Antrag 145/I/2025 Besseres Erasmus für alle – vor allem für Azubis!

Die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union sowie des Schengenraums ist eine der größten Errungenschaften, die der europäische Einigungsprozess hervorgebracht hat. Hierdurch können unter anderem junge Menschen deutlich einfacher verschiedene Teile Europas entdecken und die Menschen sowie Kulturen vor Ort kennenlernen. Für viele junge Menschen ist die Europäische Union und ihre Gemeinschaft aus dem Leben nicht mehr wegzudenken. Die Bedeutung des Austauschs für das Zusammenwachsen der Gesellschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten ist für die Zukunft des europäischen Projekts nicht hoch genug einzuschätzen.

 

Ein Programm, was vielen jungen Menschen die Möglichkeit bieten soll, einen Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten finanzieren zu können, ist das Erasmus+-Programm. Von Erasmus+ profitieren Lernende und Fachkräfte in der Schul-, Berufs-, Hochschul- und Erwachsenenbildung. Ebenso werden Mobilitätsprojekte in der Jugendarbeit und im Sport unterstützt. Das Programm wurde für den EU-Haushalt von 2021-2027 nahezu verdoppelt, gerät jedoch aktuell in seiner Höhe wieder unter Druck. Erstmals plant die EU in diesem Bereich eine Kürzung umzusetzen, was wir insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Drucks auf die EU ablehnen.

 

Vielmehr braucht es eine Ausweitung der Mittel, um mehr jungen Menschen einen Aufenthalt zu ermöglichen. Die Erasmus-Programme sind bereits eine Erfolgsgeschichte, wobei trotzdem einige Verbesserungsbedarfe, insbesondere für Auszubildende, erkennbar sind. Aktuell nutzen vor allem Menschen im Hochschulstudium die Möglichkeiten innerhalb der EU für mehrere Monate in einem anderen Land zu leben. Personen außerhalb von Universitäten profitieren deutlich seltener vom Angebot Erasmus, obwohl grundsätzlich die Möglichkeiten dazu besteht. Bildungseinrichtungen und Organisationen können entweder eine dauerhafte Akkreditierung oder die Förderung eines Kurzprojekts beantragen – sei es, um ihren Auszubildenden ein Auslandspraktikum zu ermöglichen oder ihre Ausbildenden im Ausland weiterzubilden. Dies hat verschiedene Ursachen, welche behoben werden müssen, um Menschen unabhängig von ihrem Bildungsgrad einen Aufenthalt im Ausland zu ermöglichen.

 

Der Erasmus+-Satz, den eine Person erhält, finanziert einen Teil des Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat. Dennoch schrecken die bleibenden Kosten für Studium, Ausbildung, Unterkunft und Verpflegung vor allem Menschen mit geringem Einkommen bzw. aus Familien mit geringem Einkommen ab, insbesondere da in diesen Zeitraum auf teilnehmende Personen eine doppelte Haushaltsführung zukommen kann und sie sich Sorgen machen müssen ihren ständigen Wohnsitz zu verlieren. Da aktuell viele Auszubildende von geringen Gehältern leben müssen, ist Erasmus nicht ohne finanzielle Sorgen möglich. Zudem sollte das Erasmus+-Programm Weiterbildungen umfassen, da auch in diesem Status des Erwerbslebens diese Erfahrungen sehr bereichernd sind.

 

Gleichzeitig sind viele Auszubildende im Beantragungsprozess mit diversen bürokratischen Hürden konfrontiert. Dies beginnt bereits im Informationsdefizit, da viele Auszubildende über die Betriebe oder die Berufsschulen gar nicht erfahren, dass für sie die Möglichkeit eines Aufenthaltes im Ausland über das Erasmus+-Programm besteht. Hiernach erschweren die uneinheitlichen Wege der Beantragung den Prozess, da der Betrieb entscheiden muss, ob ein*e Auszubildende*r diesen Auslandsaufenthalt durchführen kann. Hier zeigt sich ein deutliches Defizit gegenüber Universitäten, welche oft ein Beratungsangebot für Auslandsaufenthalte anbieten und Studierenden bei der Antragstellung direkt unterstützen. Deshalb fordern wir einen grundsätzlichen Anspruch auf das Erasmus+-Programm für Auszubildende mit einem begründungspflichtigen Widerspruchsrecht für die Betriebe.

 

Dies soll mit einer Vereinfachung und Vereinheitlichung der Beantragungsprozesse einhergehen. Eine potenzielle Möglichkeit sehen wir in der Schaffung einer Stelle an jeder Berufsschule zur Informationsvermittlung zum Erasmus+-Programm, angelehnt an den Prozess an Universitäten. Hierfür müssen alle Berufsschulen eine entsprechende Finanzierung erhalten, um den vorhandenen Informationsbedarf angemessen decken zu können. Als Folge erwarten wir, dass mehr Auszubildende von der Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes über das Erasmus+-Programm erfahren, was zusätzlich mit einer breiten Informationskampagne ergänzt werden soll.

 

Für den Beantragungsprozess soll eine Vereinheitlichung über digitale Angebote geschaffen werden, sodass alle Auszubildende über eine App bzw. Website den Antrag stellen und verwalten können.

 

Betriebe sollen verpflichtet werden, regelmäßige Informationsveranstaltungen zu Erasmus+ zu organisieren. Der Zweck hiervon wäre, dass das teilweise vorherrschende Informationsdefizit in den Betrieben reduziert werden würde, wodurch flächendeckend mehr Auszubildende von den Möglichkeiten des Erasmus+-Programms erfahren würden.

 

Eine letzte Hürde findet sich hinsichtlich der Anerkennung der erbrachten Leistungen und erworbenen Qualifikationen während des jeweiligen Aufenthaltes. Die dualen Ausbildungssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich, wodurch eine geringe Vergleichbarkeit vorherrscht. Daher bekräftigen wir unsere Forderung nach einer Schaffung eines Mechanismus zur besseren Vergleichbarkeit der dualen Ausbildungssysteme, angelehnt an das bestehende Bologna-System. Hierdurch sollen die erbrachten Leistungen und erworbenen Qualifikationen vereinfacht für den weiteren Ausbildungsweg anerkannt werden.

 

Forderung:

  • Die Sicherung der EU-Mittel für das Erasmus+-Programm sowie zukünftig die angemessene Ausweitung der Finanzierung, sodass alle Auszubildende und Studierende hiervon profitieren können
  • Die Erhöhung des Erasmus+-Satzes, sodass an jedem Ort entsprechende Lebenshaltungskosten gedeckt sind
  • Die Ausweitung des Erasmus+-Programms auch auf Weiterbildungen
  • Eine Informationskampagne für das Erasmus+-Programm für Auszubildende
  • Die Zentralisierung des Beantragungsverfahrens an Berufsschulen, wofür Berufsschulen eine entsprechende Finanzierung zur Bereitstellung einer solchen Stelle erhalten sollen; Ziel soll es sein, dass die Antragstellenden dies über eine App machen können
  • Verpflichtende, regelmäßige Informationsveranstaltungen für die Betriebe eingeführt werden
  • Die Einführung eines grundsätzlichen Anspruchs auf das Erasmus+-Programm für Auszubildende. Hierbei besteht zwar ein Widerspruchsrecht für Betriebe, jedoch soll ein Widerspruch nur in Ausnahmefällen zulässig sein
  • Die Forderung der Schaffung eines Mechanismus zur besseren Vergleichbarkeit von (dualen) Ausbildungsleistungen, angelehnt an das Bologna-System, sodass die Anrechnung von erbrachten Leistungen einfacher angerechnet werden können
  • Es muss darauf geachtet werden, dass Azubis im Ausland nicht als Hilfskräfte ausgenutzt werden, sondern in die Arbeit des Betriebes eingebunden sind und ihre Fähigkeiten ausbauen können
Empfehlung der Antragskommission:
Annahme. Überweisung LG im BT und S&D-Fraktion, Streichung Empfänger BPT (Konsens)