Antrag 246/I/2025 Gefängnisreform: Rückfallquote senken – Resozialisierung stärken

Das deutsche Strafvollzugssystem steht vor einer zentralen Herausforderung: Die Rückfallquote von Straftäter*innen ist zu hoch, und die bestehenden Resozialisierungsmaßnahmen reichen nicht aus, um eine nachhaltige gesellschaftliche Wiedereingliederung zu gewährleisten. Wer einmal im Gefängnis war, hat oft geringe Chancen auf einen erfolgreichen Neustart. Rund 44 % Entlassene werden wieder straffällig, bei Jugendlichen sind es sogar ca. 70%. Das führt zu einem Teufelskreis aus Inhaftierung und Rückfall, der nicht nur das Leben der Betroffenen prägt, sondern auch die Gesellschaft belastet.

 

Statt Gefängnisse als bloße Strafanstalten zu begreifen, müssen sie Orte der Resozialisierung werden und den Menschen eine echte zweite Chance ermöglichen. Nur so kann verhindert werden, dass Menschen nach ihrer Haftstrafe erneut straffällig werden. Wer nach der Haft ein stabiles Leben führen kann, wird nicht rückfällig – das schützt die Gesellschaft, reduziert Kriminalität und spart langfristig Kosten. Eine progressive Gefängnisreform ist daher nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der Vernunft. Ein modernes Gefängnis muss sich daher auf Bildung, berufliche Qualifikation und psychologische Betreuung konzentrieren.

 

Resozialisierung als oberstes Ziel des Strafvollzugs

Die hohe Rückfallquote zeigt, dass Strafverschärfungen in der Regel nicht die Lösung sind. Eine erfolgreiche Gefängnisreform muss darauf abzielen, Straffälligkeit langfristig zu reduzieren. Nicht hilfreich hierfür ist von Gefangenen verrichtete Arbeit, die lediglich mit zwischen 1 und 2 Euro pro Stunde entlohnt wird. Zwar kann Arbeit während der Haft grds. zur Resozialisierung beitragen. Es erscheint jedoch absurd anzunehmen, dass diese Form der Arbeit zu einem “Erkennen des Werts legaler Arbeit” oder gar die “Ermöglichung von Schadensersatzzahlungen an die Opfer” zur Folge hätte, wie diese Maßnahmen in den Justizvollzugsgesetzen der Länder häufig gerechtfertigt werden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat daher die enorm niedrigen Vergütungen in einzelnen Bundesländern zumindest teilweise für verfassungswidrig erklärt. Es muss sichergestellt werden, dass Inhaftierte nicht einfach nur ihre Strafe absitzen, sondern aktiv auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Dazu gehören:

 

  • Bessere Haftbedingungen mit Fokus auf Resozialisierung: Länder wie Norwegen zeigen, dass humane Haftbedingungen und gezielte Rehabilitationsprogramme zu niedrigeren Rückfallquoten führen.
  • Verpflichtende Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen: Wer nach der Haft eine berufliche Perspektive hat, wird seltener rückfällig. Wir fordern eine deutliche Ausweitung von Ausbildungs- und Weiterbildungsprogrammen in den Justizvollzugsanstalten (JVA).
  • Mehr Sozialarbeiter*innen und Betreuungspersonal in den JVAs: Resozialisierung funktioniert nur, wenn genügend Fachkräfte für individuelle Betreuung zur Verfügung stehen. Eine konsequente psychologische Betreuung während der Haft kann dazu beitragen, Rückfälle zu verhindern. Es gibt Haftanstalten, in denen auf 70 Gefangene nur ein*e Beamt*in kommt. Bundesweit sind im Justizvollzug etwa 2.000 Planstellen unbesetzt.
  • Bessere Nachbetreuung für Haftentlassene: Haftentlassene brauchen Unterstützung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche sowie bei der sozialen Reintegration. Fehlt das steigt das Risiko in alte Muster zurückzufallen signifikant. Wir fordern ein System, das ehemalige Gefangene durch Mentor*innenprogramme und Unterstützungsangebote nachhaltig begleitet und das eine engere Verzahnung zwischen Strafvollzug, Sozialarbeit und Arbeitsmarktpolitik gewährleistet. Im Allgemeinen fordern wir eine verpflichtende Garantie für psychosoziale Wiedereingliederungsmaßnahmen im Anschluss an Haftstrafen.
  • Mehr Prävention, weniger Rückfälle: Die Präventionsmaßnahmen müssen zusätzlich ausgeweitet werden. Besonders wichtig sind Veranstaltungen an Schulen und die enge Zusammenarbeit mit Jugendlichen.

 

Daher fordern wir:

 

  • Ausbau verpflichtender Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Inhaftierte.
  • Einführung eines ganzheitlichen psychologischen Betreuungsprogramms in allen Justizvollzugsanstalten insbesondere mit Blick auf psychische Krankheiten und Suchterkrankungen.
  • Stärkung des Übergangsmanagements durch engere Zusammenarbeit mit Arbeitsagenturen, Jobcentern, Sozialämtern, Wohnungsämtern und sozialen Trägern.
  • Verbesserung der Haftbedingungen, um die Resozialisierung zu fördern.
  • Einstellung zusätzlicher Sozialarbeiter*innen und Betreuungskräfte für Justizvollzugsanstalten und die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen.
  • Einführung eines verpflichtenden Nachbetreuungsprogramms für Haftentlassene.
  • Wissenschaftliche Evaluierung bestehender Resozialisierungsmaßnahmen und deren Anpassung an aktuelle Erkenntnisse.
  • eine gerechte Entlohnung der von Inhaftierten geleisteten Arbeit – mindestens mit Mindestlohn.
  • ein Gutachten, inwieweit Deutschland mit Vorbild von bspw. Schweden den Grad der Resozialisierung durch Maßnahmen wie Beibehalten des Jobs bei geringen Gefängnisstrafen oder mehr Freigang erhöhen kann.
Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Die SPD Berlin fordert:

  • Ausbau verpflichtender Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Inhaftierte.
  • Einführung eines ganzheitlichen psychologischen Betreuungsprogramms in allen Justizvollzugsanstalten insbesondere mit Blick auf psychische Krankheiten und Suchterkrankungen.
  • Stärkung des Übergangsmanagements durch engere Zusammenarbeit mit Arbeitsagenturen, Jobcentern, Sozialämtern, Wohnungsämtern und sozialen Trägern.
  • Verbesserung der Haftbedingungen, um die Resozialisierung zu fördern.
  • Einstellung zusätzlicher Sozialarbeiter*innen und Betreuungskräfte für Justizvollzugsanstalten und die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen.
  • Einführung eines verpflichtenden Nachbetreuungsprogramms für Haftentlassene.
  • Wissenschaftliche Evaluierung bestehender Resozialisierungsmaßnahmen und deren Anpassung an aktuelle Erkenntnisse.
  • eine gerechte Entlohnung der von Inhaftierten geleisteten Arbeit – mindestens mit Mindestlohn.
  • ein Gutachten, inwieweit Deutschland mit Vorbild von bspw. Schweden den Grad der Resozialisierung durch Maßnahmen wie Beibehalten des Jobs bei geringen Gefängnisstrafen oder mehr Freigang erhöhen kann.