Antrag 04/I/2025 Parteireform Teil III: Starke Abteilungen für eine lebendige Parteiarbeit und die Verbesserung der Sichtbarkeit der SPD im Stadtbild

Status:
Annahme

Die SPD Berlin ist eine Mitgliederpartei. Die Herzkammer der Parteiarbeit bilden dabei die Abteilungen. Unsere Abteilungen sind hinsichtlich ihres Kiezbezugs, Gebietsabdeckung, der Mitgliederzahl und dem Altersdurchschnitt der Mitglieder sehr heterogen. Dennoch stehen alle vor ähnlichen Herausforderungen. Die Abteilungen sind das Gesicht der SPD vor Ort. Es gilt Mitglieder zu aktivieren, Kernfunktionen in der Abteilung durch regelmäßige Wahlen mit aktiven Genoss*innen zu besetzen, um das Abteilungsgeschäft aufrecht zu erhalten, neue Mitglieder bzw. Nachwuchs zu fördern, einen Wissenstransfer zwischen ausscheidenden Funktionsträger*innen und neuen Mitgliedern zu organisieren und Beteiligungsmöglichkeiten in der Partei transparenter zu gestalten.
Wir beobachten außerdem, dass die Abteilungen ein unterschiedliches Verständnis ihrer Arbeit haben und die Außenwirkung, d.h. die Strahlkraft der Abteilung in die Nachbarschaft bzw. in den Kiez sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.

 

I. Zielbild für Abteilungen

 

Die Abteilungen haben unterschiedliche Ziele, sowohl nach innen in die Partei hinein, als auch nach außen in den Kiez und in die Stadtgesellschaft.
Für die Partei sollen die Abteilungen

 

  • Erste Anlaufstelle von Mitgliedern ohne Amt und Mandat sein,
  • (inaktive) Mitglieder vor Ort aktivieren,
  • (neue) Mitglieder gezielt einbinden, fördern und Weiterentwicklungsmöglichkeiten anbieten,
  • Diskussionsraum zu allgemeinen und lokalen politischen Themen bieten,
  • regelmäßigen inhaltlichen Input geben,
  • an der innerparteilichen Willensbildung mitwirken, bspw. über Antragsarbeit,
  • eine Brücke zwischen Mandatsträger*innen und Mitgliedern bilden und die strategische Vernetzung dieser Gruppen fördern,
  • projektbezogene Arbeit initiieren,
  • Wahlen personell und inhaltlich vorbereiten, in dem geeignete Kandidierende für die Wahlkreise zum Abgeordnetenhaus und für die BVV-Listen nominiert werden und darüber hinaus relevante Inhalte für den Wahlkampf identifiziert werden.

 

Zur Wirkung in die Berliner Kieze sollen die Abteilungen

 

  • die Partei mit lokalen Initiativen, Gruppen, Vereinen etc. vernetzen und Multiplikator*innen im Kiez erreichen
  • einen regelmäßigen Austausch mit Nachbar*innen fördern,
  • Anlaufstelle für Anliegen der Nachbarschaft sein,
  • lokale Themen aufgreifen und die politische Positionierung dazu vornehmen
  • über relevante politische Themen informieren,
  • Wahlkampf vor Ort führen.

 

II. Fusion, Teilung und Neuzuschnitt von Abteilungen

 

Die Mitgliederstärke einer Abteilung ist ein wichtiger Faktor, der bedingt, wie Mitglieder zielgerichtet aktiviert, eingebunden sowie individuell gefördert und weiterentwickelt werden können. Gleichzeitig kann die Größe der Abteilungen auch einen Einfluss auf die Wahrnehmung ihrer innerparteilichen Aufgaben und nach außen gerichteten Funktionen haben.
Als optimale Größe einer Abteilung sehen wir eine Mitgliederzahl zwischen 75 und 250 Personen.

 

Für die Fusion, Teilung und Neuzuschnitt von Abteilungen sollen neben der Mitgliederzahl aber auch weitere Faktoren eine Rolle spielen, nämlich insbesondere:

 

  • Ortsteil- bzw. Wahlkreisbezug des Abteilungsgebiets,
  • Kandidaturenlage und Besetzung aller zu wählenden Ämter und Delegierte bei den letzten Parteiwahlen,
  • Regelmäßigkeit der Durchführung, Ausgestaltung sowie durchschnittliche Teilnehmendenzahlen von Mitgliederversammlungen und weiterer (innerparteilicher) Veranstaltungsformate,
  • Aktivitäten zur Ansprache, Einbindung sowie individuellen Förderung und Weiterentwicklung von Mitgliedern,
  • Kiezbezogene und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten und politische Positionierungen,
  • das Verhältnis aktive Mitglieder zur Mitgliederzahl insgesamt,
  • die Altersstruktur der Abteilung,
  • die geografische Größe, so dass eine An- und Abreise zu Parteiversammlungen auch für Menschen mit Beeinträchtigungen in einem vertretbaren Zeitraum möglich ist.

 

Die Kreise sind aufgefordert, in einen Dialogprozess mit besonders großen und kleinen Abteilungen einzutreten mit dem Ziel, einvernehmliche Lösungen zur Fusion, Teilung und Neuzuschnitt von Abteilungen zu finden.

 

III. Einheitliche Wahrnehmung von Ämtern in den Abteilungen

 

Die Aufgabenbeschreibungen für alle Abteilungsämter (siehe Anhang) werden im Infoportal (https://infoportal.spd.berlin/ ) zur Verfügung gestellt. Ebenso wird eine Auswahl an Methoden für die Durchführung von Sitzungen, Jahresplanungen etc. bereitgestellt.

 

1. Wahlämter

 

Gemäß Statut sind bisher in den Abteilungsvorstand zu wählen:

 

  • Vorsitz
  • Stellvertretung
  • Kasse
  • Schriftführung
  • Beisitz
  • Revisor*innen
  • Delegierte KDV, KVV, WKK

 

Den Abteilungs- und Kreisvorständen wird zukünftig im Statut die Möglichkeit eröffnet, anstelle einer Schriftführung eine*n weitere*n Stellvertreter*in zu wählen. Die Entscheidung wird vor dem Eintritt in den Wahlgang getroffen. In der Geschäftsordnung wird geregelt, dass die Versammlungen vor Eintritt in die Tagesordnung die Protokollführung festlegen, wenn für die Versammlung keine Schriftführung bestimmt ist oder diese nicht anwesend ist.

 

Den Beisitzer*innen sollten konkrete Themenfelder oder spezifische Aufgaben übertragen werden bzw. die Beisitzer*innen sollten gleichzeitig eine Funktion als Beauftragte übernehmen. Das Statut wird hierzu um eine handhabbare Regelung ergänzt, die eine zügige Abwicklung der Wahl ermöglicht.

 

2. Beauftragte

 

Im Gegensatz zu den Wahlämtern werden die Beauftragten ernannt. Folgende Beauftragte soll es zukünftig geben:

 

  • Wahlkampfbeauftragte*r – Grundlage: Aufruf des Landes- oder Kreisvorstands vor Wahlkämpfen
  • Beauftragte*r für innerparteiliche Bildung – verantwortlich dafür, dass die innerparteilichen Bildungsangebote den Mitgliedern zugänglich gemacht werden
  • Mitglieder-Beauftragte*r – Grundlage: PV-Beschluss
  • Beauftragte*r für Digitalisierung – Rolle der/des ehemaligen Internetbeauftragte*n. Deren/dessen Aufgaben sind stärker in Richtung einer Digitalisierung der Parteiarbeit auszurichten.
  • Senior*innenbeauftragte*r – ehemaliger Seniorenbeisitz
  • Beauftragte*r für junge Menschen

 

Wir regen an, den Seniorenbeisitz in eine Beauftragtenfunktion umzuwandeln und dazu eine*n Beauftragte*n für junge Menschen (d.h. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene) mit einem klaren Aufgabenbereich zu schaffen.

 

Vordringliche Aufgabe dieser beiden Beauftragten sollte es sein, zum einen die Belange der jüngeren und älteren Genoss*innen auf der Abteilungsebene zu vertreten, zum anderen Kontaktperson zu denjenigen jungen und älteren Genoss*innen zu sein, die nicht (mehr) an den Abteilungsveranstaltungen teilnehmen. Da es auch ausdrückliche Aufgabe der Abteilungsvorstände ist, die Beziehungen zwischen der Partei und der Bevölkerung zu pflegen, sollte es zur Aufgabe der Beauftragten gehören, sich der Belange der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie der älteren Mitbewohner*innen im Abteilungsgebiet anzunehmen.

 

Die Beauftragten für Senior*innen und für junge Menschen sollten regelmäßig an den Mitgliedertreffen der bezirklichen AG 60 plus bzw. der Jusos teilnehmen und ihre Themen dort einbringen.

 

Die Funktion eines*einer Stimmbezirksbeauftragte*n wird gestrichen.

 

Die SPD Berlin hat als moderne Partei umfassende Awarenessstrukturen geschaffen.

 

Die meisten Beauftragten-Funktionen sind durch Bundesstatut vorgegeben. Gerade in mitgliederschwachen Abteilungen gelingt es allerdings schon heute kaum mehr, diese Funktionen zu besetzen. Wir regen daher an, dass der Parteivorstand die Statuten überprüft, ob und welche Beauftragten-Funktionen es zwingend geben muss oder ob die Benennung auch in eine Soll-Vorschrift geändert werden kann.

 

IV. Empfehlungen zur Wahl

 

Es wird empfohlen, die Regelung zur verbundenen Einzelwahl bei Doppelspitzen in § 6 Abs. 6 WO immer dann festzuschreiben, wenn die Anzahl der zu wählenden Personen der Anzahl der Kandidierenden entspricht. Damit sollen Streitigkeiten und Unklarheiten im Wahlverfahren beseitigt und dadurch eine schnelle Abwicklung der Wahlen gefördert werden.

 

V. Nachwuchsförderung

 

Angesichts der allgemeinen Mitgliederentwicklung in der SPD und des demografischen Wandels kommt den Abteilungen eine besondere Aufgabe bei der gezielten Nachwuchsförderung zu. Der Landesvorstand wird gemeinsam mit der Organisationspolitischen Kommission einen Leitfaden zur Aktivierung / gezielten Ansprache von neuen und inaktiven Mitgliedern erarbeiten.

 

Auch wenn Amtszeitbegrenzungen auf Abteilungsebene nicht sinnvoll sind, müssen verstärkt Maßnahmen zur Einbindung neuer und bisher inaktiver Mitglieder forciert werden und neue Mitglieder auch zur Übernahme von Ämtern angeregt werden. Auch könnte in den Kreisen und Abteilungen dafür geworben werden, dass Ämterhäufungen in geschäftsführenden Abteilungs- und Kreisvorständen vermieden werden, um sicherzustellen, dass jeweils ausreichende zeitliche Kapazitäten für die Ämterwahrnehmung auf der jeweiligen Ebene verbleibt.

 

Die Möglichkeit der Vorstellung aller Kandidierenden muss immer gegeben sein. Bei Delegiertenwahlen sollen sich die Kandidierenden mindestens schriftlich vorstellen können, insbesondere bei mitgliederstarken Abteilungen, um lange Wahlsitzungen zu vermeiden.

 

Mentoring-Programme auf Kreisebene sind sinnvoll, um Mitglieder zu fördern. Gerade Mentoring-Programme für FINTA* sollten unbedingt von den Kreisvorständen initiiert, finanziert und gefördert werden. Während dies in einigen Kreisen schon so gehandhabt wird, werden die Kreisvorstände dazu angeregt, zu prüfen, ob sie sich unter bestimmten Voraussetzungen auch an den Kosten für Weiterbildungsangebote von aktiven FINTA* beteiligen. Die gezielte Ansprache von Menschen, die aufgrund von Behinderungen nicht vollumfänglich partizipieren können, ist zu verstärken. Die Abteilungen sollen die Vielfalt unserer Gesellschaft möglichst umfassend widerspiegeln, hinsichtlich Geschlecht, Herkunft, Alter, Familien- und Lebenssituation etc.

 

VI. Informationen und Wissenstransfer

 

Alle Informationen zur Wahl, zu den Ämtern, zur Öffentlichkeits- und politischen Arbeit der Abteilungen werden an einer Stelle im Infoportal der SPD Berlin (https://infoportal.spd.berlin/) gebündelt. Die Kreis- und Abteilungsvorsitzenden werden nach ihrer Wahl per E-Mail aus dem KSH auf dieses Portal aufmerksam gemacht. Die Organisationspolitische Kommission sichtet gemeinsam mit dem KSH die Informationen und aktualisiert diese wenn nötig.
Wenn Mitglieder aus Ämtern ausscheiden, soll das Wissen, dass gerade langjährig aktive Mitglieder haben, nicht verloren gehen. Hierfür erarbeitet die Organisationspolitische Kommission einen strukturierten Fragebogen, den das KSH dann bereitstellt, der die Punkte: Kernaufgaben, wichtige Personen, Lessons Learned und Themen der Abteilung umfasst. Dies soll als Angebot verstanden werden, um Wissen zu speichern und zukünftige Funktionsträger*innen besser auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Dieser Fragebogen wird im Infoportal abrufbar sein.

 

VII. Abteilungs-Tandem

 

Abteilungs-Tandems sind eine gute Möglichkeit, um gegenseitig voneinander zu lernen. Der regelmäßige Austausch, auch über Kreisgrenzen hinweg, schafft mehr Verständnis für die Themen und Herausforderungen anderer Kieze und Ortsteile. Tandemwillige Abteilungen sollen dies im Vorfeld der jährlichen Abteilungsvorsitzendentreffen bekannt geben, um mögliche Partnerabteilungen zu finden.

 

VIII. Öffentlichkeitsarbeit

 

Die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort sollte primär durch die Kreise organisiert werden, da diese die Ressourcen effektiv bündeln können. Sollte zudem der Bedarf nach Öffentlichkeitsarbeit der Abteilungen bestehen, so sollte diese in die Öffentlichkeitsarbeit der Kreise eingegliedert werden. Dies meint, dass Webseiten beispielsweise als Unterseiten der Kreis-Webseiten genutzt und Postings und Accounts vernetzt geplant werden sollten. Die Notwendigkeit einer eigenständigen Präsenz von Abteilungen im Internet (ob als Website der Social Media), sollte selbstkritisch hinterfragt werden und nur beibehalten werden, wenn diese an die Außenkommunikation der Kreise gekoppelt ist und ausreichend Kapazitäten innerhalb der Abteilungen bestehen, um einen professionellen Außenauftritt zu ermöglichen, der sich gezielt an die Nachbar*innen vor Ort richtet.

 

Innerhalb der Kreise sollten zuständige Personen benannt und Aktivitäten abgestimmt werden. Es empfiehlt sich einen Posting-/Veröffentlichungs-Plan an den Jahresplan anzuknüpfen und diesen fortwährend anzupassen. Einzelnen Abteilungen kann dabei die Zuarbeit für einzelne Elemente übertragen werden.

 

Die Bildungsbeauftragten des Landes und der Kreise sollen Schulungsangebote und -unterlagen für Kreise und Abteilungsvorstände (Pressearbeit, Social-Media-Arbeit) bereitstellen sowie auf aktuelle Weiterbildungsangebote der Parteischule im Willy-Brandt-Haus hinweisen.

 

Im Infoportal sollen Informationen zum Corporate Design und Hosting für Webauftritte der Kreise/Abteilungen sowie wenn möglich Vorlagen für Social-Media-Beiträge (z. B. “Kacheln”) abgelegt werden. Handreichungen zu den Themen Digitale Parteiarbeit, Social Media, Pressearbeit, Jahresplanung / Kommunikationsplanung werden erstellt.

 

Wir regen an, dass die Abteilungen und Kreise stärker das Downloadportal der SPD Berlin für inhaltliche Flyer und Flugblätter zu Berliner Landespolitik nutzen.

 

IX. Förderung projektbezogener, kieznaher Arbeit und Vernetzung vor Ort

 

1. SPD lädt ein.

 

Die Büros der SPD sind einziger fester Anlaufpunkt für Bürger*innen zur SPD. Sie sind unser Aushängeschild vor Ort. Sie sollten daher klar erkennbar sein und einladend wirken. Die Partei soll als Ansprechpartnerin vor Ort wahrgenommen werden.

 

Wir empfehlen eine zentrale Übersicht zu allen Büros und Anlaufstellen der SPD Berlin zu etablieren inkl. Karte mit Suchfunktion.

 

Die Kreisbüros sollten auch – da wo es räumlich möglich ist – für ehrenamtliche Angebote genutzt werden (z. B. Mieter*innenberatung, regelmäßige Diskussionsräume, „Auf einen Kaffee im Kiez“) („Lebendiger Ort = lebendige Partei“).

 

Neben Sprechstunden in den Büros sind mobile Bürgersprechstunden ein Mittel, um wieder stärker mit den Bürger*innen in Kontakt zu kommen. Wichtig dabei sind regelmäßig festgelegte Orte und Zeiten sowie eine vorherige Ankündigung durch die Partei.

 

Hilfreich wäre die Schaffung einer zentralen Übersicht zu allen mobilen Bürgersprechstunden / Infoständen von Gliederungen und Abgeordneten inkl. Kalender und Karte mit Suchfunktion sowie eine Vorlage für Vorankündigungen.

 

2. SPD geht raus.

 

Alle Gliederungen sind aufgefordert, stärker regelmäßige öffentliche Veranstaltungen zu organisieren, seien es Diskussionsrunde oder Stände im Straßenraum bzw. die regelmäßige Teilnahme an Demos, Festen und politischen Veranstaltungen. Im Infoportal sollen Best Practices für Veranstaltungsformate sowie ein Referent*innen-Pool gesammelt werden.

 

Die Organisationspolitische Kommission wird aufgefordert, einen Leitfaden zur Initiierung projektbezogener Arbeit inkl. Rollenbeschreibungen, Methoden und Musterplänen zu erstellen. Dieser soll im Infoportal der SPD Berlin veröffentlicht werden.

 

Neben dem Landesverband sind auch die Kreise und Abteilungen aufgefordert, für ihre Arbeit vor Ort eine Liste von Multiplikator*innen und wichtigen Ansprechpersonen vor Ort zu erstellen.

 

Alle Regelungen in diesem Antrag werden spätestens zum Ende der Wahlperiode 2026-2028 vom Landesvorstand evaluiert.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Kein Konsens)