Antrag 43/II/2017 Arbeiter*innenbewegung, Arbeitskampf und betriebliche Mitbestimmung als verpflichtende Module im Unterricht verankern

Status:
Annahme

Die Schule hat neben der Vermittlung von Wissen und Können unter anderem die zentrale Aufgabe, Schüler*innen darin zu fördern, sich für sich und andere einzusetzen und ein aktives soziales Handeln zu entwickeln. Darüber hinaus soll Schule im Sinne der Berufsorientierung die Schüler*innen dazu befähigen, eine für sie sinnstiftende Beschäftigung zu finden und ein gutes, selbstbestimmtes Leben führen zu können.

 

Schüler*innen sollten darin gefördert werden, sich ihrer zukünftigen Arbeitssituation im Kontext eines kapitalistischen Systems mit ungleicher Verteilung an Produktionsmitteln sowie dem Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital bewusst werden zu können. Gleichzeitig sind Schüler*innen dazu zu befähigen, für ihre Rechte, für gute Arbeit, eine gerechte Verteilung und Beteiligung zu streiten und sich organisieren zu können.

 

Momentan ist jedoch festzustellen, dass das Bildungssystem Schüler*innen in dieser Hinsicht kaum fördert. Die Berufsorientierung reduziert sich auf berufspraktische Erprobungen durch Berufspraktika und die Schwerpunktsetzung auf die Berufswahl in den Jahrgangsstufen 8 – 10.  Schüler*innen wird die Verwertungslogik des Kapitalismus durch den immer wieder erhobenen Anspruch der Verbesserung des eigenen „Humankapitals“ als Maxime eingetrichtert, statt Alternativen aufzuzeigen. Themen wie die Arbeiter*innenbewegung, Formen betrieblicher Mitbestimmung, gewerkschaftliche Arbeit und Strukturen gehören nicht zu den Pflichtthemen. Letztlich bedeutet dies in der Realität in den allermeisten Fällen, dass Schüler*innen in ihrer gesamten Schullaufbahn überhaupt nicht mit diesen Themen in Berührung kommen.

 

Um dem skizzierten Bildungsauftrag der Schule umfassend gerecht zu werden, sind die folgenden Themen unverzichtbar:

  • die historische Entwicklung von Arbeit im Kapitalismus,
  • die historische Entwicklung und gesellschaftliche Bedeutung der Arbeiter*innenbewegung,
  • Arbeitnehmer*innenrechte (auch Berufsbildungsgesetz und Jugendarbeitsschutzgesetz),
  • die Formen des Arbeitskampfes,
  • Aufbau, Aufgabe und Arbeit der Gewerkschaften,
  • Grundlagen der Tarifpolitik,
  • Formen der betrieblichen Mitbestimmung (insbesondere durch Betriebsräte).

 

Wir wollen diese Themen als verpflichtende Themen im Unterricht stärken. Das Ziel muss es sein, dass unabhängig von der Schulform (ISS oder Gymnasium) und des erreichten Schulabschlusses (BBR, MSA oder Abitur) sämtliche Schüler*innen grundlegende und/oder vertiefende Kenntnisse in den genannten Themen erwerben.

 

Wichtig ist zudem, dass die genannten Themen in eine Vielfalt von Weltanschauungen wertfrei einzubetten sind.

 

Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Berliner Senats dazu auf, sich dafür einzusetzen,

 

  • in den Rahmenlehrplänen der Fächer Geschichte und Sozialkunde für die Sekundarstufe I,
  • in den Rahmenlehrplänen der Fächer Geschichte und Politik für die Sekundarstufe II sowie
  • im Rahmenlehrplan des perspektivisch eingeführten Faches Politik für die Sekundarstufe I
  • im Rahmenlehrplan aller Berufsschulen

die Module „Arbeiter*innenbewegung“, „Arbeitskampf“ und „betriebliche Mitbestimmung“ als Pflichtmodule zu verankern.

 

Die genannten Themen sind dabei sinnvoll in die Pflichtmodule einzubetten. Bei der Integration dieser Pflichtmodule ist darauf zu achten, dass sich alle Schüler*innen innerhalb der Sekundarstufe I unabhängig von der Fächerwahl, Schulform und ihres erreichten Schulabschlusses mit den Grundlagen dieser Module auseinandergesetzt haben. In der Sekundarstufe II erfolgt die Vertiefung dieser Module.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)
Stellungnahme(n):
  Stellungnahme der AH-Fraktion 2018:   Das Thema des Antrags ist Bestandteil des Rahmenlehrplans Geschichte, der unter anderem durch die Möglichkeit des Längsschnittes eine Einbettung der Entwicklung des Kapitalismus und der Arbeiterbewegung ermöglicht, unter Einschluss ihrer Errungenschaften, gesellschaftlicher Veränderungen und bestehender Probleme.   Eine im Sinne des Antrags kleinteilige und detaillierte Regelung von Unterrichtsinhalten wird allerdings weder auf der Seite des Abgeordnetenhauses angestrebt noch wäre sie rechtlich und politisch zulässig.