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Antrag 69.1/I/2019 Die kommunale Wohnungswirtschaft stärken

9.03.2019

    Die Wohnungsmärkte in den Ballungsräumen sind deutschlandweit angespannt. Sorgen um die Bezahlbarkeit der Mieten und Angst vor Verdrängung sind bei vielen Mietern groß. In Berlin erfahren jährlich tausende Mieterhaushalte, die der Umwandlung von Mietwohnungen, teuren Modernisierungen und oft sogar unberechtigten Eigenbedarfskündigungen ausgesetzt sind, wie unzureichend der Mieterschutz ist. Bei extremer Wohnungsnachfrage ist Geschäftemache-rei mit Wohnraum leicht. Wer eine Wohnung sucht, ist der Wohnungsknappheit brutal ausge-setzt und findet kaum noch bezahlbare Angebote. Rechtswidrig völlig überhöhte Mietforderun-gen bei Neuvermietungen sind alltäglich. Zehntausende Mieterhaushalte leiden längst unter untragbaren Miethöhen und zu hoher Wohnkostenbelastung.

     

    Wohnen ist ein Grundrecht. Mieterschutz und ein ausreichendes Wohnungsangebot sind eine politische Kernaufgabe. Wir werden in einem innerparteilichen Diskussionsprozess mit breiter Beteiligung unserer Mitglieder bis zum Landesparteitag II/2019 klären, ob und falls ja: unter welchen Bedingungen Enteignungen nach Art. 14 GG und Vergesellschaftungen nach Art. 15 GG für uns als Instrumente infrage kommen, um das Ziel eines ausreichenden Wohnungsan-gebots in Berlin zu gewährleisten.

     

    Der Vorstand des SPD-Landesverbands Berlin, der Berliner Senat sowie die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses werden aufgefordert, folgende weitere Gesetzesreformen und Maßnahmen zur wirksamen Regulierung des ange-spannten Wohnungsmarktes in Berlin und bundesweit in den Gebieten mit erhöhtem Wohnbe-darf zu unterstützen und durchzuführen:

    A. Handlungsebene Bund und Länder

    1. Mietenstopp“ in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf für 5 Jahre: Kappungsgrenze in Hö-he des allgemeinen jährlichen Preisanstiegs
    2. Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete aus den Mietänderungen oder Neumietver-trägen der letzten 10 Jahre (§ 558 BGB)
    3. Verschärfung der Mietpreisbremse durch Sanktionierung überhöhter vertraglicher Miet-preisvereinbarung (Mieterrecht auf Rückzahlung überhöhter Mieten rückwirkend für 3 Jah-re plus 10 % Schadensersatz). Die Ausnahme „umfassende Modernisierung“ ist rechtlich zu definieren und zu beschränken.
    4. Verschärfung des § 5 WiStG zur wirksameren Verfolgung von Mietwucher
    5. Absenkung der Modernisierungsumlage gem. §§ 559 BGB auf 5 % der anerkennungsfä-higen Modernisierungskosten, in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarfs auf 3 %, Kappung bei maximal 2,00 EUR/qm Wohnfläche
    6. Stärkung des Mieterschutzes bei Härtefällen wegen Modernisierungsumlagen
    7. Der § 559 BGB ist zu streichen, damit Mieterinnen und Mieter künftig nicht mehr die ge-samten Kosten für Modernisierungsmaßnahmen allein tragen müssen.
    8. Zur weiteren Entlastung der Mieter*innen muss außerdem die gängige Praxis, dass die eigentlich durch die Hauseigentümer*innen zu entrichtende Grundsteuer über die Be-triebskosten auf die Mieter*innen umgelegt wird, durch eine Streichung von Ziffer 2 in § 2 der Betriebskostenverordnung beendet werden.
    9. Damit die Mieter*innen ihre Rechte effektiv wahrnehmen können, fordern wir eine gesetz-liche Regelung, die Wohnungsunternehmen mit als 100 Wohneinheiten verpflichtet, pari-tätisch besetzte Mieter*innenräte zur Beteiligung der Mieter*innenschaft an Unterneh-mensentscheidungen durchzusetzen. Vorbild für eine solche Regelungen könnte das Ber-liner Wohnraumversorgungsgesetz sein, dessen Bestimmungen zur Mitbestimmung von Mieter*innen auf private Unternehmen im gesamten Bundesgebiet ausgedehnt werden. Umgehungen der Regelungen durch künstliche Aufspaltungen von Unternehmensstruktu-ren müssen von vornherein ausgeschlossen werden.
    10.  Stärkerer Schutz vor Eigenbedarfskündigungen
    11.  Effektiver Kündigungsschutz für gemeinnützige soziale Einrichtungen
    12. Einführung eines Gewerbemieterschutzes in Sanierungs- und Erhaltungsgebieten
    13. Verdoppelung der GroKo-Ansätze für die Bundesmittel zur Unterstützung des durch die Länder geförderten Sozialen Wohnungsbaus ab 2020
    14. Wohngeld-Anpassung in 2020 und umfassende Wohngeld-Reform bis 2021
    15. Unterstützung des Bundes mit Mitteln der Wohnungsbau- und Städtebauförderung für die Bildung von Boden- und Infrastrukturfonds und Bodenbevorratung durch Kommunen.
    16. Verbesserung der rechtlichen Anwendungsbedingungen für die Ausübung kommunaler Vorkaufsrechte und Erweiterung des preislimitierten Vorkaufsrechts.
    17. Die bodenrechtlichen Instrumente des Besonderen Städtebaurechts und das allgemeine Vorkaufsrecht müssen auch bei sharedeal-Grunderwerb gelten, die grunderwerbsteuer-pflichtig werden müssen.
    18. Spekulation stoppen: Wir brauchen eine Steuer, die leistungslosen Gewinn durch Boden-wertsteigerungen abschöpft und Eigentümer baureifen Landes dazu anhält, ihr Baurecht auch schnell zu nutzen und das Land nicht jahrelang unbebaut zu lassen. Deshalb fordern wir die Grundsteuer C, die unbebautes, aber baureifes Land gesondert besteuert und wol-len darüber hinaus eine Bodenwertzuwachssteuer entwickeln. Ergänzend zur Grundsteu-er fordern wir eine Luxussteuer, die nicht mehr auf die Mieter*innen umgelegt werden darf und nur im Hochpreissegment greift.
    19. Baurechtlich sollen Möglichkeiten geschaffen werden, die Genehmigung von Bebauungen zu befristen, um zu erreichen, dass die Spekulation mit Grundstücken, die über Baurecht verfügen, beendet wird. Die Ausnutzung von Baurecht muss gefördert werden, nicht das Nichtstun.
    20. Ertragssteuerrechtliche Ungerechtigkeiten bei share-deals sind zu beseitigen.
    21. Ergänzung des § 34 BauGB mit einer Sozialkomponente: Gemeinden erhalten die Mög-lichkeit, bei Bauvorhaben nach § 34 einen Anteil an Sozialwohnungen zu fordern, eine für den sozialen Wohnungsbau zweckgebundene Ausgleichszahlung zu verlangen und eine Beteiligung an Infrastrukturfolgelasten.
    22. Einführung der Innenentwicklungsmaßnahme (IEM)
    23. Stärkung des sozialen Erhaltungsrechts (Re-Novellierung von § 172 BauGB auf den Stand bis 1998), damit Städte die Verdrängung von Mietern und soziale Segregation wirk-samer verhindern können, dabei Verschärfung des Umwandlungsverbotes durch Strei-chung von Ausnahmen.

     

    B. Handlungsebene Land Berlin

    1. Schnelle Prüfung und Präzisierung des Vorschlags aus der SPD, einen „Berliner Mieten-deckel“ landesrechtlich einzuführen und rechtssicher auszugestalten
    2. Priorität für Wohnungsbau: Erhöhung der Anzahl fertiggestellter Wohnungen in Berlin auf 20.000 bis 25.000 und Verdoppelung des Wohnungsbaus der Landeseigenen bis zum Jahr 2021 durch geeignete Maßnahmen, darunter:
    3. Beschleunigung des Wohnungsbaus durch schnelle Besetzung der vom Senat im Som-mer 2018 beschlossenen zusätzlichen 110 Personalstellen und ergebnisoffene Prüfung weiterer Personalbedarfe für die bezirkliche Stadtplanungs- und Bauaufsicht
    4. Konsequente und effiziente Anwendung des Berliner „Kooperativen Baulandmodells“ so-wie Evaluierung der bisherigen Verträge und Ergebnisse
    5. Prüfung eines generellen Vorkaufsrechts im Land Berlin für Baugrundstücke
    6. Klare Zeitbegrenzungen für Partizipationsverfahren
    7. Erhöhung der Wohnungsbauförderung auf mind. 5.000 Wohnungen im Jahr ab 2020, vor allem für Landeseigene und Genossenschaften
    8. Rechtsverordnung zur Begrenzung von Möblierungszuschlägen
    9. Rechtsverordnung zur Definition einer „umfassenden Modernisierung“ als Ausnahme von der Mietpreisbremse
    10. Stärkung der Zivilgerichtsgerichtsbarkeit und Straffung/Bündelung des Instanzenweges für Mietrechtssachen
    11. Weitere Maßnahmen zur Senkung von Neubaukosten und Modernisierungskosten sollten angestrebt werden. Der zuständige Fachausschuss der Berliner SPD wird gebeten, Vorschläge dafür zu diskutieren.

     

    Antrag 66/I/2019 Aus dem Miet-Erhöhungs-Spiegel muss ein Mietspiegel werden

    25.02.2019

    Der Mietspiegel ist ein wichtiges Instrument zur Feststellung, ob Mieterhöhungen zulässig sind. Darüber hinaus ist dieses Mittel ein Entscheidungskriterium bei der Mietpreisbremse. Auch bei der Prüfung gegen den Straftatbestand des „Mietwuchers“ nach §291 StGB und bei der Prüfung von Mietpreisüberhöhungen nach §5 WiStG kann der Mietspiegel zur Anwendung kommen. Somit ist der Mietspiegel ein wichtiges Instrument, um einen dauerhaften Anstieg der Mieten zu verhindern.

     

    Aktuell werden bei der Berechnung des Mietspiegels nur die Neuvermietungen auf dem freien Wohnungsmarkt der letzten vier Jahre berücksichtigt. Bestandsmieten und Vermietungen außerhalb des freien Marktes werden nicht berücksichtigt. Durch diese Berechnungsart kann der Mietspiegel nur steigen und schützt damit nicht vor hohen Neumieten und vor einer Verdrängung von Mieter*innen durch „gerechtfertigte“ Mieterhöhungen.

     

    Daher muss die Berechnung des Mietspiegels so angepasst werden, dass dieser die tatsächliche Durchschnittsmiete in seinem Bereich spiegelt. Um dies zu erreichen, müssen in die Berechnung auch Bestandsmieten sowie Mieten außerhalb des freien Wohnungsmarktes berücksichtigt werden.

     

    Deshalb fordern wir die Berechnung des Mietspiegels so zu ändern, dass:

    • Bestandsmieten der letzten 15 Jahre und
    • Vermietungen außerhalb des freien Wohnungsmarktes und „Sozialwohnungen“ bei der Berechnung des Mietspiegels einbezogen werden.
    • die Erfassung des Mietspiegels zentral und ausnahmslos vom Bundesamt für Statistik vorgenommen wird
    • Weiterhin soll es einen Rechtsanspruch auf die Aufstellung eines Mietspiegels geben. Daher fordern wir, dass die Aufstellung eines Mietspiegels nicht weiter Verwaltungshandeln bleibt, sondern durch die Gesetzgeber*innen auf Landes- und Bundesebene eindeutig festgelegt wird. Somit versuchen wir zu verhindern, dass einzelne Vermieter*innen die erhobenen Mietspiegel nicht akzeptieren und dass es für jede*n Mieter*in einen solchen Mietspiegel gibt.
    • Die Spanneneinordnung von Wohnungen innerhalb des Mietspiegels soll ebenfalls reformiert werden. Eine grundsätzliche Einordnung von Wohnungen in den oberen Bereich ist nicht zu akzeptieren. Wir fordern daher, dass Wohnungen im Durchschnitt eingeordnet werden. Eine Einordnung in höhere Bereiche muss anhand von verschiedenen Merkmalen begründet werden.

     

    Antrag 69/I/2019 Kommunale Wohnungswirtschaft stärken – Mietenwahnsinn stoppen!

    25.02.2019

    Wir erklären uns mit dem Anliegen des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen – Spekulation bekämpfen“ solidarisch und streben eine deutliche Ausweitung des kommunalen Wohnungsbestands in Berlin an. Wie das Beispiel der Stadt Wien zeigt, ist ein starker öffentlicher Wohnungssektor wichtig für die Mietenstabilität und damit die Lebensqualität in der Stadt.

     

    Um den kommunalen Wohnungsbestand zu vergrößern ist eine Doppelstrategie notwendig:

     

    1. Es müssen deutlich mehr bezahlbare Wohnungen durch den Staat gebaut werden. Die dafür notwendigen Personalkapazitäten bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind umgehend zu schaffen.
    2. Gleichzeitig sind geeignete Grundstücke und Wohnungsbestände, die sich jetzt in privater Hand befinden, zu (re-)kommunalisieren.

     

    Angesichts der dramatischen Mietpreisentwicklung in Berlin muss auch darüber nachgedacht werden, die Wohnungsbestände und Grundstücke großer profitmaximierender Wohnungsunternehmen zu enteignen bzw. zu vergesellschaften. Sowohl die Enteignung als auch die Vergesellschaftung ist im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen (Artikel 14 und 15 Grundgesetz) und spiegeln den Gedanken wieder, dass die private Eigentumsgarantie nicht absolut ist, sondern zum Wohle der Allgemeinheit eingeschränkt werden kann.

     

    Enteignungen und Vergesellschaftungen setzen in einem Rechtsstaat jedoch von Verfassungs wegen Entschädigungen voraus. Wie hoch die Entschädigung dabei sein muss, ist unter Fachleuten umstritten. Sofern private Wohnungen zwangsweise in kommunale Hand überführt werden sollen, ist daher durch sorgfältige Prüfung auszuschließen, dass die entstehenden Entschädigungskosten das Land Berlin finanziell überfordern und am Hindernis der im Grundgesetz festgeschriebenen Schuldenbremse scheitern.

     

    Andere Instrumente zur (Re-)Kommunalisierung von Wohnraum stellen Vorkaufsrechte und Ankäufe auf freiwilliger Basis dar. Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats von Berlin auf, noch in dieser Legislaturperiode einen Berliner Bodenfonds ins Leben zu rufen, aus dessen Mitteln solche Ankäufe unbürokratisch, aber geordnet durchgeführt werden können. Dafür ist ein Ankaufverfahren zu schaffen, in dem anhand von klaren, sozial gerechten und am Schutz der Mieter*innen  ausgerichteten Kriterien strategisch entschieden wird, welche Wohnungsbestände für einen Ankauf durch die öffentliche Hand in Frage kommen.

    Antrag 91/I/2019 Gegen Kältetod und rabiate Räumung – für eine soziale und würdevolle Strategie im Umgang mit obdachlosen Menschen

    25.02.2019

    Wir rufen die SPD Mitglieder im Senat von Berlin, die SPD Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin und die sozialdemokratischen Mitglieder in den Berliner Bezirksämtern dazu auf, sich aktiv in die Erstellung der Leitlinie zum Umgang mit Wohnungslosigkeit in Berlin einzubringen. Dabei ist die besondere Problematik obdachloser Frauen in Berlin so schnell wie möglich aktiv anzugehen. Das Land Berlin und die Bezirke stehen vor der gemeinsamen Verantwortung, im Rahmen der Verhandlungen zur Leitlinie der Wohnungslosenpolitik die Prämisse eines würdevollen Umgangs mit obdachlosen Menschen im Maßnahmenkatalog zu verankern.

     

    Unmittelbar fordern wir:

    • Eine gesamtstädtische Steuerung, d.h. ein gemeinsames und abgestimmtes bezirksübergreifendes Vorgehen aller Bezirke und der Senatsverwaltungen
    • Wegzukommen vom System der Ehrenamtlichen und hin zu einer Aufstockung von Sozialarbeiter*innen bei der Kältehilfe für eine bedarfsorientierte, individuelle Beratung, damit Schlafplätze angenommen werden und nicht leer stehen
    • unverhältnismäßige Räumungen dürfen nicht durchgeführt werden
    • der Fokus muss auf vorheriger, aufsuchender Unterstützung und Beratung liegen

     

    Wir fordern einen würdevollen und sozialen Umgang mit obdachlosen Menschen in Berlin.

    Antrag 54/I/2019 “Berliner Mietendeckel” – Einführung einer landesrechtlichen Mietpreisregulierung

    25.02.2019

    Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats von Berlin auf, noch in der laufenden Legislaturperiode auf die Einführung einer landesrechtlichen Mietpreisobergrenze (“Berliner Mietendeckel”) hinzuwirken, um das Mietpreisniveau zu stabilisieren und sicherzustellen, dass alle Berlinerinnen und Berliner in der Lage bleiben, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden.

     

    Eine solche öffentlich-rechtliche Regelung kann auf die nach dem Grundgesetz allein den Ländern zustehende Gesetzgebungskompetenz für das Recht des Wohnungswesens gestützt werden.