Antrag 130/II/2025 Hitzeschutz ist soziale Gerechtigkeit – Berlin klimafest für alle machen

Berlin erlebt im Zuge der Klimakrise immer häufiger und intensivere Hitzewellen. Die Sommer der letzten Jahre zeigen, dass Temperaturen über 30 Grad an mehr als zwanzig Tagen inzwischen keine Seltenheit mehr sind – im Rekordsommer 2019 wurden sogar 29 Hitzetage verzeichnet. Eine Analyse des Potsdam-Institus für Klimafolgenforschung zeigt: Im langjährigen Mittel der Jahre 1987 bis 2017 lag die Zahl heißer Tage in Berlin noch bei durchschnittlich etwa acht pro Jahr. Klimamodelle prognostizieren bis 2050 eine Verdoppelung dieses Wertes auf durchschnittlich etwa 16 Hitzetage jährlich – und bis 2100 sogar bis zu 28 Tage mit Temperaturen über 30 Grad, also fast ein ganzer Monat Hitze. In klimatischen Projektionen entspricht das Berlin von 2100 dem heutigen Toulouse – mit einem mediterranen Sommerklima, das vermehrt Tropennächte (Nächte über 20 °C) erwarten lässt.

 

Die gesundheitlichen Risiken sind dabei ungleich verteilt:

 

  • Ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen sind besonders hitzeanfällig.
  • Kinder leiden schneller an Dehydrierung und Kreislaufproblemen.
  • Obdachlose Menschen sind schutzlos der Sonneneinstrahlung und Hitze ausgesetzt.
  • Einkommensschwache Haushalte haben oft keinen Zugang zu kühleren Wohnverhältnissen, Ventilatoren oder Klimageräten.
  • Menschen in dicht bebauten Kiezen und der Innenstadt sind besonders betroffen, weil sich dort Hitze stärker staut und Grünflächen fehlen

 

Laut Robert Koch-Institut kam es allein im Sommer 2022 in Deutschland zu mehr als 4.500 hitzebedingten Todesfällen. Die Zahl der Hitzetoten übersteigt damit inzwischen sogar die der Verkehrstoten – viele dieser Todesfälle wären vermeidbar gewesen. Dennoch gibt es in Berlin bislang keinen umfassenden Hitzeaktionsplan, der vor allem die am stärksten gefährdeten Gruppen gezielt schützt. Klimaanpassung darf nicht nur Stadtgrün und Entsiegelung bedeuten – sie muss sozial gerecht gestaltet werden. Wir wollen, dass Berlin eine Vorreiterrolle einnimmt und Hitzevorsorge als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge begreift.

 

Wir fordern, dass Berlin einen verbindlichen und sozial gerechten Hitzeaktionsplan erarbeitet und umsetzt, der folgende Maßnahmen umfasst:

 

Hitze-Notfallinfrastruktur schaffen: 

  • Ausbau von „Cooling Centers“ (klimatisierte, barrierefreie öffentliche Räume) in jedem Bezirk, z. B. in Bibliotheken, Bürgerämtern oder Jugendfreizeiteinrichtungen (sofern sie weiterhin nur für Jugendliche zugänglich sind), auch in Zusammenarbeit mit weiteren Trägern (wie z.B. Kirchen). Diese Räume müssen kostenfrei und ohne Konsumzwang zur Verfügung stehen. Hier ist es besonders wichtig, dass diese Räume auch tatsächlich allen Personen offen stehen, auch wenn diese ohne Obdach leben.
  • Mobile Kühlbusse und Kühlzelte in stark frequentierten Bereichen (Ausgehviertel, Verkehrsknotenpunkte, Parks), ausgestattet mit Trinkwasser, Erste-Hilfe-Material und Ruhemöglichkeiten, um während Hitzeperioden kurzfristig Abkühlung zu bieten.
  • Ausstattung von allen öffentliche Verkehrsmitteln mit funktionierenden Klimaanlagen
  • Gezielte Einrichtung von mehr konsumfreie Schattenplätzen im öffentlichen Raum, beispielsweise durch Bäume
  • Verpflichtende Sicherstellung seitens der Arbeitgeber von angemessenen Luft und Temperaturverhältnissen am Arbeitsplatz

 

Gezielte Unterstützung für vulnerable Gruppen:

  • „Hitzeschutzpakete“ für obdachlose Menschen und andere besonders Betroffene, bestehend aus Wasserflaschen, Sonnenschutz, leichten Decken und Ventilatoren (in Unterkünften).
  • Unbürokratische Stromkostenzuschüsse für einkommensschwache Haushalte zur Nutzung von Ventilatoren oder energieeffizienten Klimageräten während extremer Hitzeperioden.
  • Proaktive Ansprache Gefährdeter: Kooperation mit Trägern der Wohnungslosenhilfe, Senioreneinrichtungen und Kitas, um vulnerable Menschen frühzeitig zu informieren und zu schützen.

 

Gesundheitsschutz verankern:

  • Einführung eines Hitzewarnsystems für Berlin mit SMS-Benachrichtigungen, (Social-Media-)Kampagnen und mehrsprachigen Informationsmaterialien, um die Bevölkerung rechtzeitig vor bevorstehenden Hitzewellen zu warnen.
  • Verpflichtende Hitze-Notfallpläne für Pflegeheime, Kitas und Schulen – inklusive angepasster Abläufe bei Unterricht und Betreuung an extrem heißen Tagen.
  • Flächendeckende Ausstattung von Schulen, Kitas und anderen Jugendeinrichtungen mit Kühlsystemen, um auch bei hohen Temperaturen eine gute Lern- und Betreuungsumgebung sicherzustellen.
  • Ausbau der öffentlichen Trinkwasserversorgung: Einrichtung zusätzlicher Trinkbrunnen und Wasserstationen in dicht bebauten, stark versiegelten Wohngebieten, damit überall kostenlos Trinkwasser zugänglich ist.
  • Ausbau von Angeboten zur kostenlosen Bereitstellung von Sonnenschutzmitteln in öffentlichen Gebäuden sowie an weiteren öffentlichen Orten

 

Klimaanpassung in Bestandsquartieren:

  • Förderprogramme für Fassaden- und Dachbegrünung, insbesondere in einkommensschwachen Kiezen mit geringer Grünfläche pro Kopf, um Quartiere natürlicher zu kühlen.
  • Entsiegelung von möglichen Flächen, prioritär in Vierteln mit überdurchschnittlicher Hitzebelastung (auf Grundlage der Wärmebelastungskarten des Umweltatlas Berlin), damit mehr Flächen Wasser aufnehmen und für Abkühlung sorgen können.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

In Fortsetzung der von der SPD Berlin verantwortenden Maßnahmen zur Herstellung eines umfassenden Klimaschutzes der Berliner Bevölkerung, insbesondere in Fortführung der Beschlusslage (Antrag 236/I/2024) 25 Jahre Investitionsprogramm für Klimaneutralität Berlins beschließen wir:

 

Berlin erlebt im Zuge der Klimakrise immer häufiger und intensivere Hitzewellen. Die Sommer der letzten Jahre zeigen, dass Temperaturen über 30 Grad an mehr als zwanzig Tagen inzwischen keine Seltenheit mehr sind – im Rekordsommer 2019 wurden sogar 29 Hitzetage verzeichnet. Eine Analyse des Potsdam-Institus für Klimafolgenforschung zeigt: Im langjährigen Mittel der Jahre 1987 bis 2017 lag die Zahl heißer Tage in Berlin noch bei durchschnittlich etwa acht pro Jahr. Klimamodelle prognostizieren bis 2050 eine Verdoppelung dieses Wertes auf durchschnittlich etwa 16 Hitzetage jährlich – und bis 2100 sogar bis zu 28 Tage mit Temperaturen über 30 Grad, also fast ein ganzer Monat Hitze. In klimatischen Projektionen entspricht das Berlin von 2100 dem heutigen Toulouse – mit einem mediterranen Sommerklima, das vermehrt Tropennächte (Nächte über 20 °C) erwarten lässt.

 

Die gesundheitlichen Risiken sind dabei ungleich verteilt:

  • Ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen sind besonders hitzeanfällig.
  • Kinder leiden schneller an Dehydrierung und Kreislaufproblemen.
  • Obdachlose Menschen sind schutzlos der Sonneneinstrahlung und Hitze ausgesetzt.
  • Einkommensschwache Haushalte haben oft keinen Zugang zu kühleren Wohnverhältnissen, Ventilatoren oder Klimageräten.
  • Menschen in dicht bebauten Kiezen und der Innenstadt sind besonders betroffen, weil sich dort Hitze stärker staut und Grünflächen fehlen

 

Laut Robert Koch-Institut kam es allein im Sommer 2022 in Deutschland zu mehr als 4.500 hitzebedingten Todesfällen. Die Zahl der Hitzetoten übersteigt damit inzwischen sogar die der Verkehrstoten – viele dieser Todesfälle wären vermeidbar gewesen. Dennoch gibt es in Berlin bislang keinen umfassenden Hitzeaktionsplan, der vor allem die am stärksten gefährdeten Gruppen gezielt schützt. Klimaanpassung darf nicht nur Stadtgrün und Entsiegelung bedeuten – sie muss sozial gerecht gestaltet werden. Wir wollen, dass Berlin eine Vorreiterrolle einnimmt und Hitzevorsorge als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge begreift.

 

Wir fordern, dass Berlin einen verbindlichen und sozial gerechten Hitzeaktionsplan erarbeitet und umsetzt, der folgende Maßnahmen umfasst:

 

Hitze-Notfallinfrastruktur schaffen: 

  • Ausbau von „Cooling Centers“ (klimatisierte, barrierefreie öffentliche Räume) in jedem Bezirk, z. B. in Bibliotheken, Bürgerämtern oder Jugendfreizeiteinrichtungen (sofern sie weiterhin nur für Jugendliche zugänglich sind), auch in Zusammenarbeit mit weiteren Trägern (wie z.B. Kirchen). Diese Räume müssen kostenfrei und ohne Konsumzwang zur Verfügung stehen. Hier ist es besonders wichtig, dass diese Räume auch tatsächlich allen Personen offen stehen, auch wenn diese ohne Obdach leben.
  • Mobile Kühlbusse und Kühlzelte in stark frequentierten Bereichen (Ausgehviertel, Verkehrsknotenpunkte, Parks), ausgestattet mit Trinkwasser, Erste-Hilfe-Material und Ruhemöglichkeiten, um während Hitzeperioden kurzfristig Abkühlung zu bieten.
  • Ausstattung von allen öffentliche Verkehrsmitteln mit funktionierenden Klimaanlagen
  • Gezielte Einrichtung von mehr konsumfreie Schattenplätzen im öffentlichen Raum, beispielsweise durch Bäume
  • Verpflichtende Sicherstellung seitens der Arbeitgeber von angemessenen Luft und Temperaturverhältnissen am Arbeitsplatz

 

Gezielte Unterstützung für vulnerable Gruppen:

  • „Hitzeschutzpakete“ für obdachlose Menschen und andere besonders Betroffene, bestehend aus Wasserflaschen, Sonnenschutz, leichten Decken und Ventilatoren (in Unterkünften).
  • Unbürokratische Stromkostenzuschüsse für einkommensschwache Haushalte zur Nutzung von Ventilatoren oder energieeffizienten Klimageräten während extremer Hitzeperioden.
  • Proaktive Ansprache Gefährdeter: Kooperation mit Trägern der Wohnungslosenhilfe, Senioreneinrichtungen und Kitas, um vulnerable Menschen frühzeitig zu informieren und zu schützen.

 

Gesundheitsschutz verankern:

  • Einführung eines Hitzewarnsystems für Berlin mit SMS-Benachrichtigungen, (Social-Media-)Kampagnen und mehrsprachigen Informationsmaterialien, um die Bevölkerung rechtzeitig vor bevorstehenden Hitzewellen zu warnen.
  • Verpflichtende Hitze-Notfallpläne für Pflegeheime, Kitas und Schulen – inklusive angepasster Abläufe bei Unterricht und Betreuung an extrem heißen Tagen.
  • Flächendeckende Ausstattung von Schulen, Kitas und anderen Jugendeinrichtungen mit Kühlsystemen, um auch bei hohen Temperaturen eine gute Lern- und Betreuungsumgebung sicherzustellen.
  • Ausbau der öffentlichen Trinkwasserversorgung: Einrichtung zusätzlicher Trinkbrunnen und Wasserstationen in dicht bebauten, stark versiegelten Wohngebieten, damit überall kostenlos Trinkwasser zugänglich ist.
  • Ausbau von Angeboten zur kostenlosen Bereitstellung von Sonnenschutzmitteln in öffentlichen Gebäuden sowie an weiteren öffentlichen Orten

 

Klimaanpassung in Bestandsquartieren:

  • Förderprogramme für Fassaden- und Dachbegrünung, insbesondere in einkommensschwachen Kiezen mit geringer Grünfläche pro Kopf, um Quartiere natürlicher zu kühlen.
  • Entsiegelung von möglichen Flächen, prioritär in Vierteln mit überdurchschnittlicher Hitzebelastung (auf Grundlage der Wärmebelastungskarten des Umweltatlas Berlin), damit mehr Flächen Wasser aufnehmen und für Abkühlung sorgen können.