sich Ermächtigungen zu potenziell diskriminierenden Maßnahmen: Zum Beispiel ermächtigt § 21 ASOG die Berliner Polizei, anlasslos und verdachtsunabhängig an sogenannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen von Personen durchzuführen. Zwar ist die geplante Novelle des ASOG zu begrüßen und weist in die Richtung eines progressiven Polizeigesetzes, beispielsweise die Streichung des Aufenthaltstitels als Grund für verdachtsunabhängige Kontrollen. Diese Streichung allein unterbindet jedoch Racial Profiling nicht effektiv. Die als besonders „kriminalitätsbelastet“ oder „gefährlich“ eingestuften Orte sind oftmals solche, an denen sich migrantische oder migrantisch gelesene Menschen und BPOCs („Black and People of Color“), oft aus prekarisierten Millieus, vermehrt aufhalten.  Das Ausweisen dieser Orte und die mit ihnen verbundenen polizeilichen Ermächtigungen lassen BPOCs deshalb statistisch besonders oft ins Visier polizeilicher Kontrollen geraten.

 

Werden BPOCs statistisch häufiger kontrolliert, werden auch statistisch häufiger in dieser Gruppe Ermittlungserfolge erzielt, die dann wiederum als Rechtfertigung für Racial Profiling genutzt werden.  Für die betroffenen Personen reichen die Folgen dieser Kontrollen von öffentlicher Demütigung bis hin zu physischen und psychosozialen Verletzungen und Krisen. Racial Profiling nimmt aus Sicht der betroffenen Personen viel Zeit, Energie und Raum ein und produziert psychischen und körperlichen Stress für diese. Die Ermächtigung der Polizei zu solchen Maßnahmen, die Racial Profiling ermöglichen, zementieren deshalb den Rassismus in unserer Gesellschaft.

 

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf:

  • sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, den § 22 Abs. 1a BPolG ersatzlos zu streichen,
  • sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für eine unabhängige bundesweite Studie zu Racial Profiling einzusetzen und unabhängig davon eine eigene Studie durchführen zu lassen,
  • sich in der Rot-Rot-Grünen Koalition dafür einzusetzen, im Rahmen der geplanten ASOG-Novelle den § 21 ASOG so neu zu fassen, dass die Behörden nicht mehr zur Definition kriminalitätsbelasteter Orte ermächtigt werden und somit verdachtsunabhängige Identitätsfeststellungen an diesen Orten nicht mehr zulässig sind,
  • sich in der Rot-Rot-Grünen Koalition dafür einzusetzen, im Rahmen der geplanten ASOG-Novelle in § 21 ASOG das explizite Verbot des Racial Profilings bei der Identitätskontrolle durch folgenden Wortlaut in Absatz 4 aufzunehmen:
    „(4) Der Anlass für die Identitätsfeststellung nach Abs. 1 darf nicht alleine auf das äußere Erscheinungsbild einer Person zurückgeführt werden und ist auf Verlangen den Betroffenen zu bescheinigen.“
Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Kein Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 3 GG verbietet Ungleichbehandlungen in Form von rassistischer Diskriminierung. Genauso verbieten dies die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Anti-Rassismus-Konvention. Dennoch wird das „Racial Profiling“ sowohl von der Bundes- als auch von der Berliner Polizei in gängiger Praxis verwendet. Dabei dienen unveränderliche Merkmale, die das äußere Erscheinungsbild eines Menschen prägen, als Auswahlkriterium für anlasslose Personenkontrollen oder andere polizeiliche Maßnahmen. Dies geschieht insbesondere auf der Grundlage von Gesetzen, die zu verdachtsunabhängigen Maßnahmen ermächtigen und wegen ihres weiten sachlichen Anwendungsbereiches regelmäßig zu rassistischen Diskriminierungen führen. Denn in einer rassistischen Gesellschaft, in deren Polizei- und Ordnungsbehörden struktureller Rassismus verankert ist, ist „anders“ aussehen per se verdächtig.

 

§ 22 Abs. 1 a BPolG ermächtigt die Bundespolizei beispielsweise zum Zweck der Migrationskontrolle, Personen in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen ohne konkreten Anlass und ohne konkreten Verdacht zu kontrollieren. Demnach darf die Bundespolizei jede Person anhalten, befragen und deren Ausweispiere verlangen, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen. Der Zweck der Migrationskontrolle führt dazu, dass hier Fällen äußere Merkmale wie die Hautfarbe als wesentlicher Grund für die Kontrolle in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen herangezogen werden.

 

Auch im Berliner Landespolizeigesetz finden sich Ermächtigungen zu potenziell diskriminierenden Maßnahmen: Zum Beispiel ermächtigt § 21 ASOG die Berliner Polizei, anlasslos und verdachtsunabhängig an sogenannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen von Personen durchzuführen. Zwar ist die geplante Novelle des ASOG zu begrüßen und weist in die Richtung eines progressiven Polizeigesetzes, beispielsweise die Streichung des Aufenthaltstitels als Grund für verdachtsunabhängige Kontrollen. Diese Streichung allein unterbindet jedoch Racial Profiling nicht effektiv. Die als besonders „kriminalitätsbelastet“ oder „gefährlich“ eingestuften Orte sind oftmals solche, an denen sich migrantische oder migrantisch gelesene Menschen und BPOCs („Black and People of Color“), oft aus prekarisierten Millieus, vermehrt aufhalten.  Das Ausweisen dieser Orte und die mit ihnen verbundenen polizeilichen Ermächtigungen lassen BPOCs deshalb statistisch besonders oft ins Visier polizeilicher Kontrollen geraten.

 

Werden BPOCs statistisch häufiger kontrolliert, werden auch statistisch häufiger in dieser Gruppe Ermittlungserfolge erzielt, die dann wiederum als Rechtfertigung für Racial Profiling genutzt werden.  Für die betroffenen Personen reichen die Folgen dieser Kontrollen von öffentlicher Demütigung bis hin zu physischen und psychosozialen Verletzungen und Krisen. Racial Profiling nimmt aus Sicht der betroffenen Personen viel Zeit, Energie und Raum ein und produziert psychischen und körperlichen Stress für diese. Die Ermächtigung der Polizei zu solchen Maßnahmen, die Racial Profiling ermöglichen, zementieren deshalb den Rassismus in unserer Gesellschaft.

 

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf:

  • sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, den § 22 Abs. 1a BPolG ersatzlos zu streichen,
  • sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für eine unabhängige bundesweite Studie zu Racial Profiling einzusetzen und unabhängig davon eine eigene Studie durchführen zu lassen,
  • sich in der Rot-Rot-Grünen Koalition dafür einzusetzen, im Rahmen der geplanten ASOG-Novelle in § 21 ASOG das klarstellende Verbot des Racial Profilings bei der Identitätskontrolle durch folgenden Wortlaut in Absatz 4 aufzunehmen:
    „(4) Der Anlass für die Identitätsfeststellung nach Abs. 1 darf nicht alleine auf das äußere Erscheinungsbild einer Person zurückgeführt werden und ist auf Verlangen den Betroffenen zu bescheinigen.“

 

Beschluss: Annahme mit Änderungen
Text des Beschlusses:

Das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 3 GG verbietet Ungleichbehandlungen in Form von rassistischer Diskriminierung. Genauso verbieten dies die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Anti-Rassismus-Konvention. Dennoch wird das „Racial Profiling“ sowohl von der Bundes- als auch von der Berliner Polizei in gängiger Praxis verwendet. Dabei dienen unveränderliche Merkmale, die das äußere Erscheinungsbild eines Menschen prägen, als Auswahlkriterium für anlasslose Personenkontrollen oder andere polizeiliche Maßnahmen. Dies geschieht insbesondere auf der Grundlage von Gesetzen, die zu verdachtsunabhängigen Maßnahmen ermächtigen und wegen ihres weiten sachlichen Anwendungsbereiches regelmäßig zu rassistischen Diskriminierungen führen. Denn in einer rassistischen Gesellschaft, in deren Polizei- und Ordnungsbehörden struktureller Rassismus verankert ist, ist „anders“ aussehen per se verdächtig.

 

§ 22 Abs. 1 a BPolG ermächtigt die Bundespolizei beispielsweise zum Zweck der Migrationskontrolle, Personen in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen ohne konkreten Anlass und ohne konkreten Verdacht zu kontrollieren. Demnach darf die Bundespolizei jede Person anhalten, befragen und deren Ausweispiere verlangen, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen. Der Zweck der Migrationskontrolle führt dazu, dass hier Fällen äußere Merkmale wie die Hautfarbe als wesentlicher Grund für die Kontrolle in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen herangezogen werden.

 

Auch im Berliner Landespolizeigesetz finden sich Ermächtigungen zu potenziell diskriminierenden Maßnahmen: Zum Beispiel ermächtigt § 21 ASOG die Berliner Polizei, anlasslos und verdachtsunabhängig an sogenannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen von Personen durchzuführen. Zwar ist die geplante Novelle des ASOG zu begrüßen und weist in die Richtung eines progressiven Polizeigesetzes, beispielsweise die Streichung des Aufenthaltstitels als Grund für verdachtsunabhängige Kontrollen. Diese Streichung allein unterbindet jedoch Racial Profiling nicht effektiv. Die als besonders „kriminalitätsbelastet“ oder „gefährlich“ eingestuften Orte sind oftmals solche, an denen sich migrantische oder migrantisch gelesene Menschen und BPOCs („Black and People of Color“), oft aus prekarisierten Millieus, vermehrt aufhalten.  Das Ausweisen dieser Orte und die mit ihnen verbundenen polizeilichen Ermächtigungen lassen BPOCs deshalb statistisch besonders oft ins Visier polizeilicher Kontrollen geraten.

 

Werden BPOCs statistisch häufiger kontrolliert, werden auch statistisch häufiger in dieser Gruppe Ermittlungserfolge erzielt, die dann wiederum als Rechtfertigung für Racial Profiling genutzt werden.  Für die betroffenen Personen reichen die Folgen dieser Kontrollen von öffentlicher Demütigung bis hin zu physischen und psychosozialen Verletzungen und Krisen. Racial Profiling nimmt aus Sicht der betroffenen Personen viel Zeit, Energie und Raum ein und produziert psychischen und körperlichen Stress für diese. Die Ermächtigung der Polizei zu solchen Maßnahmen, die Racial Profiling ermöglichen, zementieren deshalb den Rassismus in unserer Gesellschaft.

 

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf:

  • sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, den § 22 Abs. 1a BPolG ersatzlos zu streichen,
  • sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für eine unabhängige bundesweite Studie zu Racial Profiling einzusetzen und unabhängig davon eine eigene Studie durchführen zu lassen,
  • sich in der Rot-Rot-Grünen Koalition dafür einzusetzen, im Rahmen der geplanten ASOG-Novelle in § 21 ASOG das klarstellende Verbot des Racial Profilings bei der Identitätskontrolle durch folgenden Wortlaut in Absatz 4 aufzunehmen:
    „(4) Der Anlass für die Identitätsfeststellung nach Abs. 1 darf nicht alleine auf das äußere Erscheinungsbild einer Person zurückgeführt werden und ist auf Verlangen den Betroffenen zu bescheinigen.“

 

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
Stellungnahme des Senats 2022: Ungleichbehandlungen aufgrund des äußerlichen Erscheinungsbildes setzt sich der Berliner Senat entschlossen entgegen. Um rassistischer Diskriminierung und „Racial Profiling“ entgegenzutreten hat der Berliner Senat bereits folgende Schritte unternommen: Mit der Novelle des ASOG vom 22.03.2021 (Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und anderes Gesetze, Drucksache 18/2787) wurden folgende Änderungen erreicht:

Die Vorschrift zur verdachtsunabhängigen Identitätsfeststellung des § 21 Absatz 2 hat umfassende Änderungen erfahren. Auf nicht mehr zeitgemäße oder nicht mehr erforderliche Voraussetzungen für diese Maßnahme wird verzichtet; die Transparenz polizeilichen Handelns wird durch die im neuen § 21 Absatz 4 erstmals gesetzlich verankerte Pflicht zur Veröffentlichung von Zahl und ungefährer örtlicher Ausdehnung der sogenannten kriminalitätsbelasteten Orte, an denen eine verdachtsunabhängige Identitätsfeststellung zulässig ist, und der Pflicht des Senats zur jährlichen Berichterstattung gegenüber dem Abgeordnetenhaus wesentlich erhöht. In diesem Kontext wird betont, dass die Polizei Berlin im Rahmen von verdachtsunabhängigen Kontrollen entsprechend des Gleichheitsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots aus Artikel 3 Abs. 3 GG sowie in entsprechender Anwendung aktueller Rechtsprechung diverser Oberlandesgerichte handelt und weiterhin jegliche Maßnahmen ohne eine rassistische oder ethnische Zuschreibung einer Person durchführt.

Darüber hinaus soll es eineBerliner Studie zu Racial Profiling geben: Im Auftrag der Senatsinnenverwaltung soll die Technische Universität Berlin eine Studie zu möglichem Rassismus und Diskriminierung bei der Polizei Berlin erarbeiten. Der Forschungsauftrag läuft von Juni 2021 bis Ende Mai 2022.

Berlin möchte sich zudem an einer Studie des BMI zu Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten (MEGAVO) beteiligen.
  • Außerdem wurde am 04.06.2020 vom Abgeordnetenhaus das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) verabschiedet, am 21.06.2020 ist es in Kraft getreten.
  • Überweisungs-PDF: