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Antrag 259/I/2019 Digitales Staatsexamen einführen

28.02.2019

Wir unterstützen das Ziel, dass die Klausuren im staatlichen Pflichtfachteil der Ersten juristischen Prüfung sowie die Klausuren im Rahmen der Zweiten juristischen Staatsprüfung in Zukunft nicht mehr nur handschriftlich, sondern auch computergestützt abgelegt werden können. Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats auf, alle Möglichkeiten einer Umsetzung zeitnah zu prüfen und das Gemeinsame Juristische Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg (GJPA) zu beauftragen, ein Konzept zu erarbeiten.

 

Ein Konzept muss insbesondere die folgenden Punkte berücksichtigen:

  • den finanziellen und logistischen Aufwand,
  • die Datensicherheit der Prüfungsarbeiten,
  • Datensicherung während und nach den Prüfungen, auch bei Ausfall der Geräte, sowie ggf. technischer Support.

 

Priorität hat dabei die Zweite juristische Staatsprüfung, da hier aufgrund der geringeren Zahl der Prüflinge pro Kampagne die Umsetzung leichter möglich sein wird.

Antrag 182/I/2019 Keine Unterstützung von Diktatoren – Für ein Ende der Verwaltungspraxis bei der Erteilung von Passersatzpapieren an syrische Geflüchtete

25.02.2019

In Deutschland gilt für Ausländer*innen die Passpflicht, was bedeutet, dass diese gültige Ausweisdokumente besitzen müssen. Diese sollen sie sich selbst bei den Botschaften ihrer Heimatländer beschaffen. Syrische Geflüchtete waren davon in Berlin bis Ende April 2018 ausgenommen.  Sie bekamen in der Regel von der Berliner Ausländerbehörde ein Passersatzdokument.

 

Seit Mai 2018 wurde diese Ausnahme in der Hinsicht aufgehoben, dass syrischen Geflüchteten mit subsidiärem Schutz nun grundsätzlich eine Zumutbarkeit der Passbeschaffung in der syrischen Botschaft in Berlin unterstellt wird. Das heißt, dass syrische Geflüchtete mit subsidiären Schutz, sich in die Botschaft des Assad-Regimes begeben müssen, um dort zu hohen Kosten  gültige Personaldokumente zu erhalten. Das Assad-Regime, das gezielt Zivilist*innen in Syrien verfolgt und umbringt, wird durch dieses Verfahren direkt mit deutschen Geldern unterstützt. Der deutsche Staat verstärkt damit die Fluchtgründe, anstatt Geflüchteten Schutz zu geben!

 

Wir fordern den Berliner Innensenator deshalb auf, sofort wieder zu der Verwaltungspraxis vor Mai 2018 zurückzukehren und syrischen Geflüchteten mit subsidiärem Schutz einen Reisepass für Ausländer*innen als Passersatz zu gewähren, damit diese nicht in Kontakt mit der syrischen Botschaft treten müssen.

 

Wir fordern weiter, dass sich die Bundestagsfraktion dafür einsetzt, diese Verwaltungspraxis im gesamten Bundesgebiet zu ändern.

Antrag 120/I/2019 Verbeamtung von Lehrkräften ist kein Allheilmittel

25.02.2019

Die SPD Berlin möchte die Situation für die Lehrkräfte an den Schulen im Land verbessern und wird dem Lehrkräftemangel mit nachhaltigen Maßnahmen begegnen, um den Lehrer*innen-Beruf attraktiver zu gestalten.

 

Hierfür bedarf es vielschichtiger Lösungsansätze, die die Lebenswirklichkeit von Ausbildung über Berufseinstieg bis zum Übergang ins Rentenalter stärker in den Blick nehmen. Wir sehen die aktuelle Debatte um die Wiedereinführung einer Verbeamtung von Lehrkräften kritisch, da diese Maßnahme das Lehrkräftedefizit nicht lösen wird und darüber hinaus zu zusätzlichen Problemen führt.

 

Grundsätzlich ist für uns Bildung der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben; deshalb messen wir der schulischen Bildung im Land Berlin einen hohen Stellenwert bei und arbeiten tagtäglich daran, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für gelingende Lehr- und Lernprozesse zu ermöglichen. Zwar stehen wir fest an der Seite unserer Berliner Lehrer*innen, doch kann exzellente Schularbeit nur durch die pädagogische Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen (Jugendsozialarbeiter*innen, Sonderpädagog*innen, etc.) gelingen.

 

Auch um die Komplexität der aktuellen Situation anzuerkennen, wollen wir einen ganzheitlichen Blick vornehmen, der die aktuellen Strukturen verbessert. Die von uns gewählten Maßnahmen werden mitunter erst mittel- bis langfristig Wirkung entfalten. Jedoch treibt uns eine grundlegende Verbesserung der Situationen vieler engagierter Lehrkräfte und Pädagog*innen an, sodass wir jetzt handeln und einer nachhaltigen Bildungspolitik ohne politische Schnellschüsse Ausdruck verleihen. Im Nachfolgenden skizzieren wir Möglichkeiten, die angespannte Situation der Lehrkräfteentwicklung im Land Berlin zu verbessern, welche zugleich Ausdruck unseres Strebens nach einer sozial gerechteren Gesellschaft sind.

 

Daher fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses sowie des Senats in Berlin auf,

  • sich für Gehaltssteigerungen der angestellten Lehrkräfte unter Prüfung einer im Rahmen des geltenden Tarifvertrags möglichen Zulage von bis zu 20% einzusetzen
  • die Anwärter*innenbezüge für die Zeit des Vorbereitungsdienstes finanziell spürbar zu erhöhen, mindestens jedoch an die Bezüge im Land Brandenburg anzugleichen
  • sich dafür einzusetzen, dass das unbefristete Beschäftigungsverhältnis bei vollausgebildeten Lehrkräften Regelfall wird
  • eine aussagekräftige Untersuchung anzustoßen, aus der hervorgeht, wie viele Lehramtsabsolvent*innen nicht in den Berliner Schuldienst gehen und ggf. welche Beweggründe hinter diesem Entschluss stehen
  • sich für eine Entlastung der derzeitigen Pflichtstunden einzusetzen und im Austausch mit der GEW und pädagogischen Mitarbeiter*innen Maßnahmen zu entwickeln
  • eine landesweite Untersuchung zu Motiven für einen Wechsel in andere Bundesländer vor und nach dem Referendariat durchzuführen
  • die Lohnzahlungen des Vorbereitungsdienstes in Teilzeit auf das Niveau der Vollzeit anzuheben sowie vollständige Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch das Land Berlin zu gewährleisten
  • sich für eine deutliche Reduzierung der Wochenarbeitsstunden für Lehrer*innen –
    insbesondere in korrekturlastigen Fächern einzusetzen

 

Weiterhin blicken wir kritisch auf die Verbeamtung als Mittel zur Lösung des Lehrkräftemangels und fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses sowie des Senats in Berlin auf, alternative Maßnahmen zu ergreifen, um das Solidarprinzip weiter zu stärken und nicht zu schwächen!

 

Ziel unseres politischen Handelns muss es sein, die beste Bildungsinfrastruktur zu ermöglichen, in der sich Lernende und Lehrende gleichermaßen wohlfühlen und frei entfalten können. Das setzt voraus, dass wir Widrigkeiten angehen und diese mit mutigen Ideen lösen. Dabei lassen wir aber die Zukunft nicht aus dem Blick und gestalten aktiv die Schule von morgen. Dazu gehört jedoch auch, sich mit den gegenwärtigen Herausforderungen tiefer auseinanderzusetzen, um nicht die bequemste Antwort zu geben, sondern die der Komplexität des Themas entsprechende Lösung zu finden. Das kostet Kraft, Geduld und politischen Willen. Wir Sozialdemokrat*innen wollen das für eine moderne Bildung in Berlin aufbringen.   Dazu gehört auch die grundsätzliche Diskussion darüber, welches Bild wir vom Lehrer*innen-Beruf haben. Denn um eine moderne Bildung zu ermöglichen bedarf es einem modernen Verständnis des Lehrer*innen-Berufs. Dem sozialdemokratischen Grundverständnis nach ist es unser Anspruch, dass Arbeitnehmer*innen für ihre Interesse einstehen und so die Arbeitsbedingungen entscheidend mitgestalten können – dabei darf die Schule keine Ausnahme darstellen.

 

Ein besonderer Schritt, um das zu erreichen, stellt die Abschaffung der vom Land Berlin vorgenommenen Verbeamtung von Lehrkräften im Jahr 2004 dar. Durch diese Entscheidung konnte darüber hinaus dazu beigetragen werden, die durch die Pensionierung entstandenen hohen finanziellen Kosten für beamtete Lehrkräfte einzusparen bzw. die Kosten für Pensionsansprüche nicht mehr in die Zukunft zu verschieben. Neben diesen haushaltsfinanziellen Einsparungen schuf der Verbeamtungsstopp zunehmende Erfolge im sozialpolitischen Bereich, die mit den grundsätzlich reaktionären Dienstrecht einhergehenden Pflichten einer Verbeamtung brachen. Seither können mehr Lehrkräfte für ihre Rechte streiken. Zudem führte diese Entscheidung zu mehr Gleichheit im Lehrer*innenzimmer: die ungerechte Besserstellung von verbeamteten Lehrkräften gegenüber ihren angestellten Kolleg*innen sowie weiteren an den schulischen Einrichtungen arbeitenden Pädagog*innen konnte seitdem kontinuierlich abgebaut werden.

 

Von den derzeit knapp 35.000 Lehrkräften in Berlin ist die Hälfte angestellt. Darunter befinden sich seit einigen Jahren nicht nur vollausgebildete bzw. mit der Lehrbefähigung ausgewiesene Pädagog*innen, sondern Quereinsteiger*innen oder Lehrkräfte ohne Lehrbefähigung. Für die Einstellung zum aktuellen Schuljahr bedeutete das, dass unter den 2700 neuen Lehrkräften 1000 voll ausgebildete Lehrkräfte waren. Bei den übrigen handelte es sich um sehr unterschiedliche Arten von Quereinsteiger*innen, die derzeit noch fortgebildet oder länger eingearbeitet werden müssen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass es im Falle einer Wiedereinführung der Verbeamtung zu zwei grundsätzlichen Problemen kommen wird. Erstens können tausende Berliner Lehrkräfte aufgrund ihrer körperlichen Verfasstheit, ihres Alters oder mangels Erfüllung anderer berufsqualifizierender Voraussetzungen nicht verbeamtet werden – ungeachtet ihrer seit Jahren geleisteten Arbeit. Eine Verbeamtungswelle würde ihnen das Gefühl einer Zwei-Klassen-Hierarchie am Arbeitsplatz geben, aus der sie wegen äußerer Faktoren nicht herauskommen können. Dieses Ohnmachtsgefühl darf eine sozialdemokratische Bildungs- und Arbeitspolitik nicht zulassen!

 

Zweitens gefährdet die Wiedereinführung der Verbeamtung von Lehrkräften das Solidarprinzip. Der Grund dafür liegt vor allem in der finanziellen Sonderstellung im Bereich der Sozialleistungen von verbeamteten Lehrkräften. Diese erhalten im Krankheitsfall ihr volles Gehalt über die gesamte Dauer, was auch die Zahlung über mehrere Jahre bedeuten kann. Für die angestellten Lehrkräfte gelten dagegen die in anderen Berufen greifenden Regelungen, wonach im Krankheitsfall der*die Arbeitgeber*in sechs Wochen lang das Gehalt weiterzahlen muss. Danach gibt es Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse, das mit Einbußen in der Lohnhöhe in einem Zeitraum für dieselbe Erkrankung bis zu 78 Wochen ausgezahlt wird. Diese Benachteiligung bei gesundheitlichen Problemen dürfen wir genauso wenig hinnehmen. Die Angleichung der Nettobezüge für angestellte Lehrkräfte wollen wir umsetzen und dazu den im Tarifvertrag möglichen Rahmen für eine Zulage nutzen. Doch die finanzielle Komponente reicht uns allein nicht aus.

 

Daher streben wir unbefristete Arbeitsverträge an, wodurch der gesicherte Arbeitsplatz auch für angestellte Lehrkräfte ausnahmslos umgesetzt wird. Mit diesen Maßnahmen stärken wir gleichzeitig tarifliche Arbeitsverhältnisse unter Wahrung weitreichender Arbeitnehmer*innen-Rechte (z.B. Streikrecht). Die Verbeamtung stellt für uns aus diesem Grund einen Rückschritt dar. Für uns sind Mitbestimmung und Meinungsäußerung wesentliche Grundvoraussetzungen einer gelingenden freien Gesellschaft. Die Verbeamtung jedoch verfolgt ein antiquiertes und hierarchisches Verständnis vom Arbeitsverhältnis. Dem zugrunde liegt eine Treuepflicht zwischen Dienstherr*in und Beamt*in, wodurch die konkrete Tätigkeit in den Hintergrund rückt und im wesentlichen nur die Amtsverleihung zählt. Dem daraus erwachsenen Prinzip der Nichtbeteiligung an gemeinschaftlichen Aufgaben gilt es entgegenzuwirken, denn das Alimentationsprinzip (Versorgung von Beamten) bezieht sich eben pauschal auf das verliehene Amt und nimmt diese Lehrkräfte aus der Verpflichtung, ihren Anteil für das Gemeinwohl beizusteuern.

 

Ganz konkret würde die Herauslösung und Bevorzugung von bestimmten Teilen innerhalb einer Berufsgruppe zu Unmut, Frust und Unverständnis bei denjenigen führen, die nicht davon profitieren. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit darf nie nur ein Mantra bleiben, sondern braucht praktische Umsetzung. Nicht zuletzt bedeutet die ursozialdemokratische Forderung nach gleicher Entlohnung für gleiche Arbeit auch gleiche Verpflichtungen für das soziale Gefüge – besonders am Arbeitsplatz.

 

Doch nicht nur die aktuelle Beschäftigungssituation gilt es mit hinreichenden Maßnahmen für angestellte Lehrkräfte zu verbessern, sondern auch Berlin als Ausbildungsstandort attraktiver zu gestalten. Denn die Praxiserfahrung zählt zu den wichtigsten Momenten in der Lehramtsausbildung. Gerade hier müssen Voraussetzungen geschaffen werden, die die Lebenssituation von Einsteiger*innen berücksichtigt und ihnen einen angemessenen Einstieg ins Berufsfeld ermöglicht.

 

Das bedeutet: Lebensentwürfe individuell zu berücksichtigen. Die Möglichkeit eines Referendariats in Teilzeit stellt dabei einen wichtigen, wenn auch nicht konsequent zu Ende gedachten Schritt dar. Obwohl es die Möglichkeit seitens des Landes Berlin gibt, den Vorbereitungsdienst in Teilzeit zu absolvieren, bestehen noch immer Ungleichheiten. Zwar ist ein Teilzeit-Referendariat möglich, jedoch nur im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. D.h. dass eine Teilzeitbeschäftigung für “Beamte auf Widerruf” nicht gestattet wird, da beamtenrechtliche Vorschriften dem entgegenstehen. So können Bewerber*innen in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis beschäftigt werden, sind dann aber voll sozialversicherungspflichtig und letztlich finanziell schlechter gestellt. Darüber hinaus erhalten sie eine reduzierte Unterhaltsbeihilfe von 75% des regulären Betrags. Gerade hier sollte eine Veränderung geschaffen werden, um Betroffenen eine maßgebliche Unterstützung zu ermöglichen. Das bedeutet einerseits die Anhebung der Beiträge des Vorbereitungsdienst in Teilzeit auf das Niveau der Vollzeit und andererseits die vollständige Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch das Land Berlin.

 

Insgesamt werden wir den Übergang von Studienabschluss zu Referendariat bis hin zum Jobeinstieg stärker begleiten und geeignete Maßnahmen einführen, um lange Wartezeiten zwischen den einzelnen Stationen zu verhindern sowie intensive Beratungsmöglichkeiten zu schaffen. Da bislang keine aussagekräftigen Zahlen darüber vorliegen, wie viele Absolvent*innen vor oder nach dem Referendariat einen Wechsel an eine andere Schule in einem anderen Bundesland vornehmen, werden wir eine landesweite Befragung durchführen. Diese soll genauere Erkenntnisse liefern, welche Intentionen dem Wechsel jeweils zugrunde gelegen haben. Mithilfe dieser Befragung soll evaluiert werden, welche Intentionen einem Wechsel zugrunde liegen und inwiefern dieser durch die Möglichkeiten auf Verbeamtung in anderen Bundesländern beeinflusst wird. Unabhängig davon streben wir eine strategische Zusammenarbeit mit Brandenburg an, um über Wege zur erfolgreichen sowie nachhaltigen Lösung des Lehrkräftemangels zu beraten und konkrete Schritte zeitnah festzulegen.

 

Die Verbeamtung ist kein probates Mittel zur Lösung des Lehrkräftemangels. Selbst in Bundesländern wie Bayern oder Baden-Württemberg fehlt es an ausgebildeten Lehrer*innen. Ein Aktionismus, der die Verbeamtung in Berlin aufgrund des Wettbewerbs zwischen den einzelnen Bundesländern heranzieht, verliert jedoch langfristig. Denn anstatt das Thema Verbeamtung weiter als Allheilmittel zu postulieren, sollten wir andere Hebel betätigten, um die Situation nachhaltig zu verbessern. Diese liegen jedoch weniger in der finanziellen Ausgestaltung, als an einer bundesweiten Strategie zur Verbesserung des Arbeitsplatzes Schule unter Berücksichtigung von Guter Arbeit für die gesamte Bandbreite des pädagogischen Personals.

Antrag 103/I/2019 Leistungsort? Schule ist ein Lebensort!

25.02.2019

Soziale Teilhabe und Bildung waren die ersten Ziele der Arbeiter*innenbewegung im 19. Jahrhundert, aus der die Sozialdemokratie hervorgegangen ist. „Unsere Kinder sollen es einmal besser haben“ war ein wichtiges Motiv im Kampf vieler Menschen für eine bessere Zukunft. Diese Ziele sind also alt, jedoch aktueller denn je. Denn für eine solidarische Gesellschaft von morgen, müssen die Kinder von heute eine nachhaltige, gerechte und soziale Bildung erfahren. Dabei sind jedoch die Rahmenbedingungen entscheidend. Gute Bildung bedeutet auch, dass jede*r gesund lernt und dabei auch die nötige Zeit bekommt, um gut zu lernen.

 

So darf es nicht sein, dass Bildung nur ein Abbild unserer jetzigen Gesellschaft ist, sondern auch bereits unser Bild einer zukünftigen Gesellschaft mitdenkt. Das heißt, dass die heutige leistungsorientierte Gesellschaft nicht weiter das Schulwesen dominieren darf. Aus der sozialdemokratischen Sicht ist Schule also kein Leistungsort, sondern ein Lebensort!

 

Für viele Schüler*innen ist dies bereits Realität, sie verbringen die meiste Zeit in den Schulen, dort sind meist ihre Freund*innen, dort spielt sich ein großer Teil ihres Lebens ab. Doch es ist für sie gleichzeitig ein Leistungsort: Druck in der Klasse, Druck in den Arbeiten, Druck beim Lernen, Druck immer mithalten zu müssen… Dieser Druck sorgt für Stress und daraus folgend kann dieser Schulstress zu Krankheiten führen. Bereits heute ist jede*r zweite Jugendliche in der mittleren Klassenstufe gestresst und klagt auf Grund dessen über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Schlafstörung oder Ähnlichem. Dabei können diese Krankheiten einen Einstieg für noch schwere psychische Erkrankungen darstellen.

 

Dieser Zustand ist nicht weiter hinnehmbar und zeigt, dass sich die Schule nicht weiter an einer leistungsorientierten Gesellschaft orientieren darf. Deshalb sind eine Reihe von Maßnahmen nötig, um diesen Mechanismus aufzubrechen, damit die Schule ein Ort ist, wo gut gelernt und gelebt werden kann.

 

Psychologische Hilfe- Sofort!

Zur zeit muss eine Person die einen Termin bei einem*einer Psycholog*in benötigt bis zu 20 Wochen warten. Ein alarmierender Wert. Gerade bei Heranwachsenden bedeutet diese Wartezeit eine enorme Belastung. Zudem ist nicht garantiert, dass diese*r Psychologe bzw. Psychologin dann auch dauerhaft eine Ansprechperson für den/die Betroffene*n bleibt oder doch zum/zur Nächsten weitergeschickt wird. Was ebenfalls eine Belastung darstellt. Da explizit Jugendliche eine dauerhaft feste Ansprechperson brauchen, um sich überhaupt öffnen zu können. Deshalb erfordert eine moderne Schule Teamarbeit und die Etablierung von Schulpsycholog*innen an jeder Schule. Welche sowohl kostenfreie Einzelfallberatung als aber auch Systemberatung anbieten sollen.

 

Die Einzelfallberatung richtet sich dabei an die Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen selbst. Bei Schüler*innen bedeutet dies, dass die Schulpsycholog*innen als erste Anlaufstelle fungieren und besonders bei Lern- Verhaltensproblemen, Mobbing oder Prüfungsängsten, Hilfeleistungen geben. Dabei muss eine enge Verzahnung von Schulpsycholog*innen zum Jugendamt, behandelnden Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen usw.  gegeben sein. Nur so wird gewährleistet das Schüler*innen jederzeit eine feste Ansprechperson an den Schulen haben und zugleich, im Bedarfsfall, ein Termin durch den Schulpsychologen an weitere Stellen vermittelt werden kann.

 

Die Systemberatung, bedeutet, dass die Schule als System beraten wird. Hierbei werden also die Schulleitungen und Kollegien bei der Schulentwicklung, Gewaltprävention oder Gesundheitsvorsorge beraten. Auch die Teamsupervision gehört dazu, denn die moderne Schule erfordert Teamarbeit und kein Einzelkämpfer*innentum. Dadurch werden Lehrer*innen für das Thema besser sensibilisiert und gecoacht, um einen richtigen Umgang in der betreffenden Szene (im Falle einer Gewalthandlung) und mit der/den betroffenen Person/en zu gewährleisten.

 

Wir fordern somit von allen Mitgliedern der Landesregierungen und der Landesparlamente wie Abgeordnetenhäuser, sich für die Etablierung einer, je nach Anzahl der Schüler*innenschaft aufgeschlüsselten, schulpsychologischen Stelle pro Schule vor Ort (aber mind. eine volle Stelle) einzusetzen. Sowie sich weiterhin für die Aufrechterhaltung von Schulpsychologische und Inklusionspädagogische Beratungs- und Unterstützungszentren (Kurz: SIBUZ) als externe Ergänzungszentren stark zu machen.

 

Klassenrat an allen Schulen verpflichtend durchsetzen!

Schüler*innen sollen mehr Verantwortung erlernen, sich gegenseitig unterstützen und mehr Partizipation in der Schule erlangen. Kurzum: Mehr Einfluss auf ihren Unterricht und ihre Schule haben. Genau dies ist unter anderem die Aufgabe eines Klassenrates. Hier sind die Hauptakteure die Schüler*innen. Unter der Leitung eines aus der Mitte des Klassenverbandes selbst gewählten Präsidiums werden Probleme, Gestaltungswünsche, Klassenregeln usw. besprochen und beschlossen. Die genauen Themen und Gestaltungen bestimmen ausschließlich die Schüler*innen. Dieses Konzept ist nicht neu, jedoch an keiner Schule verpflichtend und dort wo es einen solchen Klassenrat gibt, opfert meist die Lehrkraft eine Stunde ihrer Freizeit, um es den Schüler*innen zu ermöglichen.

 

Wir fordern deshalb von den Mitgliedern der Kultusministerkonferenz sowie den Landesparlamenten und Abgeordnetenhäuser, dass diese die Klassenratsstunde als offizielle Schulstunde anerkennen und an allen Schulen eine Klassenratsstunde pro Woche eingeführt wird und auch als offizielle Unterrichtsstunde für die betreuende Lehrkraft gilt.

 

Schulsozialarbeit stärken

Gute Sozialarbeit ist für eine gute Bildung unabdingbar. Ob nun Einzelfallberatung, Krisenintervention, Begleitung vom Übergang von der Schule zum Beruf oder freizeitpädagogische Angebote etc. Schulsozialarbeiter*innen haben ein breites Aufgabenspektrum und bereichern durch ihre Einbeziehung jede Schule. Jedoch treten an allen Schulen Schwierigkeiten mit dem Umgang der Sozialarbeiter*innen auf. Es fehlt häufig eine adäquate räumliche Unterbringung, Sozialarbeiter*innen werden missbräuchlich als Hausaufgabenhilfe oder Vertretungslehrer*innen genutzt, wodurch sie ihr breites Aufgabenspektrum nicht mehr ausfüllen können. Des Weiteren werden Sozialarbeiter*innen meistens erst eingestellt, wenn die Probleme, wie Gewalthandlungen, bereits aufgetreten sind. Von präventiven Maßnahmen kann damit nicht mehr die Rede sein. Dies wird durch den Fakt verstärkt, dass viele Schulsozialarbeiter*innen nur befristet in Teilzeit angestellt sind. Wodurch a) keine Kontinuität für die Schüler*innen entsteht und damit kein Vertrauen aufgebaut werden kann und b) durch den Zeitmangel, keine ausreichende Problemanalyse erfolgen kann, sondern lediglich das kurzfristige Problem behoben wird.

 

Auch die Tatsache, dass es einen chronischen Mangel an Schulsozialarbeiter*innen gibt, da durch das NC-System vielen kein Studium ermöglicht wird und die Bezahlung weit unter der einer Lehrkraft liegt (in Berlin im Durchschnitt bei ca. 2.700€), sorgt dafür, dass die Probleme an Schulen nicht geringer werden.

 

Deshalb sind eine Reihe von Maßnahmen nötig, wofür sich die jeweiligen Mitglieder in den Landesparlamenten und Abgeordnetenhäuser, sowie den Landesregierungen und kommunalen Selbstverwaltungen einsetzen sollen :

 

  1. Der Wegfall des notenbasierten Zulassungsverfahren für den Fachbereich „Soziale Arbeit“ an allen Hochschulen. Zudem fordern wir stärkere finanzielle Förderung für den Fachbereich „Soziale Arbeit“ an jeder Hochschule.
  2. Fordern wir die Anhebung der Gehälter der Schulsozialarbeit*innen.
  3. Schulsozialarbeit sollte eine Schnittstellenfunktion zuteil werden und muss dafür in jedem Schulprogramm und in jedem kommunalen Jugendhilfeprogramm verankert sein, nur so kann verhindert werden, dass Schulsozialarbeit als metaphorische “Feuerwehr”- Funktion funktionalisiert wird. Stattdessen kann so eine kontinuierliche langfristige, statt befristete Schulsozialarbeit gewährleistet werden.
  4. Fordern wir eine engere Kooperation zwischen Lehrkraft und Schulsozialarbeiter*innen, sowohl während des Studiums als auch im späteren Schulbetrieb. Die Einbeziehung und Mitbestimmung bei der Schulentwicklung wie auch bei Schulkonferenzen (bei Letzterem muss eine Sitz- wie Stimmberechtigung für Schulsozialarbeiter*innen erfolgen) kann zu engerer Kooperation und Verzahnung zwischen Lehrkraft und Schulsozialarbeiter*innen im Sinne einer guten Schulentwicklung und Schüler*innenentwicklung führen.
  5. Landesprogramme, wie das Berliner “Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen” müssen weiter aufgestockt werden. Denn 290 Stellen auf 775 Schulen in Berlin reichen bei weitem nicht aus. Außerdem muss gewährleistet werden können, dass Sozialarbeiter*innen stärker in Teams arbeiten können, um sich so gegenseitig zu unterstützen und zu entlasten. Auch muss eine Aufstockung des Jugendamtes stattfinden, um die Arbeitsabläufe zwischen Schulsozialarbeit und Jugendamt zu erleichtern.
  6. Muss bei Schulneubauten wie bestehenden Schulen Raumkonzepte erarbeitet bzw. mitgedacht werden, um eine adäquate Schulsozialarbeit stattfinden lassen zu können.

 

Freiräume einrichten- Ruhe- und Schutzräume etablieren!

Für gutes Lernen sind Erholungs- und Ruhezeiten erwiesenermaßen nicht nur nötig, sondern förderlich. Dabei gilt dies nicht nur für die Lernenden, sondern auch für die Lehrenden. Deshalb gilt es insbesondere bei den Schulneubauten Ruheräume mitzudenken, um Rückzugsorte für alle Schüler*innen und Lehrer*innen zu ermöglichen. Doch auch bei den bestehenden Gebäuden sollte geprüft werden, inwieweit eine Einrichtung dieser Räume möglich ist und sich so in das Schulgefüge gut integrieren lassen kann.

 

Hinzu muss die Etablierung von Frauen*Lesben*Inter* und Trans*(FLIT*)- Schutzräume

an Schulen kommen. Sexismus ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Hinzukommt, dass bereits über 90% der queeren* Jugendlichen, ob nun online oder im realen Alltag Diskriminierung erfahren haben. Deshalb ist es wichtig, dass für all’ jene ein Schutzraum an allen Schulen etabliert wird. Denn wer von Übergriffigkeiten betroffen ist und sich unwohl fühlt, muss die Möglichkeit haben, sich zurückzuziehen. Denn solange Sexismus alltäglich und strukturell in unsere Gesellschaft ist, sind Schutzräume nötig. Dabei muss das langfristige Ziel bleiben, solche Schutzräume überflüssig zu machen, indem das Bewusstsein bei Schüler*innen und Lehrer*innen für Diskriminierung und Sexismus vorhanden ist und mit Hilfe von Schulsozialarbeit, wie Schulpsychologie diese Strukturen bekämpft werden können. Damit die ganze Schule und Gesellschaft für alle Menschen ein Schutzraum wird.

 

Wir fordern die Einrichtung von Schutz- wie Ruheräumen in allen Schulen, bundesweit.

 

Genderneutrale Umkleiden bei Schulneubauten

Die meisten Umkleiden sind in Männer und Frauen unterteilt, hierbei handelt es sich in nahezu jeder Umkleide um Gruppenumkleideräume. Dies führt dazu, dass sich alle zusammen umziehen müssen. Dabei ist das Umziehen vor dem Sportunterricht sehr intim und alle Menschen sollten sich dabei wohlfühlen. Dies ist allerdings nicht für alle Menschen der Fall und stellt somit eine Hürde für den Sportunterricht dar: Nicht nur für Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen,  oder Trans*menschen, die unschlüssig sind, ob sie sich in der Umkleide ihres „biologischen  Geschlechts“ umziehen wollen oder des Geschlechtes, dessen sie sich zuordnen, ist das ein Problem. Dieser Missstand betrifft auch Menschen mit einer Behinderung und einer Begleitperson, die anderen Geschlechtes ist. Deshalb stellen wir fest, dass dies kein zustand ist, welchen wir weiter tolerieren können.

 

Deshalb fordern wir von den Mitgliedern in den Landesparlamenten/Abgeordnetenhäuser und Landesregierungen, dass bei Schulneubauten Unisexumkleiden eingerichtet werden und bei bestehenden Bauten die Schaffung von Unisexumkleiden geprüft und bei räumlichen Kapazitäten eingerichtet wird.

 

Kostenlose Nachhilfe vor Ort!

Nachhilfe kann sich nur jemand leisten, der auch das nötige Geld besitzt. Dieser Fakt verstärkt die Ungleichheit in der Bildung und widerspricht somit unserem Ideal einer gerechten Bildung. Deshalb darf Nachhilfe nicht an die Leistungsgesellschaft außerschulisch abgegeben werden, sondern muss vielmehr innerschulisch kostenfrei angeboten werden.

 

Dabei dürfen keine Hürden aufgebaut werden, stattdessen muss jede nachhilfesuchende Person diese Möglichkeit annehmen dürfen. Diese Nachhilfeangebote sollen nicht auf Kosten von Überstunden der Lehrkräfte eingerichtet werden. Vielmehr soll es die Möglichkeit geben, die Nachhilfestunden als Unterrichtsstunde normal anrechnen lassen zu können oder (gegen Bezahlung) Studierende des Lehramts als Nachhilfelehrer*innen zu engagieren. Für die Studierenden kann dadurch eine Chance geschaffen werden, neben dem sehr theoretischen Studium bereits praxisnahe Einblicke in das zukünftige Berufsfeld zu generieren. Auch soll darüber hinaus die Möglichkeit bestehen, sich diese Nachhilfestunden als Teilleistung eines entsprechenden Moduls anerkennen zu lassen.

 

Wir fordern somit, dass flächendeckende staatliche und kostenfreie Nachhilfeangebote für die Schüler*innen etabliert werden.

 

Arbeitsgemeinschaften stärken und ausbauen! 

AGs stellen eine wichtige Möglichkeit für Schüler*innen dar, ihren Interessen nachzugehen, ohne zusätzliche Kosten bezahlen zu müssen und bereits Vorerfahrungen in einem möglichen Berufsfeld zu sammeln (Schüler*innenzeitung, Schüler*innenfirma o.Ä.). An vielen Schulen ist die Partizipationsmöglichkeit der Schüler*innen jedoch stark eingeschränkt, dadurch, dass die AGs hierarchisch von der Lehrkraft initiiert werden. Hier muss sich etwas ändern. So muss eine Schülervertretung stärker in die AG-Pläne für ein kommendes Schuljahr involviert werden. Auch müssen für alle Jahrgänge die gleichen AG-Zeiten gelten. Hier darf kein regulärer Unterrichtsbetrieb stattfinden, damit auch alle Schüler*innen die Möglichkeit haben, an einer AG teilzunehmen. Auch muss mit Vereinen/Verbänden im Umkreis Kontakt aufgenommen werden. Damit die Trainingszeiten o.Ä. nicht mit den AG-Zeiten kollidieren, bedarf es einer engeren Kooperation zwischen der Schulleitung und den Vereinen/Verbänden. Viertens sollen es auch Externe (wie Journalist*innen, Künstler*innen etc.) auf Wunsch der Schülervertretung und unter Aufsicht einer Lehrkraft erlaubt sein, eine AG mit zuleiten. Prinzipiell lehnen wir den Einfluss der Wirtschaft und von privaten wirtschaftlichen Interessengruppen auf den Unterricht weiterhin ab.

 

Kurzum: Wir fordern, dass die Mitglieder der Landesparlamente und der Landesregierungen, Koordination und Kooperationen zwischen Vereinen/Verbänden und Schulen fördert. Zudem sollen die Partizipationsmöglichkeiten der Schüler*innenschaft durch Aufklärungs- und Strategiepapieren weiter gestärkt werden.

 

Ganztagsschule bedeutet kostenlose Verpflegung! 

Wir bekennen uns nach wie vor zur Ganztagsschule, insbesondere in Gemeinschaftsschulen. Dabei ist eine ausgewogene Verpflegung allerdings ein wichtiger Baustein. So forderte bereits 1891 die Sozialdemokratie im Erfurter Programm die kostenlose Verpflegung an öffentlichen Schulen. Die Forderung existiert nun seit 138 Jahren und es ist an der Zeit, dass dieser zur allgemeinen Gültigkeit verholfen wird. Dabei begrüßen wir die Vorhaben, bspw. des Berliner Senats, für Grundschüler*innen kostenloses Mittagessen zur Verfügung zu stellen mit aller Deutlichkeit. Jedoch kann dies nur der Anfang sein. Denn für jeden Menschen, doch für Heranwachsende besonders, ist eine regelmäßige und gesunde Nahrungsaufnahme sehr wichtig. Da es viele in unserer Gesellschaft gibt, die es sich schlichtweg nicht leisten können, ihre Kinder adäquat zu verpflegen oder ihnen Geld mitzugeben oder aus anderen Gründen nicht dazu imstande sind, ist es am Staat auch beim Thema Essen für Gleichbehandlung und Gerechtigkeit zu sorgen.

Kostenfreie Bildung für alle, heißt auch kostenfreie Verpflegung für alle.

 

Deshalb fordern wir von den jeweiligen Mitgliedern der Landesparlamente und Landesregierungen, dass sie sich dafür einsetzen, dass an sämtlichen öffentlichen Schulen ein optionales kostenfreies Frühstück sowie Mittagessen (mindestens eine Auswahlmöglichkeit, mit einer veganen Option) angeboten wird.

 

Schulen und Jugendzentren: Gemeinsam geht’s besser!

Zur zeit besuchen ca. 11 % der Jugendlichen von 11-17 Jahren regelmäßig ein Jugendzentrum. Dabei geht es nicht nur um Spielen, Spaß und abhängen mit Freunden. Jugendzentren bedeuten eine offene Kinder und Jugendarbeit. Gerade die, welche sich in der Schule schwer tun, lassen sich plötzlich begeistert auf eine Tätigkeit ein und schrauben stundenlang an Fahrrädern, üben ein Theaterstück ein oder programmieren Roboter. Dabei machen sie eine der wichtigsten Grunderfahrungen: Selbstwirksamkeit – „Ich kann was!“. Kurzum: Jugendzentren leisten mit ihrer Arbeit einen großen Beitrag für die positive Persönlichkeits- und Selbstbewusssteinsentwicklung der Heranwachsenden. Sie eröffnen mit ihren zahlreichen Angeboten einen neuen Zugang zur Bildung, der für viele sonst verschlossen blieb. Denn immerhin verlassen im Jahre 2018 sechs Prozent der Jugendlichen die Schule ohne einen Abschluss. Ein alarmierender Wert, welcher in manchen Bundesländern sich sogar schon gen 10% bewegt.

 

Dabei könnten außerschulische Lernangebote wie Jugendzentren, Jugendclubs und Co. einen wichtigen Schlüssel darstellen, diesem Trend entgegenzuwirken.

 

Heute schon haben 28 Prozent aller Minderjährigen in Deutschland, das sind 3,7 Millionen Kinder und Jugendliche, von zu Hause aus schlechte Startchancen – sei es, weil ihre Eltern arbeitslos oder ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind oder weil sie in Armut leben oder davon bedroht sind.

 

Zugleich ist Jugendarbeit ein Ort der gelebten Inklusion, denn der Schritt in eine bessere Zukunft für diese Kinder führt nur über eine gleiche und gerechte Bildung. Natürlich ist das vorwiegend ein Auftrag an die Schulen, doch bedarf es eben auch weitere Akteure neben der Schule, um eine solche Gerechtigkeit herzustellen.

 

Hinzu kommt, dass die meisten Angebote in solchen Einrichtungen kostenfrei oder kostengünstig sind, was eine enorme Entlastung für die Eltern und eine erhöhte Partizipation der Jugendlichen ermöglicht und somit dem Anliegen einer solidarischen und inklusiven Gesellschaft entspricht.

 

Die Konsequenz daraus müsste also sein, Jugendzentren und ähnliche Einrichtungen zu fördern und auszubauen und für dauerhaftes ausreichendes Fachpersonal und Ausstattung zu sorgen. Die Realität in vielen Bundesländern sieht dabei anders aus. Statt Förderung – Kürzung. Statt dauerhaft- befristet. Statt Ausbau- Abbau. Schlicht: Eine Katastrophe.

 

Die Kommunen stehen vielerorts vor dem Dilemma, dass sie zwar auf kontinuierliche und qualitative Kinder – und Jugendarbeit setzen müssten, um die schwierigen sozialen Bedingungen zu verbessern. Den finanziellen Bedarf jedoch nicht decken können.

 

Diesem Dilemma muss entgegengewirkt werden.

 

Wir fordern deshalb von den Landesparlamenten und Landesregierungen den Abbau von Jugendzentren, Jugendclubs und weiteren außerschulischen Jugendeinrichtungen zu stoppen. Die Mitglieder dieser Parlamente und Regierungen fordern wir auf, sich für eine erhöhte finanzielle Förderung und Ausbau der Einrichtungen aus Landes- und Bundesgelder auszusprechen. Hinzu sollen finanzielle Anreize für besonders gelungene Jugendarbeit vergeben werden.

 

Des Weiteren fordern wir die Etablierung eines bundesweiten Jugendfonds für außerschulische Jugendeinrichtungen, wo sich mit einem Konzept beworben werden kann, um weitere Gelder zu beantragen. Dieser Fond ist strikt vom Demokratiefond zu trennen, da dieser nur kurzfristige Projekte fördert und zudem hierbei die Demokratieförderung und –bildung im Vordergrund steht. Jugendzentren sind jedoch auf langfristige Planungen angewiesen und sollten die Möglichkeit haben, vielfältige Projekte für die Kinder und Jugendlichen anzubieten.

 

Wir fordern auch, dass Jugendzentren an Schulen, dort wo möglich, räumlich angegliedert sind. Nur so lassen sich die Kinder und Jugendlichen direkt “auffangen”, hinzu kann durch die betreuenden Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen ein direkter Bezug und Kontakt zu den Lehrkräften und Schule entwickelt werden, um so auch neue Impulse in die schulische Arbeit hineinzugeben.

Antrag 131/I/2019 Freiwillige Rückkehr muss freiwillig sein

25.02.2019

Auf öffentliche Werbung für die freiwillige Rückkehr soll insgesamt verzichtet werden.

 

Daher fordern wir:

  • Auf öffentliche Werbung für die freiwillige Rückkehr soll insgesamt verzichtet werden. Stattdessen sollen Geflüchtete nur auf persönlicher Ebene und bei Bedarf und von geschultem Personal über die Angebote des Staates zur freiwilligen Rückkehr informiert werden.
  • „StarthilfePlus“ soll abgeschafft werden und es stattdessen Geflüchteten, die sich für die freiwillige Rückkehr entschieden haben, freisteht, mindestens 1200 Euro Unterstützung (Inklusive Rückflug) zu bekommen, egal zu welchen Zeitpunkt die Entscheidung getroffen wird und egal, ob die Entscheidung während oder nach dem Ende der Verarbeitung des Asylverfahrens getroffen wurde.
  • Die 500 Millionen Euro, die mit der Abschaffung der öffentlichen Werbung gespart werden, sollen dafür genutzt werden, die finanzielle Unterstützung bei der freiwilligen Rückkehr deutlich zu erhöhen und um in Integrationsprogramme in Deutschland zu investieren.
  • Zudem reicht es nicht aus, Starthilfe in Form von Geld zu geben, vielmehr müssen Strategien zur selbstständigen Unternehmensgründungen weitergegeben werden. Auch die Option einen Mikrokredit aufzunehmen, sobald ein eingereichtes Konzept vorliegt, sollte den Rückkehrenden ermöglicht werden. Denn die wirtschaftliche Unabhängigkeit ist besonders in Krisengebieten von großer Bedeutung.

 

Wir sehen die Aufgabe des Bundesministeriums des Innern, für Heimat und Bau nicht darin, fremdenfeindliche Abschiebekampagnen großflächig zu bewerben und Steuermittel dafür zu missbrauchen. Stattdessen sollte sich das Bundesministerium darum bemühen einen, Inklusionsprozess der hier lebenden Geflüchteten zu fördern. Wir fordern daher die Mitglieder der SPD-Bundesfraktion sowie SPD-Minister*innen auf, das Vorgehen des Bundesministers Horst Seehofer auf das Schärfste zu kritisieren und sich dafür einzusetzen, dass jedem Menschen jederzeit das Recht auf freie Migration zusteht und demzufolge ein internationales Recht auf Migration eingeführt wird.

 

Die freiwillige Rückkehr ist nur sinnvoll und gerecht, wenn die Entscheidung, zurückzukehren, tatsächlich freiwillig getroffen wird. Die jetzige Politik des Bundesinnenministeriums garantiert dies nicht. Dies wurde deutlich, als das Innenministerium im letzten November eine halbe Million Euro damit verschwendet hat, eine öffentliche Kampagne zum Thema in Auftrag zu geben. Auf Plakaten, die in fast allen Bahnhöfen in deutschen Großstädten aufgehängt wurden, konnte man in großen Buchstaben lesen: „Dein Land. Deine Zukunft. JETZT!“. In den kleineren Buchstaben wurde Geflüchtete, die bis Ende des Jahres im Rahmen der freiwilligen Rückkehr und des neuen Programms „StarthilfePlus“ ausreisen würden, ein finanzieller Bonus versprochen.

Die Gründe, weswegen diese Kampagne komplett unangemessen ist, sind so zahlreich, dass sie aufgelistet werden müssen.

 

Was als Erstes auffällt, ist die offensichtliche Fremdenfeindlichkeit, die hinter so einer Aussage steckt. Was nicht nur Geflüchtete, sondern alle Menschen mit Migrationshintergrund dabei verstehen sollen, ist, dass deren Land nicht Deutschland ist, deren Zukunft nicht in Deutschland sein wird und dass sie am besten jetzt gehen sollten. Es ist unerträglich, dass gewaltige Mengen Geld aus dem Innenministerium nicht für Investitionen in die Integration verwendet werden, sondern dafür, Menschen die Botschaft zu vermitteln, dass sie hier unerwünscht sind.

 

Wie kann man denn auf diese Weise einen guten Zusammenhalt in der Gesellschaft erzeugen wollen? Was für eine Vorstellung von Willkommenskultur hat das Innenministerium? Eine Antwort auf diese Fragen wird deutlich, wenn man darüber nachdenkt, warum diese Kampagne überhaupt gestartet wurde. Wie Marketingexperten auch in den Medien treffend analysiert haben, ergibt es überhaupt keinen Sinn für das Innenministerium, Geflüchtete durch Plakate in Bahnhöfe zu erreichen, insbesondere, wenn über so ein sensibles Thema informiert wird. Durch das BAMF oder auch andere Kanäle, wie die Ausländerbehörden, könnte man deutlich gezielter an diese Menschen herantreten, um in einem angemessenen Rahmen über freiwillige Rückkehr zu sprechen und zu beraten. Ganz offensichtlich war es nicht Ziel dieser Kampagne, die Zielgruppe vor Ort zu erreichen (wie das Ministerium mitteilte), sondern nur öffentlich zu zeigen, dass die Bundesregierung etwas gegen die angeblich zu hohe Zahl von Geflüchteten tut.

 

Für uns ist eine solch nationalistische und ausländerfeindliche Politik auf keinen Fall tragbar.

 

Die Kampagne ist aber noch aus anderen Gründen unangemessen. Wie am Anfang schon erwähnt, ist die Idee der Unterstützung bei der freiwilligen Rückkehr ist nur richtig, wenn die Entscheidung tatsächlich freiwillig getroffen wird und das ist nicht, was durch diese Kampagne vermittelt wird. Wenn man bei Geflüchteten mit dem Gefühl der Verantwortung für das Herkunftsland spielt und darüber hinaus für die Entscheidung noch Zeitdruck aufgebaut wird, dann ist es unmöglich hier noch von einer Freiwilligkeit zu sprechen. Das Innenministerium hat mehr Geld angeboten, für all diejenigen, die sich bis Ende des letzten Jahres entschieden haben, auszureisen, was von vielen als eine Art des „Winterschlussverkauf-Angebots“ interpretiert wurde, also nicht, wie Schicksale von Menschen behandelt werden sollten.

 

Wenn die Entscheidung tatsächlich freiwillig sein soll, dann dürfen es keine solche Prämien für bestimmten Entscheidungen geben. Neben diesen „Sonderangeboten“ stellt das Innenministerium ebenfalls mehr Geld für Geflüchtete zur Verfügung, die sich während der Verarbeitung des Asylverfahrens entscheiden, zurückzugehen, und so auf eine Asylstelle verzichten. Der einzige Gedanke, den ein*e Asylsuchende*r haben sollte, ist, ob er in sein Heimatland zurück möchte oder nicht. Wie viel Geld er vom Staat erhält, sollte keine Rolle spielen. Die Entscheidung ist dann nur wirklich freiwillig, wenn er oder sie sicher sein kann, dass er oder sie immer die notwendige Unterstützung haben wird, egal, wofür er oder sie sich entscheidet.

 

Das Innenministerium muss sofort aufhören, die freiwillige Rückkehr politisch zu nutzen, um somit die Zahlen der Ausreise zu vergrößern und einen ausländerfeindlichen Teil der Bevölkerung zu beruhigen. Stattdessen soll es sich um die Menschen kümmern, die hierher geflohen sind, auf der Suche nach Sicherheit und Freiheit.