Antrag 123/II/2025 Verwaltungsreform weiterdenken — Verwaltung stärken, Klimawende sozial gestalten

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats sowie die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses dazu auf, folgende Maßnahmen umzusetzen, um die Berliner Senats- und Bezirksverwaltungen sowie die landeseigenen Unternehmen zu befähigen, die gesetzlich festgeschriebenen Maßnahmen zur Klimawende zügig und effizient zu operationalisieren.

 

Konkrete Forderungen

  1. Zentrale Beschaffung – landesweite Vergabebündel für klimagerechte Beschaffung
    • Aufbau einer zentralen Beschaffungsstelle des Landes und der Bezirke (Sammelbestellverfahren / Landesbeschaffungsstelle) für alle Senatsverwaltungen und Bezirke für den Einkauf von klimawirksamen Gütern und klimasensitiven Dienstleistungen (kann und sollte auch auf andere Güter und Dienstleistungen erweitert werden).
    • Einführung verbindlicher Nachhaltigkeits- und CO₂-Kriterien in allen Vergabeverfahren (Lebenszyklusbetrachtung, Sozialkriterien, faire Arbeitsbedingungen, globale Nachhaltigkeitsziele (SDGs)).
  2. Mehr Autonomie für Bezirke bei Zielen, mehr Verantwortung für Umsetzung
    • Einführung eines Rahmens für klimarelevante Zielvorgaben auf Landesebene (z. B. Emissionsrahmen, Flächenziele für Grün/Versickerung, Mobilitätsziele), innerhalb dessen die Bezirke eigenverantwortliche, auf lokale Verhältnisse zugeschnittene Maßnahmen planen und priorisieren, da die Bezirke teils stark unterschiedlichen Herausforderungen gegenüberstehen.
    • Bereitstellung eines flexiblen Klimafonds auf Landesebene mit einer klaren Komponente für benachteiligte und stark versiegelte Bezirke (soziale Ausgleichsregelungen).
    • Vergabe von Fördermitteln entbürokratisieren, beschleunigen und sicherstellen, dass Geld von der Landes- an die Bezirksebene ohne die Beteiligung externer und teurer Dienstleister (wie etwa bei BENE 2) weitergegeben wird.
  3. Organisation: Lösungen vor Prozesse — Fehlerkultur und Delegation
    • Kulturelle Neuausrichtung hin zu einer Fehlertoleranz, die Pilotieren, Experimentieren und schnelles Lernen für Verwaltungsmitarbeitende ermöglicht.
    • Führungskräfteverantwortung: Führungskräfte werden verpflichtet, für innovationsfreundliche Rahmenbedingungen zu sorgen, die Teams Fehler machen und daraus lernen zu lassen (Führungskräfte-Trainings, Schutz bei berechtigten Versuchen, keine pauschalen Sanktionen).
    • Delegation von Entscheidungsbefugnissen an Mitarbeitende und Projektteams unter klaren Verantwortlichkeitsregeln.
  4. Arbeitsformen: flexibles Arbeiten zur Stärkung der Attraktivität und Handlungsfähigkeit
    • Ausbau von Homeoffice-Angeboten und mobilem Arbeiten, Ergebnisorientierung statt Präsenzkultur.
    • Investitionen in digitale Arbeits- und Kollaborationstools und strukturierte Fortbildungsprogramme.
  5. Aufbrechen von Silos – bereichsübergreifende Teams und Reallabor-Ansätze
    • Einrichtung fachübergreifender Projektteams (z. B. Klimaanpassung, Mobilität, Stadtgrün), die ressortübergreifend befugt sind, Maßnahmen zu planen und umzusetzen.
    • Ausbau von Reallaboren/Experimentierparzellen in Bezirken in Kooperation mit Zivilgesellschaft, Forschung und Wirtschaft.
  6. Verbindliche Beteiligung der Zivilgesellschaft
    • Einführung verbindlicher Beteiligungsstandards für klimagerechte Projekte (inkl. frühzeitige Information, Community Benefit Agreements, Beteiligungsbudgets).
    • Stärkung von Nachbarschaftsaktivitiäten und Unterstützung lokaler Initiativen, insbesondere in sozial benachteiligten Gebieten.
  7. Paris als Vorbild nutzen – Benchmarking und Übernahme erfolgreicher Maßnahmen
    • Analyse und Übernahme praxistauglicher Maßnahmen aus Paris (z. B. großflächige Verkehrsberuhigung, Schaffung von Grünachsen, Ausweitung des Radnetzes, wassersensible Stadtplanung), angepasst an Berliner Rahmenbedingungen und soziale Anforderungen.
    • Einrichtung eines „Stadtvergleichs Klima & Mobilität“ mit jährlichem Bericht.
  8. Gesetzliche Verankerung
    • Das neue Landesorganisationsgesetz (LOG) und begleitende Erlasse müssen:
      • die zentrale Beschaffungskompetenz des Landes für bestimmte Leistungsbereiche rechtssicher verankern;
      • die Pflicht zur Berücksichtigung klimapolitischer Ziele in Verwaltungsentscheidungen festschreiben;
      • die Mitwirkung der Bezirke bei der Zieldefinition und deren Gestaltungsfreiheit sichern.
  9. Ressourcen, Personal und Controlling
    • Sofortiger Aufbau einer ressortübergreifenden Personaloffensive für Klimaschutz- und anpassungsaufgaben (Klimateams in Bezirken, Personal für zentrale Beschaffung (kann ggf. aus dem bestehenden Personal der Senatsverwaltungen und Bezirke zusammengezogen werden), Projektmanager für Reallabore).
    • Einführung eines klaren Controllingsystems mit Kennzahlen für Umsetzung, Wirkung und sozialer Verträglichkeit.
  10. Monitoring, Evaluation und Transparenz
    • Jährlicher Bericht des Senats an das Abgeordnetenhaus zur Verwaltungsreform, mit besonderem Augenmerk auf Klimawende, sozialer Wirkung und Verwaltungsleistung.
    • Offene Datenplattform mit Umsetzungsstand, Budgets, CO₂-Einsparungen und Beteiligungsprozessen (siehe hierzu das Klimadashboard, welches Friedrichshain-Kreuzberg in Zusammenarbeit mit dem CityLab erstellt hat).

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)