Ä-1 zum Antrag 189/I/2018

Status:
Ablehnung

Gegen Ende des Jahres 2013 gab die syrische Regierung die Kontrolle über die nördlichen Gebiete auf. In dieser vor allem von Kurd*innen, aber auch Assyrer*innen, Jesid*innen und Araber*innen bewohnten Gegend hat sich seitdem eine quasiautonome Regierungs- und Verwaltungsstruktur etabliert, vielfach bekannt unter dem Namen Rojava. Es handelt sich dabei um eine Selbstverwaltung, die sich auf der Basis des demokratischen Konföderalismus aufbaut, einer Form der Nichtstaatlichkeit in der die Dinge des täglichen Lebens demokratisch von der Basis an die Spitze organisiert sind. Dabei werden alle Gremien paritätisch nach Geschlecht und Zugehörigkeit zu einer Bevölkerungsgruppe besetzt und die Vielsprachigkeit der Region nicht nur toleriert sondern gefördert. Es handelt sich damit um ein einzigartiges demokratisches Projekt.

 

Die zu Rojava gehörenden Selbstverteidigungseinheiten YPG und YPJ, deren Aufgabe die Verteidigung des Gebietes Rojava und seiner Menschen vor äußeren Angriffen ist haben sich viel im Kampf gegen des IS hervorgetan. So waren sie es, die den IS aus seiner „Hauptstadt“ ar-raqqa vertrieben und für die vom IS in den Bergen festgesetzten Jesid*innen einen Fluchtkorrdor freikämpften der 20 bis 30 Tausend Jesid*innen das Leben rettete. Obgleich diese Selbstverteidigunseinheiten damit zu den wenigen Akteur*innen gehören, die sich von Beginn an dem IS in aller Entschiedenheit entgegengestellt haben, sind ihre Flaggen in Deutschland verboten. Ebenso jene mit dem Konterfei des in der Türkei inhaftierten ehemaligen PKK-Anführers Abdullah Öcalan, der auch unabhängig von Anhänger*innen der PKK Kurd*innen als Indentifikationsfigur gilt. Nicht zuletzt von ihm stammen viele der Ideen zur Gleichberechtigung von Frauen* und der konföderalen Organisierung der Selbstverwaltung, die Rojava zugrunde liegt. Das Verbot richtet sich nicht gegen die Person Öcalan oder die PKK, sondern gegen ein progressives Gesellschaftsbild.

 

Diese Verbote dienen wie die zahlreichen Vereinsverbote 1993 einer unverhältnismäßigen Repression gegen Kurd*innen und führte beispielsweise zum Abbruch einer Demonstration gegen die Angriffe auf Afrin in Köln. Am 8. März stürmte die Polizei den kurdischen Mezopotamien-Verlag und beschlagnahmte Tausende Bücher und Mediendateien, darunter deutsch-kurdische Wörterbücher und ein Archiv mit 500.000 kurdischen Liedern. Zudem wurde die zentrale Feier des kurdischen Neujahrs „Newroz“ in Deutschland abgesagt. Der bundesweite kurdische Dachverband Nav-Dem zog seine Anmeldung für den 17. März in Hannover zurück, nachdem die dortige Polizei ein Verbot der Versammlung angekündigt hatte.

 

Kurdische Organisationen, die sich also für eine Demokratisierung der Region und einer Gleichberechtigung der dort lebenden Menschen einsetzten und sich entschieden dem IS entgegenstellten werden kriminalisiert und Kurd*innen die sich mit ihnen solidarisieren leiden unter Repressionen, während die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei auf Afrin im März diesen Jahres von der Bundesrepublik mit Schweigen hingenommen werden, und durch ein Nichteinstellen der Waffenlieferungen sogar indirekt unterstützt werden. Das darf so nicht bleiben!

 

Wir fordern daher ein Ende der Repressionen gegen Kurd*innen in Deutschland!

Empfehlung der Antragskommission:
reject