Das Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr (FF) bietet für viele Menschen einen Ort zur Selbstverwirklichung und zur Gestaltung der Gesellschaft und spielt außerdem eine große Rolle für gesellschaftliche Solidarität. In der Jugendfeuerwehr als Untergruppe der Freiwilligen Feuerwehr werden Jugendlichen wichtige Werte für das Zusammenleben vermittelt. Dieses Engagement muss wertgeschätzt werden.
Laut Berliner Feuerwehrgesetz besteht die Berliner Feuerwehr aus Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr. Die Freiwillige Feuerwehr hat daher für die öffentliche Sicherheit in Berlin den gleichen Auftrag wie die Berufsfeuerwehr. Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr müssen vor ihrem ersten Einsatz daher eine 230-stündige Qualifizierung absolvieren, die innerhalb von zwei Jahren nach dem Eintritt abgeschlossen sein muss. Dennoch tragen die Ehrenamtlichen einen maßgeblichen Anteil an der zivilen Sicherheit Berlins mit insgesamt 454.143 Einsätzen im Jahr 2016.
Nicht erst seit diesem Jahr stehen die personal- und finanzwirtschaftlichen Mängel der Berliner Feuerwehr im Fokus. Wie aus einer Schriftlichen Anfrage an die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hervorgeht, beträgt der Investitionsstau allein beim Fuhrpark der Berliner Feuerwehr 160 Millionen Euro. Die fehlenden Finanzmittel sind vor allem eine Folge der Sparpolitik der letzten Jahre.
Missstände wie den Fahrzeugmangel der Berufsfeuerwehr bekommt die Freiwillige Feuerwehr direkt zu spüren, weil dann Fahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr der Berufsfeuerwehr zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Einsatzbereitschaft einiger Wachen der Freiwilligen Feuerwehr ist deshalb bereits nicht gegeben oder gefährdet.
In der Gesellschaft genießt die Feuerwehr einen hohen Stellenwert. Dennoch nimmt das Engagement in den Jugendfeuerwehren und Freiwilligen Feuerwehren stetig ab. Des Weiteren werden häufiger tätliche Übergriffe auf Rettungskräfte registriert. Eine Werbe- und Imagekampagne für das freiwillige Engagement in der Feuerwehr mit dem Hintergrund der Sicherung des städtischen Lebens soll einerseits Respekt und Achtung für die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr in der Gesellschaft schaffen und im Idealfall die Eintrittszahlen in die Freiwilligen Feuerwehren erhöhen.
Forderungen
Um die Arbeit der Feuerwehr und die Tätigkeit der Ehrenamtlichen zu erleichtern fordern wir:
1) Eine ausgiebige Fahrzeugausschreibung und -beschaffung von mindestens 50 Fahrzeugen für den Typ LHF, sowie die Prüfung zur Anmietung von Einsatzfahrzeugen zur Überbrückung bis zum Eintreffen der beschafften Fahrzeuge
2) Eine Bezuschussung der Fördervereine der freiwilligen Feuerwehren Berlins mit mindestens 5€ pro Monat pro Freiwilliger*m aus öffentlicher Hand
3) Die Erhöhung des SIWANA-IV-Investitionsrahmens für die bauliche Sanierung von Feuerwehrgebäuden mit Fokus auf Umkleide- und Sanitärbereiche
4) Eine Imagekampagne für die Jugendfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehr durch die 28 Senatsverwaltung für Inneres und Sport
Die Berliner Feuerwehr hat laut Jahresbericht 2016 etwa 191 Löschfahrzeuge im Fuhrpark, davon ein Großteil sogenannte Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeuge (LHF). Aufgrund seiner vielseitigen Ausstattung ist das LHF das Allroundfahrzeug der Feuerwehr und wird bei Notrufen zu unterschiedlichsten Einsätzen alarmiert. Da in Berlin stets der „First Responder“, also das nahegelegenste einsatzbereite Fahrzeug, zu einem Notruf fährt, ist das LHF und seine Besatzung auch bei Rettungsdiensten tätig und unterstützt den Notärzt*innen- oder Rettungswagen vor oder nach dem Eintreffen. Im Jahr 2016 wurde das LHF insgesamt 72.132 Mal alarmiert und ist somit nach dem Rettungswagen und dem Notärzt*inneneinsatzwagen das am dritthäufigsten ausrückende Fahrzeug der Feuerwehr.
Nach aktueller Aussage des Landesfeuerwehrverbandes haben 80% der 108 einsatzfähigen LHF die vorgesehene Nutzungsdauer von 14 Jahren deutlich überschritten. Zur weiteren Sicherstellung der zeitnahen Versorgung der Bevölkerung bei Notrufen ist jetzt eine Investition in die Zukunft erforderlich. Die Beschaffung von mindestens 50 LHF neuer Bauart bedeutet bei Fahrzeugpreisen von 700k-1Mio Euro eine Zusatzinvestition von maximal 50Mio Euro. Um die Zeit zu überbrücken, die die Ausschreibung der Fahrzeuge und Bereitstellung durch den*die Hersteller*in in Anspruch nimmt, muss die Möglichkeit einer Anmietung von Leihfahrzeugen ähnlicher Bauart in Betracht gezogen werden.
Die Freiwilligen Feuerwehren Berlins haben zur Aufrechterhaltung des täglichen Betriebs und zur Anschaffung kleinerer Werkzeuge gemeinnützige Fördervereine gebildet, in denen die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren Mitglied sind. Da tendenziell jede Wache über einen eigenen Förderverein verfügt, gibt es in Berlin 57 Fördervereine der Freiwilligen Feuerwehren. Über einen jährlichen Beitragssatz und private Spenden werden die Ausstattung der Wache und die Bereitstellung von Speisen und Getränken auf der Wache sichergestellt. Aufgrund der behördenähnlichen Struktur der Freiwilligen Feuerwehren dürfen diese kein eigenes Kapital verwalten und haben in den Fördervereinen die Möglichkeit, kurzfristige Anschaffungen zu finanzieren. Die Bezuschussung der gemeinnützigen Fördervereine aus Mitteln der öffentlichen Hand ist rechtlich möglich, da die Fördervereine allgemeine Interessen der Stadt und ihrer Einwohner*innenschaft wahrnehmen. Eine Bezuschussung der Fördervereine aus öffentlicher Hand entlastet die Freiwilligen Feuerwehren finanziell und gibt den Feuerwehrangehörigen einen weiteren Spielraum bei der Ausstattung ihrer Wachen und Fahrzeuge.
Die bisher an die Feuerwehrangehörigen gezahlte Aufwandsentschädigung von 3,5 €/h soll durch eine Zahlung von 5 €/Monat pro Feuerwehrangehöriger*m an den Förderverein ergänzt werden. Diese zusätzliche Förderung wird nicht den Feuerwehrangehörigen ausgezahlt, sondern dient dem Förderverein für die Ausgaben der Wache. Die Höhe der monatlichen Förderpauschale soll zukünftig mit allen relevanten Partner*innen im Dialog evaluiert und ggf. angepasst werden.
Die Wachen der Feuerwehr befinden sich oft in stark sanierungsbedürftigem Zustand. Hierbei unterscheiden sich Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr kaum. Häufig stehen Umkleide- und Sanitärbereiche in keinem Verhältnis zu den wahrzunehmenden Aufgaben der Feuerwehrangehörigen. Wer nach einem Einsatz in der Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst auf die Wache zurückkehrt, benötigt Zeit für sich und Ruhe. Die zur Verfügung gestellten Umkleiden gewährleisten dies nicht. Die auf den Feuerwachen eingebauten Duschen vermitteln einen klaustrophobischen Eindruck und sind nicht dafür geeignet, einen zurückliegenden Einsatz verarbeiten zu können. Dazu kommt häufig, dass für alle Einsatzbeteiligten (mindestens 6 Feuerwehrangehörige auf einem Einsatzwagen) nur eine einzige Dusche zur Verfügung steht. Solche Zustände sind für die psychologischen Belastungen, denen Feuerwehrangehörige in Ihren täglichen Einsätzen ausgesetzt sind, nicht angemessen. Deshalb fordern wir, dass die Finanzmittel für die baulichen Maßnahmen deutlich erhöht werden und bei den Sanierungsmaßnahmen vorrangig für adäquate Sanitärbereiche eingesetzt werden. Im Jahr 2016 lagen die Investitionen für die Sanierung von Feuerwehrgebäuden bei lediglich 10Mio Euro.