Streaks? Die sind eher was für Duolingo, oder?
Doch bei manchen Arbeitgeber*innen sind Streaks gelebte Praxis im Betrieb und in der Entgeltordnung. Eine Sondervergütung in Form einer Aktiv- oder Gesundheitsprämie wird am Streak, also an die aufeinanderfolgende Anwesenheit, gekoppelt.
Immer mehr Arbeitgeber*innen setzen verstärkt auf solche Anwesenheitsprämien oder staffeln Boni nach Fehlzeiten, um Krankenstände zu reduzieren.
Ein Paradebeispiel liefert Amazon. Amazon-Mitarbeiter*innen können bis zu 10 % ihres Bruttolohns als Bonus erhalten, wobei 6 % an krankheitsbedingte Fehltage gekoppelt sind. Die Prämie setzt sich aus einem individuellen und einem Gruppenanteil zusammen: Mitarbeitende profitieren nur dann voll, wenn sie selbst keine Krankheitstage aufweisen und auch ihre Abteilung geringe Fehlzeiten aufweist.
Doch anders als bei Duolingo ist die Konsequenz keine verärgerte grüne Eule, sondern finanzielle Diskriminierung unter den Beschäftigten, die Übertragung der Verantwortung auf individuelle Arbeitnehmer*innen und die Aushöhlung der Fürsorgepflicht.
Diese Prämien schaffen eine Ungleichbehandlung unter Beschäftigten und setzen insbesondere FINTA*s, gesundheitlich Eingeschränkte, ältere und/ oder schwangere Arbeitnehmer*innen unter Druck.
Aktivprämien bevorzugen Beschäftigte, die ohnehin gesundheitlich privilegiert sind, und benachteiligen jene, die aufgrund von chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder anderen Einschränkungen nicht mithalten können. Arbeitnehmer*innen erscheinen dann krank zur Arbeit und setzen sich ungesunden Wettbewerben oder sogar Gruppenzwang aus, um finanziell nicht benachteiligt zu werden. Die gesundheitlichen Konsequenzen von Präsentismus vertiefen die körperlichen und finanziellen Kosten für betroffene Arbeitnehmer*innen und somit auch die Ungleichbehandlung.
Zudem fördern solche Modelle eine individualisierte Verantwortung für Gesundheit, anstatt strukturelle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen voranzutreiben. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber*innen wird damit umgangen. Statt individueller Anreize müssen Unternehmen in präventive Maßnahmen und verbesserte Arbeitsbedingungen investieren.
Wir fordern also ein umfassendes Verbot derartiger Prämienmodelle.