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Antrag 10/I/2017 Mehr Geld für Lehrkräfte von Integrationskursen

20.04.2017

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestages auf, darauf hinzuwirken, dass jede Arbeit der Lehrkräfte in den Integrationskursen tarifvertraglich entlohnt wird.

Antrag 17/I/2017 Lohnraub verhindern; unbezahlte Überstunden verbieten

20.04.2017

Besonders junge Arbeitnehmer*innen leiden darunter, dass ihnen in ihren Arbeitsverträgen unfaire Arbeitszeitregelungen aufgezwungen werden. Arbeitnehmer*innen leiden unter lagen Arbeitszeiten, die durch ihre Arbeitgeber*innen nicht kompensiert werden. Konkret befindet sich in vielen Arbeitsverträgen vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen (sinngemäß) folgender Absatz:
„Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden, darüber hinaus sind bis zu 20 Stunden pro  Monat mit dem Gehalt abgegolten.“
Diese Regelungen sind für Arbeitnehmer*innen schlecht da:

  1. Arbeitnehmer*innen kaum eine Möglichkeit haben sich dagegen zu wehren
  2. Arbeitsplätze vernichtet werden
  3. Arbeitnehmer*innen müssen so noch mehr unbezahlte Mehrarbeit leisten. Besonders wenn Arbeitnehmer*innen, für ihren Job häufig Reisen (müssen) kann dies absurde Ausmaße annehmen (um 50 Euro zu sparen werden 3 Stunden Umweg in Kauf genommen).

 

Aus diesem Grund möge die gesetzliche Grundlage Arbeitgeber*innen müssen zur Auszahlung (auch in Form von Freizeitausgleich) jeder Überstunde verpflichtet werden. Grundsätzlich streben wir eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit an.

Antrag 23/I/2017 Transparenz des Lobbyismus in der Politik fördern

20.04.2017

 

Ursprüngliche Überschrift:

Thesen zu Transparenz und Lobbyismus in der Politik

 

Um Lobbyismus in der Politik transparent zu gestalten, fordern wir die folgenden Punkte.

  1. In Deutschland wird ein verpflichtendes Lobbyregister nach amerikanischem Vorbild geschaffen. Dieses gibt Auskunft, welche Personen mit welchem Budget die Interessensvertretung für ein Unternehmen, einen Verband oder eine andere Organisation, gegenüber dem Parlament und staatlichen Organisationen übernehmen.
  2. Mitglieder des Deutschen Bundestages werden dazu verpflichtet, bereits den Besitz von mehr als 5 Prozent der Stimmrechte bei Kapital- oder Personengesellschaften anzuzeigen.
  3. Nebeneinkünfte der Stufe 10 (über 250.000 EUR) müssen von Abgeordneten nach Art und Höhe genau angegeben und veröffentlicht werden. Zudem muss immer die*der tatsächliche Auftraggeber*in genannt werden. Berufsgeheimnisträger sind davon ausgenommen.
  4. Abgeordnete werden nicht verpflichtend dazu angehalten, ein Lobbytagebuch zu führen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Hier können Sie alle relevanten Kontakte mit Lobbyist*innen eintragen und der Öffentlichkeit einen Einblick gewähren.
  5. Der Straftatbestand Abgeordnetenbestechung (Strafgesetzbuch §108e) muss verschärft werden. Zudem muss der Begriff „ungerechtfertigter Vorteil“ genau ausdefiniert werden.
  6. Für Parteispenden ab 2.000 € müssen die Spender*innen namentlich in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufgeführt werden. Ab einem Spendevolumen von 10.000€ müssen die Spenden unmittelbar veröffentlicht werden.
  7. Der legislative Fußabdruck wird eingeführt. Bei der Erstellung von Gesetzesentwürfen muss dokumentiert werden, wann wer zu welchem Zweck involviert wurde.
  8. Wir wollen prüfen lassen, inwieweit zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Klagebefugnis eingeräumt werden könnte, damit sie auch Verletzungen von Rechten der Allgemeinheit im Zusammenhang mit unzulässiger Einflussnahme auf Parlamentarier*innen effektiv auf dem Rechtsweg geltend machen können.
  9. Der Bundestag wählt eine*n eigene*n Transparenzbeauftrage*n, die*der diese Regeln überwacht.

 

 

Antrag 24/I/2017 Transparenz und Lobbyismus in der Politik

20.04.2017

Lobbyismus bezeichnet den Vorgang, mit dem Interessensgruppen versuchen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Dass sich Abgeordnete und Regierungsvertreter*innen mit diesen Gruppen, wie z.B. Gewerkschaften, Bürgerrechtsorganisationen oder Wirtschaftsverbänden, austauschen ist sinnvoll.

 

Allerdings muss Lobbyismus festen Regeln unterliegen. Diese sollen das Interesse der Öffentlichkeit wahren und unlautere Vorteilsnahmen verhindern. Politiker*innen und ihre Entscheidungen können auch unbewusst beeinflusst werden. Um die demokratischen Rechte der Öffentlichkeit zu wahren, ist es also unabdingbar, Lobbyismus so transparent wie möglich zu gestalten und unerwünschten Effekten Einhalt zu gebieten.

 

Um die folgenden Regeln optimal umzusetzen, ist es sinnvoll, dass der Bundestag eine*n Transparenzbeauftragte*n nach Vorbild des Wehrbeauftragte*n wählt, mit dem Unterschied, dass diese*r nicht notwendiger Weise aus dem Kreise der Abgeordneten gewählt werden muss.

 

Lobbyregister

Um die nötige Transparenz zu schaffen, sprechen wir uns für ein verpflichtendes und öffentlich einsehbares Lobbyregister auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene aus. In diesem müssen alle Lobbyist*innen Aufschluss darüber geben, in wessen Auftrag, zu welchem Thema und vor allem mit welchem Budget sie Einfluss auf politische Entscheidungen welches*r politischen Amtsträger*in ausgeübt haben.

 

Lobbyist*innen im Sinne dieser Regelung sind Personen, (Interessen-)Verbände oder Vertreter*innen von Unternehmen, Stiftungen, Think Tanks, Nichtregierungsorganisationen, sowie allen anderen Organisationen und Gruppierungen, die direkt oder indirekt mit der Interessenvertretung gegenüber Parlamenten, Ministerien und anderen politischen Institutionen beauftragt sind, sowie Personen, die einen grünen Hausausweis für den Bundestag besitzen. Diese Definition schließt genügend Personen aus, für die ein Lobbyregister nicht sinnvoll und überlastend wäre. Vorteile des Registers sind unter anderem, dass es die demokratische Kontrolle stärkt, da es als öffentliche Informationsquelle allen Bürger*innen, als auch Journalist*innen und Organisationen zur Verfügung steht.

 

Zudem werden Machtungleichgewichte schneller erkenntlich und rücken so eher in die öffentliche Diskussion. Verdeckte Einflussnahme auf die Politik wird zusätzlich erschwert.

 

Verhaltensregeln für Abgeordnete im Deutschen Bundestag

Erweiterte Anzeigepflicht für Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften

Wir wollen die Vorschriften für Mitglieder des Bundestages zur Anzeige von Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften dahingehend überarbeiten, dass durch Unternehmensbeteiligungen begründete und eventuell bestehende Interessenkonflikte bei Entscheidungen der Bundestagsabgeordneten noch transparenter gemacht werden können. Beteiligungen der Abgeordneten an Kapital- oder Personengesellschaften unterliegen derzeit schon der Anzeigepflicht, wenn dadurch ein wesentlicher wirtschaftlicher Einfluss auf ein Unternehmen begründet wird.

(Vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 6 Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages)

 

In den Ausführungsbestimmungen (AB) zu den Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages (VR) wird dazu weiter ausgeführt, dass eine Beteiligung an einer Kapital- oder Personengesellschaft anzeigepflichtig ist, wenn dem Mitglied des Bundestages mehr als 25 Prozent der Stimmrechte zustehen. (Vgl. Nr. 7 Abs. 2 AB)

 

Einen wirtschaftlichen Einfluss von Parlamentarier*innen auf ein Unternehmen sehen wir jedoch bereits vorher als gegeben an. So wollen wir die Mitglieder des Deutschen Bundestages dazu verpflichten, bereits den Besitz von mehr als 1 Prozent der Stimmrechte bei Kapital- oder Personengesellschaften anzeigen zu müssen.

 

Transparenz im Bereich der Nebentätigkeiten schaffen – Ursprüngliche Auftraggeber offenlegen

Um eine hohe Transparenz auch im Bereich der entgeltlichen Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten erreichen zu können, streben wir an, dass die tatsächlichen Auftraggeber*innen der in Anspruch genommenen Dienstleistungen veröffentlicht werden sollen, sofern keine gesetzliche Schweigepflicht vorliegt.. Mitglieder des Bundestages sollen deshalb dazu verpflichtet werden, bei Beratungs-, Vertretungs-, Gutachter-, publizistischen und Vortragstätigkeiten, die*den ursprüngliche*n Auftraggeber*in offen zu legen und nicht lediglich zwischengeschaltete Agenturen oder Vermittlungen.

 

Genauere Anzeige und Veröffentlichung von Nebeneinkünften

Die Einkünfte der Parlamentarier*innen neben dem Mandat müssen zurzeit für jede einzelne Nebentätigkeit angezeigt werden, sofern sie mehr als 1.000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr betragen. Die Angaben werden gem. § 3 VR, abhängig von der Höhe der Einkünfte, in Form von zehn Stufen veröffentlicht. (Stufe 1 = monatliche Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, Stufe 2 = Einkünfte bis 7.000 Euro, Stufe 3 = Einkünfte bis 15.000 Euro usw.) Die letzte Stufe 10 umfasst Einkünfte über 250.000 Euro.

 

Einkünfte neben dem Mandat der Stufe 5, also 50.000 Euro, begründen unserer Auffassung nach ein erhöhtes finanzielles Abhängigkeitsverhältnis der/des Abgeordneten und sollten daher einer erweiterten Offenlegungspflicht unterliegen. Nebeneinkünfte der Stufe 10 (über 250.000 EUR) sollen nach Art und Höhe genau angegeben und veröffentlichen werden.

 

Abgeordnete müssen zudem die Möglichkeit haben, ihre exakten Einkünfte auf der Website des Bundestags zu veröffentlichen. Bisher ist ihnen diese freiwillige Angabe auf der Website des Bundestages untersagt.

 

„Lobby-Tagebuch“ für Bundestagsabgeordnete

Als Erweiterung der bestehenden Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages stellen wir uns einen verpflichtenden Kodex für Bundestagsabgeordnete im Zusammenhang mit Lobbyismus vor. Nach diesem Kodex sollen sämtliche Treffen und Kontakte der Parlamentarier*innen mit Lobbyist*innen (die im Lobby-Register erfasst sind) in einfacher Form veröffentlicht werden.

 

Weitere Regelungen für die verpflichtende Veröffentlichung im „Lobby-Tagebuch“ sollen auf Empfehlung der*des Transparenzbeauftragten beschlossen werden. Dabei sollen die Veröffentlichungen der Treffen mit relevanten Interessenvertreter*innen vor allem zu Zeiten erfolgen, in denen gesetzgeberische Verfahren laufen. Als Veröffentlichungsform bietet sich ein Art „Lobby-Tagebuch“ auf dem Bundestagsprofil der*s Abgeordneten im Internet an. Die Wähler*innen sollen sich durch dieses einfache Verfahren der Transparenz vielmehr selbst einen Überblick über die Kontakte und Verbindungen ihrer Vertretung im Bundestag verschaffen können.

 

Straftatbestand Abgeordnetenbestechung verschärfen

Der Bundestag hat 2014 das Gesetz zur Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern (Strafgesetzbuch §108e) verabschiedet. Er folgte damit dem Antikorruptionsübereinkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2003. Dieses wichtige Gesetz weißt noch erhebliche Lücken auf. So werden von § 108e StGB keine nachträglichen Zuwendungen für bereits vorgenommene Handlungen des*der Mandatsträger*in erfasst. Aber auch die Gewährung einer nachträglichen ,,Belohnung“ kann die*den Mandatsträger*in dazu motivieren, sich zukünftig im Sinne der*des Zuwendenden zu verhalten.

 

Der Tatbestand des § 108e StGB wird weiterhin dadurch eingeschränkt, dass die Handlung der*des Mandatsträger*in ,,im Auftrag oder auf Weisung“ der*des Zuwendungsgeber*in vorgenommen worden sein muss. Bestätigt die Zuwendung die*den Mandatsträger*in lediglich in seiner Entscheidung, greift § 108e StGB nicht. Welche Wirkung etwa eine Spende tatsächlich hatte – ob sich die*der Abgeordnete in der Folge (strafbar) den Interessen der*des Geber*in unterordnet oder ob sie*er sie lediglich (straflos) in seinen Entscheidungsprozess einbezogen hat – wird sich ohne ein Geständnis der*des Beschuldigten im Strafverfahren nicht ermitteln lassen.

 

Zuletzt grenzt § 108e StGB auch den Begriff des ,,ungerechtfertigten Vorteils“ ein: Eine nach dem Parteiengesetz zulässige Spende, ein politisches Mandat oder eine politische Funktion können ausdrücklich kein ungerechtfertigter Vorteil sein. Gerade Parteispenden werden jedoch genutzt, um Einfluss auf Mandatsträger*innen zu nehmen.

 

Die genannten Beschränkungen müssen wegfallen, damit § 108e StGB auch tatsächlich Wirkung zeigen kann.

 

Auch der Begriff „ungerechtfertigter Vorteil“ muss genauer definiert werden. Der gegenwärtige Auslegungsspielraum ist hier zutiefst unbefriedigend.

 

Parteienfinanzierung transparenter gestalten

Die Finanzquellen der Parteien setzen sich aus Mitgliedsbeiträgen, staatlichen Mitteln und Spenden zusammen. Doch zwischen den Parteien gibt es große anteilmäßige Unterschiede. So finanzierte sich im Jahr 2014 die SPD lediglich zu 9,34% durch Spenden, die CDU hingegen bereits zu 17,62% allein durch Spenden.

 

Spenden müssen bis zu einer Grenze von 50.000 € nicht unmittelbar offengelegt werden. Ebenso existiert bislang keine allgemein gültige Obergrenze für Spenden pro Person an eine Partei. Dies begünstigt wiederum verdeckte Einflussnahme und deshalb wollen wir auch hier mehr Transparenz schaffen. Künftig soll die Veröffentlichungsgrenze für Spenden gesenkt werden.

 

Bereits ab 10.000 € sollen Spenden sofort veröffentlicht werden. Für Spenden ab 2.000 € gilt, dass die Spender*innen namentlich in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufzuführen sind.  Auch wollen wir eine Obergrenze für Spenden pro Jahr, pro Person und Partei einführen. Diese wäre mit 50.000 € nicht zu niedrig angesetzt. Eine signifikante Finanzierungsquelle von Parteien ist auch das sogenannte Sponsoring. Dies setzt sich zum Beispiel aus Anzeigen in Parteizeitungen und Standgebühren an Parteitagen zusammen. Es ist nur logisch und konsequent zu fordern, dass das Parteiensponsoring denselben Regularien wie Spenden unterliegen soll.

 

Langfristig wollen wir uns Gedanken machen, ob man Parteien nicht gänzlich unabhängig von Spenden macht. So könnte der Verdacht der unlauteren Einflussnahme, der mit jeder Großspende einhergeht, beseitigt und die Demokratie gestärkt werden.

 

Legislativer Fußabdruck bei Gesetzen

In der Regel werden Gesetzesentwürfe in Ministerien geschrieben. Hierbei kommen auch regelmäßig externe Expert*innen zum Einsatz. Dass somit vorhandene Kenntnisse in Wirtschaft und Gesellschaft genutzt werden, bringt viele Vorteile mit. Allerdings birgt dieser Vorgang die Gefahr, dass Institutionen oder Unternehmen ihre Einzelinteressen durchsetzen. Deshalb ist es wichtig diesen Vorgang möglichst transparent zu gestalten. Wir fordern daher die Einführung eines legislativen Fußabdrucks. Während der Erstellung von Gesetzesentwürfen muss dokumentiert und veröffentlicht werden, wann wer zu welchem Zweck involviert wurde.

 

Verbandsklagerecht

Wir wollen prüfen lassen, inwieweit zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Klagebefugnis eingeräumt werden könnte, damit sie auch Verletzungen von Rechten der Allgemeinheit im Zusammenhang mit unzulässiger Einflussnahme auf Parlamentarier*innen effektiv auf dem Rechtsweg geltend machen können. Das Instrument einer Verbandsklage existiert heute bereits im Verbraucher*innenschutzrecht und im Naturschutzrecht.

 

Zu klären wäre zunächst, was als Gegenstand der Klagebefugnis für Organisationen der Zivilgesellschaft in Frage kommen könnte: z.B. Verstöße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung oder gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit und Ausgewogenheit bei der Vorbereitung politischer Entscheidungen etc.

Antrag 27/I/2017 Berlin als soziale Stadt der Mieterinnen und Mieter – nicht als Stadt der Wohnraumspekulation

20.04.2017

Berlin steht vor einer schwierigen Herausforderung hinsichtlich der Wohnraumversorgung:

 

Einerseits fehlen günstige Mietwohnungen in genügender Anzahl, andererseits treibt die Wohnraumspekulation Preise für Baugrundstücke und Bestandsimmobilien in die Höhe. Vermehrt werden Wohnungen als Kapitalanlage errichtet, was dem Interesse der übergroßen Mehrheit der  angestammten und hinzuziehenden Berlinerinnen und Berlinern widerspricht.

 

Denn es verhindert eine adäquate Wohnraumversorgung durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und andere gemeinwohlorientierte Akteure wie Genossenschaften. Daher muss die durch Spekulation bedingte Explosion von Grundstücks- und Immobilienpreisen durch politische Regulierung eine Trendumkehr erfahren.

 

Um den Trend aufzuhalten bzw. soweit zu dämpfen wie möglich, sind folgende Maßnahmen schnellstmöglich zu ergreifen:

 

1. Die Renditeerwartungen auf den Berliner Wohnungsmarkt sind durch politische Maßnahmen deutlich zu reduzieren:

 

Auf Bezirks- und Landesebene:

  • Der Senat unterstützt die Bezirke finanziell und durch eine verbesserte Personalausstattung sowie auf deren Wunsch konzeptionell bei der Ausweisung von weiteren Milieuschutzgebieten. Der Senat kann weiterhin durch Prüfaufträge die Ausweisung von Millieuschutzgebieten auf seine Kosten anregen.
  • Die Umwandlungsverbotsverordnung ist stadtweit anzuwenden, um den Anreiz für professionelle Entmietungsstrategien nach Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen zu nehmen und den bestehenden Mietwohnungsraum aufrechtzuerhalten.
  • Die Bezirksämter und die zuständige Senatsverwaltung mögen prüfen, wie ein Leerstandsregister eingeführt werden kann. Die Ausführungskosten, geplante Durchführungsmaßnahmen und der Personalbedarf sollen öffentlich gemacht werden. Nach Einführung wird eine vierteljährlich gegliederte Zusammenfassung der Register jährlich veröffentlicht. In dieser ist die Anzahl an Objekten und Gebäuden, sowie die Quadratmeter der Objekte und der Wohn- und Gewerbeeinheiten auf Ebene der lebensweltlich orientierten Räume aufzuführen (LOR). Dies kann auch innerhalb eines öffentlich zugänglichen Geoinformationssystems geschehen.
  • Im Zuge des „Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung“ verpflichtet sich der Projektträger neben der Kofinanzierung und kostenfreien Eigentumsabtretung zu Gunsten sozialer Infrastruktur auch zur Übertragung (Vorkaufsrecht) von Eigentum an eine der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, sodass 30% von den geplanten Wohneinheiten von der jeweiligen Wohnungsbaugesellschaft als Sozialwohnungen gebaut werden können.

 

Auf Bundesebene:

 

  • Die bestehende Mietpreisbremse ist zu einem deutlich verschärften Mietpreisstopper weiterzuentwickeln. Bei Wiedervermietung darf die Miete demnach höchstens 1% statt 10% über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen Bei Neubauten, die nach dem 1.10.2014 gebaut wurden, soll der Mietpreisstopper künftig ab der zweiten Vermietung gelten. Die Ausnahmen für Mietwohnungen, in denen bereits vor Einführung dieses Instruments eine höhere Miete gezahlt wurde, sind abzuschaffen. Über die Anwendung des verschärften Mietpreisstoppers entscheidet die zuständige öffentliche Gebietskörperschaft.
  • Die Modernisierungsumlage soll auf 7 % und maximal 10 Jahre begrenzt werden. Energetische Maßnahmen müssen auch tatsächlich Heizkostenersparnisse für Mieterinnen und Mieter nach sich ziehen können, die ihre Beteiligung an den Modernisierungskosten ausgleichen. Die Wirtschaftlichkeit und erwartbare Heizkostenersparnis ist durch den Vermieter nachzuweisen. Für Streitfälle zwischen Mietern/innen und Vermietern/innen über Kosten und Nutzen sind unabhängige Schiedsstellen einzurichten.

2. Schaffung von sozialem und gemeinwohlorientierten Wohnraum im großen Maßstab

  • Es ist ein Grundstücksfonds aufzulegen, der systematisch Bauland und Bestandswohnimmobilien aufkauft. Insbesondere sind dafür Verhandlungen mit der Deutschen Bahn als Staatsunternehmen

 

Der Berliner Senat soll innerhalb von 10 Jahren die Zahl öffentlicher Wohnungen am Berliner Wohnungsbestand auf mindestens 400.000 erhöhen. Innerhalb dieser Zeit sind die Grundlagen für eine langfristige Erhöhung des Anteils öffentlicher Wohnungen auf mindestens 50 Prozent des Bestands zu schaffen.“

 

  • Vom öffentlichen Wohnungsbestand sollen 40% Sozialwohnungen sein, die Belegungsquoten für besondere Bedarfsgruppen, so bspw. Flüchtlinge und auf barrierefreie Wohnungen Angewiesene, sind sachgerecht zu ermitteln. Sozialwohnungen sollen unbefristete Belegungs- und Mietpreisbindungen erhalten, der Anspruch auf Sozialwohnungen ist sachgerecht zu definieren.
  • Die Einstiegsmiete von WBS gebundenen Wohnungen sollte bei höchstens 5,20 €/qm nettokalt liegen. Der Neubau der landeseigener Sozialwohnungen setzt bisher bei 6,50 €/qm nettokalt an und überschreitet damit die von der AV Wohnen vorgesehenen Sätze für den Mietzuschuss für Hartz- IV-Empfänger deutlich. Die Miethöchstsätze sollen 9€/qm nettokalt nicht überschreiten. Diese Regelungen sollen den gemeinnützigen Neubau binden.
  • Wohnungen im kommunalen Eigentum werden nicht mehr an nichtkommunale Akteure verkauft.
  • Gemeinnützige Bauträger sind mit öffentlichen Geldern stärker zu fördern, ihnen sind Baugrundstücke preisgünstig von der Stadt zur Verfügung zu stellen.
  • In Berlin ist ein Bauträgerwettbewerb nach Wiener Vorbild einzuführen, in dem eine unabhängige Jury nach den Kriterien Architektur, Ökonomie, Ökologie und soziale Nachhaltigkeit über beantragte Bauprojekte entscheidet.
  • Bei der Umsetzung dieses Konzepts zur Schaffung von sozialem und gemeinwohlorientierten Wohnraum muss zudem stets darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Absenkung von Umweltstandards kommt. Die gesetzlichen Klimaschutzstandards sind bei jedweden Neubau einzuhalten.

 

3. Finanzierung

 

  • Zur Bewältigung der städtischen und gemeinwohlorientierten Wohnraumschaffung sind ein erhebliches Investitionsvolumen und eine nachhaltige Finanzierung des sozialen Wohnungsbestandes notwendig. Allerdings kämen ohne eine solche Kraftanstrengung auch enorme Kosten auf die öffentliche Hand zu, sofern sie den sozialen Ausgleich wahren wollte. Denn die sozialen Ausgleichsmaßnahmen müssten einkommensschwache Menschen stärker bezuschussen, damit sie sich die steigenden Mieten leisten können, oder privaten Eigentümern im Austausch für eine Belegungsbindung Marktmieten bezahlen. Entsprechend würde der finanzielle Aufwand für Wohngeld und sozialer Wohnraumförderung in Privatwohnungen wieder sehr stark ansteigen, ohne  eine nachhaltige Lösung des Problems darzustellen. Stattdessen sollen politische Regulierungsmaßnahmen Renditeerwartungen dämpfen.
  • Die Finanzierung soll hauptsächlich über die Grunderwerbssteuer erfolgen. Darüber hinaus sollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ihre Überschüsse voll und ganz in den Wohnungsbau und in die soziale Wohnbauförderung investieren und nicht mehr den Landeshaushalt quersubventionieren.
  • Zuletzt ist ein sehr viel stärkeres Engagement des Bundes erforderlich, da es sich um eine gesamtstaatliche Aufgabe handelt und das Problem nicht allein Berlin betrifft. Die alleinige Zuständigkeit der Länder für die soziale Wohnraumförderung ist durch eine Grundgesetzänderung rückgängig zu machen. Sofern keine verfassungsändernde Mehrheit dafür zustande kommt, ist für die sogenannten Kompensationsmittel, die 2019 auslaufen, eine langfristige Lösung zu finden. Die Kompensationsmittel sind noch einmal deutlich aufzustocken.