Antrag 116/II/2025 Queere Infrastruktur stärken – Queere Jugendzentren und Schutzräume flächendeckend in Berlin etablieren!

Queere Jugendliche und junge Erwachsene in Berlin sind überdurchschnittlich von Diskriminierung, Gewalt und Armut betroffen. Gleichzeitig fehlt es an sicheren Schutzräumen, niedrigschwelligen Beratungsangeboten und Freizeitmöglichkeiten, die eine positive Identifikation und Teilhabe ermöglichen.

 

Die aktuelle politische und finanzielle Situation verschärft diese Probleme: Die Wohnungskrise, fehlende Anlaufstellen, Kürzungen bei queeren Projekten und eine Zunahme queerfeindlicher Gewalttaten machen deutlich, dass queere Infrastruktur in Berlin ausgebaut und gesichert werden muss. Besonders betroffen sind TIN*-Personen (trans, inter, nicht binäre Menschen), queere Jugendliche ohne familiäre Unterstützung und marginalisierte Gruppen, die von mehreren Diskriminierungsformen betroffen sind.

 

Trotz der im Koalitionsvertrag der Berliner Regierung (CDU/SPD) festgehaltenen Stärkung queerer Projekte stehen Einrichtungen, wie das erste berlinweite queere Jugendzentrum in Prenzlauer Berg vor dem Aus – dies ist inakzeptabel. Es besteht ein dringender Handlungsbedarf, um queere Jugendliche zu schützen, zu empowern und ihnen Räume zur Selbstorganisation und Mitbestimmung zu bieten.

 

Diskriminierung und Armut: Queere Menschen, insbesondere Jugendliche, sind überdurchschnittlich von Armut betroffen und erfahren bei der Wohnungssuche, im Bildungsbereich und im Gesundheitswesen Diskriminierung. TIN*-Personen sehen sich zusätzlichen Hürden ausgesetzt, etwa durch bürokratische Barrieren bei der Namens- und Personenstandsänderung.

 

Gewalt und fehlende Schutzräume: Queerfeindliche Gewalttaten nehmen zu. Viele Jugendliche erleben Gewalt in ihren Herkunftsfamilien oder im öffentlichen Raum. Notfallwohnungen und Schutzräume sind jedoch knapp, und die Zusammenarbeit mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wird zunehmend schwieriger.

 

Abbau queerer Infrastruktur: Durch Sparmaßnahmen des Senats sind queere Freizeiteinrichtungen, Beratungsstellen und Jugendzentren bedroht – ein alarmierendes Signal.

 

Fehlende flächendeckende Angebote: Queere Jugendarbeit, Beratungsangebote und Gesundheitsversorgung sind ungleich verteilt. In vielen Bezirken gibt es kaum niedrigschwellige Anlaufstellen, insbesondere für mehrfach marginalisierte queere Menschen.

 

Mangelnde Partizipation: Queere Jugendliche haben kaum Mitspracherechte bei der Gestaltung von Freizeitflächen, Jugendhilfeangeboten oder Stadtplanung.

 

Queere Sichtbarkeit, Schutzräume und niedrigschwellige Angebote müssen in allen Bezirken, auch in den Randgebieten, sichergestellt werden. Wir fordern daher einen umfassenden Ausbau queerer Infrastruktur, der Jugendliche aktiv einbezieht und ihre Bedarfe in den Mittelpunkt stellt.

 

Wir fordern daher:

 

Ausbau queerer Jugendzentren und Schutzräume

  • Dauerhafte Finanzierung von mindestens einem queeren Jugendzentrum pro Bezirk.
  • Erhalt und Ausbau bestehender queerer Jugendclubs und Treffpunkte.
  • Einrichtung von Schutzräumen für queere Jugendliche, die Gewalt oder Diskriminierung erleben.

 

Stärkung queerer Jugendarbeit

  • Verpflichtende Fortbildungen für Lehrkräfte und Sozialmitarbeitende zu queersensibler Pädagogik.
  • Förderung queerer Sportvereine und Freizeitangebote, die positive Identifikation ermöglichen.
  • Queere Jugendarbeit an Schulen ausbauen und Schulkonzepte gegen Queerfeindlichkeit entwickeln.

 

Beratung und Gesundheitsversorgung

  • Flächendeckendes Beratungsnetzwerk mit queersensiblen Fachkräften (Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen).
  • Ausbau queerer Gesundheitsversorgung, insbesondere trans*-spezifische Angebote und Mental-Health-Unterstützung.
  • Mehrsprachige und barrierearme Beratungsangebote in leichter Sprache.
  • Einrichtung von queersensiblen Trauma- und Gewaltberatungsstellen für Jugendliche, die Rassismus, Queerfeindlichkeit und familiäre Gewalt gleichzeitig erleben.

 

Partizipation und Selbstorganisation

  • Gründung eines Berliner Jugend-Queerbeirats, in dem queere Jugendliche demokratisch über Projekte und Bedarfe mitbestimmen.
  • Finanzielle Unterstützung für die Selbstorganisation queerer Jugendlicher.
  • Queere Jugendarbeit in den Jugendhilfeausschüssen der Bezirke verankern.

 

Intersektionale Ansätze

  • Schnittstellenprojekte zwischen queerer und antirassistischer Jugendarbeit fördern.
  • Besondere Unterstützungsangebote für mehrfach-marginalisierte queere Menschen.
  • Alle durch das Land geförderten queeren Jugendzentren, Clubs und Einrichtungen müssen verbindliche Antidiskriminierungs- und Awareness-Konzepte entwickeln und umsetzen. Diese sollen den Schutz queerer Menschen auch vor weiteren Diskriminierungsformen sicherstellen – zum Beispiel durch regelmäßige Antirassismus-Trainings, barrierefreie Ausstattung, Empowerment-Programme für mehrfach marginalisierte Jugendliche sowie ein umfassendes Awareness- und Schutzkonzept. Zur Umsetzung entsprechender Trainings soll die Expertise der jeweiligen Beauftragten der Bezirke einbezogen werden, sowohl als die personelle und finanzielle Unterstützung bei der Durchführung durch eben jene Stellen ermöglicht werden.
  • Schaffung von sicheren Unterkünften speziell für queere Geflüchtete und eine verpflichtende Sensibilisierung des Personals in Gemeinschaftsunterkünften.

 

Bürokratieabbau und niedrigschwellige Hilfe

  • Vereinfachte Zugänge zu Notwohnungen, Beratung und Gesundheitsangeboten.
  • Transparente Übersichten über freie Plätze in Notunterkünften und Beratungsstellen.
  • Ausbau digitaler Anlaufstellen als Ergänzung, nicht als Ersatz des Anspruchs auf persönliche, barrierefreie Beratung und Unterstützung.

     

    Empfehlung der Antragskommission:
    Annahme (Konsens)