Antrag 133/II/2025 Die Klimakrise hört nicht am Werkstor auf: betrieblicher Klimaschutz und Klimaanpassung als grundsätzliches Mitbestimmungsrecht!

Hitzerekord nach Hitzerekord wird übertroffen, in Deutschland steigen Temperaturen vielerorts auf über 35°C, stellenweise sogar bis zu 39°C, und was machen die meisten Arbeitgeber*innen? Die nehmen sich ganz schön aus der Verantwortung!

 

In Deutschland und Europa kommt es derzeit zu einer spürbaren Anpassung und in Teilen auch zum Rückzug von ESG-Verpflichtungen (Environmental, Social and Corporate Governance) durch Unternehmen und Konzerne. In der Praxis fahren zahlreiche Firmen ihre zuvor angekündigten ESG-Initiativen oder -Versprechen entweder zurück oder führen diese nur noch auf freiwilliger Basis weiter.

 

Doch wo bleibt das Gegengewicht auf (gesamt)betrieblicher Ebene? Welche Antworten können und dürfen betriebliche Akteur*innen liefern?

 

Bereits 2001 wurde Umweltschutz zu einer der allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates nach § 80 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Die Idee dahinter war, das Wissen der Beschäftigten zu nutzen, um vom Betrieb ausgehende Umweltbelastungen zu vermeiden. Doch wie sieht’s in der gelebten Praxis aus? Geht es lediglich um sachgerechte Mülltrennung oder um was Grundsätzliches?

 

Für die Arbeit der allermeisten Gremien spielt betrieblicher Umweltschutz bisher keine große Rolle. Bis 2020, also 19 Jahre nach der besagten Reform des BetrVG, wurden keine Arbeitsgerichtsverfahren zu Betriebsvereinbarungen zum betrieblichen Umweltschutz dokumentiert.

 

Ein zentraler Grund dafür ist, dass der Betriebsrat über kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zu Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes verfügt und lediglich Betriebsvereinbarungen auf freiwilliger Basis zu diesem verhandeln kann. Das Wort „Klima“ taucht nicht im BetrVG, also im Grundsatz für die betriebliche Demokratie in Deutschland, in seiner aktuellen Fassung gar nicht erst auf. Wie ist das mit den Realitäten unserer heutigen Gesellschaft und Arbeitswelt vereinbar?

 

Die schwarz-rote Bundesregierung strebt in dieser Legislaturperiode eine Modernisierung des BetrVG an, u.a. um Verfahren zu digitalisieren und ins 21. Jahrhundert zu holen. Dabei sind die Klimakrise und ihre Folgen schon längst auch eine betriebliche Herausforderung, die konsequente Maßnahmen in allen Wirtschaftsbereichen verlangt.

 

Beschäftigte und Auszubildende sind unmittelbar von betrieblichen Transformationsprozessen betroffen und müssen echte Mitgestaltungsmöglichkeiten erhalten, um sozial-ökologische Veränderungen aktiv einzufordern und abzusichern. Sie müssen sich proaktiv an Risiken für den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie strukturellen Risiken für die Beschäftigungssicherung arbeiten und über Amtszeiten hinaus längerfristige Lösung für den zukunftssicheren Betrieb anstreben dürfen.

 

Betrieblicher Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel müssen demokratisch und sozial gerecht gestaltet werden. Dazu zählt Stärkung der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) und Schwerbehindertenvertretung (SBV) bei Klima- und Umweltschutzfragen als wichtiger Beitrag für Generationengerechtigkeit und Inklusion im Betrieb.

 

In Anbetracht der fortwährenden Lage können wir es nicht hinnehmen, dass Klimaschutz in der betrieblichen Mitbestimmung keine Rolle spielt. Es ist unverzichtbar, auch und gerade Betriebsräte, JAVs und SBVs Akteur*innen des ökologischen Wandels zu gewinnen.

 

Wir fordern daher, dass Betriebsräte verbindlich und durchsetzungsstark über Maßnahmen mitbestimmen können, statt bloß informiert oder konsultiert zu werden.

 

Dabei genauer, dass:

 

  • das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dahingehend zu reformieren, dass Betriebsräte ein ausdrückliches, erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei allen Maßnahmen zum betrieblichen Klima- und Umweltschutz (§ 87 BetrVG) erhalten. Dazu gehören auch Fragen der Klimaanpassung und des organisatorischen, technischen sowie investiven betrieblichen Umweltmanagements. Wie bei anderen Mitbestimmungstatbeständen ist ein verbindliches Schlichtungsverfahren (Einigungsstelle) vorzusehen.
  • die Stärkung der Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie der Schwerbehindertenvertretung in diesen Fragen. Die JAV und SBV müssen in alle betriebsrätlichen Beratungen und Entscheidungen zu Klima- und Umweltschutzmaßnahmen systematisch eingebunden werden.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)