Antrag 230/I/2025 Anteilige Inrechnungstellung Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen im Fußball

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert,, eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, die es dem Land Berlin ermöglicht, die anfallenden Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in der 1. bis 3. Liga im Fußball- anteilig den Verbänden in Rechnung zu stellen. Dabei soll sich Berlin an der Praxis des Landes Bremen orientieren, das bereits eine entsprechende Regelung erfolgreich durchgesetzt hat.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Fassung der AK zu den Anträgen 230, 231, 232, 233

 

Die Innen- und Sportsenatorin wird aufgefordert, sich in der Innen- und Sportministerkonferenz dafür einzusetzen, eine Arbeitsgruppe der Länder einzurichten, die beauftragt wird, eine einheitliche Musterregelung zur Erhebung von Polizeigebühren bei Großveranstaltungen zu prüfen und zu erarbeiten, in deren Rahmen eine Berliner Gesetzgebung erfolgt. Die Musterregelung soll sich an den nachfolgenden Eckpunkten orientieren:

 

  1. Eine Einsatzgebühr wird von der Polizei bei Veranstalter:innen für den polizeilichen Mehraufwand bei gewinnorientierten gewaltgeneigten Großveranstaltungen erhoben, wenn aufgrund objektiv nachvollziehbarer Hinweise erfahrungsgemäß zu erwartende Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen und zeitlichen Umfeld stattfinden. Die Gebühr wird nach dem Mehraufwand berechnet, der aufgrund der Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte entsteht. Dabei muss sichergestellt sein, dass für politische, religiöse, künstlerische oder wissenschaftliche Veranstaltungen, die in besonderem Maße grundrechtlich geschützt sind, keine Gebühren erhoben werden.
  2. Die Grenze, ab welcher eine Veranstaltung als Großveranstaltung dient, ist an Berliner Verhältnisse und den konkreten Veranstaltungsbereich anzupassen und kann die Zahl von 5.000 Teilnehmer:innen nach Bremer Vorbild übersteigen.
  3. Die Gebühr ist in einer Weise zu berechnen, dass Veranstalter:innen nicht übermäßig belastet werden. Die Gebühr darf deshalb 10 % der Einnahmen der Veranstaltung nicht übersteigen. Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden. Es soll geprüft werden, ob Veranstalter:innen die Gebühr durch eigene Sicherheitskonzepte reduzieren können.
  4. Es soll sichergestellt werden, dass die Gebühren nicht einseitig auf die Ticketpreise weitergegeben werden, sodass die Teilnahme an Veranstaltungen bezahlbar bleibt.
  5. Die Veranstalter*innen sind vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht, ihre voraussichtliche Höhe sowie über die Grundlage der Einstufung als Hochrisikoveranstaltung zu unterrichten. Die Berechnung der Gebühr erfolgt transparent, mit einer detaillierten Aufschlüsselung der voraussichtlich zu entstehenden Kosten. Ein effektiver Rechtsschutz ist sicherzustellen.

 

Begründung:

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz steht der Erhebung einer solchen Gebühr kein verfassungsrechtlicher Einwand mehr entgegen. Das Gesetz zielt darauf ab, die durch die Durchführung von kommerziellen Großveranstaltungen entstandenen Mehrkosten der Polizei auf die Veranstalterinnen und Veranstalter abzuwälzen, wobei die Kosten an die Stelle verlagert werden sollen, an der die Gewinne anfallen. Auf diese Weise sollen die Mehrkosten der Polizeieinsätze nicht durch die Gesamtheit der Steuerzahler:innen, sondern jedenfalls auch durch die (un)mittelbaren wirtschaftlichen Nutznießer:innen der Polizeieinsätze geschultert werden. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass wirtschaftliche Profiteure solcher Veranstaltungen angemessen an den entstehenden Mehrkosten beteiligt werden. Gerade in Zeiten knapper Landeskassen stellt eine solche Gebühr einen angemessenen Ausgleich zwischen der finanziellen Inanspruchnahme der Allgemeinheit und den profitierenden Veranstalter:innen dar.

 

Eine solche Gebühr ist jedoch auch eine Belastung, insbesondere von kleineren Vereinen und Veranstalter:innen dar. Auch ein landeseigenes Vorgehen birgt die Gefahr von Wettbewerbsnachteilen. Daher ist auf ein bundeseinheitliches Vorgehen hinzuwirken. Die Ausgestaltung der Gebühr muss einen angemessenen Ausgleich zwischen diesen Belangen darstellen.

 

Dabei gilt, dass die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit eine staatliche Aufgabe ist. Die Gebührenerhebung ist eine Ausnahme, die inhaltlich und nach ihrer Höhe zu begrenzen ist. Inhaltlich muss sichergestellt bleiben, dass keine Gebühr von besonders verfassungsrechtlich geschützten Tätigkeiten erhoben wird (siehe Nr. 1). Auch muss die Veranstaltung eine Größe erreichen, die über die typischen und alltäglichen Veranstaltungen hinausgeht (Nr. 2). Die Höhe der Gebühr soll auf maximal 10 % der Veranstaltungseinnahmen gedeckelt werden (Nr. 3), um eine unverhältnismäßige finanzielle Belastung der Veranstalter*innen zu verhindern und um die staatliche Verantwortung für die öffentliche Sicherheit nicht auszuhöhlen. Die Gewährleistung der inneren Sicherheit ist eine zentrale Aufgabe des Staates, die nicht in eine vollständige Kostenabwälzung auf private Akteure übergehen darf.

 

Auch darf nicht vergessen werden, dass der Besuch solcher Sportveranstaltungen nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Daher ist sicherzustellen, dass die Gebühr nicht auf Ticketpreise umgelegt wird (Nr. 4). Insbesondere die Ausweitung von Vertragsstrafen für gewalttätige Besucher:innen kann hier ein Mittel darstellen.

 

Zuletzt müssen rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt werden. Daher muss der Rechtsweg offenstehen und auch vor der Gebührenerhebung eine Anhörung etc. stattfinden (Nr. 5).