I. Solidarische Sicherheit in Zeiten sozialer und digitaler Spaltung
Die Sozialdemokratie steht nach der Bundestagswahl 2017 und angesichts widersprüchlicher gesellschaftlicher Entwicklungen in Europa, Deutschland und in Metropolen wie Berlin vor neuen Herausforderungen. Wir müssen unsere programmatischen Antworten im Lichte auseinanderdriftender sozialer Milieus und einer zunehmenden Ungleichverteilung öffentlicher Güter (zu denen auch soziale Absicherung, innere Sicherheit, Zugänge zu Bildung und Arbeit gehören) neu justieren. Die Organisation und Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit war und ist die Kernkompetenz und Aufgabe der Sozialdemokratie. Wenn jedoch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler damit jeweils etwas anderes und im Ergebnis somit keiner dasselbe mit diesem Ziel verbindet, so besteht die Herausforderung für die SPD darin, ihre Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit zeitgemäßer, präziser und alltagsnäher zu definieren und beschreiben. Hierzu ist die Entwicklung eines neuen Grundsatzprogrammes notwendig, das diese programmatische Neujustierung seriös angeht.
Anders als früher kann die Sozialdemokratie (in Europa wie in Deutschland) nicht mehr auf breite und gleichgerichtete Wahrnehmungen von sozialen Defiziten in der Bevölkerung zurückgreifen. Die Entwicklungen und Wahrnehmungen sind z.T. widersprüchlich. Dieselben technologischen, wirtschaftlichen oder sozialen Prozesse generieren gleichzeitig sowohl Gewinner als auch Verlierer, so dass pauschale und einfache Antworten auf Prozesse wie die Digitalisierung, die Globalisierung oder die Verteilung von Ressourcen schwieriger werden. Metropolen wie Berlin wirken hier wie Brenngläser in Bezug auf diese widersprüchlichen Entwicklungen.
Berlins Bevölkerung wächst, die Arbeitslosigkeit wurde halbiert, die Wirtschaft entwickelt sich mit einem Wachstum von 2,5 Prozent rasant. 2016 hat der Landeshaushalt mit einem Überschuss von rund 1,25 Milliarden Euro abgeschlossen. Berlin ist zu einer der attraktivsten Metropolen der Welt geworden. Und die Berlinerinnen und Berliner lieben ihre Stadt. Gleichwohl stellen uns die wachsende Stadt, zunehmende gesellschaftliche Gegensätze, Tendenzen der Individualisierung und größere Vielfalt vor Herausforderungen. Viele Menschen sind von diesem rasanten gesellschaftlichen Wandel verunsichert.
Die Berliner SPD muss sich diesen Ängsten stellen, indem sie ein solidarisches und sicheres Zusammenleben aller Menschen in dieser Stadt ermöglicht. Wir wollen ein freies und selbstbestimmtes Leben ohne Angst. Dies umfasst ein sicheres soziales Umfeld, die Gewissheit nicht die Wohnung zu verlieren und von Erwerbsarbeit leben zu können. Es setzt voraus, gegen Krankheit und im Alter abgesichert zu sein. Wir wollen einen Sozialstaat, der die individuellen Lebensrisiken solidarisch absichert und soziale Härten abfedert. Und wir wollen einen Rechtsstaat, der zuverlässig dafür sorgt, dass sich alle an die Regeln für ein friedliches Zusammenleben halten. Uns ist bewusst, dass das individuelle Sicherheitsgefühl von Menschen nicht nur von der tatsächlichen Bedrohungssituation abhängt, sondern auch von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Daher werden wir beide Dimensionen von Sicherheit in den Blick nehmen: wir stehen für soziale und für innere Sicherheit in unserer Stadt.
Unsere zentrale politische Aufgabe ist die Schaffung von innerer Sicherheit als Gegengewicht zu subtilen Ängsten, die zwar oftmals von Rechtspopulistinnen und -populisten bespielt und verstärkt werden, die für die Menschen jedoch real sind. Die Schaffung persönlicher Sicherheit ist auch eine Frage von mehr Polizei und Ordnungsamtsmitarbeiter/innen. Es geht aber auch und vor allem um die Schaffung von Lebenssicherheit in einer Gesellschaft, die sozialen Aufstieg für alle ermöglicht. Der Schutz vor dem Abstieg in Existenznot ist dabei ebenso dringlich und prioritär wie der Schutz davor, Opfer eines Verbrechens zu werden.
Wir müssen beweisen, dass wir den Menschen Sicherheit bieten können, Sicherheit für ihre (sehr unterschiedlichen) Lebensentwürfe, Sicherheit für ihren Alltag und Sicherheit in ihren vier Wänden. Erst wenn wir Sicherheit breit als Wunsch nach sozialer und persönlicher Sicherheit ernst nehmen, wird es gelingen, gute Politik für eine solidarische Stadt zu machen. In der globalisierten Welt kann nur mithalten, wer Wachstum und wirtschaftlichen Wohlstand in einer sicheren Gesellschaft gerecht verteilt. Diese solidarische Sicherheit zu gewährleisten ist das, was die Menschen von uns verlangen. Es ist das, was in unseren Zeiten des Umbruchs soziale Gerechtigkeit bedeutet.
II. Soziale Sicherheit
Berlins wirtschaftliche Entwicklung ist seit Jahren positiv, die Arbeitslosigkeit konnte halbiert, die Zahl neuer Stellen erheblich ausgeweitet werden. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen: Jeder zweite Arbeitsplatz wird nur befristet angeboten. In der boomenden Start up-Szene sind die meisten Soloselbständigen ohne soziale Absicherung. Die Digitalisierung der Arbeitswelt stellt Arbeitsplätze in Frage. Für uns bedeutet dies: Wachstum an sich ist kein Selbstzweck. Unser Ziel ist ein inklusives und nachhaltiges Wachstum, an dem alle teilhaben. Wir müssen einen Weg aufzeigen, wie alle mitkommen, wie Wohlstand und Sicherheit gerecht verteilt werden. Es geht um Wohlstand für alle in Zeiten der Digitalisierung, es geht darum, Digitalisierung und soziale Demokratie miteinander in Einklang zu bringen.
Bildung bleibt weiterhin der Schlüssel zur sozialen Sicherheit
Das Credo „Aufstieg durch Bildung“ ist nach wie vor richtig, der Ruf nach mehr Bildungsplanung und Kooperation auf Bundesebene aktueller und notwendiger denn je. Die nach wie vor vorhandene Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft muss durchbrochen werden. Auf Bundesebene müssen gleichwertige Ausgangsbedingungen durch massive Investitionen in Schulsanierungen, Ganztag, Inklusion und Digitalisierung der öffentlichen Schulen hergestellt werden. Berlin geht dabei bereits teilweise in Vorleistung mit einer bundesweit einzigartigen Schulbauoffensive, mit einer überdurchschnittlichen Inklusions- und Ganztagsquote. Ab 2018 muss mit Unterstützung durch den Bund eine Digitalisierungsoffensive der Berliner Schulen starten.
Wir machen unsere Schulen fit für die sich wandelnden Herausforderungen. Interkulturelle Öffnung und Inklusion und eine gute, praxisorientierte Berufs- und Studienorientierung sind fester Bestandteil der Schulkonzepte. Schulen mit besonderen Herausforderungen erhalten mehr Mittel.
Sicherung bezahlbaren Wohnraums und Mietenschutz
Sicherheit gibt das unmittelbare Lebensumfeld: bezahlbare Wohnung, gute Nachbarschaft und Versorgung. Vorkaufsrechte, aktive Liegenschaftspolitik, insbesondere Wohnungsneubau, Milieuschutzgebiete und eine wirksame Mietpreisbremse sind die richtigen Instrumente, um die Mietpreisspirale zu entschleunigen. Wir werden eine Bundesratsinitiative starten, um die Mieterhöhungsmöglichkeit nach Modernisierung gemäß § 559 BGB abzuschaffen. Vermieter sind auf die Mietererhöhungsmöglichkeit nach § 558 BGB zu verweisen. Um eine gute Nahversorgung mit kleinen Läden zu sichern, streben wir eine Mietpreisbremse für Gewerbe an. Immer mehr Seniorinnen und Senioren können sich die Miete kaum mehr leisten. Wir wollen sie stärker schützen: Ihren Zugang zur Wohngeldberatung werden wir erleichtern sowie einen absoluten Kündigungsschutz für Hochbetagte über 80 Jahren anregen. Bei unfreiwilliger Wohnungslosigkeit werden wir unabhängig vom Aufenthaltsstatus geeignete Unterkünfte bereitstellen. Die neue Taskforce zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit in Berlin setzt auf Unterstützungsmaßnahmen statt auf Repression.
Absicherung gegen Armut mit der Kindergrundsicherung
Die Vermeidung von Armut muss bei den Kindern beginnen. Deshalb bringt der Senat ein Programm zur Reduzierung der Kinderarmut auf den Weg, das gezielte Maßnahmen in allen Politikbereichen umfasst. Das Prinzip der „Präventionskette“ setzen wir von der „Frühen Hilfe“ rund um die Geburt über die Stadtteilmütter, ein flächendeckendes Kita-Angebot, verlässliche Ganztagsschulen, Schulsozialarbeit, freie Jugendarbeit, Jugendberufsagenturen und Familienbildung um. Wir unterstützen dabei insbesondere Alleinerziehende und auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Eltern. Dafür schaffen wir in allen Bezirken leistungsfähige Anlaufstellen zur Bündelung der Angebote. Auf der Bundesebene setzen wir uns für eine allgemeine und bedarfssichernde Kindergrundsicherung ein. Das Kindergeld darf nicht mehr auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden.
Sicherung umfassender Gesundheitsleistungen für alle
Wir wollen, dass alle Berlinerinnen und Berliner unabhängig von Einkommen, Sozialstatus, Herkunft und Geschlecht den gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen und Pflege haben. Dafür brauchen wir dort Arztpraxen, wo Menschen Behandlung benötigen und nicht dort, wo viel verdient werden kann – vor allem Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte. Weil sich Notfälle nicht nach Öffnungszeiten von Praxen richten, regeln wir die Notfallversorgung neu. Die Gesundheitsämter werden personell gestärkt, damit auch Menschen mit wenig Einkommen medizinisch erreicht werden können. Wir investieren mehr in Krankenhäuser und die Pflege. Wir wollen die Krankenversicherung von Solo-Selbständigen verbessern und ermöglichen Landesbeamten/innen den Schritt in die gesetzliche Krankenversicherung – damit gehen wir wichtige Schritte auf dem Weg in eine Bürgerversicherung.
Um die besseren Leistungen in der Pflegeversicherung für breite Bevölkerungskreise nutzbar zu machen, stärken für die flächendeckende Beratung in den Berliner Pflegestützpunkten. Damit die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf – vor allem für Frauen – nicht zu Armut führt, setzen wir uns für Lohnfortzahlungen bei Erwerbsunterbrechung ein: Wir wollen ein sogenanntes Pflegegeld, vergleichbar mit dem Elterngeld.
Berlin sorgt für unbefristete Arbeitsverträge!
Unfreiwillige Teilzeit und befristete Arbeitsverträge schaffen hohe Unsicherheiten bei Beschäftigten und wirken sich negativ auf Lebensplanungen aus. Das Land Berlin schafft alle sachgrundlosen Befristungen in der Verwaltung, an den Hochschulen sowie bei den Landesunternehmen einschließlich ihrer Beteiligungen ab. Die Stärkung des Arbeitsschutzes gerade für Beschäftigte in kleineren Betrieben unterstützen wir durch Einführung eines Arbeitsschutz-Telefons. Wir setzen außerdem konsequent den Mindestlohn durch – v.a. bei den öffentlichen Vergaben. Die steigende Digitalisierung werden wir mit dem Ziel sicherer Arbeitsplätze und garantierter Mitbestimmung gestalten.
Neue Wege denken!
Über die beschriebenen Maßnahmen hinaus benötigen wir aber auch Mut und Offenheit für neue Wege in der sozialen Sicherung und Aktivierung. Statt den Ausschluss aus der Gesellschaft zu finanzieren müssen, wir die gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten. Hierzu kann das Modell des solidarischen Grundeinkommens ein Weg sein, um Langzeitarbeitslosen aus der Hartz IV-Falle zu helfen. In Kombination mit der Bürgerversicherung kann so eine breite Absicherung gegen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersarmut entwickelt werden. Im Sinne einer Gesellschaft, in der jeder und jede nach seinen bzw. ihren Möglichkeiten etwas einzahlt: sei es über Steuern und Bürger/innen-Abgaben oder durch Solidararbeit für die Gemeinschaft, für die es ein solidarisches Grundeinkommen gibt.
III. Innere Sicherheit
Für uns Sozialdemokraten steht die Würde des Menschen im Zentrum unseres politischen Auftrags. Die Würde des Menschen kommt nur zur Geltung, wenn wir unser Leben in Gemeinschaft mit anderen selbst und ohne Angst frei bestimmen können. Dazu gehört die Gewährleistung der Freiheitsrechte ebenso wie die Teilhabe am politischen, kulturellen und sozialen Leben. Wir treten ein für gleiche Freiheit und gleiche Lebenschancen, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht.
Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren
Zu einem sicheren Leben gehört für die Berliner SPD ein starker Rechtsstaat. Wir stehen für das staatliche Gewaltmonopol. Der demokratische Rechtsstaat kann und muss jegliche Gewalt, auch die eigene, dem Recht unterwerfen. Sicherheit vor Gewalt und Kriminalität darf niemals zum Privileg derer werden, die sie sich leisten können. Dieses Versprechen des Staates ist die Kehrseite seines Gewaltmonopols. Daher dulden wir keine rechtsfreien Räume und schauen wir einer Verwahrlosung nicht tatenlos zu. Dort wo Regeln des Zusammenlebens verletzt werden, müssen diese zeitnah und wahrnehmbar eingefordert und Verstöße geahndet werden. Das fängt bei der privaten Müllentsorgung auf dem Bürgersteig oder in öffentlichen Parks an, geht über Gefährdungen durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr weiter und endet oftmals gerade nicht mit vermeintlich ersten „Jugendsünden“ wie Fahrrad- und Ladendiebstahl. Wie der Sozialstaat muss der Rechtsstaat im Alltag erlebbar sein, damit er seine Bindekraft entfalten kann.
Sicherheit ist für uns der politisch verbürgte und staatlich organisierte Schutz aller in Berlin lebenden Menschen, insbesondere aber auch der Schwächeren durch das Recht.
Zur Stärke des Rechts gehören Schutz und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Verhältnismäßigkeit. Absolute Sicherheit gibt es nicht einmal um den Preis einer Aufgabe der Freiheit. Daher werden wir bei allen geeigneten präventiven und repressiven Maßnahmen abwägen, ob sie im Einzelfall erforderlich und in Bezug auf den angestrebten Zweck angemessen sind. Das gilt besonders für das Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf das Recht auf Privatheit. Wir wenden uns gegen gruppenbezogenen Generalverdacht. Racial Profiling lehnen wir ab.
Wir wissen auch, dass nicht jedes Problem mit Polizei und Strafverfolgung gelöst werden kann. Insbesondere im Bereich der Jugendkriminalität und im Bereich der Drogen- und Armutskriminalität lassen sich durch Polizei und Strafverfolgung oftmals nur die Symptome bekämpfen. Die Ursachen für diese Phänomene müssen mindestens genauso intensiv angegangen werden. Für uns ist Sozialpolitik auch ein Beitrag zur inneren Sicherheit. Umgekehrt sind für uns aber auch eine gut aufgestellte Polizei und Justiz Garanten des demokratischen Rechts- und Sozialstaats. Wir haben daher die Einstellungszahlen im Vollzugsdienst der Polizei und Feuerwehr deutlich erhöht; im Doppelhaushalt 2018/19 werden 800 zusätzliche Stellen für Polizistinnen und Polizisten sowie 350 zusätzliche Stellen für Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner geschaffen.
Wir spielen die Menschen nicht gegeneinander aus
Das Spiel der Populistinnen und Populisten, aus den Ängsten unserer Mitbürger Profit zu schlagen, weisen wir zurück. Wir wenden uns dagegen, Schwache gegen Schwächere auszuspielen. Wir halten entschieden dagegen, wenn Ängste gegen Minderheiten instrumentalisiert oder gar als Begründung für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit herangezogen werden.
Wir verbessern die Alltagssicherheit in Berlin, stärken die Berliner Polizei und die bezirklichen Ordnungsämter
Berlin soll sicherer werden. Die öffentliche Sicherheit in der Stadt kann nur erhöht werden, wenn die Präsenz der Polizei und der Ordnungsämter insbesondere an Kriminalitätsschwerpunkten und Brennpunkten in der Stadt verstärkt wird. Dafür braucht es mehr und besser bezahltes Personal bei der Polizei und in den Außendiensten der Ordnungsämter. Wir erhöhen die Personalausstattung der Polizei stetig und werden die Einsatzkräfte vor Ort verstärken. Wir bringen die technische Infrastruktur und die persönliche Ausrüstung bei der Polizei auf den neuesten Stand und sorgen für gute Ausbildung sowie stetige Weiterqualifizierung des Personals.
Die Bemühungen um eine eigene Ausbildung der Außendienstkräfte der Ordnungsämter müssen wieder aufgenommen und beschleunigt werden. Der schwierigen Problematik der Personalakquise muss mit eigener Ausbildung entgegengewirkt werden. Es bedarf einer Ausweitung der Dienstzeiten der bezirklichen Ordnungsämter, die den Realitäten der Großstadt entsprechen. Die derzeit gültigen Dienstzeiten der Ordnungsämter von 6 bis 22 Uhr werden der tatsächlichen Lage in der Stadt nicht gerecht. Der Außendienst der Ordnungsämter darf nicht nur im Ausnahmefall, sondern muss auch im Regelfall in den Nachtstunden eingesetzt werden können.
Wir arbeiten für eine landesweite Strategie gegen Kriminalität und Gewalt
Wir brauchen eine landesweit abgestimmte Strategie gegen Kriminalität, Bedrohung durch Gewalt und durch negative Entwicklungen in bestimmten Brennpunktgebieten der Stadt. Wir wollen eine Verbesserung der tatsächlichen Sicherheitslage wie auch des Sicherheitsempfindens in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Straßenland und in öffentlichen Grünanlagen. Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung hat für uns eine hohe Priorität. Eine stärkere behörden- und ressortübergreifende Zusammenarbeit der Ordnungsbehörden werden wir unter der Berücksichtigung von Datenschutzstandards sowie persönliche Freiheitsrechten ermöglichen.
Um der organisierten Kriminalität konsequent die Stirn zu bieten, müssen Standards und bessere Möglichkeiten des Austausches von Wissen und Daten entwickelt werden. Dies betrifft insbesondere die Nachverfolgung und Austrocknung von Geld- und Finanzströmen in den Geschäftsfeldern der organisierten Kriminalität. Wir fordern ein zentrales deutschlandweites Immobilienregister, um Geldwäsche bekämpfen zu können.
Wir wollen die Investitionen in ein gepflegtes Stadtbild und in den öffentlichen Nahverkehr einschließlich der entsprechenden Unterhaltungskosten erhöhen. Sauberkeit, Ordnung und eine gute Instandhaltung der öffentlichen Infrastruktur tragen wesentlich zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls bei.
Wir unterstützen ein schnelleres und konsequenteres Ahnden von Straftaten
Wir stärken die Berliner Justiz, indem wir sie besser mit Personal ausstatten und eine schnellere Bearbeitung von Strafverfahren ermöglichen. Auch im Justizvollzugsbereich ist personell nachzusteuern.
Die Möglichkeiten der besseren Beweissicherung sollen ausgeschöpft werden. Dazu gehört auch eine Einführung der Videoüberwachung an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten. Diese kann bei der Ermittlung von Täterinnen und Tätern hilfreich sein. Diese darf jedoch nur anlassbezogen und temporär (mobile Videotechnik) eingesetzt werden. Eine flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung ist nicht zielführend und steht nicht mit einer grundrechtsfreundlichen Sicherheitspolitik im Einklang. Aufgrund der vielfältigen und sich stets verändernden sicherheitspolitischen Herausforderungen, müssen zur Erreichung von mehr Sicherheit die effektivsten Mittel gewählt werden. Um dies sicherzustellen, wird die Wirkung von Videoüberwachung an den ausgewählten Orten evaluiert und die Ergebnisse werden als Grundlage für weitere Entscheidungen zur Erreichung von mehr Sicherheit miteinbezogen.
Wir wollen bezirkliche Präventionsräte einsetzen, um frühzeitig insbesondere Jugendkriminalität entgegenzuwirken. Das Modell der „Staatsanwaltschaft für den Ort“ im Bereich der Jugendkriminalität und der „Staatsanwaltschaft für den Ort“ im Bereich der organisierten Kriminalität soll berlinweit ausgebaut werden. Jugendliche Intensivtäterinnen und -täter haben immer eine „Schulkarriere“, die mit Schwänzen beginnt und mit verfestigter Schuldistanz endet. Wir werden die frühe und schnelle Intervention bei Schwänzern verstärken und die Bezirke, Schulaufsicht und Familien- und Jugendgerichte auf konsequente Sanktionen bei Wiederholungsfällen ausrichten.
Wir bauen die Terrorabwehr und den Katastrophenschutz aus
Terror und Katastrophen vorzubeugen, ist eine vordringliche Aufgabe der Sicherheitspolitik. Wir bauen die Vorsorge durch bessere Infrastruktur, schnelleren Datenaustausch und gezieltes Einsatztraining der Sicherheitskräfte aus. Gemeinsam mit dem Bund und anderen Ländern schaffen wir die Voraussetzungen für konsequentes und gezieltes Vorgehen gegen islamistische Gefährderinnen und Gefährder, ohne Personengruppen unter Generalverdacht zu stellen. Wir sorgen für optimale Vernetzung und Handlungsfähigkeit aller Sicherheitsbehörden im Katastrophenfalle. Dazu gehören für uns auch ein umfassender Opferschutz sowie die Wahrung von Persönlichkeitsrechten von Unbeteiligten. Wir werden nicht zulassen, dass der Terrorismus dazu führt, dass Freiheitsrechte kollektiv beschnitten werden.
Konsequent gegen Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt – für eine Stadt der Vielfalt
Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt gehören auch in Berlin leider zum Alltag. In unserer Stadt werden beispielsweise Menschen, die sich für unsere Demokratie und eine offene Gesellschaft engagieren, von Rechtsextremisten bedroht und ihre Autos angezündet. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Angriffe von Extremistinnen und Extremisten und Islamistinnen und Islamisten auf unsere Demokratie bekämpfen wir konsequent mit allen gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln und mit Prävention. Unsere Demokratie braucht eine Kultur gleichen Respekts für alle Menschen! Deshalb verbessern wir den Schutz vor Diskriminierung durch ein eigenes Landesantidiskriminierungsgesetz. Außerdem stärken wir die Zivilgesellschaft. Das Landesprogramm „Demokratie. Vielfalt. Respekt – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ wird deutlich ausgebaut.
IV. Sicher in die Zukunft
Die Berliner SPD steht künftig konsequent für beide Seiten gesellschaftlicher Sicherheit: die Berlinerinnen und Berliner müssen sowohl in sozialer Hinsicht als auch in Bezug auf alle Dimensionen der persönlichen Sicherheit abgesichert sein. Dafür steht ein moderner Sozial- und Rechtsstaat, dessen Akzeptanz und Bindekraft sowohl von der objektiven Absicherung von Lebensrisiken als auch von subjektiv wahrgenommener Alltagssicherheit abhängt. Nur eine Gesellschaft, die soziale und persönliche Sicherheit miteinander in Einklang bringt, die die dazu notwendigen öffentlichen Güter allen Bürgerinnen und Bürgern verlässlich zur Verfügung stellt und damit verstärkenden Spaltungs- und Verunsicherungstendenzen entgegenwirkt, ist eine solidarische Gesellschaft. Diesem erneuerten Verständnis sozialer Gerechtigkeit in Zeiten sozialer und digitaler Spaltung sind wir verpflichtet.
# Änderungsanträge Ini01-II-2017 Impulspapier
Impulspapier: Sicherheitspolitik in Berlin
I. Solidarische Sicherheit in Zeiten sozialer und digitaler Spaltung
Die Sozialdemokratie steht nach der Bundestagswahl 2017 und angesichts widersprüchlicher gesellschaftlicher Entwicklungen in Europa, Deutschland und in Metropolen wie Berlin vor neuen Herausforderungen. Wir müssen unsere programmatischen Antworten im Lichte auseinanderdriftender sozialer Milieus und einer zunehmenden Ungleichverteilung öffentlicher Güter (zu denen auch soziale Absicherung, innere Sicherheit, Zugänge zu Bildung und Arbeit gehören) neu justieren. Die Organisation und Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit war und ist die Kernkompetenz und Aufgabe der Sozialdemokratie. Wenn jedoch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler damit jeweils etwas anderes und im Ergebnis somit keiner dasselbe mit diesem Ziel verbindet, so besteht die Herausforderung für die SPD darin, ihre Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit zeitgemäßer, präziser und alltagsnäher zu definieren und beschreiben. Hierzu ist die Entwicklung eines neuen Grundsatzprogrammes notwendig, das diese programmatische Neujustierung seriös angeht.
Anders als früher kann die Sozialdemokratie (in Europa wie in Deutschland) nicht mehr auf breite und gleichgerichtete Wahrnehmungen von sozialen Defiziten in der Bevölkerung zurückgreifen. Die Entwicklungen und Wahrnehmungen sind z.T. widersprüchlich. Dieselben technologischen, wirtschaftlichen oder sozialen Prozesse generieren gleichzeitig sowohl Gewinner als auch Verlierer, so dass pauschale und einfache Antworten auf Prozesse wie die Digitalisierung, die Globalisierung oder die Verteilung von Ressourcen schwieriger werden. Metropolen wie Berlin wirken hier wie Brenngläser in Bezug auf diese widersprüchlichen Entwicklungen.
Berlins Bevölkerung wächst, die Arbeitslosigkeit wurde halbiert, die Wirtschaft entwickelt sich mit einem Wachstum von 2,5 Prozent rasant. 2016 hat der Landeshaushalt mit einem Überschuss von rund 1,25 Milliarden Euro abgeschlossen. Berlin ist zu einer der attraktivsten Metropolen der Welt geworden. Und die Berlinerinnen und Berliner lieben ihre Stadt. Gleichwohl stellen uns die wachsende Stadt, zunehmende gesellschaftliche Gegensätze, Tendenzen der Individualisierung und größere Vielfalt vor Herausforderungen. Viele Menschen sind von diesem rasanten gesellschaftlichen Wandel verunsichert.
Die Berliner SPD muss sich diesen Ängsten stellen, indem sie ein solidarisches und sicheres Zusammenleben aller Menschen in dieser Stadt ermöglicht. Wir wollen ein freies und selbstbestimmtes Leben ohne Angst. Dies umfasst ein sicheres soziales Umfeld, die Gewissheit nicht die Wohnung zu verlieren und von Erwerbsarbeit leben zu können. Es setzt voraus, gegen Krankheit und im Alter abgesichert zu sein. Wir wollen einen Sozialstaat, der die individuellen Lebensrisiken solidarisch absichert und soziale Härten abfedert. Und wir wollen einen Rechtsstaat, der zuverlässig dafür sorgt, dass sich alle an die Regeln für ein friedliches Zusammenleben halten. Uns ist bewusst, dass das individuelle Sicherheitsgefühl von Menschen nicht nur von der tatsächlichen Bedrohungssituation abhängt, sondern auch von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Daher werden wir beide Dimensionen von Sicherheit in den Blick nehmen: wir stehen für soziale und für innere Sicherheit in unserer Stadt.
Unsere zentrale politische Aufgabe ist die Schaffung von innerer Sicherheit als Gegengewicht zu subtilen Ängsten, die zwar oftmals von Rechtspopulistinnen und -populisten bespielt und verstärkt werden, die für die Menschen jedoch real sind. Die Schaffung persönlicher Sicherheit ist auch eine Frage von mehr Polizei und Ordnungsamtsmitarbeiter/innen. Es geht aber auch und vor allem um die Schaffung von Lebenssicherheit in einer Gesellschaft, die sozialen Aufstieg für alle ermöglicht. Der Schutz vor dem Abstieg in Existenznot ist dabei ebenso dringlich und prioritär wie der Schutz davor, Opfer eines Verbrechens zu werden.
Wir müssen beweisen, dass wir den Menschen Sicherheit bieten können, Sicherheit für ihre (sehr unterschiedlichen) Lebensentwürfe, Sicherheit für ihren Alltag und Sicherheit in ihren vier Wänden. Erst wenn wir Sicherheit breit als Wunsch nach sozialer und persönlicher Sicherheit ernst nehmen, wird es gelingen, gute Politik für eine solidarische Stadt zu machen. In der globalisierten Welt kann nur mithalten, wer Wachstum und wirtschaftlichen Wohlstand in einer sicheren Gesellschaft gerecht verteilt. Diese solidarische Sicherheit zu gewährleisten ist das, was die Menschen von uns verlangen. Es ist das, was in unseren Zeiten des Umbruchs soziale Gerechtigkeit bedeutet.
II. Soziale Sicherheit
Berlins wirtschaftliche Entwicklung ist seit Jahren positiv, die Arbeitslosigkeit konnte halbiert, die Zahl neuer Stellen erheblich ausgeweitet werden. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen: Jeder zweite Arbeitsplatz wird nur befristet angeboten. In der boomenden Start up-Szene sind die meisten Soloselbständigen ohne soziale Absicherung. Die Digitalisierung der Arbeitswelt stellt Arbeitsplätze in Frage. Für uns bedeutet dies: Wachstum an sich ist kein Selbstzweck. Unser Ziel ist ein inklusives und nachhaltiges Wachstum, an dem alle teilhaben. Wir müssen einen Weg aufzeigen, wie alle mitkommen, wie Wohlstand und Sicherheit gerecht verteilt werden. Es geht um Wohlstand für alle in Zeiten der Digitalisierung, es geht darum, Digitalisierung und soziale Demokratie miteinander in Einklang zu bringen.
Bildung bleibt weiterhin der Schlüssel zur sozialen Sicherheit
Das Credo „Aufstieg durch Bildung“ ist nach wie vor richtig, der Ruf nach mehr Bildungsplanung und Kooperation auf Bundesebene aktueller und notwendiger denn je. Die nach wie vor vorhandene Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft muss durchbrochen werden. Auf Bundesebene müssen gleichwertige Ausgangsbedingungen durch massive Investitionen in Schulsanierungen, Ganztag, Inklusion und Digitalisierung der öffentlichen Schulen hergestellt werden. Berlin geht dabei bereits teilweise in Vorleistung mit einer bundesweit einzigartigen Schulbauoffensive, mit einer überdurchschnittlichen Inklusions- und Ganztagsquote. Ab 2018 muss mit Unterstützung durch den Bund eine Digitalisierungsoffensive der Berliner Schulen starten.
Wir machen unsere Schulen fit für die sich wandelnden Herausforderungen. Interkulturelle Öffnung und Inklusion und eine gute, praxisorientierte Berufs- und Studienorientierung sind fester Bestandteil der Schulkonzepte. Schulen mit besonderen Herausforderungen erhalten mehr Mittel.
Sicherung bezahlbaren Wohnraums und Mietenschutz
Sicherheit gibt das unmittelbare Lebensumfeld: bezahlbare Wohnung, gute Nachbarschaft und Versorgung. Vorkaufsrechte, aktive Liegenschaftspolitik, insbesondere Wohnungsneubau, Milieuschutzgebiete und eine wirksame Mietpreisbremse sind die richtigen Instrumente, um die Mietpreisspirale zu entschleunigen. Wir werden eine Bundesratsinitiative starten, um die Mieterhöhungsmöglichkeit nach Modernisierung gemäß § 559 BGB abzuschaffen. Vermieter sind auf die Mietererhöhungsmöglichkeit nach § 558 BGB zu verweisen. Um eine gute Nahversorgung mit kleinen Läden zu sichern, streben wir eine Mietpreisbremse für Gewerbe an. Immer mehr Seniorinnen und Senioren können sich die Miete kaum mehr leisten. Wir wollen sie stärker schützen: Ihren Zugang zur Wohngeldberatung werden wir erleichtern sowie einen absoluten Kündigungsschutz für Hochbetagte über 80 Jahren anregen. Bei unfreiwilliger Wohnungslosigkeit werden wir unabhängig vom Aufenthaltsstatus geeignete Unterkünfte bereitstellen. Die neue Taskforce zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit in Berlin setzt auf Unterstützungsmaßnahmen statt auf Repression.
Absicherung gegen Armut mit der Kindergrundsicherung
Die Vermeidung von Armut muss bei den Kindern beginnen. Deshalb bringt der Senat ein Programm zur Reduzierung der Kinderarmut auf den Weg, das gezielte Maßnahmen in allen Politikbereichen umfasst. Das Prinzip der „Präventionskette“ setzen wir von der „Frühen Hilfe“ rund um die Geburt über die Stadtteilmütter, ein flächendeckendes Kita-Angebot, verlässliche Ganztagsschulen, Schulsozialarbeit, freie Jugendarbeit, Jugendberufsagenturen und Familienbildung um. Wir unterstützen dabei insbesondere Alleinerziehende und auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Eltern. Dafür schaffen wir in allen Bezirken leistungsfähige Anlaufstellen zur Bündelung der Angebote. Auf der Bundesebene setzen wir uns für eine allgemeine und bedarfssichernde Kindergrundsicherung ein. Das Kindergeld darf nicht mehr auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden.
Sicherung umfassender Gesundheitsleistungen für alle
Wir wollen, dass alle Berlinerinnen und Berliner unabhängig von Einkommen, Sozialstatus, Herkunft und Geschlecht den gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen und Pflege haben. Dafür brauchen wir dort Arztpraxen, wo Menschen Behandlung benötigen und nicht dort, wo viel verdient werden kann – vor allem Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte. Weil sich Notfälle nicht nach Öffnungszeiten von Praxen richten, regeln wir die Notfallversorgung neu. Die Gesundheitsämter werden personell gestärkt, damit auch Menschen mit wenig Einkommen medizinisch erreicht werden können. Wir investieren mehr in Krankenhäuser und die Pflege. Wir wollen die Krankenversicherung von Solo-Selbständigen verbessern und ermöglichen Landesbeamten/innen den Schritt in die gesetzliche Krankenversicherung – damit gehen wir wichtige Schritte auf dem Weg in eine Bürgerversicherung.
Um die besseren Leistungen in der Pflegeversicherung für breite Bevölkerungskreise nutzbar zu machen, stärken für die flächendeckende Beratung in den Berliner Pflegestützpunkten. Damit die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf – vor allem für Frauen – nicht zu Armut führt, setzen wir uns für Lohnfortzahlungen bei Erwerbsunterbrechung ein: Wir wollen ein sogenanntes Pflegegeld, vergleichbar mit dem Elterngeld.
Berlin sorgt für unbefristete Arbeitsverträge!
Unfreiwillige Teilzeit und befristete Arbeitsverträge schaffen hohe Unsicherheiten bei Beschäftigten und wirken sich negativ auf Lebensplanungen aus. Das Land Berlin schafft alle sachgrundlosen Befristungen in der Verwaltung, an den Hochschulen sowie bei den Landesunternehmen einschließlich ihrer Beteiligungen ab. Die Stärkung des Arbeitsschutzes gerade für Beschäftigte in kleineren Betrieben unterstützen wir durch Einführung eines Arbeitsschutz-Telefons. Wir setzen außerdem konsequent den Mindestlohn durch – v.a. bei den öffentlichen Vergaben. Die steigende Digitalisierung werden wir mit dem Ziel sicherer Arbeitsplätze und garantierter Mitbestimmung gestalten.
Neue Wege denken!
Über die beschriebenen Maßnahmen hinaus benötigen wir aber auch Mut und Offenheit für neue Wege in der sozialen Sicherung und Aktivierung. Statt den Ausschluss aus der Gesellschaft zu finanzieren müssen, wir die gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten. Hierzu kann die Debatte über solidarischen Grundeinkommens ein Weg sein, um Langzeitarbeitslosen aus der Hartz IV-Falle zu helfen. In Kombination mit der Bürgerversicherung kann so eine breite Absicherung gegen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersarmut entwickelt werden. Im Sinne einer Gesellschaft, in der jeder und jede nach seinen bzw. ihren Möglichkeiten etwas einzahlt: sei es über Steuern und Bürger/innen-Abgaben oder durch Solidararbeit für die Gemeinschaft, für die es ein solidarisches Grundeinkommen gibt.
III. Innere Sicherheit
Für uns Sozialdemokraten steht die Würde des Menschen im Zentrum unseres politischen Auftrags. Die Würde des Menschen kommt nur zur Geltung, wenn wir unser Leben in Gemeinschaft mit anderen selbst und ohne Angst frei bestimmen können. Dazu gehört die Gewährleistung der Freiheitsrechte ebenso wie die Teilhabe am politischen, kulturellen und sozialen Leben. Wir treten ein für gleiche Freiheit und gleiche Lebenschancen, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht.
Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren
Zu einem sicheren Leben gehört für die Berliner SPD ein starker Rechtsstaat. Wir stehen für das staatliche Gewaltmonopol. Der demokratische Rechtsstaat kann und muss jegliche Gewalt, auch die eigene, dem Recht unterwerfen. Sicherheit vor Gewalt und Kriminalität darf niemals zum Privileg derer werden, die sie sich leisten können. Dieses Versprechen des Staates ist die Kehrseite seines Gewaltmonopols. Daher dulden wir keine rechtsfreien Räume und schauen wir einer Verwahrlosung nicht tatenlos zu. Dort wo Regeln des Zusammenlebens verletzt werden, müssen diese zeitnah und wahrnehmbar eingefordert und Verstöße geahndet werden. Das fängt bei der privaten Müllentsorgung auf dem Bürgersteig oder in öffentlichen Parks an, geht über Gefährdungen durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr weiter und endet oftmals gerade nicht mit vermeintlich ersten „Jugendsünden“ wie Fahrrad- und Ladendiebstahl. Wie der Sozialstaat muss der Rechtsstaat im Alltag durchgesetzt werden, damit er seine Bindekraft entfalten kann.
Sicherheit ist für uns der politisch verbürgte und staatlich organisierte Schutz aller in Berlin lebenden Menschen, insbesondere aber auch der Schwächeren durch das Recht.
Zur Stärke des Rechts gehören Schutz und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Verhältnismäßigkeit. Absolute Sicherheit gibt es nicht einmal um den Preis einer Aufgabe der Freiheit. Daher werden wir bei allen geeigneten präventiven und repressiven Maßnahmen abwägen, ob sie im Einzelfall erforderlich und in Bezug auf den angestrebten Zweck angemessen sind. Das gilt besonders für das Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf das Recht auf Privatheit. Wir wenden uns gegen gruppenbezogenen Generalverdacht. Racial Profiling lehnen wir ab.
Wir wissen auch, dass nicht jedes Problem mit Polizei und Strafverfolgung gelöst werden kann. Insbesondere im Bereich der Jugendkriminalität und im Bereich der Drogen- und Armutskriminalität lassen sich durch Polizei und Strafverfolgung oftmals nur die Symptome bekämpfen. Die Ursachen für diese Phänomene müssen mindestens genauso intensiv angegangen werden. Für uns ist Sozialpolitik auch ein Beitrag zur inneren Sicherheit. Umgekehrt sind für uns aber auch eine gut aufgestellte Polizei und Justiz Garanten des demokratischen Rechts- und Sozialstaats. Wir haben daher die Einstellungszahlen im Vollzugsdienst der Polizei und Feuerwehr deutlich erhöht; im Doppelhaushalt 2018/19 werden 800 zusätzliche Stellen für Polizistinnen und Polizisten sowie 350 zusätzliche Stellen für Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner geschaffen. Wir investieren in die innere Sicherheit und erhöhen weiter deutlich und zeitnah die Besoldung der Beamten und Richter, um einerseits im Wettbewerb um die besten Bewerberinnen und Bewerber wieder mithalten zu können und andererseits um die Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen zu verdeutlichen.
Wir spielen die Menschen nicht gegeneinander aus
Das Spiel der Populistinnen und Populisten, aus den Ängsten unserer Mitbürger Profit zu schlagen, weisen wir zurück. Wir wenden uns dagegen, Schwache gegen Schwächere auszuspielen. Wir halten entschieden dagegen, wenn Ängste gegen Minderheiten instrumentalisiert oder gar als Begründung für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit herangezogen werden.
Wir verbessern die Alltagssicherheit in Berlin, stärken die Berliner Polizei und die bezirklichen Ordnungsämter
Berlin soll sicherer werden. Die öffentliche Sicherheit in der Stadt kann nur erhöht werden, wenn die Präsenz der Polizei und der Ordnungsämter insbesondere an Kriminalitätsschwerpunkten und Brennpunkten in der Stadt verstärkt wird. Dafür braucht es mehr und besser bezahltes Personal bei der Polizei und in den Außendiensten der Ordnungsämter. Wir erhöhen die Personalausstattung der Polizei stetig und werden die Einsatzkräfte vor Ort verstärken. Wir bringen die technische Infrastruktur und die persönliche Ausrüstung bei der Polizei auf den neuesten Stand und sorgen für gute Ausbildung sowie stetige Weiterqualifizierung des Personals.
Die Bemühungen um eine eigene Ausbildung der Außendienstkräfte der Ordnungsämter müssen wieder aufgenommen und beschleunigt werden. Der schwierigen Problematik der Personalakquise muss mit eigener Ausbildung entgegengewirkt werden. Es bedarf einer Ausweitung der Dienstzeiten der bezirklichen Ordnungsämter, die den Realitäten der Großstadt entsprechen. Die derzeit gültigen Dienstzeiten der Ordnungsämter von 6 bis 22 Uhr werden der tatsächlichen Lage in der Stadt nicht gerecht. Der Außendienst der Ordnungsämter darf nicht nur im Ausnahmefall, sondern muss auch im Regelfall in den Nachtstunden eingesetzt werden können.
Wir arbeiten für eine landesweite Strategie gegen Kriminalität und Gewalt
Wir brauchen eine landesweit abgestimmte Strategie gegen Kriminalität, Bedrohung durch Gewalt und durch negative Entwicklungen in bestimmten Brennpunktgebieten der Stadt. Wir wollen eine Verbesserung der tatsächlichen Sicherheitslage wie auch des Sicherheitsempfindens in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Straßenland und in öffentlichen Grünanlagen. Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung hat für uns eine hohe Priorität. Eine stärkere behörden- und ressortübergreifende Zusammenarbeit der Ordnungsbehörden werden wir unter der Berücksichtigung von Datenschutzstandards sowie persönliche Freiheitsrechten ermöglichen.
Um der organisierten Kriminalität konsequent die Stirn zu bieten, müssen Standards und bessere Möglichkeiten des Austausches von Wissen und Daten entwickelt werden. Dies betrifft insbesondere die Nachverfolgung und Austrocknung von Geld- und Finanzströmen in den Geschäftsfeldern der organisierten Kriminalität. Wir fordern ein zentrales deutschlandweites Immobilienregister, um Geldwäsche bekämpfen zu können.
Wir wollen die Investitionen in ein gepflegtes Stadtbild und in den öffentlichen Nahverkehr einschließlich der entsprechenden Unterhaltungskosten erhöhen. Sauberkeit, Ordnung und eine gute Instandhaltung der öffentlichen Infrastruktur tragen wesentlich zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls bei.
Wir unterstützen ein schnelleres und konsequenteres Ahnden von Straftaten
Wir stärken die Berliner Justiz, indem wir sie besser mit Personal ausstatten und eine schnellere Bearbeitung von Strafverfahren ermöglichen. Wir nehmen es nicht hin, dass Strafverfahren allein wegen der fehlenden Personalausstattung ohne Sanktionen eingestellt werden und Straftäter wegen der Dauer der Ermittlungs- und Strafverfahren (vorzeitig) entlassen werden müssen. Deshalb erhöhen wir zeitnah und deutlich die Anzahl der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und der Strafrichterinnen und Strafrichter und sorgen für zusätzliche Verhandlungs- und Diensträume und eine bessere IT-Ausstattung. Wir werden auch insbesondere die Anzahl der Beschäftigten in den Geschäftsstellen aller Gerichte erhöhen. Vor allem im Bereich der Wirtschafts-, Steuer- und Computerkriminalität werden wir konsequent dafür eintreten und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass illegal erworbenes Vermögen abgeschöpft wird.
Auch im Justizvollzugsbereich ist personell nachzusteuern. Zur inneren Sicherheit gehört auch, dass Straftäter in und nach der Haft besser resozialisiert werden, um sie auf ein straffreies Leben vorzubereiten. Dafür wollen wir die Möglichkeiten „Arbeit statt Strafe“ als Mittel der Resozialisierung deutlich ausweiten.
Die Möglichkeiten der besseren Beweissicherung sollen ausgeschöpft werden. Dazu gehört auch eine Einführung der Videoüberwachung an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten. Diese kann bei der Ermittlung von Täterinnen und Tätern hilfreich sein. Diese darf jedoch nur anlassbezogen und temporär (mobile Videotechnik) eingesetzt werden. Eine flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung ist nicht zielführend und steht nicht mit einer grundrechtsfreundlichen Sicherheitspolitik im Einklang. Aufgrund der vielfältigen und sich stets verändernden sicherheitspolitischen Herausforderungen, müssen zur Erreichung von mehr Sicherheit die effektivsten Mittel gewählt werden. Um dies sicherzustellen, wird die Wirkung von Videoüberwachung an den ausgewählten Orten evaluiert und die Ergebnisse werden als Grundlage für weitere Entscheidungen zur Erreichung von mehr Sicherheit miteinbezogen.
Wir wollen bezirkliche Präventionsräte einsetzen, um frühzeitig insbesondere Jugendkriminalität entgegenzuwirken. Das Modell der „Staatsanwaltschaft für den Ort“ im Bereich der Jugendkriminalität und der „Staatsanwaltschaft für den Ort“ im Bereich der organisierten Kriminalität soll berlinweit ausgebaut werden. Jugendliche Intensivtäterinnen und -täter haben immer eine „Schulkarriere“, die mit Schwänzen beginnt und mit verfestigter Schuldistanz endet. Wir werden die frühe und schnelle Intervention bei Schwänzern verstärken und die Bezirke, Schulaufsicht und Familien- und Jugendgerichte auf konsequente Sanktionen bei Wiederholungsfällen dringen.
Wir bauen die Terrorabwehr und den Katastrophenschutz aus
Terror und Katastrophen vorzubeugen, ist eine vordringliche Aufgabe der Sicherheitspolitik. Wir bauen die Vorsorge durch bessere Infrastruktur, schnelleren Datenaustausch und gezieltes Einsatztraining der Sicherheitskräfte aus. Gemeinsam mit dem Bund und anderen Ländern schaffen wir die Voraussetzungen für konsequentes und gezieltes Vorgehen gegen islamistische Gefährderinnen und Gefährder, ohne Personengruppen unter Generalverdacht zu stellen. Wir sorgen für optimale Vernetzung und Handlungsfähigkeit aller Sicherheitsbehörden im Katastrophenfalle. Dazu gehören für uns auch ein umfassender Opferschutz sowie die Wahrung von Persönlichkeitsrechten von Unbeteiligten. Wir werden nicht zulassen, dass der Terrorismus dazu führt, dass Freiheitsrechte kollektiv beschnitten werden.
Konsequent gegen Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt – für eine Stadt der Vielfalt
Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt gehören auch in Berlin leider zum Alltag. In unserer Stadt werden beispielsweise Menschen, die sich für unsere Demokratie und eine offene Gesellschaft engagieren, von Rechtsextremisten bedroht und ihre Autos angezündet. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Angriffe von Extremistinnen und Extremisten und Islamistinnen und Islamisten auf unsere Demokratie bekämpfen wir konsequent mit allen gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln und mit Prävention. Unsere Demokratie braucht eine Kultur gleichen Respekts für alle Menschen! Deshalb verbessern wir den Schutz vor Diskriminierung durch ein eigenes Landesantidiskriminierungsgesetz. Außerdem stärken wir die Zivilgesellschaft. Das Landesprogramm „Demokratie. Vielfalt. Respekt – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ wird deutlich ausgebaut.
IV. Sicher in die Zukunft
Die Berliner SPD steht künftig konsequent für beide Seiten gesellschaftlicher Sicherheit: die Berlinerinnen und Berliner müssen sowohl in sozialer Hinsicht als auch in Bezug auf alle Dimensionen der persönlichen Sicherheit abgesichert sein. Dafür steht ein moderner Sozial- und Rechtsstaat, dessen Akzeptanz und Bindekraft sowohl von der objektiven Absicherung von Lebensrisiken als auch von subjektiv wahrgenommener Alltagssicherheit abhängt. Nur eine Gesellschaft, die soziale und persönliche Sicherheit miteinander in Einklang bringt, die die dazu notwendigen öffentlichen Güter allen Bürgerinnen und Bürgern verlässlich zur Verfügung stellt und damit verstärkenden Spaltungs- und Verunsicherungstendenzen entgegenwirkt, ist eine solidarische Gesellschaft. Diesem erneuerten Verständnis sozialer Gerechtigkeit in Zeiten sozialer und digitaler Spaltung sind wir verpflichtet.
Die SPD Berlin erarabeitet auf Basis des Impulspapiers in 2018 ein Programmantrag „solidarische Sicherheit“. Hierzu stellt der Landesverband eine breite Debatte sicher. In die Debatte fließen die bereits eingereichten Änderungsanträge mit ein.
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Aktion | Seite | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Nicht abgestimmt | Ä-1 zum Antrag Ini01/II/2017 | Ändern | 1 | 1 | # Änderungsanträge Ini01-II-2017 Impulspapier |
Die SPD Berlin erarbeitet mit dem Impulspapier als Diskussionsgrundlage in 2018 ein Programmantrag „solidarische Sicherheit“. Hierzu stellt der Landesverband eine breite Debatte sicher. In die Debatte fließen die bereits eingereichten Änderungsanträge mit ein.
Änderungsanträge: http://parteitag.spd.berlin/app/uploads/%C3%84nderungsantr%C3%A4ge-Ini01-II-2017-Impulspapier.pdf
Impulspapier: Sicherheitspolitik in Berlin
I. Solidarische Sicherheit in Zeiten sozialer und digitaler Spaltung
Die Sozialdemokratie steht nach der Bundestagswahl 2017 und angesichts widersprüchlicher gesellschaftlicher Entwicklungen in Europa, Deutschland und in Metropolen wie Berlin vor neuen Herausforderungen. Wir müssen unsere programmatischen Antworten im Lichte auseinanderdriftender sozialer Milieus und einer zunehmenden Ungleichverteilung öffentlicher Güter (zu denen auch soziale Absicherung, innere Sicherheit, Zugänge zu Bildung und Arbeit gehören) neu justieren. Die Organisation und Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit war und ist die Kernkompetenz und Aufgabe der Sozialdemokratie. Wenn jedoch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler damit jeweils etwas anderes und im Ergebnis somit keiner dasselbe mit diesem Ziel verbindet, so besteht die Herausforderung für die SPD darin, ihre Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit zeitgemäßer, präziser und alltagsnäher zu definieren und beschreiben. Hierzu ist die Entwicklung eines neuen Grundsatzprogrammes notwendig, das diese programmatische Neujustierung seriös angeht.
Anders als früher kann die Sozialdemokratie (in Europa wie in Deutschland) nicht mehr auf breite und gleichgerichtete Wahrnehmungen von sozialen Defiziten in der Bevölkerung zurückgreifen. Die Entwicklungen und Wahrnehmungen sind z.T. widersprüchlich. Dieselben technologischen, wirtschaftlichen oder sozialen Prozesse generieren gleichzeitig sowohl Gewinner als auch Verlierer, so dass pauschale und einfache Antworten auf Prozesse wie die Digitalisierung, die Globalisierung oder die Verteilung von Ressourcen schwieriger werden. Metropolen wie Berlin wirken hier wie Brenngläser in Bezug auf diese widersprüchlichen Entwicklungen.
Berlins Bevölkerung wächst, die Arbeitslosigkeit wurde halbiert, die Wirtschaft entwickelt sich mit einem Wachstum von 2,5 Prozent rasant. 2016 hat der Landeshaushalt mit einem Überschuss von rund 1,25 Milliarden Euro abgeschlossen. Berlin ist zu einer der attraktivsten Metropolen der Welt geworden. Und die Berlinerinnen und Berliner lieben ihre Stadt. Gleichwohl stellen uns die wachsende Stadt, zunehmende gesellschaftliche Gegensätze, Tendenzen der Individualisierung und größere Vielfalt vor Herausforderungen. Viele Menschen sind von diesem rasanten gesellschaftlichen Wandel verunsichert.
Die Berliner SPD muss sich diesen Ängsten stellen, indem sie ein solidarisches und sicheres Zusammenleben aller Menschen in dieser Stadt ermöglicht. Wir wollen ein freies und selbstbestimmtes Leben ohne Angst. Dies umfasst ein sicheres soziales Umfeld, die Gewissheit nicht die Wohnung zu verlieren und von Erwerbsarbeit leben zu können. Es setzt voraus, gegen Krankheit und im Alter abgesichert zu sein. Wir wollen einen Sozialstaat, der die individuellen Lebensrisiken solidarisch absichert und soziale Härten abfedert. Und wir wollen einen Rechtsstaat, der zuverlässig dafür sorgt, dass sich alle an die Regeln für ein friedliches Zusammenleben halten. Uns ist bewusst, dass das individuelle Sicherheitsgefühl von Menschen nicht nur von der tatsächlichen Bedrohungssituation abhängt, sondern auch von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Daher werden wir beide Dimensionen von Sicherheit in den Blick nehmen: wir stehen für soziale und für innere Sicherheit in unserer Stadt.
Unsere zentrale politische Aufgabe ist die Schaffung von innerer Sicherheit als Gegengewicht zu subtilen Ängsten, die zwar oftmals von Rechtspopulistinnen und -populisten bespielt und verstärkt werden, die für die Menschen jedoch real sind. Die Schaffung persönlicher Sicherheit ist auch eine Frage von mehr Polizei und Ordnungsamtsmitarbeiter/innen. Es geht aber auch und vor allem um die Schaffung von Lebenssicherheit in einer Gesellschaft, die sozialen Aufstieg für alle ermöglicht. Der Schutz vor dem Abstieg in Existenznot ist dabei ebenso dringlich und prioritär wie der Schutz davor, Opfer eines Verbrechens zu werden.
Wir müssen beweisen, dass wir den Menschen Sicherheit bieten können, Sicherheit für ihre (sehr unterschiedlichen) Lebensentwürfe, Sicherheit für ihren Alltag und Sicherheit in ihren vier Wänden. Erst wenn wir Sicherheit breit als Wunsch nach sozialer und persönlicher Sicherheit ernst nehmen, wird es gelingen, gute Politik für eine solidarische Stadt zu machen. In der globalisierten Welt kann nur mithalten, wer Wachstum und wirtschaftlichen Wohlstand in einer sicheren Gesellschaft gerecht verteilt. Diese solidarische Sicherheit zu gewährleisten ist das, was die Menschen von uns verlangen. Es ist das, was in unseren Zeiten des Umbruchs soziale Gerechtigkeit bedeutet.
II. Soziale Sicherheit
Berlins wirtschaftliche Entwicklung ist seit Jahren positiv, die Arbeitslosigkeit konnte halbiert, die Zahl neuer Stellen erheblich ausgeweitet werden. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen: Jeder zweite Arbeitsplatz wird nur befristet angeboten. In der boomenden Start up-Szene sind die meisten Soloselbständigen ohne soziale Absicherung. Die Digitalisierung der Arbeitswelt stellt Arbeitsplätze in Frage. Für uns bedeutet dies: Wachstum an sich ist kein Selbstzweck. Unser Ziel ist ein inklusives und nachhaltiges Wachstum, an dem alle teilhaben. Wir müssen einen Weg aufzeigen, wie alle mitkommen, wie Wohlstand und Sicherheit gerecht verteilt werden. Es geht um Wohlstand für alle in Zeiten der Digitalisierung, es geht darum, Digitalisierung und soziale Demokratie miteinander in Einklang zu bringen.
Bildung bleibt weiterhin der Schlüssel zur sozialen Sicherheit
Das Credo „Aufstieg durch Bildung“ ist nach wie vor richtig, der Ruf nach mehr Bildungsplanung und Kooperation auf Bundesebene aktueller und notwendiger denn je. Die nach wie vor vorhandene Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft muss durchbrochen werden. Auf Bundesebene müssen gleichwertige Ausgangsbedingungen durch massive Investitionen in Schulsanierungen, Ganztag, Inklusion und Digitalisierung der öffentlichen Schulen hergestellt werden. Berlin geht dabei bereits teilweise in Vorleistung mit einer bundesweit einzigartigen Schulbauoffensive, mit einer überdurchschnittlichen Inklusions- und Ganztagsquote. Ab 2018 muss mit Unterstützung durch den Bund eine Digitalisierungsoffensive der Berliner Schulen starten.
Wir machen unsere Schulen fit für die sich wandelnden Herausforderungen. Interkulturelle Öffnung und Inklusion und eine gute, praxisorientierte Berufs- und Studienorientierung sind fester Bestandteil der Schulkonzepte. Schulen mit besonderen Herausforderungen erhalten mehr Mittel.
Sicherung bezahlbaren Wohnraums und Mietenschutz
Sicherheit gibt das unmittelbare Lebensumfeld: bezahlbare Wohnung, gute Nachbarschaft und Versorgung. Vorkaufsrechte, aktive Liegenschaftspolitik, insbesondere Wohnungsneubau, Milieuschutzgebiete und eine wirksame Mietpreisbremse sind die richtigen Instrumente, um die Mietpreisspirale zu entschleunigen. Wir werden eine Bundesratsinitiative starten, um die Mieterhöhungsmöglichkeit nach Modernisierung gemäß § 559 BGB abzuschaffen. Vermieter sind auf die Mietererhöhungsmöglichkeit nach § 558 BGB zu verweisen. Um eine gute Nahversorgung mit kleinen Läden zu sichern, streben wir eine Mietpreisbremse für Gewerbe an. Immer mehr Seniorinnen und Senioren können sich die Miete kaum mehr leisten. Wir wollen sie stärker schützen: Ihren Zugang zur Wohngeldberatung werden wir erleichtern sowie einen absoluten Kündigungsschutz für Hochbetagte über 80 Jahren anregen. Bei unfreiwilliger Wohnungslosigkeit werden wir unabhängig vom Aufenthaltsstatus geeignete Unterkünfte bereitstellen. Die neue Taskforce zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit in Berlin setzt auf Unterstützungsmaßnahmen statt auf Repression.
Absicherung gegen Armut mit der Kindergrundsicherung
Die Vermeidung von Armut muss bei den Kindern beginnen. Deshalb bringt der Senat ein Programm zur Reduzierung der Kinderarmut auf den Weg, das gezielte Maßnahmen in allen Politikbereichen umfasst. Das Prinzip der „Präventionskette“ setzen wir von der „Frühen Hilfe“ rund um die Geburt über die Stadtteilmütter, ein flächendeckendes Kita-Angebot, verlässliche Ganztagsschulen, Schulsozialarbeit, freie Jugendarbeit, Jugendberufsagenturen und Familienbildung um. Wir unterstützen dabei insbesondere Alleinerziehende und auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Eltern. Dafür schaffen wir in allen Bezirken leistungsfähige Anlaufstellen zur Bündelung der Angebote. Auf der Bundesebene setzen wir uns für eine allgemeine und bedarfssichernde Kindergrundsicherung ein. Das Kindergeld darf nicht mehr auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden.
Sicherung umfassender Gesundheitsleistungen für alle
Wir wollen, dass alle Berlinerinnen und Berliner unabhängig von Einkommen, Sozialstatus, Herkunft und Geschlecht den gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen und Pflege haben. Dafür brauchen wir dort Arztpraxen, wo Menschen Behandlung benötigen und nicht dort, wo viel verdient werden kann – vor allem Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte. Weil sich Notfälle nicht nach Öffnungszeiten von Praxen richten, regeln wir die Notfallversorgung neu. Die Gesundheitsämter werden personell gestärkt, damit auch Menschen mit wenig Einkommen medizinisch erreicht werden können. Wir investieren mehr in Krankenhäuser und die Pflege. Wir wollen die Krankenversicherung von Solo-Selbständigen verbessern und ermöglichen Landesbeamten/innen den Schritt in die gesetzliche Krankenversicherung – damit gehen wir wichtige Schritte auf dem Weg in eine Bürgerversicherung.
Um die besseren Leistungen in der Pflegeversicherung für breite Bevölkerungskreise nutzbar zu machen, stärken für die flächendeckende Beratung in den Berliner Pflegestützpunkten. Damit die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf – vor allem für Frauen – nicht zu Armut führt, setzen wir uns für Lohnfortzahlungen bei Erwerbsunterbrechung ein: Wir wollen ein sogenanntes Pflegegeld, vergleichbar mit dem Elterngeld.
Berlin sorgt für unbefristete Arbeitsverträge!
Unfreiwillige Teilzeit und befristete Arbeitsverträge schaffen hohe Unsicherheiten bei Beschäftigten und wirken sich negativ auf Lebensplanungen aus. Das Land Berlin schafft alle sachgrundlosen Befristungen in der Verwaltung, an den Hochschulen sowie bei den Landesunternehmen einschließlich ihrer Beteiligungen ab. Die Stärkung des Arbeitsschutzes gerade für Beschäftigte in kleineren Betrieben unterstützen wir durch Einführung eines Arbeitsschutz-Telefons. Wir setzen außerdem konsequent den Mindestlohn durch – v.a. bei den öffentlichen Vergaben. Die steigende Digitalisierung werden wir mit dem Ziel sicherer Arbeitsplätze und garantierter Mitbestimmung gestalten.
Neue Wege denken!
Über die beschriebenen Maßnahmen hinaus benötigen wir aber auch Mut und Offenheit für neue Wege in der sozialen Sicherung und Aktivierung. Statt den Ausschluss aus der Gesellschaft zu finanzieren müssen, wir die gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten. Hierzu kann die Debatte über solidarischen Grundeinkommens ein Weg sein, um Langzeitarbeitslosen aus der Hartz IV-Falle zu helfen. In Kombination mit der Bürgerversicherung kann so eine breite Absicherung gegen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersarmut entwickelt werden. Im Sinne einer Gesellschaft, in der jeder und jede nach seinen bzw. ihren Möglichkeiten etwas einzahlt: sei es über Steuern und Bürger/innen-Abgaben oder durch Solidararbeit für die Gemeinschaft, für die es ein solidarisches Grundeinkommen gibt.
III. Innere Sicherheit
Für uns Sozialdemokraten steht die Würde des Menschen im Zentrum unseres politischen Auftrags. Die Würde des Menschen kommt nur zur Geltung, wenn wir unser Leben in Gemeinschaft mit anderen selbst und ohne Angst frei bestimmen können. Dazu gehört die Gewährleistung der Freiheitsrechte ebenso wie die Teilhabe am politischen, kulturellen und sozialen Leben. Wir treten ein für gleiche Freiheit und gleiche Lebenschancen, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht.
Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren
Zu einem sicheren Leben gehört für die Berliner SPD ein starker Rechtsstaat. Wir stehen für das staatliche Gewaltmonopol. Der demokratische Rechtsstaat kann und muss jegliche Gewalt, auch die eigene, dem Recht unterwerfen. Sicherheit vor Gewalt und Kriminalität darf niemals zum Privileg derer werden, die sie sich leisten können. Dieses Versprechen des Staates ist die Kehrseite seines Gewaltmonopols. Daher dulden wir keine rechtsfreien Räume und schauen wir einer Verwahrlosung nicht tatenlos zu. Dort wo Regeln des Zusammenlebens verletzt werden, müssen diese zeitnah und wahrnehmbar eingefordert und Verstöße geahndet werden. Das fängt bei der privaten Müllentsorgung auf dem Bürgersteig oder in öffentlichen Parks an, geht über Gefährdungen durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr weiter und endet oftmals gerade nicht mit vermeintlich ersten „Jugendsünden“ wie Fahrrad- und Ladendiebstahl. Wie der Sozialstaat muss der Rechtsstaat im Alltag durchgesetzt werden, damit er seine Bindekraft entfalten kann.
Sicherheit ist für uns der politisch verbürgte und staatlich organisierte Schutz aller in Berlin lebenden Menschen, insbesondere aber auch der Schwächeren durch das Recht.
Zur Stärke des Rechts gehören Schutz und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Verhältnismäßigkeit. Absolute Sicherheit gibt es nicht einmal um den Preis einer Aufgabe der Freiheit. Daher werden wir bei allen geeigneten präventiven und repressiven Maßnahmen abwägen, ob sie im Einzelfall erforderlich und in Bezug auf den angestrebten Zweck angemessen sind. Das gilt besonders für das Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf das Recht auf Privatheit. Wir wenden uns gegen gruppenbezogenen Generalverdacht. Racial Profiling lehnen wir ab.
Wir wissen auch, dass nicht jedes Problem mit Polizei und Strafverfolgung gelöst werden kann. Insbesondere im Bereich der Jugendkriminalität und im Bereich der Drogen- und Armutskriminalität lassen sich durch Polizei und Strafverfolgung oftmals nur die Symptome bekämpfen. Die Ursachen für diese Phänomene müssen mindestens genauso intensiv angegangen werden. Für uns ist Sozialpolitik auch ein Beitrag zur inneren Sicherheit. Umgekehrt sind für uns aber auch eine gut aufgestellte Polizei und Justiz Garanten des demokratischen Rechts- und Sozialstaats. Wir haben daher die Einstellungszahlen im Vollzugsdienst der Polizei und Feuerwehr deutlich erhöht; im Doppelhaushalt 2018/19 werden 800 zusätzliche Stellen für Polizistinnen und Polizisten sowie 350 zusätzliche Stellen für Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner geschaffen. Wir investieren in die innere Sicherheit und erhöhen weiter deutlich und zeitnah die Besoldung der Beamten und Richter, um einerseits im Wettbewerb um die besten Bewerberinnen und Bewerber wieder mithalten zu können und andererseits um die Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen zu verdeutlichen.
Wir spielen die Menschen nicht gegeneinander aus
Das Spiel der Populistinnen und Populisten, aus den Ängsten unserer Mitbürger Profit zu schlagen, weisen wir zurück. Wir wenden uns dagegen, Schwache gegen Schwächere auszuspielen. Wir halten entschieden dagegen, wenn Ängste gegen Minderheiten instrumentalisiert oder gar als Begründung für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit herangezogen werden.
Wir verbessern die Alltagssicherheit in Berlin, stärken die Berliner Polizei und die bezirklichen Ordnungsämter
Berlin soll sicherer werden. Die öffentliche Sicherheit in der Stadt kann nur erhöht werden, wenn die Präsenz der Polizei und der Ordnungsämter insbesondere an Kriminalitätsschwerpunkten und Brennpunkten in der Stadt verstärkt wird. Dafür braucht es mehr und besser bezahltes Personal bei der Polizei und in den Außendiensten der Ordnungsämter. Wir erhöhen die Personalausstattung der Polizei stetig und werden die Einsatzkräfte vor Ort verstärken. Wir bringen die technische Infrastruktur und die persönliche Ausrüstung bei der Polizei auf den neuesten Stand und sorgen für gute Ausbildung sowie stetige Weiterqualifizierung des Personals.
Die Bemühungen um eine eigene Ausbildung der Außendienstkräfte der Ordnungsämter müssen wieder aufgenommen und beschleunigt werden. Der schwierigen Problematik der Personalakquise muss mit eigener Ausbildung entgegengewirkt werden. Es bedarf einer Ausweitung der Dienstzeiten der bezirklichen Ordnungsämter, die den Realitäten der Großstadt entsprechen. Die derzeit gültigen Dienstzeiten der Ordnungsämter von 6 bis 22 Uhr werden der tatsächlichen Lage in der Stadt nicht gerecht. Der Außendienst der Ordnungsämter darf nicht nur im Ausnahmefall, sondern muss auch im Regelfall in den Nachtstunden eingesetzt werden können.
Wir arbeiten für eine landesweite Strategie gegen Kriminalität und Gewalt
Wir brauchen eine landesweit abgestimmte Strategie gegen Kriminalität, Bedrohung durch Gewalt und durch negative Entwicklungen in bestimmten Brennpunktgebieten der Stadt. Wir wollen eine Verbesserung der tatsächlichen Sicherheitslage wie auch des Sicherheitsempfindens in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Straßenland und in öffentlichen Grünanlagen. Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung hat für uns eine hohe Priorität. Eine stärkere behörden- und ressortübergreifende Zusammenarbeit der Ordnungsbehörden werden wir unter der Berücksichtigung von Datenschutzstandards sowie persönliche Freiheitsrechten ermöglichen.
Um der organisierten Kriminalität konsequent die Stirn zu bieten, müssen Standards und bessere Möglichkeiten des Austausches von Wissen und Daten entwickelt werden. Dies betrifft insbesondere die Nachverfolgung und Austrocknung von Geld- und Finanzströmen in den Geschäftsfeldern der organisierten Kriminalität. Wir fordern ein zentrales deutschlandweites Immobilienregister, um Geldwäsche bekämpfen zu können.
Wir wollen die Investitionen in ein gepflegtes Stadtbild und in den öffentlichen Nahverkehr einschließlich der entsprechenden Unterhaltungskosten erhöhen. Sauberkeit, Ordnung und eine gute Instandhaltung der öffentlichen Infrastruktur tragen wesentlich zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls bei.
Wir unterstützen ein schnelleres und konsequenteres Ahnden von Straftaten
Wir stärken die Berliner Justiz, indem wir sie besser mit Personal ausstatten und eine schnellere Bearbeitung von Strafverfahren ermöglichen. Wir nehmen es nicht hin, dass Strafverfahren allein wegen der fehlenden Personalausstattung ohne Sanktionen eingestellt werden und Straftäter wegen der Dauer der Ermittlungs- und Strafverfahren (vorzeitig) entlassen werden müssen. Deshalb erhöhen wir zeitnah und deutlich die Anzahl der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und der Strafrichterinnen und Strafrichter und sorgen für zusätzliche Verhandlungs- und Diensträume und eine bessere IT-Ausstattung. Wir werden auch insbesondere die Anzahl der Beschäftigten in den Geschäftsstellen aller Gerichte erhöhen. Vor allem im Bereich der Wirtschafts-, Steuer- und Computerkriminalität werden wir konsequent dafür eintreten und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass illegal erworbenes Vermögen abgeschöpft wird.
Auch im Justizvollzugsbereich ist personell nachzusteuern. Zur inneren Sicherheit gehört auch, dass Straftäter in und nach der Haft besser resozialisiert werden, um sie auf ein straffreies Leben vorzubereiten. Dafür wollen wir die Möglichkeiten „Arbeit statt Strafe“ als Mittel der Resozialisierung deutlich ausweiten.
Die Möglichkeiten der besseren Beweissicherung sollen ausgeschöpft werden. Dazu gehört auch eine Einführung der Videoüberwachung an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten. Diese kann bei der Ermittlung von Täterinnen und Tätern hilfreich sein. Diese darf jedoch nur anlassbezogen und temporär (mobile Videotechnik) eingesetzt werden. Eine flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung ist nicht zielführend und steht nicht mit einer grundrechtsfreundlichen Sicherheitspolitik im Einklang. Aufgrund der vielfältigen und sich stets verändernden sicherheitspolitischen Herausforderungen, müssen zur Erreichung von mehr Sicherheit die effektivsten Mittel gewählt werden. Um dies sicherzustellen, wird die Wirkung von Videoüberwachung an den ausgewählten Orten evaluiert und die Ergebnisse werden als Grundlage für weitere Entscheidungen zur Erreichung von mehr Sicherheit miteinbezogen.
Wir wollen bezirkliche Präventionsräte einsetzen, um frühzeitig insbesondere Jugendkriminalität entgegenzuwirken. Das Modell der „Staatsanwaltschaft für den Ort“ im Bereich der Jugendkriminalität und der „Staatsanwaltschaft für den Ort“ im Bereich der organisierten Kriminalität soll berlinweit ausgebaut werden. Jugendliche Intensivtäterinnen und -täter haben immer eine „Schulkarriere“, die mit Schwänzen beginnt und mit verfestigter Schuldistanz endet. Wir werden die frühe und schnelle Intervention bei Schwänzern verstärken und die Bezirke, Schulaufsicht und Familien- und Jugendgerichte auf konsequente Sanktionen bei Wiederholungsfällen dringen.
Wir bauen die Terrorabwehr und den Katastrophenschutz aus
Terror und Katastrophen vorzubeugen, ist eine vordringliche Aufgabe der Sicherheitspolitik. Wir bauen die Vorsorge durch bessere Infrastruktur, schnelleren Datenaustausch und gezieltes Einsatztraining der Sicherheitskräfte aus. Gemeinsam mit dem Bund und anderen Ländern schaffen wir die Voraussetzungen für konsequentes und gezieltes Vorgehen gegen islamistische Gefährderinnen und Gefährder, ohne Personengruppen unter Generalverdacht zu stellen. Wir sorgen für optimale Vernetzung und Handlungsfähigkeit aller Sicherheitsbehörden im Katastrophenfalle. Dazu gehören für uns auch ein umfassender Opferschutz sowie die Wahrung von Persönlichkeitsrechten von Unbeteiligten. Wir werden nicht zulassen, dass der Terrorismus dazu führt, dass Freiheitsrechte kollektiv beschnitten werden.
Konsequent gegen Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt – für eine Stadt der Vielfalt
Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt gehören auch in Berlin leider zum Alltag. In unserer Stadt werden beispielsweise Menschen, die sich für unsere Demokratie und eine offene Gesellschaft engagieren, von Rechtsextremisten bedroht und ihre Autos angezündet. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Angriffe von Extremistinnen und Extremisten und Islamistinnen und Islamisten auf unsere Demokratie bekämpfen wir konsequent mit allen gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln und mit Prävention. Unsere Demokratie braucht eine Kultur gleichen Respekts für alle Menschen! Deshalb verbessern wir den Schutz vor Diskriminierung durch ein eigenes Landesantidiskriminierungsgesetz. Außerdem stärken wir die Zivilgesellschaft. Das Landesprogramm „Demokratie. Vielfalt. Respekt – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ wird deutlich ausgebaut.
IV. Sicher in die Zukunft
Die Berliner SPD steht künftig konsequent für beide Seiten gesellschaftlicher Sicherheit: die Berlinerinnen und Berliner müssen sowohl in sozialer Hinsicht als auch in Bezug auf alle Dimensionen der persönlichen Sicherheit abgesichert sein. Dafür steht ein moderner Sozial- und Rechtsstaat, dessen Akzeptanz und Bindekraft sowohl von der objektiven Absicherung von Lebensrisiken als auch von subjektiv wahrgenommener Alltagssicherheit abhängt. Nur eine Gesellschaft, die soziale und persönliche Sicherheit miteinander in Einklang bringt, die die dazu notwendigen öffentlichen Güter allen Bürgerinnen und Bürgern verlässlich zur Verfügung stellt und damit verstärkenden Spaltungs- und Verunsicherungstendenzen entgegenwirkt, ist eine solidarische Gesellschaft. Diesem erneuerten Verständnis sozialer Gerechtigkeit in Zeiten sozialer und digitaler Spaltung sind wir verpflichtet.