Grobe Schätzungen, unvollständige Datensätze und weit voneinander abweichende Zahlen sind bisher die einzigen Quellen, auf Grundlage derer Obdach- und Wohnungslosigkeit in den verschiedenen Städten oder im gesamten Bundesgebiet bewertet und der Bedarf an Hilfsnetzwerken und monetärer Unterstützung derer kalkuliert wird. In Deutschland werden bislang keine offiziellen Statistiken über Obdachlosigkeit geführt, bislang gibt es nur wenige ehrenamtliche Initiativen zur statistischen Erfassung in wenigen Städten.
Meist wird dem Wunsch nach einer Bundesstatistik, der von den vielen ehrenamtlichen Hilfseinrichtungen und den Dachverbänden der Obdachlosenhilfe geäußert wird, mit dem Argument begegnet, dass Obdach- und Wohnungslose, die nicht im Hilfesystem seien, auch nicht statistisch zu zählen seien. Doch gibt es auch die Möglichkeit, eine solche Statistik auch ohne den alleinigen Rückgriff auf bürokratische Meldedaten zu erstellen.
Um eine breitflächige Sensibilität in der Bevölkerung zu fördern und analog bestehende Problemlagen anzugehen bzw. die entsprechend notwendige Hilfe bereitstellen zu können, muss man das Ausmaß jenes Problems kennen. Solange es keine konkreten Zahlen gibt, fehlt jede Argumentationsgrundlage für die Bemessung des realen Bedarfs an Hilfe und demnach kann eine zielgerichtete, systematische Hilfe nicht gewährleistet werden. Insbesondre der Bedarf obdach- und wohnungsloser Frauen* wird häufig vernachlässigt und ist deshalb explizit durch eine nach Geschlecht differenzierte Statistik zu erfassen.
Forderung:
- Das Statistische Bundesamt und die Ämter für Statistik der Bundesländer sollen damit beauftragt werden eine bundesweite Obdach- und Wohnungslosenstatistik zu erarbeiten, die nach Bundesländern, Kommunen, und Bezirken gegliedert sein soll. Eine entsprechende Rechtslage zur Ermöglichung einer solchen Statistik soll geschaffen werden.
- Diese Statistik soll flächendeckend in ganz Deutschland durchgeführt werden, eine möglichst reale Zahl von Obdachlosen und Wohnungslosen widerspiegeln und Ballungsgebiete aufdecken. Dabei soll soweit wie möglich hinsichtlich Gemeinden bzw. Bezirken differenziert werden, um Bereiche klar eingrenzen zu können. Erfasst werden sollen alle relevanten Merkmale, nicht aber die Namen. Die statistische Erfassung soll anonymisiert sein. Ausschlaggebend für die statistische Erfassung ist das Merkmal der Obdach- oder Wohnungslosigkeit.
- Um das Bewusstsein für das Leben von wohnungs- und obdachlosen Menschen in der Gesellschaft zu schärfen, soll die Statistik öffentlichkeitswirksam z.B. im Bundespresseamt vorgestellt und breit in den zuständigen Gremien in den Bundes- und Landesministerien sowie den Parlamenten diskutiert werden.
Des Weiteren fordern wir die Einrichtung einer Kommission zur Evaluierung des bestehenden Hilfsnetzes unter Berücksichtigung des Bedarfs aller Geschlechter, der sich aus der Bundesobdach- und Wohnungslosenstatistik ergibt.
Dies soll zu einer Verbesserung der Hilfsangebote führen:
- Sensibilisierung hinsichtlich der Problematik in Deutschland
- Individuellere Hilfsangebote, wie Wohnungsvermittlungen
- Clearingstellen in den Ballungsgebieten für mehr Hilfe und Notfallschlafplätze
- Mehr Angebote für die psychische Gesundheit von Obdach- und Wohnungslosen in Ballungsgebieten
- Ausdehnung des Netzwerkes von den schon vorhandenen Hilfsangeboten
- Gezielte Ansprache der Obdach- und Wohnungslosen